BGE 136 I 207 - Zürcher Handelsgericht II
 
19. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A. gegen X. AG und Handelsgericht des Kantons Zürich (Beschwerde in Zivilsachen)
 
4A_118/2010 vom 19. April 2010
 
Regeste
Art. 30 BV, Art. 6 Ziff. 1 EMRK; §§ 95 ff. GVG/ZH; Anspruch auf Beurteilung durch ein unabhängiges und unparteiisches Gericht; Handelsgericht des Kantons Zürich.; Anspruch auf ein auf Gesetz beruhendes Gericht; Nichtbeachtung von Wählbarkeitsvoraussetzungen.
Wer in Ausübung einer gesetzlichen Wahlmöglichkeit nicht das ordentliche Gericht, sondern das Handelsgericht anruft, verwirkt dadurch nicht den Anspruch auf Ablehnung desselben. Verwirkung durch verspätete Anrufung der Ablehnungsgründe (E. 3.4). Die Zusammensetzung des Handelsgerichts mit zwei hauptamtlichen Oberrichtern und drei Fachrichtern, die Firmeninhaber oder leitende Angestellte sein müssen und nach Möglichkeit unter Berücksichtigung ihrer Fachkunde bezeichnet werden, erweckt nicht den Anschein der Befangenheit oder der Parteilichkeit (E. 3.5).
Entscheide, an denen ein Richter mitgewirkt hat, dessen Wahl wegen Fehlens einer Wählbarkeitsvoraussetzung (Erfordernis des Wohnsitzes im Kanton) ungültig ist, sind anfechtbar. Hingegen bildet die Verletzung der Wählbarkeitsvoraussetzung keinen Ausschluss- oder Ablehnungsgrund nach §§ 95 ff. GVG/ZH (E. 5.5-5.7).
 
Sachverhalt
A. Dr. A. (Beschwerdeführerin) erlitt am 7. März 2001 in den Räumlichkeiten der X. AG, Zürich (Beschwerdegegnerin), einen Unfall, bei dem sie die rechte Hand in der Zylinderdrehtüre bzw. Rundschleuse einklemmte. Am 17. Mai 2005 reichte sie beim Handelsgericht des Kantons Zürich gegen die Beschwerdegegnerin Klage auf Bezahlung einer Genugtuung über Fr. 50'000.- ein. Dieses Verfahren ist beim Handelsgericht hängig.
B. Am 3. Juni 2009 ersuchte die Beschwerdeführerin die Verwaltungskommission des Obergerichts des Kantons Zürich um Feststellung, dass das Handelsgericht des Kantons Zürich zumindest im Prozess über Klagen von nicht im Handelsregister eingetragenen Personen gemäss § 63 Abs. 1 Ziff. 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes des Kantons Zürich vom 13. Juni 1976 (GVG/ZH; LS 211.1) kein unabhängiges und unparteiisches Gericht im Sinn von Art. 30 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK sei. Ferner sei festzustellen, dass Handelsrichter B. ein befangener und parteiischer Richter im Sinn von Art. 30 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK sei. In einer Eingabe vom 14. Juli 2009 stellte die Beschwerdeführerin die Befähigung der beiden Handelsrichter C. und Dr. D. zur Amtsausübung im Lichte von §§ 59 Abs. 2 und 60 GVG/ZH in Frage.
Mit Beschluss vom 20. Oktober 2009 wies die Verwaltungskommission das Feststellungsbegehren hinsichtlich der Verfassungs- bzw. Konventionswidrigkeit des Handelsgerichts ab, soweit sie darauf eintrat. Den Anträgen betreffend die Handelsrichter C. und Dr. D. gab sie keine Folge, zumal diese beiden Handelsrichter mit dem Haftpflichtprozess der Beschwerdeführerin nicht befasst sind. Das Ablehnungsbegehren betreffend Handelsrichter B. wies die Verwaltungskommission ab, soweit sie darauf eintrat.
