BVerfGE 9, 20 (20): Es verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, bei Prüfung der Bedürftigkeit eines Arbeitslosen für die Arbeitslosenhilfe Einkommen und Vermögen des Partners einer eheähnlichen Gemeinschaft ebenso zu berücksichtigen wie Einkommen und Vermögen eines Ehegatten.
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Beschluß
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des Ersten Senats vom 16. Dezember 1958
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-- 1 BvL 3,4/57, 8/58 --
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in dem Verfahren wegen verfassungsrechtlicher Prüfung des § 149 Abs. 5 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung i.d.F. vom 23. Dezember 1956 (BGBl. I S. 1018 -- Bekanntmachung der Neufassung vom 3. April 1957, BGBl. I S. 321) und des § 141 e Abs. 5 desselben Gesetzes i.d.F. vom 16. April 1956 (BGBl. I S. 243) -- auf Antrag des Sozialgerichts Schleswig -- in dem Verfahren
BVerfGE 9, 20 (21): 1. der Erben der Frau Z., 2. des Herrn M., 3. der Frau G., gegen die Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung, vertreten durch den Präsidenten des Landesarbeitsamtes Elmshorn -- AZ: SI -- Ar 440/56, SI -- Ar 435/56, S 3 Ar 284/57 -.
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Entscheidungsformel:
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§ 149 Abs. 5 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung i.d.F. vom 23. Dezember 1956 (BGBl. I S. 1018 - Bekanntmachung der Neufassung vom 3. April 1957, BGBl. I S. 321) - § 141 e Abs. 5 desselben Gesetzes i.d.F. vom 16. April 1956 (BGBl. I S. 243) - ist mit dem Grundgesetz vereinbar.
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Gründe:
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A.
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Die vom Sozialgericht Schleswig zur Prüfung vorgelegte Norm bestimmt, daß bei der Bedürftigkeitsprüfung im Bereich der "Arbeitslosenhilfe" Einkommen und Vermögen einer Person, mit der der Arbeitslose in eheähnlicher Gemeinschaft lebt, in gleicher Weise zu berücksichtigen ist wie das Einkommen und Vermögen des Ehegatten. Das Sozialgericht hält die Vorschrift für unvereinbar mit Art. 3 Abs. 1 GG.
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Die Arbeitslosenhilfe ist durch das Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung vom 16. April 1956 (BGBl. I S. 243) einheitlich geregelt worden. Noch im gleichen Jahr wurde ein weiteres Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung vom 23. Dezember 1956 (BGBl. I S. 1018) verkündet, das am 1. April 1957 in Kraft trat. Gemäß Art. X § 8 dieses Gesetzes wurde das Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung vom Bundesminister für Arbeit in neuer Paragraphenfolge bekanntgemacht. Auf diese Neufassung des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung vom 3. April 1957 - AVAVG - (BGBl. I S. 321) beziehen sich - soweit nichts anderes gesagt ist - die nachstehenden Zitate.
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BVerfGE 9, 20 (22):
Das Gesetz beruht, soweit es hier in Betracht kommt, auf folgenden Grundgedanken:
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Zur Existenzsicherung des Arbeitnehmers im Falle der Arbeitslosigkeit dient in erster Linie die Arbeitslosenversicherung (§§ 56 bis 129 AVAVG). Die Mittel werden durch Beiträge der Arbeitnehmer und Arbeitgeber aufgebracht (§ 157 AVAVG). Die Leistungen aus der Versicherung werden ohne Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Arbeitslosen gewährt; eine Bedürftigkeitsprüfung findet nicht statt. Dauer und Höhe der Leistungen sind im Gesetz geregelt und richten sich nach der Dauer der vorhergegangenen Beschäftigung (§§ 87, 88 AVAVG) und nach der Höhe des bezogenen Arbeitsentgelts (§§ 89, 90 AVAVG). Die Arbeitslosenhilfe (§§ 144 bis 156 AVAVG) ist dazu bestimmt, die Lücke zu füllen, die sich aus der Begrenzung des Rechts auf Leistungen der Arbeitslosenversicherung ergibt; Arbeitslose, die Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung entweder gar nicht oder infolge Zeitablaufs nicht mehr beanspruchen können, sollen nicht der allgemeinen Fürsorge anheimfallen. Der Gesetzgeber hat deshalb eine soziale Einrichtung geschaffen, die zwischen der Arbeitslosenversicherung und der allgemeinen Fürsorge steht. Diese Einrichtung, die man früher Krisenfürsorge, später Arbeitslosenfürsorge nannte, wird jetzt als Arbeitslosenhilfe bezeichnet.
