BGE 1 I 452 - Rieter in Enge
 
117. Beschluß vom 22. Mai 1875 in Sachen Rieter gegen Nordostbahn.
 
Sachverhalt
 
A.
Das circa 12 Jucharten große Grundstück des Rekurrenten an der Seestraße in Enge wird durch die linksufrige Zürichseebahn durchschnitten. Links der Bahn verbleibt ein Abschnitt von 2 Jucharten 11,360 Quadratfuß, für welchen Hr. Rieter eine Minderwerthsentschädigung von 3 Fr. per Quadratfuß, sowie Erstellung einer Zufahrtsstraße verlangte. Die eidgenössische Schatzungskommission verschob jedoch die Schätzung dieses Minderwerths bis zu dem Zeitpunkt, da die Frage über die Communikation zur Bahnstation Enge erledigt sein werde und verpflichtete die Nordostbahn nur, dem Rekurrenten für den Abschnitt links ein möglichst bequemes Fahrwegrecht in der Breite von mindestens 12 Fuß durch das Boller-Schinz'sche Gut bis zum Bahnübergang östlich zu verschaffen, welches Rekurrent bis nach Abschätzung des Minderwerthes unentgeldlich benutzen könne.
 
B.
Der Rekurrent beschwerte sich über diesen Entscheid der Schatzungskommission und stellte bei dem Bundesgerichte das Begehren, daß die Nordostbahn verpflichtet werde, ihm eine Entschädigung von 2 Fr. 25 Ct. per Quadratfuß zu bezahlen und zwar in der Meinung, daß bis ihm, Rekurrenten, von einer Seite her eine geregelte Zufahrt in das abgeschnittene Land verschafft werde, die Nordostbahn gehalten sei, ihm das von der Schatzungskommission zugesprochene Fahrwegrecht unentgeldlich zur Benutzung zu überlassen.
 
C.
Durch Verfügungen vom 29. März und 5. April d.J. setzte der Instruktionsrichter der Nordostbahn Frist an, um einen, in allen Beziehungen genauen und definitiven Plan über die Ausführung des Unternehmens auf dem Land des Beklagten einzureichen, mit allen allfälligen Verbindungen, welche für das durch die Bahn und den Bahnhof durchschnittene und abgeschnittene Bauterrain eingerichtet werden sollen, widrigenfalls angenommen würde, es werden das Unternehmen und insbesondre die Zufahrten nach den der Schatzungskommission vorgelegenen Plänen ausgeführt, und die Festsetzung der Entschädigung an den Rekurrenten auf Grundlage jener Pläne vorgenommen würde.
 
D.
Gegenüber dieser Verfügung verlangte die Nordostbahn den Entscheid des Bundesgerichtes und machte namentlich geltend, daß gegenwärtig die Schatzung des Minderwerthes des Abschnittes links nicht annähernd richtig vorgenommen werden könne, da die Straßenprojekte betr. Quai etc. noch keine feste Gestalt erlangt haben, während diese Zukunftsfactoren unverkennbar von der allerhöchsten Bedeutung seien, indem dadurch das Rieter'sche Land gehörige Wegkommunikationen, welche dessen Werth bedeutend erhöhen, ohne Zuthun der Parteien erlangen werde.
 
E.
Rekurrent verlangte Bestätigung der Verfügung des Instruktionsrichters, da er ein Recht darauf habe, auf Grundlage der gegenwärtigen Verhältnisse entschädigt zu werden und bloße Zukunftsprojekte ihn nichts angehen.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
Sowohl nach den Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Abtretung von Privatrechten (vergl. §§. 3 und 10 ibidem) als nach den allgemeinen Grundsätzen des Expropriationsrechtes ist der Enteignete berechtigt zu verlangen, daß er nach Maßgabe des zur Zeit der Expropriation vorhandenen Zustandes des enteigneten Grundstückes entschädigt werde, und es ist deshalb der Expropriant pflichtig, behufs Ausmittelung der Entschädigung bei Einleitung des Enteignungsverfahrens einen genauen Plan einzureichen. Da nun nach den Angaben der Nordostbahn der von derselben aufgelegte Plan, soweit es das Land des Rekurrenten betrifft, noch nicht als definitiver betrachtet werden kann, so hat der Instruktionsrichter mit Recht derselben Frist zur Einreichung des endgültigen Planes angesetzt.
 
Demnach hat das Bundesgericht
beschlossen:
1. Der Nordostbahn wird eine Frist von dreißig Tagen von der schriftlichen Mittheilung dieses Beschlusses an angesetzt, um einen in allen Beziehungen genauen und definitiven Plan über die Ausführung des Unternehmens auf dem Lande des Rekurrenten einzureichen, mit allen allfälligen Verbindungen, welche für das durch Bahn und Bahnhof durchschnittene und abgeschnittene Bauterrain eingerichtet werden sollen.
2. Sollte innert der besagten Frist der verlangte Plan nicht eingereicht werden, so ist damit für die schweiz. Nordostbahngesellschaft der Rechtsnachtheil verbunden, daß angenommen wird, das Unternehmen, und insbesondere die Zufahrten, werden nach den der Schatzungskommission vorgelegenen Plänen ausgeführt, und daß auf Grundlage jener Pläne die Festsetzung der an Rieter zu bezahlenden Entschädigungen vorgenommen wird.
3. Nach Ablauf der sub Disp. 1 angesetzten Frist werden die Acten der eidgen. Schatzungskommission zurückgestellt, um die Abschätzung des Minderwerthes des Abschnittes links vorzunehmen.