BVerfGE 21, 329 - Beamtinnenwitwer


BVerfGE 21, 329 (329):

1. Die Vorlage eines Gerichts im Normenkontrollverfahren, das eine landesrechtliche Vorschrift betrifft, deren Inhalt durch eine Bestimmung in einem Bundesrahmengesetz vorgeschrieben ist, ist nicht deshalb unzulässig, weil in diesem Verfahren nicht über die Gültigkeit oder Nichtigkeit der inhaltsgleichen bundesrechtlichen Vorschrift entschieden werden kann, deren Übernahme dem Landesgesetzgeber zur Pflicht gemacht ist.
2. Eine Verknüpfung der "amtsgemäßen" Versorgung der Hinterbliebenen eines Beamten mit ihren bürgerlich-rechtlichen Unterhaltsansprüchen gegen den Beamten ist mit einem hergebrachten und zu beachtenden Grundsatz des Berufsbeamtentums ebensowenig vereinbar wie die Bemessung der Besoldung und des Ruhegehalts des Beamten nach den konkreten Bedürfnissen und Vermögensverhältnissen seiner Familie, die die privatrechtliche Unterhaltsverpflichtung beeinflussen.
3. Art. 3 Abs. 2 und 3 GG gebietet, daß die Beamtin auch hinsichtlich der Versorgung ihrer nächsten Familienangehörigen dem Beamten gleichzustellen ist.
 
Beschluß
des Zweiten Senats vom 11. April 1967
- 2 BvL 3/62 -
in dem Verfahren zur verfassungsrechtlichen Prüfung des § 134 des Hamburgischen Beamtengesetzes vom 13. März 1961 (GVBl. S. 49) in der Fassung des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Hamburgischen Beamtengesetzes vom 22. Juni 1962 (GVBl. S. 139), soweit diese Vorschrift den Anspruch des Mannes auf Witwergeld gegenüber dem der Frau auf Witwengeld dem Grunde nach an besondere Voraussetzungen knüpft und ihn der Höhe nach beschränkt, - Aussetzungs- und Vorlagebeschluß des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 24 Januar 1962 - III VG Nr. 790/61 -.
Entscheidungsformel:
§ 134 des Hamburgischen Beamtengesetzes vom 13. März 1961 (GVBl. S. 49) in der Fassung des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Hamburgischen Beamtengesetzes vom 22. Juni 1962 (GVBl. S. 139) verletzt Artikel 3 Absatz 2 und 3 des Grundgesetzes und

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ist deshalb nichtig, soweit er den Anspruch des beim Tode der Beamtin in ehelicher Lebensgemeinschaft lebenden Witwers auf Witwergeld dem Grunde und der Höhe nach vom Bestehen eines gesetzlichen Unterhaltsanspruchs des Witwers gegen seine verstorbene Ehefrau abhängig macht.
 
Gründe:
 
A. - I.
1. Nach §§ 125, 126 des Hamburgischen Beamtengesetzes (HmbBG) vom 13. März 1961 (GVBl. S. 49) erhält die Witwe eines Beamten, der zur Zeit seines Todes Ruhegehalt erhalten hätte, oder eines Ruhestandsbeamten vorbehaltlich der in § 125 enthaltenen Ausnahme Witwengeld in Höhe von 60% des Ruhegehalts.
Eine gewisse Kürzung des Witwengelds ist für die im Verhältnis zum Ehemann erheblich jüngere Witwe vorgesehen. Die Kürzung entfällt mit fortschreitender Dauer der Ehe (§ 131 HmbBG).
Demgegenüber lautet die für die Versorgung des Witwers der Beamtin maßgebende Bestimmung des § 134 HmbBG wie folgt:
    Die §§ 125 bis 133 gelten entsprechend für den Witwer oder schuldlos oder aus überwiegendem Verschulden der Ehefrau geschiedenen Ehemann einer verstorbenen Beamtin oder Ruhestandsbeamtin, wenn er zur Zeit ihres Todes einen gesetzlichen Unterhaltsanspruch gegen sie gehabt hat. Die ihm zu gewährenden Bezüge dürfen nicht höher sein als sein Unterhaltsanspruch gegen die Verstorbene. An die Stelle des Witwengeldes im Sinne der Vorschriften dieses Gesetzes tritt das Witwergeld, an die Stelle der Witwe der Witwer.
Diese Regelung der Witwerversorgung ist vom Landesgesetzgeber aus dem Beamtenrechtsrahmengesetz (BRRG) vom 1. Juli 1957 (BGBl. I S. 667) übernommen worden. Das Beamtenrechtsrahmengesetz, das in § 1 die Länder verpflichtet, ihr Beamtenrecht bis 31. Dezember 1963 unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums und der gemeinsamen Interessen von Bund und Ländern den in Kapitel I des Gesetzes enthaltenen bundesrechtlichen Rahmenvorschriften anzupassen, ent

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hält den §§ 125, 126, 131, 134 HmbBG entsprechende, von den zwischenzeitlichen Neufassungen (BGBl. 1961 I S. 1801 und BGBl. 1965 I S. 1753) nicht berührte Bestimmungen (§§ 71 Abs. 1 und 2, 72, 77, 78 BRRG). Der Wortlaut dieser Vorschriften, die ihrerseits mit den §§ 123, 124, 129, 132 Satz 1 und 2 des Bundesbeamtengesetzes (BBG) vom 14. Juli 1953 (BGBl. I S. 551), auch in der Neufassung vom 22. Oktober 1965 (BGBl. I S. 1776), übereinstimmen, gibt den Ländern keine Möglichkeit, von der in den Bundesgesetzen vorgeschriebenen Verknüpfung der Versorgung des Witwers mit seinem gesetzlichen Unterhaltsanspruch gegen seine Ehefrau, die verstorbene Beamtin, abzusehen.
Der Bundesminister des Innern hat gemäß der ihm in § 155 Abs. 3 Satz 2 BBG eingeräumten Ermächtigung am 26. September 1958 Richtlinien zu § 132 BBG erlassen, deren hier bedeutsame Ziffer 1 i.d.F. vom 19. September 1962 (Beil.z.BAnz. Nr. 183 vom 26. September 1962) lautet:
    Lebten die Ehegatten im Zeitpunkt des Todes der Beamtin oder Ruhestandsbeamtin in ehelicher Lebensgemeinschaft, so ist im allgemeinen ein 'gesetzlicher Unterhaltsanspruch' des Ehemanns gegen die Beamtin oder Ruhestandsbeamtin anzunehmen, wenn die Hälfte des Einkommens beider Ehegatten das eigene Einkommen des Ehemanns zu diesem Zeitpunkt übersteigt. Bei schwankendem Einkommen kann ein Durchschnittseinkommen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles zugrunde gelegt werden. ... Ergibt sich hiernach ein Unterhaltsanspruch des Ehemanns, so wird Witwergeld gewährt, und zwar in Höhe der Hälfte des gesamten Einkommens zur Zeit des Todes der Beamtin oder Ruhestandsbeamtin, vermindert um das Einkommen des Ehemanns zu diesem Zeitpunkt. Als Hälfte des gesamten Einkommens ist höchstens das gesetzliche Witwengeld, mindestens das Mindestwitwengeld anzusetzen. ... Allgemeine Änderungen der Dienst- und Versorgungsbezüge nach dem Zeitpunkt des Todes der Beamtin oder Ruhestandsbeamtin werden bei der Höhe des Witwengeldes berücksichtigt. ... Änderung des eigenen Einkommens des Witwers nach dem Tode der Beamtin oder Ruhestandsbeamtin berühren das Witwergeld nicht.
Der Hamburger Senat hat diese Regelung in seine am 14. November 1961 gemäß § 158 Abs. 2 HmbBG erlassenen "Richt

