BVerwGE 90, 104 - Rolle der Fraktionen
Eine gemeindliche Satzung ist nicht deswegen ungültig, weil an der dem Satzungsbeschluß des Gemeinderats vorangegangenen Beschlußfassung in der Mehrheitsfraktion des Rates kommunale Wahlbeamte (hier: bayerische berufsmäßige Gemeinderatsmitglieder) als stimmberechtigte Fraktionsmitglieder beteiligt gewesen sind.
 
Urteil
des 7. Senats vom 27. März 1992
-- BVerwG 7 C 20.91 --
Die Klägerin wendet sich gegen ihre Heranziehung zu Vorausleistungen auf einen Straßenausbaubeitrag. Klage und Berufung sind erfolglos geblieben.
[ Nicht in der Sammlung publizierter Entscheidungstext: Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt: Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheids sei die Straßenausbaubeitragssatzung der Beklagten vom 18. Mai 1990.
Der Umstand, daß die neun berufsmäßigen, der SPD-Fraktion angehörenden Stadtratsmitglieder der Beklagten bei der Beschlußfassung in der Fraktion abgestimmt hätten, obwohl sie im Stadtrat selbst nicht stimmberechtigt seien, stelle die Gültigkeit des Satzungsbeschlusses nicht in Frage. Die Bedeutung der einen Ratsbeschluß vorbereitenden Fraktionsbeschlüsse liege allein im politischen, nicht im rechtlichen Raum. Rechtlich sei ausschließlich die Abstimmung im Stadtrat von Bedeutung. Hier habe jedes Mitglied des Stadtrats dem Gewissen zu folgen; für seine Entscheidung könne es außerhalb des Stadtrats nicht zur Verantwortung gezogen werden. Es werde nicht verkannt, daß die berufsmäßigen Stadtratsmitglieder durch ihre Mitwirkung in der Fraktion die Verantwortung der ehrenamtlichen Ratsmitglieder zurückdrängen oder einengen könnten. Entscheidend sei aber, daß diesen die Verantwortung rechtlich weder genommen werde noch genommen werden könne. Da die Heranziehung der Klägerin auch sonst nicht zu beanstanden sei, könne ihre Klage keinen Erfolg haben.
Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Senat zugelassene Revision der Klägerin, mit der sie ihren Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Beitragsbescheids weiterverfolgt: Der Verwaltungsgerichtshof habe die Bedeutung der den Ratsentscheidungen vorangehenden Fraktionsbeschlüsse verkannt. Da der Inhalt der Ratsentscheidungen nach dem Abschluß der Fraktionsberatungen so gut wie immer feststehe, seien die berufsmäßigen Stadtratsmitglieder durch die Teilnahme an der Abstimmung in der Fraktion in der Lage, die Abstimmungsergebnisse im Stadtrat zu beeinflussen. Sie verstießen mit ihrer Teilnahme gegen den Grundsatz des freien Mandats, gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Wahl und gegen den Grundsatz der parteipolitischen Neutralität des Berufsbeamtentums. Diese Rechtsverstöße müßten zur Nichtigkeit des Satzungsbeschlusses des Rates führen, weil andernfalls die verfassungswidrige Mitwirkung der berufsmäßigen Stadtratsmitglieder an den Fraktionsabstimmungen nicht verhindert werden könne.
Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen. Sie hält es für nicht erwiesen, daß ihre neun berufsmäßigen Stadtratsmitglieder an der dem Satzungsbeschluß des Stadtrats vom 16. Mai 1990 vorangegangenen Abstimmung in der SPD-Fraktion teilgenommen hätten. Sofern diese Feststellung des Verwaltungsgerichtshofs zutreffen sollte, lägen jedenfalls die von der Klägerin angenommenen Rechtsverstöße nicht vor.
