BVerfGE 32, 199 - Richterbesoldung II


BVerfGE 32, 199 (199):

1. Es gibt keine Subsidiarität des Normenkontrollverfahrens gegenüber einem möglichen legislativen Akt des Bundes, der ebenfalls zur Beseitigung des Landesgesetzes führen könnte.
2. Nach der Neufassung des Art. 75 GG durch das 22. Änderungsgesetz zum Grundgesetz ist es zweifelsfrei geworden, daß die Länder nach Art. 98 Abs. 3 GG auch die Zuständigkeit besitzen, für ihre Richter ein "besonderes" Besoldungsgesetz zu schaffen.
3. Die Rahmenvorschriften für das allgemeine Besoldungsrecht der Länder, zu deren Erlaß der Bund zuständig ist, sind, bezogen auf ihren Inhalt, "etwas anderes" als die besonderen Rahmenvorschriften für die besonderen Richterbesoldungsgesetze der Länder im Sinne des Art. 98 Abs. 3 GG. Solche Rahmenvorschriften hat der Bund bisher nicht erlassen. Deshalb sind die Länder derzeit in ihrer auf Art. 98 Abs. 3 GG gestützten Gesetzgebung frei.
 
Urteil
des Zweiten Senats vom 15. November 1971
auf die mündliche Verhandlung vom 5. Juli 1971
- 2 BvF 1/70 -
in dem Verfahren zur verfassungsrechtlichen Prüfung des Hessischen Gesetzes über die Amtsbezüge der Richter und Staatsanwälte vom 4. März 1970 (GVBl. I. S. 201), Antragsteller: die Bundesregierung, vertreten durch den Bundesminister des Innern - Prozeßbevollmächtigter: Rechtsanwalt Dr. B. Leverenz, Karlsruhe, Hegaustraße 5 -; Beteiligter: der Hessische Landtag, vertreten durch seinen Präsidenten - Prozeßbevollmächtigter: Rechtsanwalt Dr. B. Barwinski, Wiesbaden -.
Entscheidungsformel:
1. § 12 des Hessischen Gesetzes über die Amtsbezüge der Richter und Staatsanwälte vom 4. März 1970 (Gesetz- und Verordnungsblatt Teil I S. 201) und § 11 Absatz 1 in Verbindung mit Anlage III dieses Gesetzes, soweit er die bisherigen Amtsbezeichnungen für Richter durch neue Amtsbezeichnungen ersetzt, sind mit Bundesrecht nicht vereinbar.
2. Im übrigen ist das Hessische Gesetz über die Amtsbezüge der Richter und Staatsanwälte vom 4. März 1970 (Gesetz- und

BVerfGE 32, 199 (200):

Verordnungsblatt Teil I S. 201) - § 11 Absatz 2 und § 15 Absatz 5 in der sich aus den Gründen ergebenden Auslegung - mit dem Bundesrecht vereinbar.
 
Gründe
 
A. - I.
Gegenstand des Verfahrens ist die Vereinbarkeit des Hessischen Gesetzes über die Amtsbezüge der Richter und Staatsanwälte vom 4. März 1970 (GVBl. I S. 201) - im folgenden: Richterbesoldungsgesetz (RBesG) - mit Bundesrecht.
II.
1. Das Richterbesoldungsgesetz ist am 1. Januar 1970 in Kraft getreten (§ 19). Es erfaßt nicht nur die hessischen Richter, sondern auch die hessischen Staatsanwälte (§ 12). Es kennt nur noch drei Besoldungsgruppen (R 1, R 2, R 3). Die Besoldungsgruppen R 1 und R 2 sind (ebenso wie die Beamtenbesoldungsgruppen in der Besoldungsordnung A) als aufsteigende Besoldungsgruppen angelegt: Das Grundgehalt steigt alle zwei Jahre (insgesamt achtmal) um 100 DM, in Besoldungsgruppe R 1 beginnend mit 1650 DM, in Besoldungsgruppe R 2 beginnend mit 1950 DM. Angeknüpft wird dabei nicht mehr an ein nach besonderen Vorschriften zu errechnendes Besoldungsdienstalter, sondern an das Lebensalter (beginnend mit Vollendung des 31. Lebensjahres). In der Besoldungsgruppe R 3 ist ein Festgehalt von 3050 DM ausgebracht.
In Besoldungsgruppe R 1 sind eingestuft alle Richter eines "unteren" Landesgerichts (Amtsgericht, Arbeitsgericht, Landgericht, Sozialgericht, Verwaltungsgericht), in Besoldungsgruppe R 2 sind eingestuft alle Richter an einem "oberen" Landesgericht (dazu gehört auch das Hessische Finanzgericht neben dem Landesarbeitsgericht, Landessozialgericht, Verwaltungsgerichtshof und Oberlandesgericht) sowie die Richter am Landgericht und Verwaltungsgericht als ständige Vorsitzende einer Kammer, in Besoldungsgruppe R 3 schließlich sind eingestuft die Richter

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an einem oberen Landesgericht als ständige Vorsitzende eines Spruchkörpers. Alle übrigen besoldungsrechtlichen "Abstufungen" werden durch die Gewährung von ruhegehaltfähigen Amtszulagen, die als Bestandteil des Gehalts gelten, vorgenommen (aufsichtführende Richter oder Präsidenten eines der unteren Landesgerichte oder deren ständige Stellvertreter erhalten ruhegehaltfähige Zulagen zwischen 300 und 1000 DM; Präsidenten und Vizepräsidenten eines oberen Landesgerichts erhalten ruhegehaltfähige Zulagen zwischen 200 und 1050 DM). Das Gesetz enthält schließlich eine sog. Besitzstandswahrungsklausel (§ 7, § 11 Abs. 2, § 15 Abs. 5 RBesG).
Außerdem schafft das Hessische Gesetz die bisherigen Amtsbezeichnungen für Richter ab; es kennt nur noch die Bezeichnung "Richter", allerdings mit einem Zusatz, der seine Stellung näher verdeutlicht: angefangen vom Richter an einem Amtsgericht usw., über den Richter als aufsichtführender Richter an einem Amtsgericht ..., über den Richter als ständiger Vertreter ..., über den Richter als ständiger Vorsitzender einer Kammer oder eines Senats bis zum Richter als Präsident eines Oberlandesgerichts usw. (vgl. § 11 Abs. 1 in Verbindung mit Anlage III RBesG).
2. Bei Erlaß des Hessischen Gesetzes galten folgende Vorschriften des Bundesbesoldungsgesetzes in der Fassung vom 14. Dezember 1969 - im folgenden: BBesG (BGBl. I S. 2202):
    Kapitel I
    Die Dienstbezüge der Beamten, Richter und Soldaten
    .....
    § 5
    (1) Die Zuordnung der Ämter zu den Besoldungsgruppen der Besoldungsordnung A (aufsteigende Gehälter) und B (feste Gehälter) - Anlage I - richten sich nach dem Amtsinhalt.
    (2) ...
    (3) Dem Aufbau der Besoldungsordnung für aufsteigende Gehälter liegt folgende Ämterbewertung zugrunde:
    ...