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Von der allgemeinen Fürsorge unterscheidet sie sich vor allem dadurch, daß nicht nur Leistungen gewährt werden, die den jeweiligen individuellen Bedarf des Unterstützungsempfängers decken sollen (§§ 5, 10 der Reichsgrundsätze über Voraussetzung, Art und Maß der öffentlichen Fürsorge i. d. F. zuletzt des Gesetzes vom 4. Juli 1957, BGBl. I S. 693), sondern daß dem Arbeitslosen ein Rechtsanspruch auf bestimmte Leistungen eingeräumt ist, die der Höhe nach gesetzlich festgelegt sind und sich grundsätzlich nach dem früheren Arbeitsentgelt richten (§ 148 AVAVG). Die Arbeitslosenhilfe ist hier der Arbeitslosenversicherung stark angenähert, deren Vorschriften insoweit entsprechend anzuwenden sind (§ 144 Abs. 1 AVAVG); nur sind die BVerfGE 9, 20 (23):
Unterstützungssätze der Arbeitslosenhilfe im allgemeinen niedriger als die der Arbeitslosenversicherung. Grundsätzlich verschieden von der Arbeitslosenversicherung - und insoweit der allgemeinen Fürsorge verwandt - ist die Arbeitslosenhilfe dadurch, daß die Mittel nicht durch Versicherungsbeiträge, sondern aus allgemeinen Steuern aufgebracht werden (§ 1 S. 2 AVAVG), und daß die Leistungen zwar zeitlich unbegrenzt sind, aber Bedürftigkeit des Empfängers voraussetzen (§ 145 Abs. 1 Nr. 3 AVAVG).
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Die Bedürftigkeit wird geprüft nach Maßgabe der §§ 149 und 150 AVAVG; § 149 gibt, indem er den Begriff der "Bedürftigkeit" näher bestimmt, Vorschriften für die sogenannte allgemeine Bedürftigkeitsprüfung; § 150 liefert Maßstäbe für die Berücksichtigung von anderweitigem Einkommen, die sogenannte spezielle Bedürftigkeitsprüfung. Die für das vorliegende Verfahren erheblichen Bestimmungen des § 149 und des in § 149 Abs. 1 in Bezug genommenen § 150 AVAVG lauten:
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(1) Als bedürftig im Sinne des § 145 Abs. 1 Nr. 3 gilt der Arbeitslose, soweit er seinen Lebensunterhalt und den seiner Angehörigen, für die ein Anspruch auf Familienzuschlag besteht, nicht auf andere Weise als durch Unterstützung aus der Arbeitslosenhilfe bestreitet oder bestreiten kann und das Einkommen, das nach § 150 zu berücksichtigen ist, den Unterstützungssatz nach § 148 Abs. 5 nicht erreicht.
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(2) Bedürftigkeit im Sinne des § 145 Abs. 1 Nr. 3 besteht nicht, solange mit Rücksicht auf das Vermögen des Arbeitslosen, das Vermögen seines im gemeinsamen Haushalt lebenden Ehegatten und das Vermögen seiner im gemeinsamen Haushalt lebenden Verwandten in gerader Linie die Gewährung von Unterstützung offenbar nicht gerechtfertigt ist.
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(4) Unbeschadet des Absatzes 1 kann das Arbeitsamt gleichwohl Unterstützung gewähren, solange und soweit der Arbeitslose Leistungen, auf die er einen Anspruch hat, nicht erhält. ...
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(5) Im Sinne der Vorschriften der Absätze 1 und 2 sind das Einkommen und das Vermögen einer Person, mit der der Arbeitslose BVerfGE 9, 20 (24):
in eheähnlicher Gemeinschaft lebt, in gleicher Weise zu berücksichtigen wie das Einkommen und das Vermögen des Ehegatten.
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B. -- I.
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Dem Sozialgericht liegen in folgenden Fällen Klagen auf Zahlung von Arbeitslosenhilfen zur Entscheidung vor:
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1. Verfahren 1 BvL 3/57: Die Klägerin des Ausgangsverfahrens bezog seit 1953 Arbeitslosenfürsorge. Seit 1954 lebte sie mit einem Manne zusammen und führte ihm den Haushalt. Nachdem die häuslichen Verhältnisse der Klägerin überprüft worden waren und sie dem Ermittlungsbeamten gegenüber selbst erklärt hatte, mit ihrem "Verlobten" in einem eheähnlichen Verhältnis zu leben, wurde ihr rückwirkend vom 2. April 1956 an im Hinblick auf dessen Einkommen die Arbeitslosenhilfe entzogen; doch wurde auf Rückzahlung der überzahlten Beträge verzichtet. Nach Erlaß des Vorlagebeschlusses ist das Ausgangsverfahren durch den Tod der Klägerin unterbrochen worden. Die Erben der Klägerin haben jedoch gegenüber dem Sozialgericht erklärt, daß sie den Rechtsstreit aufnehmen (§ 68 SGG i. V. m. §§ 239 ff. ZPO).