Die Landesanwaltschaft Bayern beteiligt sich als Vertreter des öffentlichen Interesses am Revisionsverfahren. Sie teilt die Ansicht der Klägerin, daß die Mitentscheidung berufsmäßiger Stadtratsmitglieder in den Fraktionen rechtswidrig sei, meint aber, daß sich ein derartiger Rechtsfehler nicht auf die endgültige Entscheidung im Rat auswirke.
Auch der Oberbundesanwalt hält die abschließende Ratsentscheidung für rechtswirksam, sofern die Ratsmitglieder hierbei keinem unzulässigen Druck ausgesetzt gewesen seien. ]
 
Gründe:
[ Nicht amtlich publizierter Entscheidungstext: Die Revision ist unbegründet. Das Berufungsurteil verletzt mit seiner Annahme, die dem angefochtenen Beitragsbescheid zugrundeliegende Satzung der Beklagten vom 18. Mai 1990 sei rechtsgültig zustande gekommen, kein Bundesrecht. ]
Der vom Berufungsgericht festgestellte Umstand, daß sich bei der vorbereitenden Beschlußfassung über die Satzung in der SPD-Fraktion des Stadtrates der Beklagten neben den fraktionsangehörigen ehrenamtlichen Stadtratsmitgliedern auch die neun ebenfalls der Fraktion angehörenden, im Stadtrat selbst nicht stimmberechtigten (vgl. Art. 40 bay.GO) berufsmäßigen Stadtratsmitglieder an der Abstimmung beteiligt haben, führt aus bundesrechtlicher Sicht nicht zur Ungültigkeit der Satzung.
1. Entgegen der Ansicht der Klägerin leidet die Satzung wegen der Mitwirkung der berufsmäßigen Stadtratsmitglieder an der Fraktionsabstimmung nicht an einem Verstoß gegen den Grundsatz des freien Mandats.
Der Verwaltungsgerichtshof hat unter Hinweis auf Vorschriften der bayerischen Gemeindeordnung ausgeführt, daß jedes Mitglied des Stadtrats bei Abstimmungen nur seinem Gewissen zu folgen habe; damit hat er den Ratsmitgliedern ein auf Landesrecht beruhendes freies Mandat zuerkannt. Der Senat geht mit der Klägerin davon aus, daß das in den Gemeindeordnungen der Länder garantierte freie Mandat der Mitglieder der Gemeindevertretung zugleich auch bundesrechtlich abgesichert ist. Zwar sieht das Grundgesetz in Art. 38 Abs. 1 Satz 2 ein freies Mandat nur für die Abgeordneten des Deutschen Bundestages vor; diese Bestimmung ist auf die gewählten Gemeindevertreter nicht anwendbar (vgl. BVerfGE 78, 344 (348)). Doch ist die Rechtsstellung der gewählten Gemeindevertreter in ihren Grundzügen durch Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG vorgezeichnet, wonach das Volk in den Ländern, Kreisen und Gemeinden eine Vertretung haben muß, die aus unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Diese Bestimmung überträgt die in Art. 20 Abs. 1 und 2 GG getroffene Grundentscheidung der Verfassung für die Prinzipien der Volkssouveränität und der Demokratie auf die Ebene der Gemeinden (BVerfGE 47, 253 (272); 83, 37 (53)). Daraus folgt, daß die Gemeindevertretung, auch wenn sie kein Parlament, sondern Organ einer Selbstverwaltungskörperschaft ist, die Gemeindebürger repräsentiert; dem muß die gesetzliche Ausgestaltung der Rechtsstellung ihrer Mitglieder Rechnung tragen. Die Gemeindevertreter haben daher nach Maßgabe der Eigenverantwortlichkeit, wie sie dem verfassungsrechtlich geformten Bild der in den staatlichen Aufbau integrierten kommunalen Selbstverwaltung entspricht, ein "freies Mandat". In diesem Sinne hat der Senat bereits in seinem Beschluß vom 2. Juli 1990 -- BVerwG 7 B 68.90 -- (Buchholz 415.1 Allgemeines Kommunalrecht Nr. 105 S. 76) von einem dem Prinzip der repräsentativen Demokratie zuzuordnenden freien Mandat der Gemeinderatsmitglieder gesprochen.