    BVerfGE 32, 199 (202):

    A 13 Regierungsrat
    A 14 Oberregierungsrat
    A 15 Regierungsdirektor
    A 16 Leitender Regierungsdirektor, Finanzpräsident, Ministerialrat.
    ...
    (4) Der Oberstudiendirektor ist in die Besoldungsgruppe A 15 einzureihen und erhält eine Amtszulage. Der Verwaltungsgerichtsrat ist bis zur siebenten Dienstaltersstufe in die Besoldungsgruppe A 13, von der achten Dienstaltersstufe an in die Besoldungsgruppe A 14, der Verwaltungsgerichtsdirektor in die Besoldungsgruppe A 15 einzureihen; diese Richter erhalten in den Besoldungsgruppen A 14 und A 15 mit Erreichen des Endgrundgehalts ein um fünfundsiebzig vom Hundert des Unterschiedes zu den Endgrundgehältern der jeweils nächsthöheren Besoldungsgruppe erhöhtes Grundgehalt.
    (5) ...
    (6) ...
    Kapitel III
    Rahmenvorschriften
    ......
    § 49
    (1) Dieses Kapitel gilt für die Regelung der Dienstbezüge der Beamten der Länder, der Gemeinden, Gemeindeverbände und der übrigen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, die der Aufsicht eines Landes unterstehen mit Ausnahme der öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften und ihrer Verbände.
    (2) Die Dienstbezüge sowie die allgemeine Einreihung der Ämter in die Gruppen der Besoldungsordnungen sind - unter Berücksichtigung der gemeinsamen Belange aller Dienstherren - durch Gesetz zu regeln.
    § 53
    (1) Für Beamte und Richter im Geltungsbereich des § 49 Abs. 1 ist § 5 sinngemäß anzuwenden. ...
    (2) ...
    (3) Bei der Anwendung des § 5 Abs. 4 stehen gleich dem Verwaltungsgerichtsrat
    der Amtsgerichtsrat,
    der Arbeitsgerichtsrat,
    der Finanzgerichtsrat,
    der Landgerichtsrat,
    der Sozialgerichtsrat und
    der Staatsanwalt;


    BVerfGE 32, 199 (203):

    dem Verwaltungsgerichtsdirektor
    der Finanzgerichtsrat (von der dreizehnten Dienstaltersstufe an),
    der Landessozialgerichtsrat,
    der Landgerichtsdirektor (als Kammervorsitzender),
    der Oberlandesgerichtsrat und
    der Oberverwaltungsgerichtsrat.
    Die Endgrundgehälter für Staatsanwälte in den Besoldungsgruppen A 14 und A 15 müssen denen für Richter dieser Besoldungsgruppen entsprechen.
    (4) ...
    § 54
    (1) Die Endgrundgehälter der Besoldungsgruppen A 1 bis A 16 dürfen die für die entsprechenden Besoldungsgruppen in der Anlage I dieses Gesetzes festgesetzten Endgrundgehälter nicht überschreiten.
    (2) Das sich aus der Anlage I dieses Gesetzes ergebende Verhältnis der Endgrundgehälter in den Besoldungsgruppen A 1, A 5, A 9 und A 13 zueinander ist, unbeschadet geringfügiger Abweichungen zur Abrundung, zu wahren.
    § 55
    (1) Das Besoldungsdienstalter ist nach den Grundsätzen der §§ 6 bis 9 und 42 festzusetzen. Es darf frühestens am Ersten des Monats beginnen, in dem der Beamte das einundzwanzigste Lebensjahr vollendet hat.
    (2) Für die Anfangsgrundgehälter der Besoldungsgruppen A 1, A 5, A 9 und A 13 gelten, unbeschadet geringfügiger Abweichungen zur Abrundung, die folgenden Hundertsätze der Endgrundgehälter als Höchstsätze:
    Besoldungsgruppe A 1      73 vom Hundert,
    Besoldungsgruppe A 5      70 vom Hundert,
    Besoldungsgruppe A 9      65 vom Hundert,
    Besoldungsgruppe A 13      63 vom Hundert.
    (3) Für das Aufsteigen vom Anfangs- zum Endgrundgehalt sind in jeder Besoldungsgruppe einheitliche Dienstaltersstufen und Zulagen vorzusehen.
    (4) ...
    ...


    BVerfGE 32, 199 (204):

    § 59
    (1) Dieses Kapitel gilt, soweit es sich nicht ohnehin auf Richter bezieht, auch für die Richter.
    (2) ...
3. Diese bundesrechtlichen Rahmenvorschriften haben ihre Fassung nach Inkrafttreten des Zweiundzwanzigsten Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes vom 12. Mai 1969 (BGBl. I S. 363) erhalten; Art. 75 GG erhielt darin folgende Fassung:
    Art. 75
    (1) Der Bund hat das Recht, unter den Voraussetzungen des Artikels 72 Rahmenvorschriften zu erlassen über:
    1. die Rechtsverhältnisse der im öffentlichen Dienste der Länder, Gemeinden und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechtes stehenden Personen;
    ...
    (2) Rahmenvorschriften nach Absatz 1 Nr. 1 können mit Zustimmung des Bundesrates auch einheitliche Maßstäbe für den Aufbau und die Bemessung der Besoldung einschließlich der Bewertung der Ämter sowie Mindest- und Höchstbeträge vorsehen. Der Zustimmung des Bundesrates bedürfen auch Gesetze nach Art. 73 Nr. 8, die von den nach Satz 1 getroffenen Regelungen abweichen.
    (3) Absatz 2 gilt für Rahmenvorschriften nach Art. 98 Abs. 3 Satz 2 und Gesetze nach Art. 98 Abs. 1 entsprechend.
Seit dem Achtundzwanzigsten Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 18. März 1971 (BGBl. I S. 206) lauten:
    Art. 74 a
    (1) Die konkurrierende Gesetzgebung erstreckt sich ferner auf die Besoldung und Versorgung der Angehörigen des öffentlichen Dienstes, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen, soweit dem Bund nicht nach Art. 73 Nr. 8 die ausschließliche Gesetzgebung zusteht.
    (2) Bundesgesetze nach Absatz 1 bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.
    (3) Der Zustimmung des Bundesrates bedürfen auch Bundesgesetze nach Art. 73 Nr. 8, soweit sie andere Maßstäbe für den Aufbau oder die Bemessung der Besoldung und Versorgung einschließlich