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linien und Verwaltungsvorschriften zum Versorgungsteil des Hamburgischen Beamtengesetzes" (Mitteilung für die Verwaltung S. 249) übernommen.
2. Der Witwer einer Bundesbeamtin wurde erstmals durch § 132 BBG in die beamtenrechtliche Hinterbliebenenversorgung einbezogen. Eine gleiche Regelung hatte vorher das Landesbeamtengesetz Berlin vom 24. Juli 1952 (GVBl. S. 603) gebracht (§ 123 LBG). Im Deutschen Beamtengesetz (DBG) vom 26. Januar 1937 (RGBl. I S. 39) und im früheren Beamtenrecht war hingegen für den Witwer einer Beamtin eine Versorgung nicht vorgesehen.
II.
1. Im Ausgangsverfahren macht der Witwer einer 1957 verstorbenen Oberlehrerin, die im Dienst der Stadt Hamburg stand, seinen Anspruch auf Witwergeld aus dem Beamtenverhältnis seiner Ehefrau geltend. Das Personalamt der Stadt Hamburg hatte das Witwergeld zunächst gemäß § 134 HmbBG unter Vorbehalt der nach § 158 Abs. 2 HmbBG noch vom Senat für die Bemessung zu erlassenden Richtlinien auf 46% des Ruhegehalts der Verstorbenen (= 446,21 DM) festgesetzt. Bei dieser Berechnung war das Personalamt davon ausgegangen, daß der Kläger 1957 gegen seine Ehefrau einen Unterhaltsanspruch in Höhe von 390,43 DM gehabt habe, berechnet aus der Hälfte des damaligen Gesamteinkommens der Eheleute abzüglich des Einkommens des Witwers. Dem berichtigten Bescheid vom 9. Juli 1961 legte das Personalamt hingegen die zu § 132 BBG erlassenen Richtlinien des Bundesministers des Innern vom 26. September 1958 (a.a.O.) zugrunde und berechnete so den Versorgungsanspruch des Klägers im Zeitpunkt des Todes seiner Ehefrau, nunmehr ausgehend vom gesetzlichen Witwengeld, das nach Ziff. 1 Abs. 2 der Richtlinien als Höchstgrenze für die Ermittlung der Hälfte des Gesamteinkommens der Eheleute anzusehen ist, auf 59,29 DM. Das auszuzahlende Witwergeld wurde unter Berücksichtigung der späteren Gehaltserhöhungen zuletzt auf 135,46 DM festgesetzt.


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Mit seiner Klage vor dem Verwaltungsgericht Hamburg rügte der Kläger die Anwendung der vom Bundesminister des Innern erlassenen Richtlinien zu § 132 BBG. Er meint, man müsse bei der Feststellung des gesetzlichen Unterhaltsanspruchs im Sinne des § 134 HmbBG grundsätzlich davon ausgehen, daß beide Ehegatten gleich viel vom gemeinsamen Einkommen für ihren Unterhalt verbrauchen dürfen. Als Einkommen der Beamtin seien aber deren Dienstbezüge zur Zeit ihres Todes anzusehen. Das einer Beamtenwitwe zu gewährende gesetzliche Witwengeld könne nicht als Berechnungsgrundlage herangezogen werden. Vielmehr sei der Unterhaltsanspruch des Witwers immer in Höhe der Hälfte des Gesamteinkommens, vermindert um das eigene Einkommen des Hinterbliebenen, zu berechnen und demnach das Witwergeld festzusetzen. Im übrigen aber verstoße die gesetzliche Regelung, die der oft ebenfalls berufstätigen Beamtenwitwe in jedem Falle ohne Rücksicht auf ihre Erwerbssituation einen uneingeschränkten Versorgungsanspruch, dem Witwer der Beamtin aber nur ein um sein eigenes Arbeitseinkommen vermindertes "Witwen" geld gewähre, gegen Art.3 GG.
2. Das Verwaltungsgericht Hamburg hat sein Verfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt, ob § 134 des Hamburgischen Beamtengesetzes insoweit mit Art. 3 Abs. 2 GG vereinbar ist, als er den Anspruch des Mannes auf Witwergeld gegenüber dem der Frau auf Witwengeld dem Grunde nach an besondere Voraussetzungen knüpft und ihn der Höhe nach beschränkt.
Das Gericht ist der Meinung, der Klage nur dann stattgeben zu müssen, wenn die Vorlagefrage zu verneinen ist. Es räumt im Hinblick darauf, daß das Bestehen eines Unterhaltsanspruchs des Klägers zur Zeit des Todes seiner Ehefrau dem Grunde nach unbestritten ist, aber ein, daß es die gleiche Entscheidung zu treffen habe, wenn § 134 HmbBG auch nur insoweit nichtig ist, als er den Anspruch des Witwers gegenüber dem der Witwe der Höhe nach beschränkt (§ 134 Satz 2 HmbBG).
Die Verfassungswidrigkeit des den Witwergeldanspruch ein

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schränkenden Teiles des § 134 HmbBG sieht das Gericht in der ungleichen Behandlung von Witwe und Witwer. Es komme häufig vor, daß Mann und Frau gleichermaßen erwerbstätig seien und die Frau ein gleiches oder gar höheres Einkommen habe als ihr beamteter Mann. Da selbst in diesen Fällen der Witwe regelmäßig der volle uneinschränkbare Witwengeldanspruch gewährleistet sei, dies sich aber heute nicht mehr mit dem Hinweis auf das bürgerliche Unterhaltsrecht begründen lasse, sei für die beanstandete abweichende Regelung der Versorgung des Witwers, auch wenn dieser an sich sinnvolle Erwägungen zugrunde lägen, kein Raum.
III.
Zu dem Vorlagebeschluß haben sich der Bundesminister des Innern namens der Bundesregierung, der Bayerische Ministerpräsident namens der Bayerischen Staatsregierung und der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg geäußert. Die Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts und des Oberverwaltungsgerichts Berlin haben auf die Entscheidungen ihrer Gerichte zur Vorlegungsfrage (BVerwGE 13, 343; OVG Berlin vom 24. September 1959 - OVG IV B 38.58 -) hingewiesen, der Präsident des Landessozialgerichts Hamburg außerdem auf ähnliche Regelungen der Witwerversorgung im Bundesversorgungsgesetz und in den Sozialversicherungsgesetzen, zu denen die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 24. Juli 1963 (BVerfGE 17, 1 ff.; 17, 38 ff.) ergangen sind. Der Kläger des Ausgangsverfahrens hat sich der Rechtsansicht des vorlegenden Gerichts angeschlossen.
1. Der Bundesminister des Innern hat lediglich zur Frage der Verfassungsmäßigkeit der mit § 134 HmbBG gleichlautenden Bestimmungen des Bundesrechts (§ 132 BBG, § 78 BRRG) Stellung genommen. Er hält diese Vorschriften für vereinbar mit dem Grundgesetz. Der Gesetzgeber habe bei der Ausgestaltung der die Alimentation der Beamtenfamilie sichernden beamtenrechtlichen Versorgung nicht allein und ausschließlich auf den Vergleich der dienstlichen Stellung des Beamten und der Beamtin abstellen müssen; es sei ihm auch nach Art.3 GG unbenommen gewesen,

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insoweit trotz Gleichartigkeit und Gleichwertigkeit der Dienste der Beamtin und der daraus resultierenden gleichen Besoldung an die natürliche Funktionsteilung von Mann und Frau in der Ehe und Familie anzuknüpfen. Danach aber sei es in erster Linie Aufgabe des Mannes, durch seine Erwerbstätigkeit zum Unterhalt der Familie beizutragen und entsprechende Altersvorsorge, auch für die Ehefrau, zu treffen. Die Frau hingegen, der in der Regel nur die Haushaltsführung obliege, könne, soweit die eheliche Gemeinschaft nach dem Leitbild des Gesetzgebers ausgerichtet sei, zur Altersversorgung naturgemäß nichts beitragen. Von einer Benachteiligung bei differenzierter Witwer- und Witwenversorgung, die diese regelmäßige Verschiedenheit der Situation von Mann und Frau in der Familie berücksichtige, könne deshalb keine Rede sein. Nicht das Gesetz, sondern die typische soziale Stellung der Ehefrau in der Familie habe die verheiratete Beamtin aus der Gruppe der anderen Beamten heraus und fordere, daß die Gewährung des Witwergeldes von einer entsprechenden Unterhaltsverpflichtung der verstorbenen Beamtin abhängig gemacht werde. Im übrigen aber finde die gesetzliche Regelung auch in der übergreifenden Wertentscheidung des Art.6 Abs.1 GG ihre Stütze, da sie bei Anknüpfung an das der Erhaltung von Ehe und Familie dienende eheliche Unterhaltsrecht (§ 1360 BGB n.F.) dem gleichen Ziel Rechnung trage. Der Gesetzgeber habe nach alldem unterstellen dürfen, daß in der Regel nur die Witwe einen gesetzlichen Unterhaltsanspruch aus der Erwerbstätigkeit ihres Ehemannes (§ 1360 Satz 2 BGB n.F.) und demgemäß auch einen Anspruch auf das ungekürzte gesetzliche Witwengeld habe, das lediglich die infolge des Todes des Beamten für den Familienunterhalt ausgefallenen beamtenrechtlichen Bezüge, nicht aber sonstige Leistungen des Beamten für die Familie, ersetzen solle. Für den Witwer könne wegen seiner andersartigen sozialen Stellung in der Familie ein generelles Alimentationsbedürfnis aus dem Diensteinkommen der Beamtin nur in Ausnahmefällen bejaht werden. Es sei darum gerechtfertigt, den Anspruch auf Witwergeld dem Grunde und der Höhe nach ausdrücklich vom Bestehen