Die vom Volk gewählten Gemeinderatsmitglieder sind -- was auch die Klägerin nicht bestreitet -- durch ihr freies Mandat nicht daran gehindert, über die Gegenstände der Tagesordnung des Rates vorab in den Fraktionen zu beraten und Beschluß zu fassen. Ratsfraktionen sind Gruppen von Mitgliedern der Gemeindevertretung mit jeweils gemeinsamen politischen Grundanschauungen, die sich zusammengeschlossen haben, um ihre Vorstellungen und Aktivitäten aufeinander abzustimmen und diesen im arbeitsteiligen Zusammenwirken zu besserer Wirksamkeit zu verhelfen. Mit dieser Aufgabenstellung üben die Fraktionen im gemeindlichen Willensbildungsprozeß wichtige Funktionen aus, indem sie diesen Prozeß straffen und auf deutlich unterscheidbare Alternativen konzentrieren (vgl. BVerfGE 38, 258 (273 f.); 80, 188 (231); BVerfG, NJW 1991, 2474 (2476); Beschluß des Senats vom 31. Mai 1979 -- BVerwG 7 B 77.78 -- NJW 1980, 304). Sie sind damit ihrerseits Ausdruck des freien Mandats ihrer Mitglieder (vgl. BVerfGE 43, 142 (149); 70, 324 (354, 363); 80, 188 (220); BVerfG, NJW 1991, 2474 (2476)). Allerdings geht das freie Mandat mit der Bildung der Fraktionen nicht auf diese über, sondern verbleibt bei den einzelnen Mandatsinhabern. Aus diesem Grund haben Fraktionsbeschlüsse, auch wenn sie die nachfolgende Abstimmung im Rat tatsächlich präjudizieren, rechtlich nur den Charakter unverbindlicher Empfehlungen (vgl. BVerfGE 47, 308 (318)). Das schließt die Möglichkeit ein, daß sich ein Ratsmitglied, das trotz der erwarteten und zumeist auch geübten Fraktionsdisziplin den Beschluß seiner Fraktion nicht mitzutragen vermag, bei der Abstimmung im Rat anders als vorgeschlagen entscheidet. Daran darf es um seines freien Mandats willen weder von seiner Fraktion noch von anderer Seite gehindert werden.
Da mithin den Beschlußempfehlungen der Fraktionen stets noch die abschließende Entscheidung des Rats nachfolgt, die von den Ratsmitgliedern frei und ohne rechtliche Bindung an Vorentscheidungen getroffen wird, hängt die Rechtsgültigkeit dieser Entscheidung nicht von der Frage ab, ob und inwieweit die Fraktionen zu ihrer vorbereitenden Arbeit außenstehende, d.h. nicht vom Volk in den Rat gewählte Personen hinzugezogen haben. Dabei mag dahingestellt bleiben, ob die Hinzuziehung solcher Personen -- hierzu zählen auch die berufsmäßigen Gemeinderatsmitglieder, die ihr Amt nicht der Volkswahl, sondern der Wahl durch den Gemeinderat verdanken und deshalb dem Gemeinderat nur mit beratender Stimme angehören -- dann in Widerspruch zu dem Grundsatz des freien Mandats gerät, wenn sie in der Fraktion nicht nur als Berater mitwirken, sondern darüber hinaus dort mitentscheiden. Denn eine gemeindliche Satzung, über die -- wie hier -- bei der Beratung in den Fraktionen auch Personen ohne eigenes Mandat abgestimmt haben, ist darum nicht fehlerhaft. Eine so zustande gekommene Satzung beruht nämlich ebenso wie jede andere Willensäußerung des Rates nicht auf den Beschlüssen der Fraktionen, sondern auf der nachfolgenden Beschlußfassung im Rat selbst, bei der die Mandatsinhaber an die Fraktionsbeschlüsse nicht gebunden sind. Mit dieser frei getroffenen, abschließenden Entscheidung des Rates ist, soweit es um die rechtliche Anerkennung seines Willens geht, den Anforderungen des freien Mandats Genüge getan.