    BVerfGE 32, 199 (205):

    der Bewertung der Ämter oder andere Mindest- oder Höchstbeträge vorsehen als Bundesgesetze nach Absatz 1.
    (4) Die Absätze 1 und 2 gelten entsprechend für die Besoldung und Versorgung der Landesrichter. Für Gesetze nach Art. 98 Abs. 1 gilt Absatz 3 entsprechend.
    Art. 75
    Der Bund hat das Recht, unter den Voraussetzungen des Artikels 72 Rahmenvorschriften zu erlassen über: 1. die Rechtsverhältnisse der im öffentlichen Dienste der Länder, Gemeinden und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechtes stehenden Personen, soweit Art. 74 a nichts anderes bestimmt.
    ...
    Art. 98
    ...
    (3) Die Rechtsstellung der Richter in den Ländern ist durch besondere Landesgesetze zu regeln. Der Bund kann Rahmenvorschriften erlassen, soweit Art. 74 a Abs. 4 nichts anderes bestimmt.
    ...
III.
1. Der Bundesminister des Innern hat für die Bundesregierung den Antrag gestellt:
    Das Hessische Gesetz über die Amtsbezüge der Richter und Staatsanwälte vom 4. März 1970 (GVBl. I S. 201 ff.) verstößt gegen § 53 Abs. 3 in Verbindung mit § 52 Abs. 1 des Bundesbesoldungsgesetzes i. d. F. vom 14. Dezember 1969 (BGBl. I S. 2201) und damit gegen Art. 75 Abs. 2 und 3 GG i. d. F. des Zweiundzwanzigsten Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes vom 12. Mai 1969 (BGBl. I S. 363) sowie gegen den Verfassungsgrundsatz der Bundestreue. Es ist daher nichtig.
und zur Begründung vorgetragen:
a) Das Hessische Richterbesoldungsgesetz verstoße gegen das einschlägige Rahmenrecht des Bundes. In § 53 Abs. 3 BBesG werde für Richter im Eingangsamt und im ersten Beförderungs

BVerfGE 32, 199 (206):

amt die Gleichstellung mit den Verwaltungsrichtern des Bundes vorgeschrieben. Für sie bestimme § 5 Abs. 4 BBesG die Einordnung in die Besoldungsordnung A. Die Herauslösung der Richterbesoldung aus der Besoldungsordnung A verstoße gegen § 52 Abs. 1 BBesG.
§ 53 Abs. 3 BBesG sei mit Art. 98 Abs. 1 und Abs. 3 GG vereinbar. Zwar müsse die Rechtsstellung der Richter durch "besondere Gesetze" geregelt werden; dieser besondere Status der Richter sei in den Richtergesetzen geregelt. Die Besoldung der Richter gehöre aber nicht zum richterlichen Status. Es komme nur darauf an, daß die Richterbesoldung materiell so geregelt sei, daß sie der besonderen Stellung der Richter gerecht werde, nicht aber darauf an, daß sie in einem besonderen Richterbesoldungsgesetz geregelt werde. § 53 Abs. 3 BBesG sei materiell vereinbar mit der den Richtern im Grundgesetz eingeräumten Stellung und Verantwortung. Daran habe sich auch nichts geändert durch die Neufassung des Art. 75 GG, die das Zweiundzwanzigste Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 12. Mai 1969 gebracht hat. Die durch § 52 Abs. 1 BBesG normierte Einheitlichkeit der Besoldung für Beamte und Richter sei also verfassungskonform.
Das Vorgehen des hessischen Landesgesetzgebers erschwere die Neuordnung des Besoldungsrechts, insbesondere auch die für Richter, gefährde die Glaubwürdigkeit des Bundesgesetzgebers und sei, wie sich aus den Beratungen im Hessischen Landtag ergebe, als Konfrontation des Landes mit dem Bund gewollt.
b) Der Hessische Landtag habe durch seinen Gesetzgebungsbeschluß auch gegen den Verfassungsgrundsatz der Bundestreue verstoßen. Dieser Grundsatz enthalte eine Rechtsschranke für die Ausübung der Gesetzgebungsbefugnisse des Landes, das zur Rücksicht auf die Interessen des Bundes und der übrigen Länder verpflichtet sei; das sei übrigens ausdrücklich in § 49 Abs. 2 BBesG gesetzlich festgelegt. Zwar habe die Regelung des Hessischen Besoldungsgesetzes - für sich allein genommen - keine erheblichen finanziellen Auswirkungen. Aber sie könne zu weiteren Sonderregelungen zugunsten anderer Gruppen von Angehörigen

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des öffentlichen Dienstes (auch in anderen Ländern) führen, beschwöre also die Gefahr nicht nur einer Zersplitterung der Beamtenbesoldung, sondern auch einer ganz erheblichen Belastung der öffentlichen Haushalte von Bund, Ländern und Gemeinden herauf. Überdies enthalte das Hessische Richterbesoldungsgesetz auch materiell eine im Anfangsgehalt um rund 200 DM bessere Besoldung, als sie den Richtern in der Eingangsstelle nach dem Recht des Bundes und der übrigen Länder zukomme. Die Regelung hätte deshalb der Abstimmung mit den übrigen Dienstherren, insbesondere mit dem Bund, bedurft. Die angegriffene Regelung könne auch im Normenkontrollverfahren an dem Verfassungsgrundsatz der Bundestreue gemessen und im Falle ihrer Unvereinbarkeit für nichtig erklärt werden.
2. Die Hessische Landesregierung hat beschlossen, von einer Stellungnahme zum Antrag der Bundesregierung abzusehen.
3. Der Hessische Landtag hat vortragen lassen:
a) Die Rahmenvorschriften des Bundesbesoldungsgesetzes seien auf das Hessische Richterbesoldungsgesetz nicht anzuwenden. Dieses Gesetz sei auf Grund von Art. 98 Abs. 3 Satz 1 GG, wonach die Rechtsstellung der Richter in den Ländern durch besondere Landesgesetze zu regeln sind, erlassen worden. Ein Rahmengesetz des Bundes nach Art. 98 Abs. 3 Satz 2 GG sei bisher nicht ergangen.
Art. 98 Abs. 1 und Abs. 3 GG fordere nach Auffassung des Hessischen Landtages auch ein besonderes Richterbesoldungsgesetz; der Landtag teile also die Auffassung der vier Richter des Bundesverfassungsgerichts, die in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Juni 1969 (BVerfGE 26, 141 [155 f.]) näher begründet haben, daß die genannten Vorschriften auch zum Erlaß besonderer Richterbesoldungsgesetze nötigen.
Die Notwendigkeit einer eigenständigen Richterbesoldung folge aus der Verschiedenartigkeit der Stellung und Funktion von Beamten einerseits und Richtern andererseits. Es fehle an einem (übrigens mit Art. 97 Abs. 1 GG unvereinbaren) Vorgesetztenverhältnis zwischen aufsichtführendem Richter und den