Gegen diesen Beschluss erhob die Beschwerdeführerin kantonale Nichtigkeitsbeschwerde an das Kassationsgericht des Kantons Zürich, mit der sie am Feststellungsbegehren betreffend Verfassungs- bzw. Konventionswidrigkeit des Handelsgerichts festhielt und ferner beantragte, es sei festzustellen, dass Handelsrichter B. infolge Fehlens der Wählbarkeitsvoraussetzung des zürcherischen Wohnsitzes nicht zur Amtsausübung als Handelsrichter berechtigt und zudem ein befangener und parteiischer Richter im Sinn von Art. 30 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK sei. Mit Zirkulationsbeschluss vom 9. Februar 2010 wies das Kassationsgericht die Beschwerde ab, soweit es darauf eintrat.
C. Die Beschwerdeführerin beantragt dem Bundesgericht, es sei in Aufhebung des Beschlusses des Kassationsgerichts vom 9. Februar 2010 und des Beschlusses des Obergerichts vom 20. Oktober 2009 festzustellen, dass das Handelsgericht des Kantons Zürich zumindest im Prozess gemäss § 63 Abs. 1 Ziff. 1 GVG/ZH (Klagen von nicht im Handelsregister eingetragenen Personen) kein unabhängiges und unparteiisches Gericht im Sinn von Art. 30 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK ist. Eventuell sei festzustellen, dass B. kein Handelsrichter ist und das Handelsgericht im vorliegenden Verfahren im Sinn von § 60 GVG/ZH ungenügend besetzt war. Ausserdem ersucht sie um Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege unter Beistellung von Rechtsanwalt Dr. R. als unentgeltlichen Rechtsbeistand.
Das Bundesgericht verzichtete auf die Einholung von Vernehmlassungen.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
Aus den Erwägungen:
3.1 Nach Art. 30 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK, denen in dieser Hinsicht dieselbe Tragweite zukommt, hat der Einzelne Anspruch darauf, dass seine Sache von einem unparteiischen, unvoreingenommenen und unbefangenen Richter ohne Einwirken sachfremder Umstände entschieden wird. Ob diese Garantien verletzt sind, prüft das Bundesgericht frei (BGE 133 I 1 E. 5.2 S. 3; BGE 131 I 31 E. 2.1.2.1 S. 34 f.; je mit Hinweisen). Voreingenommenheit und Befangenheit werden nach der Rechtsprechung angenommen, wenn Umstände vorliegen, die bei objektiver Betrachtung geeignet sind, Misstrauen in die Unparteilichkeit des Richters zu erwecken. Solche Umstände können entweder in einem bestimmten Verhalten des betreffenden Richters oder in gewissen äusseren Gegebenheiten funktioneller und organisatorischer Natur begründet sein. Letzteres betrifft vor allem Konstellationen einer Vorbefassung des Richters. Bei der Beurteilung solcher Umstände ist nicht auf das subjektive Empfinden einer Partei abzustellen. Das Misstrauen in die Unvoreingenommenheit muss vielmehr in objektiver Weise begründet erscheinen. Es genügt, wenn Umstände vorliegen, die bei objektiver Betrachtung den Anschein der Befangenheit und Voreingenommenheit erwecken. Für die Ablehnung wird nicht verlangt, dass der Richter tatsächlich befangen ist (BGE 135 I 14 E. 2; BGE 134 I 238 E. 2.1 S. 240; BGE 133 I 1 E. 6.2; BGE 131 I 24 E. 1.1, BGE 131 I 113  E. 3.4; BGE 114 Ia 50 E. 3b S. 54 f. und E. 3d; je mit Hinweisen).