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2. Verfahren 1 BvL 4/57: Der Kläger des Ausgangsverfahrens bezog seit 1949 Unterstützung als Arbeitsloser. Er bewohnt mit seiner "Verlobten", einer berufstätigen Frau, gemeinsam eine Wohnung und führt auch mit ihr gemeinsamen Haushalt.
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BVerfGE 9, 20 (25):
Mit Rücksicht auf das Einkommen dieser Frau wurde die Zahlung von Arbeitslosenhilfe im August 1956 eingestellt.
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3. Verfahren 1 BvL 8/58: Die Klägerin des Ausgangsverfahrens bezieht seit 1956 Arbeitslosenhilfe. Sie wohnt und wirtschaftet mit einem von seiner Familie getrennt lebenden Mann zusammen und hat von ihm ein Kind. Mit Rücksicht auf sein Einkommen ist der Unterstützungssatz ihrer Arbeitslosenhilfe von etwa 36 DM auf etwa 16 DM herabgesetzt worden. Gegenüber einem Ermittlungsbeamten des Arbeitsamtes hat sie diesen Mann als ihren "Verlobten" bezeichnet und die gemeinsame Haushaltsführung bestätigt.
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Das Sozialgericht bejaht in allen drei Fällen das Bestehen einer eheähnlichen Gemeinschaft.
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Dem Vorlagebeschluß in dem Verfahren 1 BvL 8/58 liegt die Fassung des Gesetzes vom 3. April 1957 zugrunde. Für die Vorlagebeschlüsse in den Verfahren 1 BvL 3/57 und 1 BvL 4/57 ist die Fassung des Gesetzes vom 16. April 1956 maßgebend. Die vorstehend zitierten § 149 und 150 AVAVG hatten in jener früheren Fassung die Bezeichnung §§ 141 e und f. Der Wortlaut des zur Prüfung gestellten Absatzes 5 ist in beiden Fassungen gleich. In den übrigen zitierten Bestimmungen finden sich in der Neufassung gegenüber der Fassung vom 16. April 1956 geringfügige Änderungen, die redaktioneller Art sind oder der Klarstellung dienen und für die Verfahren keine Bedeutung haben.
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II.
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Das Gericht hat gemäß Art. 100 Abs. 1 GG diese drei Verfahren ausgesetzt und die für die Entscheidung erhebliche Vorschrift des § 149 Abs. 5 AVAVG (in der früheren Fassung § 141 e Abs. 5) zur Prüfung vorgelegt.
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Es sieht einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG darin, daß die Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft Eheleuten gleichgestellt würden, obwohl es bei ihnen an einer gegenseitigen Unterhaltspflicht und den sonstigen zwischen Eheleuten bestehenden rechtlichen Bindungen fehle.
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BVerfGE 9, 20 (26):
Wenn der Gesetzgeber darauf verzichtet habe, in allen Fällen einer gemeinsamen Haushaltsführung mehrerer Personen ohne Rücksicht auf gesetzliche Unterhaltspflicht eine besondere Bedürftigkeitsprüfung anzuordnen, so sei es willkürlich, aus dieser Vielzahl möglicher Haushaltsgemeinschaften gerade die eheähnliche Gemeinschaft herauszugreifen und für diese eine Sonderregelung einzuführen. Die Vorschrift passe nicht in die Systematik des Rechts der Arbeitslosenhilfe; sie lasse die Unterschiede zu dem im Bereich der allgemeinen Fürsorge geltenden Bedürftigkeitsbegriff außer acht. Auch aus Art. 6 Abs. 1 GG lasse sich die zur Prüfung vorgelegte Norm nicht rechtfertigen, denn es sei nicht Aufgabe der Arbeitsämter und Sozialgerichte, dafür zu sorgen, daß eheähnliche Gemeinschaften durch Entziehung der materiellen Grundlage gelöst würden.
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III.
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1. Im Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht ist der Bundesminister für Arbeit, der sich für die Bundesregierung geäußert hat, für die Gültigkeit der zur Prüfung gestellten Vorschrift eingetreten. Auch die Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung hat die Gültigkeit der Vorschrift bejaht. Von den oberen Bundesgerichten haben sich der Bundesgerichtshof und das Bundessozialgericht geäußert. Der Bundesgerichtshof hat ohne Bezug auf die vorgelegte Norm über seine Rechtsprechung zu Art. 3 Abs. 1 GG berichtet. Der VII. Senat des Bundessozialgerichts hält in seiner Äußerung die zur Prüfung gestellte Vorschrift für grundgesetzmäßig.