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übrigen Richtern; deshalb seien alle gleich nach ihrem richterlichen Amt zu besolden und eine zusätzliche Verwaltungstätigkeit nur durch eine Amtszulage abzugelten. Im Hinblick darauf, daß sich die Zuweisung zu einer Besoldungsgruppe nach dem Amtsinhalt zu richten habe, verbiete sich auch, wie es das Bundesbesoldungsgesetz tue, die Zuweisung des gleichen Richteramtes in verschiedene Besoldungsgruppen je nach dem Dienstalter des Richters. Außerdem fehle es innerhalb der Richterschaft an einer vergleichbar großen Zahl von Beförderungsstellen wie innerhalb der Beamtenschaft. Schließlich sei die eigenständige Richterbesoldung gefordert durch die besondere Funktion, die heute allen Richtern zukomme: die unmittelbare oder mittelbare Kontrolle der Verwaltung und die Aufgabe der "Sozialgestaltung" im Wege der Rechtsprechung. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Juni 1969 sei erst die - für das Land Hessen besonders bedeutsame - Entscheidung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 2. Juni 1969 bekanntgeworden, die ebenfalls von der Auffassung ausgehe, daß Art. 98 Abs. 1 und 3 GG besondere Besoldungsgesetze für Richter fordere. Vor allem ergebe sich nun aus der Änderung des Art. 75 GG durch das Zweiundzwanzigste Änderungsgesetz zum Grundgesetz vom 12. Mai 1969, daß Art. 98 GG besondere Richterbesoldungsgesetze fordere; andernfalls sei die Bezugnahme in Art. 75 Abs. 3 auf Art. 98 Abs. 3 inhaltslos.
Selbst wenn man aber der Ansicht sei, Art. 98 Abs. 3 GG fordere nicht besondere Richterbesoldungsgesetze, so sei zweifelsfrei, daß Art. 98 Abs. 3 jedenfalls ein besonderes Richterbesoldungsgesetz zulasse und dem Landesgesetzgeber dazu die Kompetenz zuweise. Zu einem solchen Gesetz könne der Bund nach Art. 98 Abs. 3 Satz 2 GG Rahmenvorschriften erlassen; aber gerade diese Rahmenvorschriften habe er bisher nicht erlassen. Die Rahmenvorschriften des Bundesbesoldungsgesetzes seien Rahmenvorschriften auf Grund des Art. 75 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 GG, könnten aber nicht die dem Land obliegende Entscheidung blockieren, ein besonderes Richterbesoldungsgesetz zu

BVerfGE 32, 199 (209):

erlassen. Der Bund könne diese Entscheidung des Landesgesetzgebers nicht verhindern; wolle er sie begrenzen, dann müsse er Rahmenvorschriften in bezug auf eigenständige Landesrichterbesoldungsgesetze erlassen. Was der Bund gegenüber dem Hessischen Richterbesoldungsgesetz versuche, laufe auf eine Verschiebung sowohl von Bundes- und Landeskompetenzen als auch auf eine Verschiebung der Zuständigkeit des Bundes zur ausschließlichen und konkurrierenden Gesetzgebung einerseits und seiner Zuständigkeit zur Rahmengesetzgebung andererseits hinaus.
b) Der Grundsatz der Bundestreue sei vom Landesgesetzgeber nicht verletzt worden; soweit ein Verfassungsauftrag an den Landesgesetzgeber vorliege, könne es (anders als bei der Gesetzgebungsbefugnis im übrigen) keine Beschränkung der Ausübung der Kompetenz durch den Grundsatz der Bundestreue geben. Im übrigen sei auch nicht richtig, daß der hessische Landesgesetzgeber nicht ausreichend auf die Interessen des Bundes und der anderen Länder Rücksicht genommen habe. Der Bund werde durch die hessische Regelung überhaupt nicht tangiert. In den übrigen Ländern bestünden dieselben Schwierigkeiten im Bereich der Beamten- und Richterbesoldung wie in Hessen, die durch die hessische Regelung weder vermindert noch vermehrt würden. Andere Länder, insbesondere Nordrhein- Westfalen, Saarland und Schleswig-Holstein, hätten ebenfalls schon eine vom Bundesbesoldungsgesetz abweichende Neuregelung der Richtergehälter erlassen. Der Bund habe die Frage der Neuregelung der Richterbesoldung bisher zurückgestellt bis zur Verwirklichung der sog. Justizreform; diese liege in weiter Ferne. Die Initiative von Hessen im Bundesrat zur Verselbständigung und Neuordnung der Richterbesoldung sei ohne Erfolg geblieben. Unter diesen Umständen habe der Landesgesetzgeber, um wenigstens innerhalb Hessens die unhaltbaren Zustände auf dem Gebiet der Richterbesoldung zu beseitigen, keine andere Möglichkeit gehabt als die Verabschiedung seines Richterbesoldungsgesetzes.
Der Hessische Landtag habe den Konflikt mit dem Bund nicht gesucht. Die Regelung des Hessischen Richterbesoldungs