Das von der Klägerin zutreffend hervorgehobene tatsächliche Gewicht der Fraktionsbeschlüsse, namentlich der Beschlüsse der Mehrheitsfraktion, die die abschließenden Entscheidungen des Rates häufig vorwegnehmen, stellt dieses Ergebnis nicht in Frage. Dieses Gewicht ist in seiner legitimierenden Wirkung als Entscheidungshilfe für den gemeindlichen Willensbildungsprozeß ohnehin geschwächt, wenn im Einzelfall Fraktionsbeschlüsse nicht von der Mehrheit der Mandatsinhaber getragen werden, weil an ihnen Personen mitgewirkt haben, die im Gemeinderat nicht stimmberechtigt sind. Unbeschadet dessen geht die Rechtsordnung davon aus, daß jeder Volksvertreter sein Mandat nach bestem Wissen und Gewissen ausübt und sich von Abhängigkeiten frei hält, mag er auch zahlreichen -- legitimen und illegitimen -- Versuchen der Einflußnahme auf seine Entscheidung ausgesetzt sein. Öffnet er sich solchen Einwirkungen, so folgt hieraus noch keine Verletzung des freien Mandats; vielmehr kann seine Entscheidung auch dann auf gewissenhafter eigener Prüfung beruhen (vgl. Sendler, NJW 1985, 1425 ff. (1430)). Das alles gilt ebenso im Verhältnis zu den vorbereitenden Beschlüssen der Fraktionen. Auch im Hinblick auf diese Beschlüsse besteht mithin eine Vermutung für eine ordnungsgemäße, den Anforderungen des freien Mandats entsprechende Stimmabgabe bei der (endgültigen) Beschlußfassung in der Volksvertretung, und zwar unabhängig davon, wie sie ihrerseits zustande gekommen sind.
2. Die der Heranziehung der Klägerin zugrundeliegende Satzung ist auch nicht, wie die Klägerin weiter meint, wegen eines Mangels an demokratischer Legitimation ungültig.
Die Klägerin leitet aus dem in Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG für die Volksvertretungen der Länder, Kreise und Gemeinden niedergelegten Grundsatz der Unmittelbarkeit der Wahl her, daß das Recht zur Mitentscheidung im Gemeinderat, Personen vorbehalten sei, die ihre Legitimation der unmittelbaren Wahl durch das Volk verdanken. Da die Entscheidungen des Gemeinderats der Sache nach in den Fraktionen fielen, stimmten die in der Fraktion mitwirkenden berufsmäßigen Gemeinderatsmitglieder zugleich verdeckt im Gemeinderat mit ab; das sei mangels unmittelbarer Wahl dieser Personen durch das Volk mit Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG unvereinbar.
Dieser Argumentation der Klägerin kann schon deshalb nicht gefolgt werden, weil sie auf einer unzulässigen Gleichsetzung der Fraktionsbeschlüsse mit den Entscheidungen des Rates beruht. Es ist zwar richtig, daß das Grundgesetz in Art. 28 Abs. 1 Satz 2 für den Rat als die zentrale Führungsinstanz der Gemeinde die unmittelbare Volkswahl und damit eine unmittelbare demokratische Legitimation seiner Mitglieder vorschreibt (BVerfGE 47, 253 (275)). Hieraus ergeben sich jedoch -- jedenfalls im Grundsatz -- nur Anforderungen an die Mitgliedschaft im Rat selbst und an das Zustandekommen seiner Entscheidungen. Von den Ratsbeschlüssen zu unterscheiden ist indes die Beschlußfassung in den Fraktionen, die die Beschlüsse des Rates nur vorbereiten. Wie im staatlichen Bereich, so gilt auch hier, daß an nur vorbereitende Tätigkeiten nicht die gleichen demokratischen Legitimationsanforderungen zu stellen sind wie an die endgültige Willensbildung (vgl. BVerfGE 83, 60 (74)).