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2. Die Verfahren 1 BvL 3 und 4/57 und 8/58 sind durch Beschluß vom 4. November 1958 zur gemeinsamen Entscheidung verbunden worden.
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3. Die Entscheidung konnte ohne mündliche Verhandlung ergehen, da kein zum Beitritt Berechtigter dem Verfahren beigetreten ist.
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BVerfGE 9, 20 (27): C. -- I.
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Gegen die Zulässigkeit der Vorlage bestehen keine Bedenken. Zwar hat das Sozialgericht die den Verfahren 1 BvL 3 und 4/57 zugrunde liegenden Beschlüsse in einer sonst nicht üblichen Weise in je zwei gesonderte, mit verschiedenen Daten versehene Beschlüsse aufgeteilt. Doch ist das ohne rechtliche Bedeutung. In dem in der vorhergegangenen mündlichen Verhandlung anberaumten Verkündigungstermin vom 11. Dezember 1956 sind in öffentlicher Sitzung unter Mitwirkung der Sozialrichter die Aussetzungs- und Vorlagebeschlüsse verkündet worden. Die nähere Begründung dieser Beschlüsse, die der Vorsitzende allein unterzeichnet hat, ist erst unter dem Datum des 24. Januar 1957 mit der Bezeichnung als "Vorlagebeschluß" zu den Akten gebracht worden. Das ist unschädlich, da es sich nur um die - wenn auch verspätete (§ 134 Satz 2 SGG) - Abfassung der Gründe für die Beschlüsse vom 11. Dezember 1956 handelt und Urteile und Beschlüsse nur vom Vorsitzenden des Sozialgerichts zu unterzeichnen sind (§§ 142 Abs. 1, 134 SGG). Die "Beschlüsse" vom 11. Dezember 1956 und 24. Januar 1957 sind je als Einheit anzusehen.
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II.
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Die Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung ist als Beklagte der Ausgangsverfahren gehört worden - obwohl im Rubrum der Vorlagebeschlüsse als Beklagter das Arbeitsamt Elmshorn aufgeführt ist; denn das von der Beklagten selbst in den Ausgangsverfahren verwendete gedruckte Formular bezeichnet als Partei die "Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung, vertreten durch den Präsidenten des Landesarbeitsamts Schleswig-Holstein, Kiel"; nur als dessen Bevollmächtigter wird ein Angestellter des Arbeitsamts Elmshorn genannt.
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BVerfGE 9, 20 (28): D.
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Die Bedenken des Sozialgerichts gegen die Vereinbarkeit des § 149 Abs. 5 AVAVG (§ 141 e Abs. 5 AVAVG frühere Fassung) mit dem Grundgesetz sind nicht begründet.
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I.
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Wie die Vorlagebeschlüsse ergeben, ist das Sozialgericht der Ansicht, nach der Systematik des AVAVG könne das Vermögen und Einkommen Dritter bei der Bedürftigkeitsprüfung nur dann berücksichtigt werden, wenn der Dritte gesetzlich unterhaltspflichtig sei. Das Gericht hält es deshalb für willkürlich, daß in eheähnlicher Gemeinschaft lebende, einander also gesetzlich nicht unterhaltspflichtige Personen hier den Ehegatten gleichgestellt sind, während alle anderen Haushaltsgemeinschaften einander nicht unterhaltspflichtiger Personen bei der Bedürftigkeitsprüfung nicht berücksichtigt würden
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II.
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Eine Sondervorschrift verstößt nicht schon dadurch gegen den allgemeinen Gleichheitssatz, daß sie von den einen Rechtsbereich bestimmenden Grundregeln abweicht. Es kommt allein darauf an, ob sie sachlich hinreichend gerechtfertigt ist. Die Systemwidrigkeit einer Einzelvorschrift kann allenfalls als Indiz für ihre Willkürlichkeit gewertet werden.
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III.
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Eine zusammenfassende Betrachtung der Vorschriften des AVAVG, in denen der Begriff der Bedürftigkeit näher bestimmt wird, ergibt überdies, daß die Annahme des Sozialgerichts, in der Berücksichtigung der eheähnlichen Gemeinschaft liege eine Systemwidrigkeit, nicht berechtigt ist. Der gesetzlichen Unterhaltspflicht kommt bei der Bedürftigkeitsprüfung nicht die ihr vom Sozialgericht beigemessene Bedeutung zu; sie ist deshalb in diesem Bereich als Vergleichselement im Sinne von Art. 3 Abs. 1 GG nicht geeignet.