BVerfGE 32, 199 (210):

gesetzes liege auch, was die Höhe der Bezüge anlange, nicht weit außerhalb der Bundesrahmenvorschriften: Für die Besoldungsgruppe R 3 fehle es überhaupt an einer Rahmenvorschrift des Bundesbesoldungsgesetzes; insbesondere für Senatspräsidenten an einem oberen Landesgericht sei dort schlechthin nichts bestimmt. Bezüglich der Besoldungsgruppe R 2 lasse sich formal sagen, sie halte sich nicht innerhalb der Regel, daß für (frühere) Landgerichtsdirektoren und Oberlandesgerichtsräte eine höhere Einstufung als nach A 15 nicht zulässig sei. Aber insoweit gebe es bereits Ausnahmen in Nordrhein-Westfalen und Bayern, wo die Oberverwaltungsgerichtsräte höher, nämlich nach Besoldungsgruppe A 16 eingestuft seien, und hinsichtlich derer das Bundesverfassungsgericht in der Entscheidung vom 4. Juni 1969 (BVerfGE 26, 100 [114]) bemerkt habe, daß es Sache des Bundes und der betroffenen Länder sei, die Folgerungen aus dem Gebot des Gleichheitssatzes und der seiner Verwirklichung entgegenstehenden Bundesrahmenvorschriften zu ziehen. Auch bei der Besoldungsgruppe R 1 stehe eine Höhereinstufung als nach Besoldungsgruppe A 13/14 des Bundesbesoldungsgesetzes dem Rahmenrecht nur scheinbar entgegen. Aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts folge, daß auch für Richter im Eingangsamt die Einstufung bis in die Besoldungsgruppe A 15, und nicht nur bis zu einem zwischen A 14 und A 15 liegenden Wert zulässig sei.
Die Einbeziehung der Staatsanwälte in das Hessische Richterbesoldungsgesetz sei notwendig gewesen, da die Staatsanwälte der rechtsprechenden Gewalt zugeordnet seien, die Struktur der Ämter der Staatsanwaltschaft dem Aufbau der Richterämter entspreche und sich grundlegend von der differenzierten Struktur des Verwaltungsbeamten unterscheide.
4. Der Niedersächsische Ministerpräsident hat sich darauf beschränkt mitzuteilen: "Die Niedersächsische Landesregierung schließt sich der in der Antragsschrift vom 22. April 1970 enthaltenen Begründung der Bundesregierung an".
Weitere Äußerungen sind nicht eingegangen.
 


BVerfGE 32, 199 (211):

B. - I.
Gegen die Zulässigkeit des Normenkontrollantrags der Bundesregierung bestehen keine Bedenken. Zwar hat der Bund seit der Achtundzwanzigsten Grundgesetzänderung vom 18. März 1971 nach Art. 74 a Abs. 1 GG die konkurrierende Gesetzgebung auf dem Gebiet der Besoldung und Versorgung der Angehörigen des öffentlichen Dienstes. Er kann also jetzt ein Bundesbesoldungsgesetz für Landesrichter erlassen, das das Hessische Landesrichterbesoldungsgesetz ablöst. Auf diesem Weg kann er also dasselbe Ergebnis, nämlich die Beseitigung des Hessischen Landesgesetzes, wie mit einem erfolgreichen Normenkontrollverfahren erreichen. Es gibt aber keine Subsidiarität des Normenkontrollverfahrens gegenüber einem möglichen legislativen Akt des Bundes, der ebenfalls zur Beseitigung des Landesgesetzes führen könnte. Und keinesfalls ist im Hinblick auf den möglichen Weg des Art. 74 a Abs. 1 GG für das Normenkontrollverfahren das Rechtsschutzinteresse weggefallen. Denn das erfolgreiche Normenkontrollverfahren führt unter Umständen zur Vernichtung des Landesgesetzes ex tunc. Das Bundesgesetz nach Art. 74 a GG könnte nur zu einer Beseitigung des Landesgesetzes pro futuro führen.
II.
Dem Hessischen Richterbesoldungsgesetz stehen, soweit es sich auf Richter bezieht, die Rahmenvorschriften des Bundesbesoldungsgesetzes nicht entgegen:
1. Die Rahmenvorschriften des Bundesbesoldungsgesetzes (Kapitel III des Gesetzes) in der Fassung, die sie durch das Zweite Besoldungsneuregelungsgesetz erhalten haben, halten sich zwar nicht in den Grenzen, die nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts der Kompetenz zur Rahmengesetzgebung im allgemeinen gezogen sind (vgl. BVerfGE 4, 115 [128 ff.]). Sie sind aber durch die besonderen Vorschriften des Art. 75 Abs. 2 GG in der Fassung des Zweiundzwanzigsten Änderungsgesetzes zum Grundgesetz gedeckt.


BVerfGE 32, 199 (212):

Das Zweite Besoldungsneuregelungsgesetz wurde allerdings vom Bundestag in dritter Lesung bereits am 28. Februar 1969 beschlossen; zu diesem Zeitpunkt war das Zweiundzwanzigste Änderungsgesetz zum Grundgesetz vom Bundestag noch nicht einmal verabschiedet worden, geschweige denn verkündet und in Kraft getreten; zu jenem Zeitpunkt hatte vielmehr der Bundesrat gegen die vom Bundestag beschlossene Fassung des Zweiundzwanzigsten Änderungsgesetzes den Vermittlungsausschuß angerufen. Ohne die Frage der Verfassungsmäßigkeit einer solchen Prozedur allgemein zu entscheiden, genügt hier zur Feststellung der Gültigkeit des Zweiten Besoldungsneuregelungsgesetzes: Das Zweiundzwanzigste Änderungsgesetz ist am 14. Mai 1969 verkündet worden und am 15. Mai 1969 in Kraft getreten; das Zweite Besoldungsneuregelungsgesetz ist am 16. Mai 1969 verkündet worden. Das genügt jedenfalls, wenn die gesetzgebenden Körperschaften, wie hier, sich klar und einig darüber waren, daß ihr Gesetzgebungsvorhaben nur in der Weise verwirklicht werden kann, daß sie die Besoldungsneuregelung in Verbindung mit einer entsprechenden Grundgesetzänderung beschließen. In einem solchen Fall werden zwar äußerlich betrachtet zwei verschiedene Gesetzgebungsverfahren behandelt, aber der innere Zusammenhang macht deutlich, daß sie beide in bezug aufeinander betrieben werden und daß das Ergebnis verfassungsgemäß sein soll, daß also im Augenblick der Verkündung des einfachen Gesetzes die entsprechende Verfassungsänderung in Geltung steht, die es verfassungsrechtlich sanktioniert.
2. Ob vor dem Inkrafttreten des Zweiundzwanzigsten Änderungsgesetzes zum Grundgesetz zu den "besonderen Landesgesetzen" im Sinne des Art. 98 Abs. 3 GG auch besondere Richterbesoldungsgesetze gehörten (vgl. BVerfGE 26, 141 [155 f.]), kann heute auf sich beruhen. Jedenfalls ist nach der Neufassung des Art. 75 GG durch jenes Änderungsgesetz eindeutig geworden, daß die Länder auch die Zuständigkeit besitzen, für ihre Richter ein "besonderes" Besoldungsgesetz zu schaffen: Nach Art. 75 Abs. 2 GG können Rahmenvorschriften des Bundes über "die