3.2 Die Befangenheit eines Richters kann sich nicht nur aus der besonderen Konstellation im Einzelfall, sondern auch aus der vom Kanton gewählten Gerichtsorganisation ergeben (BGE 133 I 1 E. 6.1 S. 6; BGE 125 I 119 E. 3a S. 122 mit Hinweis). Solches macht die Beschwerdeführerin vorliegend geltend. Sie hält das Handelsgericht für verfassungs- und konventionswidrig zusammengesetzt, weil nach § 59 Abs. 2 GVG/ZH nur Firmeninhaber resp. leitende Angestellte als Handelsrichter gewählt werden können und das Handelsgericht dementsprechend nicht paritätisch zusammengesetzt sei. Zudem würden die Handelsrichter in Kammern eingeteilt. Dies habe zur Folge, dass die vom Gerichtspräsidenten für einen konkreten Prozess bestimmten Handelsrichter meistens aus der gleichen Branche stammten. Gerade in der Versicherungsbranche mit den nur wenigen verbleibenden Wettbewerbern, die zudem in der Lobbyorganisation des Schweizerischen Versicherungsverbandes zusammengeschlossen seien, entstehe der Anschein, dass hier besondere Beziehungen bestünden, die im entscheidenden Moment ausgenützt würden. In Haftpflichtprozessen würden regelmässig drei leitende Angestellte von Versicherern als Fachrichter amten. Es bestehe daher von vornherein eine Uniformität in der Grundhaltung und damit auch in der Beurteilungsoptik der drei Fachrichter. Hinzu komme, dass diese drei Fachrichter gegenüber den zwei vollamtlichen Oberrichtern die Mehrheit hätten (§ 60 GVG/ZH), demnach ihre Meinung gegenüber diesen durchsetzen könnten.
Der Beschwerdeführerin ist zuzugestehen, dass sie das Recht, die Verfassungs- bzw. Konventionswidrigkeit des Handelsgerichts geltend zu machen, nicht bereits deshalb eingebüsst hat, dass sie das Handelsgericht freiwillig in Ausübung der Wahlmöglichkeit nach § 63 Ziff. 1 GVG/ZH angerufen hat. Auch ein gewähltes bzw. prorogiertes Gericht muss die verfassungsrechtlichen Anforderungen an ein unabhängiges und unparteiisches Gericht erfüllen.
 
Erwägung 3.5
3.5 Indessen ist es mit dem Kassationsgericht als gegen Treu und Glauben verstossend zu werten, dass die Beschwerdeführerin, die ihre Klage im Mai 2005 beim Handelsgericht anhängig machte, über vier Jahre zuwartete, bis sie im Juni 2009 die ihrer Ansicht nach verfassungswidrige Zusammensetzung des Handelsgerichts geltend machte, ohne dass sich in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht bezüglich der von ihr angerufenen Umstände etwas geändert hätte. Sie bringt vor, sie sei sich erst durch die Schrift von DANIEL SCHWANDER (Das Zürcher Handelsgericht und die branchenspezifische Zusammensetzung seines Spruchkörpers, Berlin 2009) der Verfassungswidrigkeit des Zürcher Handelsgerichts bewusst geworden. Dies mag möglicherweise zutreffen, soweit sie eine verfassungswidrige Zusammensetzung damit begründet, dass das Wahlprozedere wegen der durch die Kommission für das Handelswesen unterbreiteten Wahlvorschläge nicht korrekt sei (dazu nicht publ. E. 4), was nach den Vorbringen der Beschwerdeführerin in der Schrift von DANIEL SCHWANDER insbesondere thematisiert werde. Die von ihr beanstandeten, die Gerichtsorganisation betreffenden Gesetzesnormen bestanden hingegen schon bei Klageeinreichung im Jahre 2005. So namentlich die Bestimmungen, wonach als Handelsrichter nur wählbar ist, wer in einer Firma als Inhaber oder in leitender Stellung tätig ist oder während mindestens zehn Jahren eine solche Stellung bekleidet hat (§ 59 Abs. 2 GVG/ZH), und wonach die Handelsrichter im jeweiligen Spruchkörper die Mehrheit bilden (§ 60 Abs. 1 GVG/ZH). Ferner sah das Gesetz auch schon damals vor, dass die Handelsrichter für die Behandlung der einzelnen Rechtssachen nach Möglichkeit unter Berücksichtigung ihrer Sachkunde bezeichnet werden (§ 60 Abs. 2 GVG/ZH), woraus sich