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eines gesetzlichen Unterhaltsanspruchs gegen die verstorbene Beamtin abhängig zu machen, wobei jedoch wegen der besonderen beamtenrechtlichen Zweckbestimmung der Versorgung unter Unterhaltsanspruch nur das sich aus der ehelichen Gemeinschaft ergebende Recht des Witwers auf Beteiligung am Diensteinkommen der Beamtin verstanden werden dürfe. Die sich daraus auch für den Fall des sogenannten Familiennotstands (Verpflichtung der Ehefrau zur Erwerbstätigkeit) ergebende Beschränkung des Anspruchs auf Witwergeld gemäß dem eigenen Einkommen des Witwers sei gleichfalls verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Witwer erhalte jedenfalls das volle, dem Witwengeld entsprechende Witwergeld, wenn er ganz auf die Arbeitskraft der verstorbenen Beamtin angewiesen gewesen sei. Diese generelle Gleichstellung von Witwen und Witwern werde in der mit Rundschreiben vom 27. Mai 1963 - II B 4 - 25 090 - 5909/62 - allgemein zugelassenen Abweichung von der Richtlinie Ziff. 1 zu § 132 BBG noch klarer als bisher herausgearbeitet.
2. Der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg geht zunächst auf die Frage der Zulässigkeit der Vorlage ein und weist darauf hin, daß im Falle der Verfassungswidrigkeit des § 134 HmbBG immer noch die gleichlautende Vorschrift des § 78 BRRG weiter bestehe. Wenn es sich hierbei auch nur um eine Rahmenbestimmung handele, so binde sie doch weiterhin den Landesgesetzgeber und könne deshalb bei der Entscheidung im Ausgangsverfahren nicht unbeachtet bleiben.
In der Sache stellt der Senat im wesentlichen die gleichen Überlegungen an, wie sie der Bundesminister des Innern vorgetragen hat.
3. Auch der Bayerische Ministerpräsident hält die Vorlage für unbegründet, meint aber, daß bei der Berechnung des Unterhaltsanspruchs des Witwers die durch das Inkrafttreten des Gleichberechtigungsgesetzes bewirkte Änderung des ehelichen Unterhaltsrechts auch insoweit beachtet werden müsse, als nunmehr die Haushaltsführung der Ehefrau Teil der ihr gegenüber ihrem Ehemann obliegenden gesetzlichen Unterhaltspflicht sei. Dieser

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insbesondere vom Bundesverwaltungsgericht in der Entscheidung vom 12. Februar 1962 (BVerwGE 13, 343) hervorgehobene Gesichtspunkt bleibe bei der Anwendung der zu § 132 BBG, § 134 HmbBG erlassenen Richtlinien wohl zu Unrecht unberücksichtigt. Möglicherweise müsse daher auch im Ausgangsverfahren schon auf der Grundlage des Gesetzes eine dem Kläger günstige Entscheidung ergehen. Insoweit könne sogar die Zulässigkeit der Vorlage in Frage gestellt sein.
 
B. - I.
Die Vorlage ist zulässig.
1. Das Verwaltungsgericht ist der Ansicht, daß es der Klage nur dann stattgeben könne, wenn § 134 HmbBG nichtig sei, soweit diese Bestimmung den Witwergeldanspruch des Klägers der Höhe nach vom Umfang seines gesetzlichen Unterhaltsanspruchs gegen seine verstorbene Ehefrau abhängig macht. Ob das Gericht bei erweiternder Auslegung des vom Gesetzgeber verwendeten Begriffs "gesetzlicher Unterhaltsanspruch" (vgl. BVerwGE 13, 343) auch ohne Prüfung der Gültigkeit der Gesetzesvorschrift zum gleichen, dem Kläger günstigen Ergebnis kommen könnte, kann dahingestellt bleiben, denn seine andere, mit den Richtlinien zu § 132 BBG und § 134 HmbBG übereinstimmende Auffassung ist jedenfalls nicht offensichtlich unhaltbar (BVerfGE 2, 181 [191]; st. Rspr.).
2. Die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts setzt allerdings voraus, daß nur die in § 134 HmbBG normierte Verknüpfung des Witwergeldanspruchs mit dem "gesetzlichen Unterhaltsanspruch" des Witwers gegen die verstorbene Beamtin nichtig ist und daß sich das Bundesverfassungsgericht durch das verfassungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme auf die allein dem Gesetzgeber zustehende Rechtsetzungsbefugnis und dessen damit verbundene Entschließungsfreiheit nicht gehindert sieht, den in der Vorlage beanstandeten Teil der zur Prüfung gestellten Norm für nichtig zu erklären und so selbst die gesetzliche Anspruchsgrundlage zu erweitern (vgl. BVerfGE 8,28 [36,37,38]; 14,308 [311,

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312]; 15, 121 [125, 126]). Eine solche beschränkte Nichtigerklärung ist hier aber schon deshalb möglich, weil, wie noch näher darzulegen sein wird, der Gesetzgeber bei Kenntnis der Verfassungswidrigkeit seiner Regelung ohnehin die Einschränkung des Witwergeldanspruchs hätte streichen müssen, eine dementsprechende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts also nicht als Eingriff in den der Legislative vorbehaltenen Bereich gewertet werden kann (BVerfGE 8, 28 [36 f.]; 9, 250 [255]; 14, 308 [311 f.]; 15, 121 [125 f.]; 17, 148 [152 f.]).
3. Auch aus § 78 BRRG ergeben sich keine Bedenken gegen die Zulässigkeit der Vorlage. Richtig ist zwar, daß mit der Aufnahme dieser dem § 134 HmbBG wörtlich und inhaltlich entsprechenden Vorschrift in das Rahmengesetz die Ausgestaltung der beamtenrechtlichen Witwerversorgung nicht mehr zur Disposition des Landesgesetzgebers stand. Das könnte jedoch allenfalls zur Folge haben, daß § 134 HmbBG unbeschadet seines landesrechtlichen Charakters gleichzeitig als Bundesrecht zu werten wäre (vgl. v. Mangoldt-Klein, Das Bonner Grundgesetz, 2. Aufl., Band 2 1964, S. 1691 Anm. III 4d zu Art. 75; Brenken in DVBl. 1959, 411). Keinesfalls aber würde diese Gesetzesbestimmung im Falle der Nichtigkeit durch § 78 BRRG ersetzt werden, denn die Vorschriften des Kapitels I des Rahmengesetzes, zu denen auch § 78 zählt, erwachsen trotz Ablaufs der dem Landesgesetzgeber eingeräumten Anpassungsfrist nicht in unmittelbar für die Landesbeamten geltendes Recht. Eine daraufhinzielende Vorschrift (§ 121 des Entwurfs eines Ersten Rahmengesetzes zur Vereinheitlichung des Beamtenrechts vom 4. Juli 1955 - BT-Drucks. II/1953 Nr. 1549 S. 21 -) hat wegen des Widerstands des Bundesrats gestrichen werden müssen (S. 74 a.a.O.). § 78 BRRG kann daher für das Ausgangsverfahren weder unmittelbar noch mittelbar Bedeutung gewinnen.
4. Schließlich kann auch nicht beanstandet werden, daß das vorlegende Gericht die in § 134 Satz 1 2. Halbs. HmbBG enthaltene Voraussetzung für den Witwergeldanspruch, nämlich das Bestehen eines gesetzlichen Unterhaltsanspruchs des Klägers gegen