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BVerfGE 9, 20 (29):
1. Die Bedürftigkeitsprüfung wird von dem Grundsatz beherrscht, daß nicht möglicherweise bestehende Rechtsansprüche, sondern die faktischen wirtschaftlichen Verhältnisse des Arbeitslosen maßgebend sind. Mit Ausnahme einiger in § 150 Abs. 4 AVAVG aufgeführter, hier nicht interessierender Spezialeinkünfte, beeinflußt alles, was er aus welchem Grunde auch immer zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes tatsächlich erhält, seine Bedürftigkeit und damit seine Berechtigung zum Bezuge von Arbeitslosenhilfe. Dieser Grundsatz ist in § 149 Abs. 1 erster Halbsatz an die Spitze gestellt und allgemein ausgesprochen:
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Der zweite Halbsatz "und das Einkommen, das nach § 150 zu berücksichtigen ist, den Unterstützungssatz ... nicht erreicht" hat demgegenüber keine selbständige Bedeutung. Durch den Gebrauch des Wortes "und" zu Beginn des zweiten Halbsatzes wird zwar der Anschein erweckt, als stünden die Tatbestände beider Halbsätze selbständig nebeneinander, bei näherer Betrachtung erweist sich das jedoch als irrig. § 150 konkretisiert die allgemeine Bedürftigkeitsvoraussetzung: Eine allgemeine Bedürftigkeitsprüfung im Sinne von § 149 Abs. 1 erster Halbsatz erübrigt sich, wenn durch die nach § 150 zu berücksichtigenden Beträge die Unterstützungssätze bereits erreicht sind; andernfalls muß die allgemeine Prüfung nach § 149 Abs. 1 vorgenommen werden. Die Berechtigung zum Bezuge von Arbeitslosenhilfe wird nicht nur durch die in § 150 aufgezählten Arten von Einkommen vermindert oder ausgeschlossen; das Gesetz läßt vielmehr völlig offen, auf welche "andere Weise" der Arbeitslose seinen Lebensunterhalt bestreitet. Das kann insbesondere auch dadurch geschehen, daß er in irgendeiner Haushaltsgemeinschaft lebt, in der für seine Unterbringung, Ernährung und Bekleidung gesorgt ist (vgl. Schmidt, Die Arbeitslosenhilfe, 1956, § 141 e Anm. 2; Krebs, Kommentar zum AVAVG 1957, § 149 Anm. 2).
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BVerfGE 9, 20 (30):
2. Für die Frage, wann der Lebensunterhalt eines Arbeitslosen durch seine Zugehörigkeit zu einem Haushalt als gesichert gilt, enthalten § 149 Abs. 2 und § 150 Abs. 1 Nr. 2 und 3 Sonderregeln, welche die im Leben häufigsten Fälle betreffen, nämlich die der gemeinsamen Haushaltsführung von Ehegatten oder von Verwandten in gerader Linie. Beim Bestehen einer solchen Haushaltsgemeinschaft wird die Bedürftigkeit des Arbeitslosen nicht nur durch eigenes Vermögen oder eigene Einkünfte, sondern auch durch Vermögen und Einkünfte der mit ihm in Haushaltsgemeinschaft lebenden Personen ausgeschlossen. Damit zieht das Gesetz die Konsequenz aus der Erfahrung des täglichen Lebens, daß in diesen Haushaltsgemeinschaften umfassend "aus einem Topf" gewirtschaftet wird; in solchen Fällen pflegt jedes Haushaltsmitglied nach seinen Kräften zur Bestreitung der Lebenshaltungslasten beizutragen, aber auch nur in diesem Umfang dazu herangezogen zu werden.
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§ 149 Abs. 2 und § 150 Abs. 1 Nr. 2 und 3 haben also die Wirkung einer unwiderlegbaren Vermutung: die Bedürftigkeit des Arbeitslosen wird durch ausreichendes Vermögen oder Einkünfte eines Ehegatten oder Verwandten in gerader Linie ausgeschlossen, vorausgesetzt, daß der Arbeitslose mit diesem in einem gemeinsamen Haushalt zusammen wirtschaftet. Ehegatten und Verwandte in gerader Linie werden allerdings häufig dem Arbeitslosen auch gesetzlich unterhaltspflichtig sein. Das ist jedoch nicht immer der Fall und von dem Gesetz nicht zur Voraussetzung der Berücksichtigung des Einkommens und Vermögens jener hausangehörigen Familienmitglieder gemacht; es geht allein von ihrem ausreichenden Einkommen und Vermögen und der tatsächlichen Zugehörigkeit des Arbeitslosen zu der Haushaltsgemeinschaft aus; die bürgerlich-rechtliche Unterhaltspflicht spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle und wird deshalb auch nicht erwähnt.