die beanstandete "branchenspezifische Zusammensetzung" des Spruchkörpers ergibt. Die Beschwerdeführerin hätte demnach die gerügte institutionelle Verfassungswidrigkeit seit Beginn des Verfahrens unverzüglich geltend machen können und müssen. Daran vermag insbesondere nichts zu ändern, dass das Kassationsgericht des Kantons Zürich in einem Entscheid aus dem Jahre 1996 die Auffassung vertreten hatte, das Handelsgericht sei konventions- und verfassungsrechtlich zulässig, wie die Beschwerdeführerin unter Berufung auf ZR 96/1997 Nr. 20 S. 56 geltend macht. Das Kassationsgericht hatte sich in diesem Entscheid gerade mit den hier kritisierten Bestimmungen des GVG/ZH auseinandergesetzt und befunden, es ergäbe sich daraus keine verfassungs- oder konventionswidrige Gerichtsorganisation. Wenn dieser Entscheid der Beschwerdeführerin, ihren Vorbringen nach zu schliessen, bereits bei Verfahrenseinleitung bekannt war, und sie an seiner Richtigkeit zweifelt, hätte sie ihre abweichende Auffassung sofort einbringen müssen. Statt bei Verfahrensbeginn unverzüglich zu handeln, wartete sie indessen mehr als vier Jahre zu, bis sie im Jahre 2009 die ihrer Ansicht nach institutionelle Verfassungs- und Konventionswidrigkeit des Handelsgerichts geltend machte. Das Kassationsgericht nahm zu Recht an, dass sie in diesem Zeitpunkt mit ihren diesbezüglichen Vorbringen nicht mehr zu hören war, weil sie die entsprechenden Rügen verwirkt hatte. Die Rüge wäre ohnehin unbegründet:
Das Zürcher Handelsgericht wird durch das GVG/ZH errichtet und zwar für einen bestimmten sachlichen Zuständigkeitsbereich. Dieser umfasst Zivilprozesse mit einem Streitwert von mindestens 30'000 Franken zwischen Parteien, die als Firmen im Handelsregister eingetragen sind, sofern sich der Streit auf das von der Partei betriebene Gewerbe oder auf Handelsverhältnisse überhaupt bezieht (§ 62 Abs. 1 GVG/ZH). Das Zürcher Handelsgericht ist demnach ein auf Gesetz beruhendes Spezialgericht. Solche Spezialgerichte sind zulässig und stellen keine verfassungs- bzw. konventionswidrigen Ausnahmegerichte dar (BGE 131 I 31 E. 2.1.2.1; BGE 123 I 49 E. 2b; BGE 119 Ia 81 E. 3 S. 83; je mit Hinweisen; GEROLD STEINMANN, in: Die schweizerische Bundesverfassung, Kommentar, Ehrenzeller und andere [Hrsg.], 2. Aufl. 2008, N. 7 zu Art. 30 BV; HAUSER/SCHWERI, Kommentar zum zürcherischen Gerichtsverfassungsgesetz, 2002, N. 2 in Vorbem. zu §§ 57 ff. GVG/ZH; vgl. auch Entscheid des Zürcher Kassationsgerichts vom 5. Februar 1996 E. II/1/a, in: ZR 96/1997 Nr. 20 S. 56). Dies bestreitet die Beschwerdeführerin denn auch nicht. Hingegen sieht sie die Unparteilichkeit des Handelsgerichts wegen seiner Zusammensetzung mit drei Fachrichtern und zwei Oberrichtern gefährdet.
3.5.1 Nach § 57 GVG/ZH besteht das Handelsgericht aus mindestens zwei Mitgliedern des Obergerichts und aus den Handelsrichtern. Die Zahl der Ersteren bestimmt das Obergericht, diejenige der Handelsrichter der Kantonsrat. Das Obergericht wählt mit der Bestellung seiner Kammern die von ihm abzuordnenden Mitglieder des Handelsgerichts und aus ihrer Mitte den Präsidenten und den Vizepräsidenten (§ 58 GVG/ZH). Die Handelsrichter werden vom Kantonsrat aus einer von der Kommission für das Handelswesen gebildeten Liste gewählt, die doppelt so viele Vorschläge enthält, als Stellen zu besetzen sind. Wählbar ist nur, wer in einer Firma als Inhaber oder in leitender Stellung tätig ist oder während mindestens zehn Jahren eine solche Stellung bekleidet hat (§ 59 GVG/ZH). Das Handelsgericht wird für die Beurteilung der einzelnen Rechtssachen mit zwei Mitgliedern des Obergerichts und mit drei Handelsrichtern besetzt. Die Handelsrichter werden nach Möglichkeit unter Berücksichtigung ihrer Sachkunde bezeichnet (§ 60 GVG/ZH).