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seine verstorbene Ehefrau, dem Grunde nach bejaht und trotzdem die Vorlegungsfrage auch auf diesen Teil der Vorschrift erstreckt hat. Diese Einbeziehung ist schon deshalb geboten, weil bei der Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit einer Gesetzesvorschrift deren gesamter, für das Ausgangsverfahren bedeutsamer Inhalt ins Auge gefaßt und insbesondere untrennbare Sinnzusammenhänge berücksichtigt werden müssen. So ist auch im vorliegenden Fall generell zu untersuchen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung der beamtenrechtlichen Witwerversorgung an das Familienunterhaltsrecht anknüpfen durfte. Die begrenzte Überprüfung eines bestimmten Teiles der beanstandeten, insgesamt aber entscheidungserheblichen Gesetzesvorschrift kann dem Bundesverfassungsgericht nicht aufgezwungen werden. Aus dem gleichen Grund ist hier § 80 BVerfGG schon dadurch Genüge getan, daß das vorlegende Gericht zumindest die Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Einschränkung des Witwergeldanspruchs der Höhe nach (§ 134 Satz 2 HmbBG) bedenkenfrei bejaht hat.
5. Die Vorlegungsfrage bedarf jedoch unter einem anderen Gesichtspunkt der Einschränkung. Durch den gesetzlichen Begriff "Witwergeld" ist wohl zum Ausdruck gebracht, daß die in § 134 HmbBG getroffene Versorgungsregelung nur insoweit der verfassungsgerichtlichen Überprüfung unterstellt wird, als sich aus ihr der Anspruch des Witwers der verstorbenen Beamtin auf Witwergeld ergibt. Die gesetzlichen Voraussetzungen der weiteren, aus § 134 HmbBG herzuleitenden Versorgungsansprüche (Anspruch des Witwers oder des schuldlos oder minderschuldig geschiedenen Ehemannes nach §§ 134, 127 HmbBG auf einen bloßen Unterhaltsbeitrag) werden daher von der zu treffenden Entscheidung nicht berührt. Für das Ausgangsverfahren ist jedoch nur von Bedeutung, ob das Witwergeld des beim Tode der Beamtin in ehelicher Gemeinschaft lebenden Witwers entsprechend seinem Unterhaltsanspruch begrenzt werden kann. Wenn auch im herkömmlichen Beamtenrecht eine besondere Regelung des Versorgungsanspruchs der getrennt lebenden Witwe nur in den Fällen vorge

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sehen ist, in denen die eheliche Gemeinschaft beim Tode des Beamten nach dem bis 1938 geltenden Eherecht (§§ 1575, 1587 BBG) durch gerichtliche Entscheidung aufgehoben war (vgl. §§ 123 Abs. 1 Ziff.3, 125 Abs. 1, 132 BBG) und im Hamburgischen Beamtengesetz entsprechende Bestimmungen nicht enthalten sind, so besteht doch kein begründeter Anlaß, die verfassungsrechtliche Prüfung auch auf das die Versorgungsansprüche getrennt lebender Ehegatten regelnde Recht zu erstrecken.
II.
§ 134 HmbBG ist mit dem Grundgesetz unvereinbar und deshalb nichtig, soweit er die beamtenrechtliche Versorgung des in ehelicher Gemeinschaft lebenden Witwers - im Gegensatz zur Versorgung der Beamtenwitwe - dem Grunde und der Höhe nach vom Bestehen eines gesetzlichen Unterhaltsanspruchs des Witwers gegen seine verstorbene Ehefrau abhängig macht.
1. Nach Auffassung des vorlegenden Gerichts besteht die beanstandete, mit Art. 3 Abs. 2 GG nicht zu vereinende gesetzliche Schlechterstellung des Witwers einer Beamtin darin, daß diesem insgesamt lediglich der beamtenrechtlich "angemessene Unterhalt" zugestanden werde, dieser Unterhalt aber schon dann gewährleistet sei, wenn der hinterbliebene Ehemann unter Einrechnung seines eigenen Einkommens über einen Betrag verfügen könne, welcher der vom Gesetzgeber für die in der Regel bedürftige Beamtenwitwe vorgesehenen Pension (§ 126 HmbBG) entspreche. In der Tat wäre die Ungleichheit der Regelung von Witwen- und Witwerversorgung zum Nachteil der verstorbenen Beamtin und ihres hinterbliebenen Ehemannes bei dieser, im Ergebnis den amtlichen Richtlinien zu § 134 HmbBG und zu § 132 BBG entsprechenden Auslegung der Gesetzesvorschrift augenfällig. Indessen ist weder unmittelbar aus § 134 HmbBG noch aus der Systematik des Gesetzes zu entnehmen, daß der gesetzliche Unterhaltsanspruch des Witwers, nach dem das zu gewährende Witwergeld zu bemessen ist (§ 134 Satz 2 HmbBG), entsprechend dem ersichtlich nach beamtenrechtlichen Erwägungen aus

BVerfGE 21, 329 (341):

gestalteten Versorgungsanspruch der Witwe begrenzt sein soll. Rechtsprechung und Schrifttum sind sich vielmehr darüber einig, daß die insoweit übereinstimmenden Beamtengesetze des Bundes und der Länder in den die Witwerversorgung regelnden Bestimmungen an einen bürgerlich-rechtlichen Unterhaltsanspruch des Witwers gegen die verstorbene Beamtin anknüpfen. Da jedoch nach bürgerlichem Recht die Ehefrau seit 1. April 1953 grundsätzlich in gleichem Maße wie der Ehemann zum Familienunterhalt beizusteuern hat (BVerfGE 3, 225 [245, 246]; 17, 1 [12]; § 1360 BGB n.F.) und in der Regel schon in ihrer Haushaltsführung ein solcher den Unterhaltsleistungen des Mannes gleichwertiger Beitrag zu erblicken ist, kann dieser bürgerlich-rechtliche Unterhaltsanspruch des Ehemannes nur als Teil eines selbständigen, bei bestehender ehelicher Gemeinschaft immer gegebenen und einer Kompensation mit den Unterhaltsrechten des Ehepartners unzugänglichen Anspruchs auf Beitrag zum Familienunterhalt verstanden werden (BVerfGE 17, 1 [11]; BVerwGE 13, 343 [349 ff.]; 20, 354 [358 f.]).
Damit ist jedoch nicht gesagt, daß auch ein "gesetzlicher Unterhaltsanspruch des Ehemanns" im Sinne des § 134 HmbBG, § 78 BRRG, § 132 BBG immer begründet und schon deshalb die Beschränkung der Witwerversorgung dem Grunde nach (Anknüpfung an das Bestehen eines solchen Unterhaltsanspruchs) gegenstandslos sei (vgl. Brühl, FamRZ 1957, 401 [402]; Unterhaltsrecht 1960 S. 216; Hefele-Schmidt, Kommentar zum Bayerischen Beamtengesetz 1960 Anm. 1 b, d zu Art. 145). Eine solche Auffassung würde der beamtenrechtlichen Zweckbestimmung der Gesetzesvorschrift nicht gerecht, die ersichtlich als Einschränkung gedacht ist und die Versorgung des Witwers von einer bestimmten Bedarfslage abhängig machen will. Das Bundesverwaltungsgericht hat daher aus dieser besonderen Zielsetzung der die Witwerversorgung regelnden Normen in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 844 Abs. 2 BGB (Schadensersatzanspruch des Unterhaltsberechtigten wegen Tötung des gesetzlich zur Unterhaltsleistung Verpflichteten) den "gesetzlichen

BVerfGE 21, 329 (342):