BVerfGE 32, 199 (213):

Rechtsverhältnisse der im öffentlichen Dienst der Länder ... stehenden Personen" auch "einheitliche Maßstäbe für den Aufbau und die Bemessung der Besoldung einschließlich der Bewertung der Ämter sowie Mindest- und Höchstbeträge" vorsehen; und das gilt nach Art. 75 Abs. 3 GG auch "für Rahmenvorschriften nach Art. 98 Abs. 3 Satz 2 (GG) ... entsprechend". Die "besonderen Landesgesetze" im Sinne des Art. 98 Abs. 3 GG können also auch für Richter eine besondere Richterbesoldung regeln; die Frage, ob Art. 98 Abs. 3 GG eine solche Regelung fordert, braucht hier nicht entschieden zu werden.
Das Grundgesetz stellt die rechtsprechende Gewalt mit Betonung neben die Exekutive; es hebt die Richter hervor, indem es die rechtsprechende Gewalt den Richtern vorbehält, ihnen allein "anvertraut" (Art. 92 GG). Es unterscheidet dementsprechend zwischen den Beamten und den Richtern und hält deshalb eine je eigene Ordnung ihrer Rechtsverhältnisse für gerechtfertigt; dem allgemeinen Beamten- und Beamtenbesoldungsrecht steht also das besondere Amts- und Besoldungsrecht für Richter in den "besonderen Gesetzen" gemäß Art. 98 GG gegenüber. Die besonderen Besoldungsgesetze für Richter nach Art. 98 GG unterscheiden sich demnach inhaltlich von den Besoldungsgesetzen für Beamte in derselben Weise wie das allgemeine Beamtengesetz von dem besonderen Richtergesetz. So wenig dieses nur eine Wiederholung der für Beamte geltenden Regelungen ist, sondern der besonderen Stellung der Richter entsprechend eigene Wege gehen kann und geht, ist auch der Sinn der besonderen Richterbesoldungsgesetze, die Richterbesoldung vom allgemeinen Beamtenbesoldungsrecht zu lösen und sie der besonderen Stellung der Richter entsprechend selbständig zu ordnen. Dabei spielt - abgesehen von dem vom Bundesverfassungsgericht wiederholt hervorgehobenen Grundsatz, daß in Rücksicht auf die richterliche Unabhängigkeit das Gesetz jede vermeidbare Einflußnahme der Exekutive auf die rechtsprechende Gewalt, insbesondere im Wege der Einweisung in ein richterliches Amt gleicher Funktion mit höheren Bezügen ausschließen muß (vgl. BVerfGE 26, 79

BVerfGE 32, 199 (214):

[92 ff.]) - die entscheidende Rolle, daß dem Beamtenrecht eine reiche Beförderungsskala eigentümlich ist, die entsprechend einer gestuften Verantwortung je nach der übertragenen Aufgabe im höheren Dienst von der Besoldungsgruppe A 13 bis zur Besoldungsgruppe B 11 reicht, während es im richterlichen Dienst an einer entsprechenden Beförderungslaufbahn fehlt; das Gehalt des Richters hat sich grundsätzlich nach seiner richterlichen Aufgabe (nicht in erster Linie nach den mit seinem Amt verbundenen Verwaltungsaufgaben) zu bemessen. Die "besondere" Besoldungsordnung für Richter muß deshalb anders konzipiert und in ihrem Aufbau anders angelegt sein als die der allgemeinen Beamtenbesoldung. Daraus folgt, daß auch die Rahmenvorschriften für das allgemeine Beamtenbesoldungsrecht der Länder, zu deren Erlaß der Bund zuständig ist, bezogen auf ihren Inhalt "etwas anderes" sind als die besonderen Rahmenvorschriften für die besonderen Richterbesoldungsgesetze der Länder im Sinne des Art. 98 Abs. 3 GG. Es hat also seinen guten Sinn, daß nach Art. 75 Abs. 3 GG der Absatz 2 dieser Vorschrift, auch soweit in den Rahmenvorschriften "einheitliche Maßstäbe für den Aufbau und die Bemessung der Besoldung einschließlich der Bewertung der Ämter sowie Mindest- und Höchstbeträge" bestimmt werden können, für die Rahmenvorschriften des Art. 98 Abs. 3 Satz 2 GG nur "entsprechend" gilt. Das heißt: Solange die Länder die Besoldung ihrer Richter und Beamten in einem gemeinsamen Besoldungsgesetz einheitlich regeln, also, wie es bisher üblich war, ihr Beamtenbesoldungsgesetz auf die Richter erstrecken, die Richter besoldungsrechtlich wie Beamte behandeln, gelten für dieses einheitliche Landesbesoldungsgesetz die Schranken der dazu gehörigen Bundesrahmenvorschriften im Bundesbesoldungsgesetz. Entscheidet sich dagegen ein Land für ein besonderes Richterbesoldungsgesetz im oben dargelegten Sinn, so ist, wie in allen Fällen einer dem Bund eingeräumten Kompetenz zur Rahmengesetzgebung, das Land in seiner Gesetzgebung frei, solange der Bund von seiner Kompetenz nach Art. 98 Abs. 3 Satz 2 GG keinen Gebrauch gemacht hat, also Rahmenvorschriften, die auf