3.5.2 Handelsgerichte bestehen in den vier Kantonen Zürich, Bern, Aargau und St. Gallen, wo sie nach der Beurteilung des Bundesrates eine wichtige Rolle spielen (Botschaft vom 28. Juni 2006 zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], BBl 2006 7261 Ziff. 5.2.1; Botschaft vom 28. Februar 2001 zur Totalrevision der Bundesrechtspflege, BBl 2001 4311 Ziff. 4.1.3.1). Die Kantone, die sich für die Einführung von Handelsgerichten entschieden haben, wollen dem Gewerbe mit diesen eine in Handelssachen spezialisierte und fachkundige Justiz zur Verfügung stellen. Ein charakteristisches Merkmal der Handelsgerichtsbarkeit ist denn auch der Beizug von Fachrichtern (MEIER/RÜEGG, Handelsgerichtsbarkeit in der Schweiz, in: Europäische Handelsgerichtsbarkeit, Alexander Brunner [Hrsg.], 2009, S. 33 ff., 56). Da die Handelsgerichte als einzige kantonale Instanz entscheiden, ein innerkantonaler Instanzenzug somit wegfällt, führt ihre Rechtsprechung in der Regel zu einem raschen Verfahrensabschluss. Überdies zeichnen sich die Handelsgerichte durch eine hohe Vergleichsquote aus (vgl. Botschaft Bundesrechtspflege, a.a.O., S. 4311; ISAAK MEIER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 2010, S. 63; MEIER/RÜEGG, a.a.O., 59). Der Bundesgesetzgeber hat in diesen Punkten (Zusammenwirken von Berufsrichtern und Fachrichtern aus den jeweils vom Streit betroffenen Branchen, Beschleunigung des Prozesses, viele Vergleiche) Vorteile der Handelsgerichtsbarkeit gesehen, die ihn beim Erlass des Bundesgerichtsgesetzes (Art. 75 Abs. 2 lit. b BGG) und der schweizerischen Zivilprozessordnung (Art. 6 ZPO) dazu bewogen haben, den Kantonen die Möglichkeit zu belassen, entsprechende, als einzige kantonale Instanz entscheidende Fachgerichte einzusetzen (vgl. Botschaft Bundesrechtspflege, a.a.O., S. 4311 und Botschaft zur ZPO, a.a.O., S. 7261; CORBOZ, in: Commentaire de la LTF, Corboz und andere [Hrsg.], 2009, N. 34 zu Art. 75 BGG).
Hingegen geht es nicht um eine paritätische Zusammensetzung mit Vertretern der Interessengruppen beider Parteien, wie dies etwa bei Miet- und Arbeitsgerichten der Fall ist. Der Beizug von Fachrichtern beim Handelsgericht ist allein durch deren Fachkompetenz motiviert, die beiden Parteien gleichermassen zugutekommt. Meist stammen beide Parteien aus demselben Wirtschaftsbereich, in dem sich der Rechtsstreit abspielt. Gerade in der Mitwirkung der Fachrichter, die in der Regel der gleichen Branche wie die Parteien angehören und damit auch deren "Sprache" sprechen, liegt ein wichtiger Faktor für den Erfolg des Handelsgerichts (MEIER, a.a.O., S. 63). Für diese Konstellation ist die gesetzliche Zusammensetzung des Handelsgerichts konzipiert.