Unterhaltsanspruch" im Sinne des § 132 BBG (= § 134 HmbBG) dahingehend modifiziert, daß es für die Witwerversorgung darauf ankomme, ob und in welcher Höhe der Familienunterhalt nach seiner Gestaltung im Zeitpunkt des Todes der Beamtin auf ihren Beitrag angewiesen war.
Bei dieser Auslegung wird allerdings nicht hinreichend beachtet, daß der gesetzliche Unterhaltsanspruch des Ehemannes im Sinne des § 132 BBG, § 134 HmbBG, anders als das Tatbestandsmerkmal der "überwiegenden Unterhaltsleistung" im Sozialversicherungs- und Kriegsopferversorgungsrecht, nicht nur Voraussetzung für das Entstehen des beamtenrechtlichen Witwergeldanspruchs ist, sondern zugleich die Bemessungsgrundlage für diesen Anspruch darstellt (§ 132 Satz 2 BBG, § 134 Satz 2 HmbBG). Es kann aber nicht Sinn des Gesetzes sein, auch den Teil des Familienunterhalts bei der Berechnung des Versorgungsanspruchs des Witwers zu berücksichtigen, den die verstorbene Beamtin für die nach ihrem Tod aus eigenem Recht versorgungsberechtigten Kinder (Waisengeld nach §§ 126 ff. BBG, §§ 128 ff. HmbBG) geleistet hat. Nach § 132 BBG, § 134 HmbBG soll vielmehr die vom Dienstherrn zu gewährende Versorgung des Witwers allein den Ausfall des Beitrags ersetzen, der von der verstorbenen Beamtin in Erfüllung ihrer bürgerlich-rechtlichen Pflicht, zum gemeinsamen Familienunterhalt beizusteuern, zugleich für den Unterhalt ihres Ehemannes aufzubringen war.
So gesehen ist es sinnvoll, wenn sowohl § 132 BBG als auch § 134 HmbBG bestimmen, daß die gesamten beamtenrechtlichen Vorschriften über die Gewährung von Witwen- und Waisengeld entsprechend für den Witwer gelten. Ob die danach gebotene Gesamtwürdigung zu einer noch engeren Auslegung des Tatbestandsmerkmals des "gesetzlichen Unterhaltsanspruchs" - etwa im Sinne der Stellungnahmen des Bundesministers des Innern und des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg - führt, mag dahingestellt bleiben, denn hier genügt es festzustellen, daß auch bei Berücksichtigung der heute grundsätzlich gleichen Unterhaltspflichten der Ehepartner keine Möglichkeit besteht, die den beam

BVerfGE 21, 329 (343):

tenrechtlichen Witwergeldanspruch regelnden Vorschriften im Sinne der vom vorlegenden Gericht angestrebten Gleichstellung der verstorbenen Beamtin und ihres hinterbliebenen Ehemannes auszulegen (vgl. BVerfGE 19, 1 [5]). Während der Beamte seine Ehefrau auch für die Zeit nach seinem Tod durch das von seinem Dienstherrn entsprechend seiner Dienstzeit und der Bedeutung seines Amts zu gewährende Witwengeld vor den Auswirkungen einer ungünstigen Entwicklung der wirtschaftlichen Verhältnisse im Rahmen des Möglichen bewahrt weiß, hängt die versorgungsrechtliche Sicherung des nichtbeamteten Ehemannes einer Beamtin davon ab, wie zur Zeit ihres Todes die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Ehegatten sowie die sonstige familiäre Situation gestaltet waren. Ergibt sich in diesem Zeitpunkt kein Unterhaltsanspruch im oben dargelegten Sinne, so ist jegliche beamtenrechtliche Versorgung des Witwers ausgeschlossen; dies selbst dann, wenn sich später seine wirtschaftliche Lage, sei es durch Krankheit, sei es durch Verlust des Arbeitsplatzes, so verschlechtert, daß bei fortbestehender Ehe der Tatbestand des "Familiennotstands" (vgl. Palandt, BGB, 25. Aufl., Anm. 3 zu § 1360) erfüllt, er also ganz oder teilweise auf die Unterhaltsleistungen der bei dieser Sachlage sogar zur Erwerbstätigkeit verpflichteten Ehefrau (§ 1360 Satz 2 BGB n.F.) angewiesen wäre.
2. Diese vom Gesetzgeber ersichtlich gewollte Ungleichheit verstößt im Hinblick auf einen bei der Regelung der beamtenrechtlichen Versorgung zu beachtenden hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums (Art. 33 Abs. 5 GG) gegen das Gebot der Gleichberechtigung.
Art. 3 Abs. 2 und 3 GG konkretisiert den allgemeinen Gleichheitssatz und setzt damit der dort eingeräumten Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers feste Grenzen. Eine verschiedene Behandlung von Mann und Frau in der Rechtsordnung ist danach nur erlaubt, wenn der sich aus dem Geschlecht ergebende biologische oder funktionale Unterschied das zu regelnde Lebensverhältnis so entscheidend prägt, daß gemeinsame Elemente überhaupt nicht zu erkennen sind oder zumindest vollkommen zurücktreten

BVerfGE 21, 329 (344):

(BVerfGE 15, 337 [343] mit weiteren Nachweisen). Dies trifft für die beamtenrechtliche Hinterbliebenenversorgung nicht zu.
a) Die gesetzliche Differenzierung könnte allerdings dann vertretbar sein, wenn es sich, wie das Bundesverwaltungsgericht meint, bei der Hinterbliebenenversorgung nur um "Zuwendungen" des Dienstherrn handelte, die in keinem Abhängigkeits-, insbesondere aber nicht in einem Gegenleistungsverhältnis zur Dienstleistung des verstorbenen Beamten stehen (BVerwGE 13, 343 [360]), und die nur deshalb gewährt werden, weil der Dienstherr in die Unterhaltspflichten des verstorbenen Bediensteten gegenüber seiner Familie eintritt (vgl. BVerfGE 17, 1 [8 f., 17 ff.]). In diesem Falle wäre in der Tat dem Gesetzgeber eine Orientierung nach dem jeweiligen konkreten Alimentationsbedürfnis der Versorgungsberechtigten erlaubt. Eine solche Auffassung wird jedoch dem Sinngehalt der hergebrachten beamtenrechtlichen Versorgungsregelung, auch unter dem Blickwinkel der herrschenden Alimentationstheorie, nicht gerecht. Die öffentlich-rechtliche Unterhaltsverpflichtung des Dienstherrn gegenüber dem Ruhestandsbeamten und den versorgungsberechtigten Familienangehörigen ist in ihrer überkommenen Ordnung ebensowenig eine Sozialhilfe des Staates wie die Besoldung des aktiven Beamten selbst. Deshalb können die Grundsätze, die für die der allgemeinen Fürsorgepflicht des Staates entspringenden einseitigen Sozialleistungen gelten (vgl. z.B. §§ 1, 2, 4 ff., 11 Bundessozialhilfegesetz vom 30. Juni 1961 [BGBl. I S. 815]), hier nicht herangezogen werden. Besoldung und Versorgung des Beamten und seiner Familie haben ihre gemeinsame Wurzel im Beamtenverhältnis und müssen immer im Zusammenhang mit der Dienstverpflichtung und der Dienstleistung des Beamten gesehen werden. Sie sind zwar kein Entgelt im Sinn einer Entlohnung für konkrete Dienste; dem Beamten steht aber, "wenn auch nicht hinsichtlich der ziffernmäßigen Höhe und der sonstigen Modalitäten, so doch hinsichtlich des Kernbestandes seines Anspruchs auf standesgemäßen Unterhalt ein durch seine Dienstleistung erworbenes Recht" zu, das durch Art. 33 Abs. 5 GG ebenso gesichert ist wie