BVerfGE 32, 199 (215):

eine eigenständige, vom Aufbau und den Grundsätzen der allgemeinen Beamtenbesoldung losgelöste Richterbesoldung hin konzipiert und angelegt sind, nicht erlassen hat. Solche Rahmenvorschriften hat der Bund bisher nicht erlassen. Daß er in § 5 Abs. 4 Satz 2 und 3 BBesG für Richter in einer Einzelfrage etwas Spezielles angeordnet hat, macht diese Rahmenvorschriften nicht zu Rahmenvorschriften für besondere Landesrichterbesoldungsgesetze im Sinne des Art. 98 Abs. 3 Satz 2 GG; denn abgesehen von diesem Einzelpunkt werden in diesen Rahmenvorschriften die Richter völlig in die für Beamte geltende Besoldungsordnung eingebunden. Die Rahmenvorschriften des Bundesbesoldungsgesetzes lassen nicht den geringsten Raum, für Richter ein nach Aufbau und Bemessung der Besoldung einschließlich der Bewertung der Ämter eigenes Landesrichterbesoldungsgesetz zu erlassen. Es handelt sich also hier nicht um die Frage, ob der Bund die freie Entscheidung des Landes ein besonderes Richterbesoldungsgesetz gemäß Art. 98 Abs. 3 GG zu erlassen, durch seine Rahmenvorschriften im Bundesbesoldungsgesetz 1969 solange verhindern kann, als er sie nicht zugunsten einer besonderen Richterbesoldung gelockert oder mit einem Vorbehalt versehen hat, sondern darum, daß Rahmenvorschriften des Bundes für besondere Landesrichterbesoldungsgesetze nicht existieren und deshalb die Länder derzeit in ihrer auf Art. 98 Abs. 3 GG gestützten Gesetzgebung frei sind.
Das hat der Senat mit vier zu drei Stimmen entschieden.
3. Das Hessische Richterbesoldungsgesetz löst die Besoldung und Versorgung der hessischen Richter aus dem allgemeinen Besoldungsrecht, das auf die herkömmlichen Laufbahngruppen der Beamten abgestellt ist, und versucht, in einem ersten Schritt eine Regelung zu treffen, die der Eigenart des Richteramtes mehr gerecht wird als das bisherige Besoldungsrecht: Es stellt ab auf die Einheit des Richteramtes. Es wendet sich gegen den dem allgemeinen Besoldungsrecht eigentümlichen, auf einer Vielzahl von Beförderungen aufbauenden "Laufbahngedanken", indem es nur noch drei Besoldungsgruppen kennt, die anknüpfen an den

BVerfGE 32, 199 (216):

organisatorischen Aufbau der dritten Gewalt im Land: Gerichte erster und zweiter Instanz, die je einander gleichwertig sind und zum Teil kollegiale Spruchkörper mit einem ständigen Vorsitzenden besitzen. Es reduziert damit in Rücksicht auf die richterliche Unabhängigkeit die Möglichkeiten einer Einflußnahme der Exekutive auf die dritte Gewalt im Wege von Beförderungen auf das unumgänglich Notwendige. Es hebt bei der Bemessung der "Gehaltssätze" auf die grundsätzliche Gleichbewertung der richterlichen Tätigkeit ab, indem es von einem besonderen Besoldungsdienstalter absieht, das Anfangsgehalt leicht anhebt, zwischen den drei Besoldungsgruppen als Regel sich mit einer Differenzierung des Gehalts in Höhe von 300 DM begnügt und die Leitung eines Gerichts oder die Übertragung besonderer Gerichtsverwaltungsgeschäfte mit Zulagen abgilt.
Es handelt sich also bei dem Hessischen Richterbesoldungsgesetz nicht bloß um einen "Abklatsch" des allgemeinen Besoldungsrechts, sondern um eine eigenständige Richterbesoldung, um ein "besonderes Gesetz" nach Art. 98 Abs. 3 GG.
Diese Frage hat der Senat mit vier gegen drei Stimmen entschieden.
4. Es lassen sich demnach gegen das Hessische Gesetz, soweit es sich auf die Richter bezieht, aus dem Gesichtspunkt seiner Unvereinbarkeit mit den Rahmenvorschriften des Bundesbesoldungsgesetzes Bedenken nicht herleiten. Dagegen ist § 12 des Gesetzes, der die Besoldung der Staatsanwälte regelt, mit den genannten Rahmenvorschriften nicht vereinbar: Staatsanwälte sind Beamte; daran ändert sich auch nichts, wenn sie der Landesgesetzgeber besoldungsrechtlich den Richtern gleichstellt. So vernünftig, naheliegend und sachgerecht es ist, die Staatsanwälte als notwendige Organe der Strafrechtspflege, aber auch zur Förderung eines erwünschten Wechsels zwischen richterlicher und staatsanwaltschaftlicher Tätigkeit nach den für Richter geltenden Grundsätzen zu besolden, so läßt sich doch kein notwendiger Sachzusammenhang zwischen der Richterbesoldung und der Besoldung der Staatsanwälte herstellen, kraft dessen die Kompe

BVerfGE 32, 199 (217):

tenz des Landes zur selbständigen Regelung der Richterbesoldung sich auch auf die Regelung der Besoldung der Staatsanwälte erstrecken ließe. Es mag zwar rechtspolitisch unerfreulich sein, die Staatsanwälte besoldungsrechtlich aus der Richterbesoldung herauszunehmen, aber diese verschiedene Behandlung von Richter und Staatsanwalt ist praktikabel, insbesondere bleibt die besondere Richterbesoldung in sich sinnvoll, auch wenn aus Rechtsgründen derzeit die Staatsanwälte nicht einbezogen werden können.
Als Beamte dürfen Staatsanwälte, gleichgültig, ob die sie betreffenden Regelungen im allgemeinen Beamtenbesoldungsgesetz oder in einem anderen Gesetz enthalten sind, nur nach einer landesgesetzlichen Regelung besoldet werden, die sich innerhalb der Schranken der Rahmenvorschriften des Bundesbesoldungsgesetzes hält. Dadurch, daß der hessische Gesetzgeber ihre Besoldung im Richterbesoldungsgesetz so, wie geschehen, regelte, hat er sich in mehrfacher Weise nicht an das Bundesrahmenrecht gehalten. Es genügt der Hinweis, daß er für die Staatsanwälte die Bindung an die Besoldungsordnungen A und B des Bundesbesoldungsgesetzes und den Grundsatz eines besonderen Besoldungsdienstalters aufgegeben und sie in eine der drei Besoldungsgruppen R des Hessischen Gesetzes eingeordnet hat. Damit bemessen sich die Gehälter und Versorgungsbezüge der hessischen Staatsanwälte auch der Höhe nach verschieden von den Bezügen, die die Staatsanwälte nach den allgemeinen Beamtenbesoldungsvorschriften erhalten würden. § 12 RBesG ist demnach mit den Rahmenvorschriften des Bundesbesoldungsgesetzes nicht vereinbar. Die Folgerungen daraus sind auch für die anderen Vorschriften des Gesetzes zu ziehen, soweit darin die Staatsanwälte genannt werden.
Der Ausspruch im Tenor ist auf die Feststellung der Unvereinbarkeit des § 12 RBesG mit dem Besoldungsrahmenrecht des Bundes zu beschränken. Das Landesbesoldungsgesetz ist nach dem Erlaß des Richterbesoldungsgesetzes geändert worden. Würde § 12 des Gesetzes für nichtig erklärt werden, so fehlte es