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Liegen die typischen Tatbestände von § 149 Abs. 2 und § 150 Abs. 1 Nr. 2 und 3 nicht vor, so bleibt es dabei, daß die individuellen wirtschaftlichen Verhältnisse des Arbeitslosen zwecks BVerfGE 9, 20 (31):
Prüfung seiner Bedürftigkeit (§ 149 Abs. 1 und § 150 Abs. 1 Nr. 1) festgestellt werden müssen, und zwar auch dann, wenn er etwa mit Geschwistern oder mit befreundeten Personen gleichen Geschlechts zusammen lebt. Solche Haushaltsgemeinschaften werden also bei der Ermittlung der Bedürftigkeit nicht unberücksichtigt gelassen, nur muß hier in jedem Einzelfall festgestellt werden, ob und wieweit der Arbeitslose von den anderen Mitgliedern der Haushaltsgemeinschaft Leistungen empfängt, die seinen Unterhalt decken und damit die Bedürftigkeit ausschließen.
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3. Aus dieser Systematik der Bedürftigkeitsprüfung läßt sich die rechtliche Bedeutung der in § 149 Abs. 5 angeordneten Gleichbehandlung des Partners einer eheähnlichen Gemeinschaft mit einem Ehegatten erkennen. Auch wenn es die Vorschrift des § 149 Abs. 5 nicht gäbe, müßte die Wirkung der eheähnlichen Haushaltsgemeinschaft auf die Bedürftigkeit des Arbeitslosen nach § 149 Abs. 1 erster Halbsatz im Einzelfall geprüft werden. § 149 Abs. 5 erspart nur eine solche individuelle Prüfung, indem er die eheähnliche Gemeinschaft den in § 150 Abs. 1 Nr. 2 und 3 bezeichneten Haushaltsgemeinschaften gleichstellt. Die Vorschrift bewirkt also nicht - als Ausnahme von der Regel - die Berücksichtigung nur der eheähnlichen Haushaltsgemeinschaft; diese wird nur in der Methode der Berücksichtigung einer ehelichen Haushaltsgemeinschaft gleichgestellt. Mit anderen Worten: § 149 Abs. 5 bezieht sich nicht auf das "Ob", sondern nur auf das "Wie" der Berücksichtigung der eheähnlichen Gemeinschaft als eines typischen Lebenstatbestandes.
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4. Die Bestimmung ist auch sachgerecht. Die Prüfung am Maßstab des allgemeinen Gleichheitssatzes muß von ihrer vorstehend erläuterten Bedeutung ausgehen. Die Frage lautet also, ob für den Gesetzgeber hinreichende sachliche Gründe vorlagen, die eheähnlichen Gemeinschaften den Haushaltsgemeinschaften von Ehegatten oder von Verwandten in gerader Linie insofern gleichzustellen, als die Zugehörigkeit zu ihnen bei ausreichendem Vermögen oder Einkommen des Hausgenossen die Bedürftigkeit des Arbeitslosen ausschließt. Das ist zu bejahen. Die Berechtigung BVerfGE 9, 20 (32):
typisierender Regeln bei der Bedürftigkeitsprüfung ergibt sich aus praktischen Erfordernissen der Verwaltung, die einerseits in jedem Einzelfall das Bestehen der Anspruchsvoraussetzung festzustellen, andererseits gerade in der Arbeitslosenhilfe unter Umständen zahlreiche Fälle in kurzer Zeit zu bewältigen hat. In einem solchen Rechts- und Verwaltungsgebiet ist es sachdienlich, der Verwaltung die Möglichkeit zu einer in gewissen Grenzen vereinfachten Bearbeitung zu geben und ihr durch leicht zu handhabende Vorschriften umfangreiche und zeitraubende Prüfungen von Einzelfällen zu ersparen.
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Die eheähnliche Gemeinschaft ist auch als Gegenstand einer Typisierung geeignet. Es ist eine offenkundige Tatsache, daß die eheähnlichen Gemeinschaften nach dem zweiten Weltkrieg stark zugenommen haben, vor allem infolge der großen Zahl rentenberechtigter junger Witwen. Diese Gemeinschaften sind heute in stärkerem Maße eine typische Erscheinung des sozialen Lebens als etwa Haushaltsgemeinschaften von Geschwistern oder von befreundeten Personen gleichen Geschlechts. Wenn der Gesetzgeber in § 149 Abs. 2 und § 150 Abs. 1 Nr. 2 und 3 für die typischen Haushaltsgemeinschaften von Ehegatten und Verwandten in gerader Linie die Art der Bedürftigkeitsprüfung besonders geregelt hatte, lag es daher nahe, den ebenfalls häufig vorkommenden Typ der eheähnlichen Haushaltsgemeinschaften in diese Regelung einzubeziehen. Daß die Partner einer solchen Gemeinschaft einander gesetzlich nicht zur Unterhaltsleistung verpflichtet sind, steht dem nicht entgegen, denn nicht die gesetzliche Unterhaltspflicht gibt für das hier geregelte Lebensverhältnis das wesentliche Vergleichselement ab, sondern - wie oben dargelegt - die Erfahrungstatsache, daß in einer eheähnlichen Gemeinschaft wie in einer rechten Ehe "aus einem Topf" gewirtschaftet wird.