Selbst wenn im Sinne der Klägerin berücksichtigt wird, daß die Fraktionen als Teilorgane des Rates nicht nur tatsächlich, sondern auch institutionell-rechtlich in dessen Meinungs- und Willensbildungsprozeß einbezogen sind (vgl. BVerfGE 70, 324 (350 f.)), ergeben sich gerade unter dem Gesichtspunkt der Repräsentation des Volkes zwischen der Abstimmung in den Fraktionen einerseits und der Entscheidung des Rates andererseits derart erhebliche Unterschiede, daß eine Gleichsetzung dieser beiden Entscheidungsebenen nicht in Betracht kommt. Denn die Fraktion verkörpert, wie sich schon aus ihrer Bezeichnung ergibt, immer nur einen Ausschnitt aus dem in der Volksvertretung lebendigen politischen Meinungs- und Kräftespektrum und kann infolgedessen für sich allein das Volk nicht repräsentieren. Vielmehr ist die Repräsentation des Volkes der Vertretung insgesamt, d.h. der Gesamtheit ihrer Mitglieder übertragen (BVerfGE 80, 188 (218); BVerfG, NJW 1991, 2474 (2475)). Aus diesem Grund verlangt das Demokratieprinzip, daß nicht nur einzelne oder eine Gruppe von Mitgliedern, sondern grundsätzlich alle Mitglieder der Volksvertretung an den Entscheidungen der Vertretung beteiligt werden. Zwar werden diese Entscheidungen letztlich stets von der Mehrheit der Vertreter bestimmt. Doch muß die Minderheit zumindest Gelegenheit gehabt haben, ihren Standpunkt in den Willensbildungsprozeß der Vertretung einzubringen (vgl. BVerfGE 70, 324 (363)). Für den der Volksvertretung erteilten Repräsentationsauftrag hat darum die öffentliche Auseinandersetzung zwischen den Fraktionen im Plenum in Form von Rede und Gegenrede eine wesentliche und tragende Bedeutung (vgl. BVerfGE 70, 324 (355)). Auf der Grundlage und auch unter dem Eindruck dieser Auseinandersetzung wird sodann von allen Volksvertretern ohne Bindung an die Beschlüsse der Fraktionen gemeinsam abschließend entschieden; das ist deshalb unerläßlich, weil die Entscheidung nur so der Vertretung in ihrer Gesamtheit zugerechnet werden kann (vgl. BVerfGE 38, 258 (270 ff.); 77, 1 (41)).
Unter dem Aspekt der demokratischen Repräsentation stehen die Fraktionen übrigens nicht allein hinter dem Plenum, sondern auch hinter den Ausschüssen der Volksvertretung an Bedeutung zurück. Die Ausschüsse sind fachlich spezialisierte Untergliederungen des Plenums und für ihr jeweiliges Aufgabengebiet dessen verkleinerte Abbilder; darum muß ihre Zusammensetzung die Zusammensetzung des Plenums widerspiegeln (vgl. BVerfGE 80, 188 (222); BVerfG, NJW 1991, 2474 (2476); Beschluß des Senats vom 2. Juli 1990 -- BVerwG 7 B 86.90 -- a.a.O.). Vor allem wegen dieser alle politischen Kräfte einschließenden Organisationsstruktur sind die Ausschüsse imstande, die dem Plenum aufgetragene Repräsentation des Volkes weitgehend vorwegzunehmen (vgl. BVerfGE 70, 324 (363); 80, 188 (221 f.); BVerfG, NJW 1991, 2474 (2476)). Teilweise ersetzt ihre Entscheidung sogar die Entscheidung des Plenums (sog. beschließende Ausschüsse). Demgegenüber kann eine Fraktion niemals die Funktionen und Kompetenzen der gesamten Volksvertretung wahrnehmen.