BVerfGE 21, 329 (345):

das Eigentum durch Art. 14 GG (BVerfGE 16, 94 [112f., 115]). Grundlage dieses Anspruchs und der entsprechenden Alimentationsverpflichtung des Dienstherrn ist die mit der Berufung in das Beamtenverhältnis verbundene Pflicht des Beamten, seine ganze Persönlichkeit für den Dienstherrn einzusetzen und diesem - grundsätzlich auf Lebenszeit - seine volle Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen (BVerfG a.a.O., § 36 Satz 1 BRRG). Als Korrelat hat der Dienstherr dem Beamten und seiner Familie in Form von Dienstbezügen sowie einer Alters- und Hinterbliebenenversorgung nach Dienstrang, Bedeutung des Amtes und entsprechend der Entwicklung der allgemeinen Verhältnisse angemessenen Lebensunterhalt zu gewähren. Dienstbezüge, Ruhegehalt und Hinterbliebenenversorgung bilden also einerseits die Voraussetzung dafür, daß sich der Beamte ganz dem öffentlichen Dienst als Lebensberuf widmen und in rechtlicher und wirtschaftlicher Unabhängigkeit zur Erfüllung der dem Berufsbeamtentum vom Grundgesetz zugewiesenen Aufgabe, im politischen Kräftespiel eine stabile, gesetzestreue Verwaltung zu sichern, beitragen kann (§ 35 BRRG; BVerfGE 8, 1 [14, 16]; 11, 203 [210, 216 f.]). Sie sind aber auch gleichzeitig die vom Staat festzusetzende Gegenleistung des Dienstherrn dafür, daß sich ihm der Beamte mit seiner ganzen Persönlichkeit zur Verfügung stellt und gemäß den jeweiligen Anforderungen seine Dienstpflicht nach Kräften erfüllt. In diesem Sinne ist es auch zu verstehen, wenn der Gesetzgeber selbst vom "erdienten" Ruhegehalt des Beamten spricht (vgl. § 140 Abs. 2 BBG). Für die Versorgung der Hinterbliebenen gilt nichts anderes (BVerfGE 3, 58 [153, 160]); auch hier wird das Leistungsprinzip durch die Bemessung der Versorgungsbezüge nach dem in Betracht kommenden Ruhegehalt, dessen Höhe wiederum vom letzten Diensteinkommen und der ruhegehaltsfähigen Dienstzeit abhängig ist, berücksichtigt. Soweit aber eine gesetzliche Mindestversorgung vorgesehen ist, so soll diese, ähnlich wie die vornehmlich nach dem Familienstand gewährten besonderen Zuschläge (Kinderzuschlag, Teile des Ortszuschlags), schon zu Beginn des Beamtenverhältnisses zur Unabhängigkeit des Be

BVerfGE 21, 329 (346):

diensteten im Interesse der Funktionsfähigkeit des Berufsbeamtentums beitragen. Daß mit der Wahrung dieses Interesses und der entsprechenden verfassungsrechtlichen Sicherung (Art. 33 Abs. 5 GG) zugleich dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 GG Genüge getan wird, ist lediglich eine Folge der insoweit übereinstimmenden Interessenlage (vgl. BVerfGE 17, 337 [355]).
Besoldung und Versorgung sind demnach in ihrer Ausgestaltung als eigenständige, unverzichtbare Unterhaltsrechte - die Versorgungsansprüche zunächst in der Form unverzichtbarer Anwartschaft (§ 50 Abs. 3 BRRG; §§ 86 Abs. 2, 158 Abs. 3 Satz 2 HmbBG) - die einheitliche, schon bei Begründung des lebenslangen Beamtenverhältnisses im Interesse des Dienstherrn selbst garantierte Gegenleistung, um den Beamten von der der Ehe- und Familiengemeinschaft entspringenden natürlichen Sorge um das wirtschaftliche Wohl seiner Angehörigen, auch für die Zeit nach seinem Tode, freizustellen und so die von ihm geforderte gewissenhafte Hingabe im Dienst und eine loyale Pflichterfüllung zu sichern (vgl. hierzu Gerber, AöR NF 18, S. 68 ff.). Nur so läßt sich auch rechtfertigen, daß sich der Dienstherr zu Lebzeiten des Beamten auf die Alimentation der Beamtenfamilie beschränkt, also lediglich die für eine standesgemäße Lebenshaltung hinreichenden Mittel zur Verfügung stellt und damit dem Beamten keine Möglichkeit bietet, selbst seine und seiner Hinterbliebenen Altersversorgung zu veranlassen (vgl. hierzu die Ausführungen des Bundesministers des Innern zur Begründung der versorgungsrechtlichen Vorschriften des Bundesbeamtengesetzes in der 185. Sitzung des BT am 16. Januar 1952 [Sten.Prot. S. 7843] und die entsprechenden Ausführungen im Reg.Entwurf [BR-Drucks. 562/51 S.60]). Diese öffentlich-rechtliche Unterhaltspflicht des Dienstherrn erstreckt sich über den Tod des Beamten hinaus auf die versorgungsberechtigten Hinterbliebenen, denen insoweit aus dem gleichen Rechtsgrund, nicht etwa kraft eines Erb- oder privaten Unterhaltsrechts, ein eigener, selbständiger Anspruch erwächst (RG in JW 1937, 2531 Nr.27; RGZ 171, 193). Der Dienstherr tritt also nicht in die unterhaltsrechtliche Position des

BVerfGE 21, 329 (347):

verstorbenen Beamten ein. Er hat vielmehr die schon zu dessen Lebzeiten gewährte öffentlich-rechtliche Alimentation der Beamtenfamilie gegenüber den hinterbliebenen Familienangehörigen - nur diese sind Hinterbliebene im Sinne des Beamtenrechts - fortzusetzen (vgl. § 48 BRRG, § 82 HmbBG). Für die Versorgungsbezüge der Witwen und Waisen sind deshalb auch seit jeher die gleichen Gesichtspunkte bestimmend, die auch bei der Besoldung und Versorgung des Beamten selbst zu beachten sind (BVerfGE 3, 58 [160]; 8, 1 [14 f.]; 11, 203 [209, 214 f.]). Eine Verknüpfung dieser "amtsgemäßen" Versorgung mit dem bürgerlichen Unterhaltsrecht war in der Vergangenheit ebensowenig vorgesehen wie eine Bemessung der Besoldung und des Ruhegehalts nach den Bedürfnissen und Vermögensverhältnissen des Beamten und seiner Familie, die die privatrechtliche Unterhaltsverpflichtung beeinflussen (BGH in NDBZ 1956, 153; BGHZ 21, 248 [250]). Zutreffend charakterisiert die als Beilage B dem Etat des Reichsfinanzministers für 1897/98 beigefügte Denkschrift (auszugsweise wiedergegeben bei Lotz: "Geschichte des deutschen Beamtentums", S. 608/609) diese Rechtslage dahin, daß der Staat bei der Bemessung der Gehälter weder "genau den Bedarf des Beamten für Weib und Kind abzuwägen noch etwaige Einnahmen aus eigenem Vermögen und dgl. in Rechnung zu ziehen" habe; es gehe vielmehr nur darum, die in der Natur des Staatsdienstverhältnisses und in der Person des Beamten selbst liegenden Momente zu berücksichtigen und auf dieser Grundlage nach billigem Ermessen die Frage zu beantworten, was für das standesgemäße Leben nötig ist. Dementsprechend erstreckte sich die Hinterbliebenenversorgung bis 1925 auch nur auf die Familienangehörigen, die schon während der aktiven Dienstzeit des Beamten zu dessen "Hausstand" zählten und seiner Fürsorge unterstanden. Sie waren zwar in der Regel unterhaltsberechtigt. Rechtlich erhebliche Bedeutung kam jedoch diesem Gesichtspunkt nicht zu. Der Kleinfamilie wurde vielmehr von jeher ohne Berücksichtigung der bürgerlich-rechtlichen Unterhaltspflichten (vgl. §§ 1361, 1602, 1611 BGB a.F.) und der sich aus den §§ 1371, 1383, 1427

BVerfGE 21, 329 (348):