3.5.4 Es wird nicht anders zusammengesetzt, wenn ein Kläger, der nicht im Handelsregister als Firma eingetragen ist, von der Wahlmöglichkeit nach § 63 Ziff. 1 GVG/ZH Gebrauch macht und statt des zuständigen Bezirks-, Arbeits- oder Mietgerichts das Handelsgericht anruft. Wohl sind bei dieser Konstellation nicht beide Parteien im Handelsregister eingetragen. Doch auch hier vertreten die drei Handelsrichter nicht die Interessen der einen Seite, sondern gewährleisten die erforderliche Fachkunde. Diese zusätzliche Qualifikation zur Beurteilung der betreffenden Handelsstreitigkeit kommt auch der "privaten" Partei zugute. Vor allem aus diesem Grund, weil sie von der Fachkompetenz der Fachrichter profitieren will, wird denn auch eine nicht im Handelsregister eingetragene Partei das Handelsgericht wählen, neben dem Wunsch nach einer raschen Prozesserledigung (vgl. MEIER, a.a.O., S. 61). Da die Zusammensetzung des Gerichts auch in Verfahren nach § 63 Ziff. 1 GVG/ZH Fachkunde und nicht Interessenvertretung garantieren soll, schadet es nicht, dass keine paritätische Zusammensetzung Platz greift und dass die drei Fachrichter im Gericht die Mehrheit ausmachen. Denn es kann nicht gesagt werden, diese würden von vornherein die Interessen der einen Partei vertreten, so dass der Spruchkörper aufgrund der Mehrheitsverhältnisse nicht unparteiisch zusammengesetzt sei. Hinzu kommt, dass die Partei, die das Handelsgericht nach § 63 Ziff. 1 GVG/ZH wählt, bewusst auf eine paritätische Zusammensetzung verzichtet, wie sie etwa beim Arbeitsgericht und Mietgericht besteht. Da der Beizug von Fachrichtern die Einbringung von Sachkunde und nicht die Vertretung von Brancheninteressen bezweckt (vgl. § 60 Abs. 2 GVG/ZH), bedeutet die Zusammensetzung des Handelsgerichts mit zwei Berufsrichtern und drei Fachrichtern auch in Prozessen nach § 63 Ziff. 1 GVG/ZH für sich allein noch keine Gefährdung der richterlichen Unabhängigkeit und Unparteilichkeit (in diesem Sinne HAUSER/SCHWERI, a.a.O., N. 2 in Vorbem. zu §§ 57 ff., N. 3 zu § 61 GVG/ZH; vgl. auch MEIER/RÜEGG, a.a.O., S. 60; kritisch REGINA KIENER, Richterliche Unabhängigkeit, 2001, S. 121/122). Das schliesst nicht aus, dass in einem konkreten Fall hinlängliche Anhaltspunkte bestehen können, die einen bestimmten Fachrichter als befangen erscheinen lassen (für eine grosszügige Ausstandspraxis plädieren MEIER/RÜEGG, a.a.O., S. 60 und 73). Solche bringt die Beschwerdeführerin aber nicht vor.
Sie beruft sich auf BGE 133 I 1. Nach diesem Entscheid kann eine Ausstandspflicht gegeben sein, wenn das Richteramt - ausserhalb paritätisch besetzter Spezialgerichte - von eigentlichen Interessen- bzw. Branchenvertretern ausgeübt wird (E. 6.4.3 S. 7 mit Hinweisen). Auch dieser Entscheid bringt zum Ausdruck, dass eine paritätische Zusammensetzung nicht zwingend ist und ausserhalb einer solchen ein Ausstandsgrund lediglich gegeben sein kann, nicht aber a priori gegeben ist. Ohnehin bedeutet die Tatsache, dass als Handelsrichter nur wählbar ist, wer in einer Firma als Inhaber oder in leitender Stellung tätig ist oder während mindestens zehn Jahren eine solche Stellung bekleidet hat (§ 59 Abs. 2 GVG/ZH), nicht, dass die Handelsrichter als eigentliche Interessen- bzw. Branchenvertreter anzusehen wären. Die gegenteilige Behauptung der Beschwerdeführerin, wonach in Prozessen gegen Versicherungsgesellschaften "reine Interessen- oder Branchenvertreter" entscheiden würden, entbehrt der objektiven Grundlage. Wie dargelegt, vertreten die Handelsrichter auch in den Prozessen nach § 63 Ziff. 1 GVG/ZH nicht die Interessen der Beklagtenseite, die im Handelsregister