Wird mithin nach der demokratischen Konzeption des Grundgesetzes die Repräsentation des Volkes im wesentlichen erst im Plenum und/oder in den Ausschüssen der Volksvertretung bewirkt, so besteht entgegen der Ansicht der Klägerin kein hinreichender Grund, die nach Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG geltenden Anforderungen an die demokratische Legitimation der Mitwirkenden uneingeschränkt bereits auf der Fraktionsebene zur Geltung zu bringen. Vielmehr ist auch in diesem Zusammenhang festzuhalten, daß die eigentlichen, rechtlich ausschlaggebenden Entscheidungen gerade nicht in den Fraktionen fallen, sondern von diesen lediglich vorbereitet werden. Eine lediglich vorbereitende Staatstätigkeit ist indes, wie bereits bemerkt, nicht im gleichen Maße demokratischer Legitimation bedürftig wie die abschließende Entscheidung; an dieser Entscheidung haben hier die berufsmäßigen Stadtratsmitglieder nicht mitgewirkt.
3. Schließlich wird die Gültigkeit der Beitragssatzung der Beklagten nicht durch die Erwägung der Klägerin erschüttert, die Mitwirkung von berufsmäßigen Gemeinderatsmitgliedern an den Fraktionsberatungen und -beschlüssen verstoße gegen den Grundsatz der parteipolitischen Neutralität des Beamtentums. Dieser Einwand der Klägerin ist zwar im Ansatz berechtigt; er führt aber ebenfalls nicht zur Ungültigkeit der Satzung.
Der Grundsatz der parteipolitischen Neutralität gehört zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums im Sinne von Art. 33 Abs. 5 GG und gilt gemäß § 35 Abs. 1 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 des Beamtenrechtsrahmengesetzes (BRRG) auch für kommunale Wahlbeamte einschließlich der gemäß Art. 41 Abs. 1 Satz 1 bay.GO im Zeitbeamtenverhältnis tätigen bayerischen berufsmäßigen Gemeinderatsmitglieder (vgl. BVerwGE 81, 318 (322)). Dieser Grundsatz verbietet es dem Beamten, sich bei seiner Amtsführung auf eine bestimmte parteipolitische Richtung festzulegen (vgl. § 35 Abs. 1 Satz 1 BRRG: "Der Beamte dient dem ganzen Volk, nicht einer Partei"). Er wird mithin verletzt, wenn sich ein berufsmäßiges Mitglied des Gemeinderats einer Fraktion anschließt. Denn der Eintritt in eine Fraktion kann -- im Gegensatz zu einer lediglich beratenden Mitwirkung an der Fraktionsarbeit, die ebensogut auch anderen Fraktionen des Rates zugute kommen kann -- nur als Identifikation mit den die Fraktion prägenden gemeinsamen (partei-)politischen Grundüberzeugungen der Fraktionsmitglieder verstanden werden. Ein derartiges parteiergreifendes Verhalten ist dem Beamten im Rahmen seiner amtlichen Tätigkeit untersagt.