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5. Müßten allerdings geschlechtliche Beziehungen für den Tatbestand der eheähnlichen Gemeinschaft im Sinne des § 149 Abs. 5 AVAVG festgestellt werden, so würde die Bedürftigkeitsprüfung hier einen mit der Bedürftigkeitsprüfung bei ehelicher BVerfGE 9, 20 (33):
Haushaltsgemeinschaft unvergleichbaren Charakter erhalten: die Verwendung eines solchen Tatbestandsmerkmales im Rahmen von Rechtsvorschriften über staatliche Hilfe bei Arbeitslosigkeit müßte als sachfremd und daher willkürlich angesehen werden. Das ist aber nicht der Sinn des Gesetzes. Maßgebend für die Annahme einer eheähnlichen Gemeinschaft sind nicht die geschlechtlichen Beziehungen, sondern allein die Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft. Diese Auslegung entspricht den Absichten des Gesetzgebers; sie liegt den Weisungen der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung, an die Arbeitsämter zugrunde und wird in Rechtsprechung und Literatur einmütig vertreten
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-- vgl. für die Gesetzgebung die Berichte des Ausschusses für Arbeit, BT II/1953 Drucks. 2101 S. 6; Drucks. 2714 S. 18; Verhandlungen des Deutschen Bundestags BT II/1953, 135. Sitzung am 16. März 1956, Abgeordneter Odenthal, Prot. S. 6971 D, Abgeordnete Frau Kalinke, Prot. S. 6973 B, Abgeordneter Jahn, Prot. S. 6973 C; für die Bundesanstalt Runderlaß vom 11. Juli 1956 - Nr 211/56, 4 - Ziff. 8 - Dienstblatt der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung Ausgabe A 1956 Nr. 40 S. 446 f.; für die Rechtsprechung Urteil des LSG Schleswig vom 1. März 1957 - L 3 Ar 12/57 -, bisher nicht veröffentlicht; Urteil des Hessischen LSG vom 9. Januar 1957 - Arb VI 80/56 -, veröffentlicht in Breithaupt: Sammlung von Entscheidungen der Sozialversicherung, Versorgung und Arbeitslosenversicherung, Bd. 46/1957 Nr. 226 S. 665; Für die Literatur Krebs, aaO, § 149 Anm. 11; Schmidt, aaO, § 141 e Anm. 10.
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Auch in den vorgelegten drei Fällen ist dieser Auslegung gemäß verfahren worden.
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6. Ein Bedenken gegen die gleiche Berücksichtigung des Vermögens und Einkommens unterhaltspflichtiger und nicht unterhaltspflichtiger Hausgenossen des Arbeitslosen scheint sich aus § 149 Abs. 4 zu ergeben. Danach kann das Arbeitsamt unbescha BVerfGE 9, 20 (34):
det des § 149 Abs. 1 "gleichwohl Unterstützung gewähren, solange und soweit der Arbeitslose Leistungen, auf die er einen Anspruch hat, nicht erhält". Eine entsprechende Vorschrift für Fälle, in denen ein nicht unterhaltspflichtiger, aber zu "berücksichtigender" Hausgenosse, insbesondere ein Partner eheähnlicher Gemeinschaft faktisch nicht für den Arbeitslosen sorgt, ist in dem AVAVG nicht enthalten. Dessen bedarf es jedoch auch nicht. § 149 Abs. 4 ist in dem Fall der Mitversorgung im Haushalt (§ 150 Abs. 1 Nr. 2 und 3 AVAVG) überhaupt nicht anwendbar, korrespondiert vielmehr lediglich mit § 150 Abs. 1 Nr. 1, der die Arbeitslosenhilfe schon dann einschränkt oder ausschließt, wenn der Arbeitslose "Leistungen ... von Dritten ... beanspruchen kann". Dabei brauchen die Dritten keineswegs Unterhaltspflichtige, sondern können beliebige Schuldner sein. Entsprechend der Grundidee der Arbeitslosenhilfe, daß nicht die Rechtslage des Arbeitslosen, sondern seine faktische Bedürftigkeit maßgebend ist, mußte gegenüber dem ausnahmsweise die Rechtslage berücksichtigenden § 150 Abs. 1 Nr. 1 eine Ausgleichsmöglichkeit für den Fall geschaffen werden, daß die faktischen Leistungen des Dritten den rechtlich zu fordernden nicht entsprechen. Für die Fälle der Haushaltsgemeinschaft (§ 150 Abs. 1 Nr. 2 und 3) bedurfte es einer derartigen Regelung nicht, weil hier von vornherein nicht auf die Rechtslage, sondern auf die faktischen Verhältnisse abgestellt ist. Wenn der Arbeitslose nicht mitversorgt, wenn also nicht "aus einem Topf" gewirtschaftet wird, fehlt es an dem Tatbestandsmerkmal der gemeinsamen Haushaltsführung: die Anrechnungsbestimmungen sind dann schon aus diesem Grunde nicht anwendbar.