BGB a.F. ergebenden Ansprüche des beamteten Ehemannes gegen seine Ehefrau auf Beitrag zum ehelichen Aufwand ein solcher Bruchteil des erdienten Ruhegehalts zugesprochen, daß ein dem Stande und den Verdiensten des Verstorbenen entsprechendes, zugleich aber auch das Ansehen des Dienstherrn und der Beamtenschaft wahrendes Auskommen gesichert war. Aus dieser spezifisch beamtenrechtlichen Natur der Unterhaltsverpflichtung des Dienstherrn ist es auch zu verstehen, daß für die im Verhältnis zum Ehemann erheblich jüngere Witwe schon immer eine Kürzung der Versorgungsbezüge vorgesehen ist, die mit fortschreitender Dauer der Ehe wieder entfällt. Die vollen Versorgungsbezüge sollen vor allem der Beamtenwitwe zugute kommen, die in der Regel während einer längeren Zeitspanne die Arbeit ihres Mannes mitgetragen hat (BVerfGE 3, 58 [159]). Der bürgerlichrechtliche Unterhaltsbegriff ist nur in den Fällen unmittelbar als Grundlage und Maßstab brauchbar, in denen sich die vom Dienstherrn gewährte Versorgung zum Ausgleich von Härten über die Alimentation der Beamtenfamilie im engeren Sinne hinaus auf weitere Personen erstreckt. So soll die schuldlos oder minderschuldig geschiedene Ehefrau im Hinblick auf ihre frühere Stellung in der Beamtenfamilie und den durch die Scheidung bewirkten Verlust der Anwartschaft auf lebenslage Versorgung durch den ihr gewährten Unterhaltsbeitrag lediglich schadlos gestellt werden. Entsprechend dieser Zielsetzung wird ihr eine Versorgung nur in Höhe ihres Unterhaltsanspruchs gegen den Verstorbenen, also bemessen nach dessen Leistungsfähigkeit und nach ihrer Bedürftigkeit (§ 58 Abs. 1 EheG) gewährt. Ihre Gleichstellung mit der Beamtenwitwe ist nicht vorgesehen, da sie nicht mehr mit der Familie des Bediensteten verbunden und demgemäß auch nicht mehr der sich daraus ergebenden Pflicht zur wechselseitigen Unterstützung und gemeinsamen Arbeit für die Familiengemeinschaft unterworfen war (vgl. §§ 1353, 1360 BGB). Sie soll nicht bessergestellt sein als zu Lebzeiten des Bediensteten. Ähnliche Erwägungen führen dazu, die Versorgung der Eltern und elternlosen Enkel eines an einem Dienstunfall gestorbenen Beamten

BVerfGE 21, 329 (349):

von deren Bedürftigkeit und von tatsächlichen Unterhaltsleistungen seitens des Verstorbenen abhängig zu machen (§§ 146 f. HmbBG; ähnl. auch § 165 Abs. 3 HmbBG).
In all diesen Fällen wird der Frage nach der Unterhaltsverpflichtung und den Unterhaltsleistungen des Verstorbenen sowie deren Umfang zu Recht entscheidende Bedeutung beigelegt. Für die Versorgung der hinterbliebenen Beamtenfamilie aber kommt es darauf nicht an, denn hier geht es nicht bloß darum, den Ausfall der Unterhaltsleistungen des Bediensteten zu ersetzen, sondern auf Grund eigenständiger Verpflichtung weiterhin ausreichende Mittel für den standesgemäßen Unterhalt der Familie zur Verfügung zu stellen. Darin liegt auch der grundsätzliche Unterschied zur Kriegsopferversorgung, die vornehmlich als Ausgleich der wirtschaftlichen Folgen des Kriegstodes des Beschädigten gedacht ist und nur eine Beihilfe zur Bewältigung dieser Folgen darstellen soll. Es liegt deshalb auf der Hand, daß die auf jenem Rechtsgebiet zur Frage der Hinterbliebenenversorgung entwickelten Grundsätze (BVerfGE 17, 38 [47 f.]) nicht auf die beamtenrechtliche Versorgung der Familie des Bediensteten übertragen werden können.
Ersichtlich in Rücksicht auf diese Grundzüge des überkommenen Beamtenversorgungsrechts geht der Gesetzgeber davon aus, daß die versorgungsberechtigten Waisen und die Witwe eines Beamten im Zeitpunkt seines Todes eigenes, möglicherweise dessen Bezüge übersteigendes Einkommen haben können. Er verzichtet jedoch grundsätzlich auf eine Anrechnung dieses Einkommens, wenn es nicht aus öffentlichen Mitteln fließt, und beläßt selbst in diesem Falle die Versorgungsbezüge ungekürzt, solange nicht eine bestimmte Höhe des Gesamteinkommens erreicht wird. Dies ergibt sich unmittelbar aus der in den §§ 158, 160 BBG, §§ 160, 162 HmbBG enthaltenen Ruhensregelung, die im wesentlichen den seit jeher für die Ruhestandsbeamten, Witwen und Waisen geltenden Anrechnungsvorschriften entspricht (vgl. § 57 Nr. 2 Reichsbeamtengesetz v. 31. März 1873 [RGBl. S. 61], § 27 PreußBeamtenpensionsgesetz v. 27. März 1872 [GS S. 268] und

BVerfGE 21, 329 (350):

§§ 127, 129 f. DBG). Der Dienstherr schuldet also Witwen- und Waisengeld nicht nur unabhängig davon, ob und in welcher Höhe der Familienunterhalt dieser Versorgungsberechtigten durch den Tod des Beamten eine Einbuße erlitten hat, sondern grundsätzlich auch ohne Rücksicht darauf, ob und inwieweit dessen Hinterbliebene in der Lage sind, ihren "standesgemäßen Unterhalt" aus eigenen Mitteln zu bestreiten. (Im Ergebnis ebenso die Begründung zum Reg. Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung beamtenrechtlicher und versorgungsrechtlicher Vorschriften - BR-Drucks. 58/64 S. 19/20; BGH DVBl. 1955 S. 25; BGHZ 20, 15 [18 ff.]; RGZ 143, 77 [80, 81]). Ob und in welchem Umfange in Notzeiten andere Grundsätze durchgreifen (vgl. BVerfGE 3, 288 [344, 345]), kann hier dahingestellt bleiben.
b) Ist aber danach die in der Regel vom Dienstherrn selbst zu gewährende standesgemäße Alimentation der Hinterbliebenen des Beamten in ihrer Verknüpfung mit dem Ruhegehalt und damit auch mit dem letzten Amtsgehalt des Verstorbenen (vgl. auch § 52 Abs. 2 GG 131) ebenso wie die Besoldung des Beamten und die Versorgung des Ruhestandsbeamten die nach Befähigung, Eignung und fachlichen Verdiensten bemessene Gegenleistung aus dem Beamtenverhältnis, die die ganze Persönlichkeit und Arbeitskraft des Bediensteten dem Aufgabenbereich des Berufsbeamtentums sichern soll, so können für die Versorgung des Witwers der Beamtin keine anderen Grundsätze gelten.
c) Ausschlaggebend allein ist die Amtsstellung der Beamtin, die heute ganz der des Beamten angeglichen ist. Auch die verheiratete Beamtin ist im Unterschied zum früheren Recht (Brand, Beamtenrecht, 1928 S. 85; §§ 63 ff. DBG) nunmehr grundsätzlich lebenslang in das seitens des Dienstherrn unkündbare Beamtenverhältnis einbezogen. Sie hat die gleichen Voraussetzungen zu erfüllen (Art. 33 Abs. 2 GG), die gleichen hoheitsrechtlichen Funktionen auszuüben und die gleiche Verantwortung zu tragen wie der männliche Bedienstete in entsprechender Amtsstellung. Beider Pflichtenkreise decken sich vollständig, und diese Übereinstimmung der Anforderungen an eine gefestigte, den berufs

BVerfGE 21, 329 (351):

ethischen Grundsätzen des Beamtentums entsprechende persönliche Einstellung zur Amtsführung verlangt andererseits für die Beamtin den gleichen Schutz und die gleiche beamtenrechtliche Sicherung des Familienunterhalts, wie sie seit jeher dem Beamten gewährt werden (§ 48 BRRG; § 82 HmbBG).
Dem kann man nicht mit dem Hinweis auf die frühere Ausschließung des Witwers von der Hinterbliebenenversorgung begegnen, nachdem der Gesetzgeber selbst in verfassungsrechtlich gebotener Fortentwicklung des Beamtenrechts (Art. 3 Abs. 2 und 3 GG) die völlige status- und besoldungsmäßige Angleichung verwirklicht und sich damit von der Grundlage jener Regelung, nämlich der generellen Minderbewertung der außerhäuslichen Frauenarbeit sowie den auch in der traditionsbildenden Zeit kaum zu überwindenden Vorbehalten gegenüber der vollen Eingliederung der verheirateten Frau in den Beamtenberuf, distanziert hat. Entscheidend ist, daß aus beamtenrechtlicher Sicht die Versorgung des Bediensteten und seiner Familie in untrennbarem Zusammenhang mit seiner Besoldung und dem Dienstverhältnis steht, insoweit aber keinerlei Unterschiede zwischen der Situation des Beamten und der der Beamtin zu erkennen sind, mit denen sich die gesetzliche Differenzierung der Witwen- und Witwerversorgung rechtfertigen ließe. Der gleichen, auf den Familienstand zugeschnittenen Alimentation zu Lebzeiten der Beamtin entspricht allein die gleiche, in bestimmter Relation zum Ruhegehalt stehende Versorgung ihrer Hinterbliebenen, mithin auch des Witwers. Die Frage, ob und in welcher Höhe im konkreten Falle Leistungen der Verstorbenen für den Familienunterhalt ausfallen, kann hier ebensowenig Bedeutung erlangen wie die nach Verschiedenheiten in der sozialen Position von Mann und Frau innerhalb der Familiengemeinschaft. Dies um so weniger, als gerade die Neuregelung des Familienunterhaltsrechts die frühere, gesetzestechnisch bedingte Aufspaltung des einheitlichen Familienunterhalts in individuelle, teils nach der persönlichen Bedürftigkeit ausgerichtete Einzelansprüche beseitigt und damit bestätigt hat, daß auch die Ehefrau auf Grund ihrer Eingliederung in die enge, alle Lebens