Aus der von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hervorgehobenen Doppelrolle der kommunalen Wahlbeamten als Beamte und Inhaber von kommunalverfassungsrechtlichen Funktionen ergibt sich nichts anderes. Die kommunalen Wahlbeamten stehen wegen der ihnen kommunalverfassungsrechtlich zugewiesenen Leitung der hauptamtlichen Gemeindeverwaltung im Schnittpunkt politischer Willensbildung und fachlicher Verwaltung und werden darum vom Gemeinderat, also einem primär politisch bestimmten Organ, in ihr Amt gewählt. Im Hinblick auf diesen politischen Einschlag ihres Amtes hat der Senat die in einigen Bundesländern getroffenen Regelungen für zulässig erachtet, nach denen die kommunalen Wahlbeamten vom Gemeinderat schon vor dem Ablauf ihrer regulären Amtszeit -- teilweise sogar mit einfacher Mehrheit -- durch Abwahl aus dem Amt entfernt werden können, wenn sie das Vertrauen des Rats verloren haben (BVerwGE 81, 318). In Bayern wird die politische Ausrichtung der kommunalen Wahlbeamten dadurch unterstrichen, daß sie dem Gemeinderat -- wenn auch nur mit beratender Stimme -- als Mitglieder angehören und dort eigene Anträge stellen können (vgl. Bay.VGH, BayVBl. 1980, 656). Mit dieser Regelung ist eine möglichst reibungslose Zusammenarbeit zwischen dem Gemeinderat und der Gemeindebürokratie bezweckt. Die bayerischen berufsmäßigen Gemeinderatsmitglieder haben also die Stellung von Mittlern zwischen dem primär politisch bestimmten Gemeinderat und dem auf die fachliche Aufgabenerledigung konzentrierten gemeindlichen Verwaltungsapparat inne und gewinnen auf diese Weise Einfluß auf die politische Gesamtleitung der Gemeinde (vgl. Bay.VGH, a.a.O. S. 659). Aus dieser Mittlerstellung folgt indes zugleich, daß sich die beamtenrechtliche Neutralitätspflicht der berufsmäßigen Gemeinderatsmitglieder auch auf ihre Tätigkeit im Gemeinderat erstreckt. Denn sie wirken dort gerade als Leiter der hauptamtlichen Gemeindeverwaltung und damit als fachorientierte und zur Neutralität verpflichtete Beamte mit. Auch soweit sie politisch mitgestaltend tätig werden, kann ihre Mitwirkung nicht mit einer parteipolitischen Betätigung gleichgesetzt werden, weil sie nach Art. 40 bay.GO Berater des gesamten Gemeinderats sind (vgl. Bay.VGH a.a.O. S. 659). Es geht mithin nicht an, die Amtstätigkeit der berufsmäßigen Gemeinderatsmitglieder, wie es der Beklagten nach ihren Äußerungen in der mündlichen Verhandlung vorschwebt, in eine der Neutralitätspflicht unterworfene leitende Beamtentätigkeit in der hauptamtlichen Gemeindeverwaltung und eine von dieser Pflicht freie Tätigkeit als Mitglied des Gemeinderats aufzuspalten. Vielmehr müssen sie bei ihrer gesamten Amtsführung die ihnen als Beamten obliegende parteipolitische Neutralität wahren.
Wenngleich sich hiernach ergibt, daß die neun berufsmäßigen Stadtratsmitglieder der Beklagten durch den Eintritt in die SPD-Fraktion des Rates und somit auch durch die Beteiligung an der Fraktionsabstimmung über die Beitragssatzung ihre Neutralitätspflichten verletzt haben, ist die Satzung nicht aus diesem Grunde ungültig. Denn nicht jeder Rechtsverstoß bei der Vorbereitung einer gemeindlichen Satzung führt zu deren Ungültigkeit. Das gilt auch für die Verletzung der Neutralitätspflicht durch einen am Satzungsverfahren beteiligten Beamten, weil dieser Verstoß weder nach dem Beamtenrechtsrahmengesetz noch nach sonstigem Bundesrecht jene Rechtsfolge nach sich zieht. Daß die Satzung nach dem einschlägigen Landesrecht rechtsgültig zustande gekommen ist, hat das Berufungsgericht irrevisibel entschieden.
[ Nicht amtlich publizierter Entscheidungstext: Da sich die Revision der Klägerin auf der Grundlage des vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalts als erfolglos erweist, kommt es auf die von der Beklagten erhobene Verfahrens(gegen)rüge nicht an. ]