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IV.
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1. Dem Sozialgericht ist zwar zuzustimmen, daß es nicht Sache der Arbeitsämter und Sozialgerichte ist, eheähnliche Gemeinschaften durch Entziehung der materiellen Grundlage (Arbeitslosenhilfe) zu bekämpfen. Eine sonst verfassungswidrige Maßnahme könnte mit einer solchen "Erziehungsabsicht" auch nicht BVerfGE 9, 20 (35):
aus dem Schutzgedanken des Art. 6 Abs. 1 GG gerechtfertigt werden. Es entspricht jedoch der Tendenz dieser Vorschrift, eheähnliche Gemeinschaften hinsichtlich der materiellen Grundlage gegenüber rechten Ehen nicht zu begünstigen.
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2. Ferner widerspricht es dem Gedanken des sozialen Rechtsstaats, daß Mittel der Allgemeinheit, die zur Hilfe für deren bedürftige Mitglieder bestimmt sind, mangels genügender Kontrolle auch in Fällen in Anspruch genommen werden können, in denen wirkliche Bedürftigkeit nicht vorliegt. Es beruht auf diesem Rechtsgedanken, daß im allgemeinen Fürsorgerecht längst Grundsätze Eingang gefunden haben, die nach Art und Zweck mit der vorgelegten Norm in Einklang stehen. Dürfen die im Fürsorgerecht entwickelten Rechtsgrundsätze auch nicht ohne weiteres auf die Arbeitslosenhilfe übertragen werden, so kann es bei der Prüfung, ob die vorgelegte Norm willkürlich ist, doch nicht unberücksichtigt bleiben, wenn entsprechende Regeln in dem eng verwandten Bereich allgemeiner Fürsorge seit langem unbestritten sind. Auch hier wird bei der Bedürftigkeitsprüfung berücksichtigt, ob der Antragsteller in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebt. Das bestätigt eine - wenn auch mit gewissen Schattierungen in der Auffassung - weitgehend übereinstimmende Verwaltungsrechtsprechung:
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vgl. OVG Berlin JZ 1957, 674; OVG Hamburg VerwRspr. Bd. 8 Nr. 221; OVG Lüneburg DVBl. 1952, 505 und Amtl. Samml. Bd. 6, 496; OVG Münster Soziale Arbeit 1955, 448 und DÖV 1956, 502 in gleichem Sinne schon die Entscheidungen des Bundesamtes für das Heimatwesen Bd. 89, 115 (118) und Bd. 90, 103 (108).
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Ob der Begriff der Bedürftigkeit im Fürsorgerecht in gewisser Beziehung einen anderen Inhalt hat als im Recht der Arbeitslosenhilfe und ob die Berücksichtigung der eheähnlichen Gemeinschaft für die Bedürftigkeitsprüfung in einem früheren Stadium der Rechtsentwicklung anders geregelt war als in der vorgelegten Bestimmung - worauf das Sozialgericht Gewicht legt -, ist für die verfassungsmäßige Prüfung am Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG ohne Belang. Der Gesetzgeber wird weder durch frühere Rechts BVerfGE 9, 20 (36):
normen der Arbeitslosenhilfe noch durch den im Fürsorgerecht gebildeten Begriff der Bedürftigkeit gehindert, diesem Begriff als Voraussetzung der Arbeitslosenhilfe einen neuen Inhalt zu geben. "Bedürftigkeit" ist nichts Eindeutiges. Der Sinn dieses Begriffs ist vielmehr aus dem geltenden Recht für das jeweilige Rechtsgebiet zu ermitteln.
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§ 149 Abs. 5 AVAVG (§ 141 e Abs. 5 frühere Fassung) ist nach alledem mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar.
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