eingetragen ist, sondern bringen unabhängig von Interessenbindungen ihre Fachkenntnisse ein. Entscheidend ist zudem, dass sie tatsächlich frei von Weisungen ihrer allfälligen Arbeitgeber entscheiden. Objektive Anhaltspunkte für eine Einflussnahme seitens der Arbeitgeber bestehen im vorliegenden Verfahren nicht. Von daher erscheint der Prozess aus Sicht aller Beteiligten als offen. Im gleichen Sinn hat das Bundesgericht mehrfach festgehalten, dass der Umstand allein, dass ein medizinischer Fachrichter ausserhalb seiner richterlichen Funktion als beratender Arzt einer Versicherungsgesellschaft tätig ist, ihn in Beschwerdeverfahren, die andere Versicherer betreffen, nicht als befangen erscheinen lässt (Urteil 8C_837/2008 vom 26. Juni 2009 E. 5.4 mit Hinweisen). Wenn die Beschwerdeführerin allein wegen der Rekrutierung der drei Handelsrichter aus Versicherungskreisen befürchtet, die Meinungen seien schon gemacht und die Handelsrichter würden wegen ihrer Verbindungen z.B. über den Lobbyverein des Schweizerischen Versicherungsverbandes die Interessen der Versicherungskreise wahren, so beruht dies lediglich auf ihrer subjektiven Einschätzung. Sie nennt keine konkreten Anhaltspunkte, aufgrund derer die drei in ihrem Prozess amtierenden Handelsrichter, die sie nicht einmal namentlich bezeichnet, als eigentliche Interessenvertreter der Versicherungswirtschaft zu gelten hätten und in ihrer Meinungsbildung von dieser beeinflusst wären. Der gesetzlich vorgeschriebene Beizug von drei Fachrichtern mit Sachkunde aus dem Gebiet des Rechtsstreits bietet unter diesen Umständen keinen objektiven Grund, der die Handelsrichter als befangen erscheinen liesse.
(...)
 
Erwägung 5
(...)
5.5 Eine andere Frage ist, ob die Möglichkeit der Bewilligung zur Weiterführung des Amtes nur bei Verlust der Wählbarkeitsvoraussetzung während der Amtsperiode gegeben ist, oder auch, um das Fehlen der Wählbarkeitsvoraussetzung bereits im Zeitpunkt der Wahl bzw. Wiederwahl zu legitimieren. Letztere Möglichkeit würde bedeuten, dass der Gesetzgeber das Wahlorgan ermächtigt, auf eine gesetzliche Wählbarkeitsvoraussetzung zu verzichten, was sich rechtfertigen liesse, wenn die Wählbarkeitsvoraussetzung nicht die eigentliche Fähigkeit zur Amtsausübung garantieren soll, sondern anderen, untergeordneten Anliegen dient, wie das Wohnsitzerfordernis der Verbundenheit mit dem Kanton. § 35 des Gesetzes vom 1. September 2003 des Kantons Zürich über die politischen Rechte (GPR/ ZH; LS 161) sieht die Möglichkeit der vorzeitigen Entlassung bzw. der Erlaubnis zur Weiterführung des Amtes dem Wortlaut nach nur für denjenigen vor, der die Wählbarkeit verliert. Ob dem Sinn nach eine nachträgliche Erlaubnis zur Ausübung des Amtes auch bei fehlender Wählbarkeitsvoraussetzung im Zeitpunkt der Wahl in Betracht kommt, braucht nicht entschieden zu werden, da nicht festgestellt ist, dass Handelsrichter B. über eine solche Erlaubnis verfügt, und über die von der Beschwerdeführerin aufgeworfene Problematik ohnehin nicht im vorliegenden Verfahren befunden werden kann (vgl. E. 5.7).
Festzuhalten bleibt der Grundsatz, dass die Wahl einer Person, die die gesetzlichen Wählbarkeitsvoraussetzungen nicht erfüllt, rechtlich ausgeschlossen ist (BGE 128 I 34 E. 1d S. 37; REGINA KIENER, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 2008, N. 20 zu Art. 5 BGG; ALAIN WURZBURGER, in: Commentaire de la LTF, Corboz und andere [Hrsg.], 2009, N. 9 zu Art. 5 BGG; THOMAS SÄGESSER, Die Bundesbehörden, 2000, N. 14 zu Art. 143 BV; WERNER BEELER, Personelle Gewaltentrennung und Unvereinbarkeit in Bund und Kantonen, 1983, S. 3).