BVerfGE 21, 329 (352):

bereiche umfassende Familiengemeinschaft ebenso wie der Ehemann um das Wohl ihrer Angehörigen und deren zukünftige wirtschaftliche Sicherung gegen die Wechselfälle des Lebens entsprechend ihrer Funktionswahl in der Ehe besorgt zu sein hat. Die verheiratete Beamtin von dieser in einer vom Erfolgsstreben beeinflußten Gesellschaftsordnung nicht gering zu wertenden Sorge gemäß ihrer durch fachliche Leistungen erarbeiteten beruflichen Stellung und ihrer Dienstzeit freizustellen, ist die Aufgabe der beamtenrechtlichen Hinterbliebenenversorgung als Teil der Gegenleistung des Dienstherrn aus dem Beamtenverhältnis. Dabei kommt es, ebenso wie beim Beamten, nicht darauf an, in welchem Umfang die Beamtin im konkreten Falle ihrem meist ebenfalls erwerbstätigen Ehepartner unterhaltspflichtig ist, und noch weniger darauf, daß sie dieser ihrer Unterhaltspflicht durch die Führung des Haushalts genügen könnte (§ 1360 BGB). Ausschlaggebend ist vielmehr, daß sie eine - grundsätzlich lebenslange - Tätigkeit als Beamtin ausübt und gerade durch diese ihre Berufstätigkeit zum Unterhalt ihrer Familie beiträgt.
Danach mußte der Gesetzgeber bei der Regelung der Versorgung der Witwe eines Beamten davon ausgehen, daß auf ihre Versorgungsbezüge private Einkünfte nicht angerechnet werden dürfen. Dementsprechend hat der hamburgische Gesetzgeber eine Regelung getroffen, nach der für die auf Grund eigenen privaten Einkommens nicht im Sinne des § 134 HmbBG unterhaltsberechtigte und auch nicht unterhaltsbedürftige Witwe des Beamten ausdrücklich eine Versorgung gesetzlich vorgesehen ist (vgl. § 160 HmbBG).
3. An der besonderen Zweckbestimmung und Grundlage der beamtenrechtlichen Versorgung scheitert auch von vornherein ein Vergleich mit der Sozialversicherung. Deren Rentenleistungen für die - trotz gleicher Beiträge - mitversicherten Familienangehörigen werden gerade erst durch einseitige, allein aus sozialen Gründen gewährte Staatszuschüsse ermöglicht; sie sind deshalb auch als Leistungen der darreichenden Verwaltung (der die beamtenrechtliche Hinterbliebenenversorgung nicht zugerechnet werden

BVerfGE 21, 329 (353):

kann) in gewissem Umfang einer nach dem Bedarf der Bezugsberechtigten differenzierten Ausgestaltung zugänglich (BVerfGE 17, 1 [9, 10]). Soweit das Bundesverfassungsgericht bei der Entscheidung jener Frage auf die ähnliche Abwägung der Unterhaltsleistungen von Ehegatten bei Anwendung des § 132 BBG hingewiesen hat, sollte lediglich der Versuch abgewehrt werden, gegen die damals angegriffene Regelung in der Rentenversicherung aus dem Vergleich mit der - trotz teilweiser Ähnlichkeit der Interessen - andersartigen Ausgestaltung der Witwerversorgung im Beamtenrecht eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) herzuleiten. Eine Billigung der Rechtsansicht des Bundesverwaltungsgerichts zur Frage der Verfassungsmäßigkeit der in § 132 BBG und entsprechend auch in § 134 HmbBG getroffenen Regelung (BVerfG a.a.O.) ist diesem Hinweis nicht zu entnehmen.
4. Die einschränkende Regelung der beamtenrechtlichen Witwerversorgung ist schließlich auch nicht, wie der Bundesminister des Innern meint, im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 GG als einer übergreifenden verfassungsrechtlichen Wertentscheidung zu rechtfertigen. Art. 6 Abs. 1 GG schützt jede Ehe und Familie und garantiert zugleich eine Sphäre privater Lebensgestaltung, die staatlicher Einwirkung entzogen ist. In diesen Bereich fällt aber auch die Entscheidung darüber, ob eine Ehefrau sich ausschließlich dem Haushalt widmen oder beruflich tätig sein will. Eine Einwirkung des Gesetzgebers dahin, die Ehefrau "ins Haus zurückzuführen", wäre deshalb verfassungswidrig. Um so weniger kann eine aus anderem Grund bereits mit der Verfassung unvereinbare gesetzliche Regelung mit einer solchen mittelbaren Zielsetzung legitimiert werden (BVerfGE 6, 55 [81 f.]).
5. Aus alldem folgt:
Art. 3 Abs. 2 und 3 GG gebietet, daß die Beamtin auch hinsichtlich der Versorgung ihrer nächsten Familienangehörigen dem Beamten gleichzustellen ist, daß also dem bei ihrem Tode in ehelicher Gemeinschaft lebenden Witwer ebenso wie der Beamtenwitwe der angemessene Unterhalt vom Dienstherrn selbst zu

BVerfGE 21, 329 (354):

gewähren ist. Diese Sicherung der durch § 134 HmbBG benachteiligten Beamtin kann nicht durch Angleichung (= Einschränkung) der Witwenversorgung an die des Witwers Rechnung getragen werden (a. A. Beitzke in Neumann-Nipperdey-Scheuner "Die Grundrechte" Bd. II S. 220). In der Frage, welcher Lebensunterhalt als angemessen anzusehen ist, hat zwar der Gesetzgeber grundsätzlich einen weiten Beurteilungsspielraum. Er hat sich jedoch, von der verfassungswidrigen Differenzierung abgesehen, bereits in Übereinstimmung mit dem nach Art. 33 Abs. 5 GG Gebotenen (vgl. B, II 2 a. E.) dahin entschieden, daß der für ein angemessenes Auskommen benötigte Lebensbedarf des Witwers der gleiche ist wie der der Beamtenwitwe. Dies folgt unmittelbar aus § 134 HmbBG, der die entsprechende Anwendung der für die Bemessung des Witwengelds maßgebenden Vorschriften anordnet und damit zugleich die absolute Höchstgrenze für den Anspruch auf Witwergeld festsetzt. Die gleiche Auffassung liegt den zu § 134 HmbBG ergangenen Richtlinien und der bei der Beratung des Bundesbeamtengesetzes erwogenen und vom Beamtenrechtsausschuß auch schon beschlossenen Gleichstellung des Witwers zugrunde (Kurzprot. d. 210. Sitzung des Ausschusses, 1. Wahlp. S. 10). Bei dieser Gesetzeslage hat sich der Senat nicht damit zu begnügen, die Unvereinbarkeit des die Versorgung des Witwers beschränkenden Teils der zur Prüfung vorgelegten Norm mit dem Grundgesetz festzustellen, sondern er hat gemäß §§ 82 Abs. 1, 78 BVerfGG auch unmittelbar dessen Nichtigkeit auszusprechen. Daß durch eine solche Entscheidung der Kreis der Anspruchsberechtigten und zugleich ein Teil der bisher nach dem Gesetz gegebenen Ansprüche erweitert werden, ist lediglich eine Folge davon, daß die in der umfassenden Regelung der Witwerversorgung positiv normierte gesetzliche Einschränkung als verfassungswidrig in Wegfall kommt.
Die Entscheidung ist einstimmig ergangen
Leibholz Geller Rupp Geiger Federer Kutscher.