5.6 Die Ungültigkeit der Wahl eines Richters, der bei der Wahl die gesetzlichen Wählbarkeitsvoraussetzungen nicht erfüllte, führt aus Rechtssicherheitsgründen nicht zur Nichtigkeit sämtlicher Entscheide, an denen er mitgewirkt hat. Jedoch sind solche Entscheide anfechtbar mit der Rüge, der Anspruch auf ein auf Gesetz beruhendes Gericht nach Art. 30 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK sei verletzt. Die genannten Bestimmungen garantieren den Parteien insbesondere den Anspruch auf eine ordnungsgemässe Besetzung des Gerichts. Diese muss den gesetzlichen Vorschriften entsprechen. Der Anspruch auf ein auf Gesetz beruhendes Gericht ist namentlich verletzt, wenn ein Richter an einem Entscheid mitwirkt, nachdem er aus seinem Richteramt ausgeschieden ist (Urteil 1C_235/2008 vom 13. Mai 2009 E. 3.2.1 mit Hinweis auf die Rechtsprechung des EGMR; Urteil 2A.575/2005 vom 17. Januar 2006 E. 2.1.3). Das Gleiche muss gelten, wenn ein Richter mitwirkt, dessen Wahl wegen Fehlens einer Wählbarkeitsvoraussetzung ungültig ist. Auch in diesem Fall ist der Spruchkörper nicht in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Vorschriften besetzt, indem ein de lege nicht gültig gewählter Richter mitwirkt.
5.7 Die Beschwerdeführerin focht nicht allenfalls bereits getroffene Entscheide im hängigen Haftpflichtprozess an, bei denen Handelsrichter B. mitgewirkt hätte, und beantragte nicht deren Aufhebung wegen Verletzung von Art. 30 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK. Hingegen machte sie das Fehlen einer Wählbarkeitsvoraussetzung, den ausserkantonalen Wohnsitz von Handelsrichter B., im Rahmen eines Ausstandsverfahrens nach §§ 95 ff. GVG/ZH geltend. Sie hat damit das falsche Verfahren beschritten. Da die Verletzung des Wohnsitzerfordernisses, auch in seiner Bedeutung als Wählbarkeitsvoraussetzung, keinen Ausschluss- oder Ablehnungsgrund nach §§ 95 ff. GVG/ZH bildet (HAUSER/SCHWERI, a.a.O., N. 3 zu § 3 GVG/ ZH; vgl. auch N. 3 Vorbem. zu §§ 95 ff. GVG/ZH), ist die Verwaltungskommission des Obergerichts zu Recht auf die entsprechende Rüge nicht eingetreten und hat das Kassationsgericht dies zu Recht geschützt. Auch hat Letzteres zutreffend erkannt, dass aus dem in diesem Zusammenhang stehenden Verhalten von Handelsrichter B. (keine Meldung des ausserkantonalen Wohnsitzes an den Kantonsrat, Festhalten am Handelsrichterstatus) kein Ablehnungsgrund konstruiert werden kann, der im Verfahren nach §§ 95 ff. GVG/ZH zu prüfen wäre. Die Beschwerde erweist sich daher in diesem Punkt als unbegründet. Es ist auch nicht Sache des Bundesgerichts als angerufene Beschwerdeinstanz, seinerseits die Rüge betreffend die fehlende Wählbarkeitsvoraussetzung zu beurteilen. Es hat im Rahmen der Beschwerde gegen die angefochtenen Beschlüsse der Verwaltungskommission des Obergerichts und des Kassationsgerichts nur zu prüfen, ob diese Instanzen zu Recht auf die entsprechende Rüge nicht eingetreten sind oder nicht.
Ohnehin ist fraglich, ob auf das blosse Feststellungsbegehren, wonach festzustellen sei, "dass B. kein Handelsrichter ist und das Handelsgericht im vorliegenden Verfahren im Sinn von § 60 GVG/ZH ungenügend besetzt war" überhaupt einzutreten wäre. Es ist nicht ersichtlich, worin ein schutzwürdiges Feststellungsinteresse bestehen könnte, nachdem die Beschwerdeführerin ihr Begehren nur auf die Vergangenheit bezieht ("... ungenügend besetzt war"), aber die Aufhebung bereits getroffener Entscheide nicht verlangt.