BVerfGE 32, 199 (218):

an einer eindeutigen Rechtsgrundlage für die Besoldung der Staatsanwälte. Deshalb muß es dem Gesetzgeber überlassen bleiben, unverzüglich die gegenwärtige Regelung des § 12 durch eine Regelung zu ersetzen, die sich innerhalb der Schranken hält, die die Rahmenvorschriften des Bundesbesoldungsgesetzes setzen.
Dies hat der Senat einstimmig entschieden.
5. Der hessische Landesgesetzgeber hat durch den Erlaß des Richterbesoldungsgesetzes nicht gegen den Verfassungsgrundsatz der Bundestreue verstoßen:
Der Grundsatz der Bundestreue fordert nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, daß sowohl der Bund als auch die Länder bei der Wahrnehmung ihrer Kompetenzen - hier also das Land Hessen bei der Wahrnehmung seiner Kompetenz zum Erlaß eines besonderen Richterbesoldungsgesetzes - die gebotene und ihnen zumutbare Rücksichtnahme auf das wohlverstandene Gesamtinteresse des Bundesstaates und auf die Belange der übrigen Länder üben. In der bisherigen Rechtsprechung spielte eine besondere Rolle die Rücksicht auf die finanziellen Auswirkungen eines Landesgesetzes für die Lasten der weniger leistungsfähigen Länder und für die Erhaltung des Haushaltsgleichgewichts dieser Länder und des Gesamtgefüges der öffentlichen Haushalte in Bund und Ländern. Es kann aber auch einmal von Belang sein die entsprechende Bedachtnahme auf Auswirkungen, die das Landesgesetz hinsichtlich der Entwicklung des öffentlichen Dienstrechts in Richtung auf eine unerwünschte Aufsplitterung der Einheit der Besoldungsordnung für alle Gruppen des öffentlichen Dienstes haben kann. Was die finanziellen Auswirkungen des Hessischen Richterbesoldungsgesetzes im Gesamtstaat anlangt, so sind sie - auch nach Auffassung des Bundesministers des Innern - für sich allein betrachtet relativ geringfügig. Der durch das Gesetz verursachte Mehraufwand im Lande Hessen beläuft sich schätzungsweise auf weniger als zwei Millionen DM. Selbst wenn die anderen Länder nicht umhin könnten, entsprechende Gesetze zu erlassen, um ihre Richter gleichzustellen, könnte der damit verbundene Aufwand bei dem gegen

BVerfGE 32, 199 (219):

wärtigen Volumen der Landeshaushalte weder zur Gefährdung des Haushaltsgleichgewichts in einem Land noch zur Erschütterung des Gesamtgefüges der öffentlichen Haushalte in der Bundesrepublik führen. Unter diesem Gesichtspunkt kann deshalb der Grundsatz der Bundestreue vom Land Hessen nicht verletzt worden sein. Die Bundesregierung fürchtet, die besondere Richterbesoldung in Hessen könnte der Beginn einer allgemeinen Auflösung der allgemeinen Besoldungsordnung im Bund und in den Ländern sein, weil auch andere Laufbahngruppen des öffentlichen Dienstes für sich eine besondere Besoldungsordnung fordern könnten. Diese Befürchtung ist ungerechtfertigt; denn keine Beamtenkategorie kann sich bei ihrer Forderung nach einer besonderen Besoldungsordnung mit Fug auf das Beispiel der besonderen Richterbesoldung berufen. Für alle Beamten gilt vielmehr der Grundsatz der Einheitlichkeit der Besoldungsordnung gemäß den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums; sie müssen sich also mit ihrer Einordnung in die Besoldungsgruppen der Besoldungsordnungen A und B des Bundesbesoldungsgesetzes und der entsprechenden Ländergesetze abfinden. Würde sich ein Land von einer Berufsgruppe bedrängen lassen, für sie eine der Hessischen Richterbesoldung entsprechende Besoldungsordnung zu erlassen, so wäre das keine Auswirkung, die der hessische Gesetzgeber bei Erlaß seines Richterbesoldungsgesetzes nach dem Grundsatz der Bundestreue zu bedenken gehabt hätte; er durfte vielmehr davon ausgehen, daß der Bund und die übrigen Länder an der vom Grundgesetz klargestellten prinzipiellen Verschiedenheit von Beamtenstellung und Richterstellung festhalten werden. Ebensowenig kann anerkannt werden, daß das Land Hessen, wenn es eine im bisherigen Besoldungsrecht des öffentlichen Dienstes unbekannte, also neue Regelung trifft, diese hätte mit den übrigen Ländern und dem Bund vorher "abstimmen" müssen. Innerhalb ihrer ausschließlichen Kompetenz zur Gesetzgebung sind die Länder grundsätzlich frei und unabhängig; das Grundgesetz geht davon aus, daß die den Ländern zur Gesetzgebung überlassenen Materien von Land

BVerfGE 32, 199 (220):

zu Land verschieden geregelt sein können, und, sofern es sich um bisher nicht bekannte, strukturelle Regelungen handelt, verschieden geregelt werden können. Keinem Land kann verfassungsrechtlich ein "Vorwurf" daraus gemacht werden, daß es von einer Kompetenz des Grundgesetzes (Art. 98 Abs. 3 GG) als erstes Gebrauch macht. Abgesehen davon hat Hessen - vergeblich - versucht, im Bundesrat zu einer Gesetzgebungsinitiative zu kommen, die seinen Vorstellungen von einer besonderen Richterbesoldung entspricht. Die Länder waren sich bisher nicht einig, ob eine besondere Richterbesoldungsregelung eingeführt werden soll; im Bund waren die Bundesregierung und die Bundestagsmehrheit der Auffassung, diese Frage solle bis zur sog. Justizreform zurückgestellt werden. Unter diesen Umständen läßt sich auch nicht feststellen, daß es der hessische Gesetzgeber, was sein procedere angeht, an bundesfreundlichem Verhalten hat fehlen lassen.
Diese Entscheidung ist mit vier gegen drei Stimmen ergangen.
6. § 11 Abs. 1 RBesG in Verbindung mit Anlage III ersetzt die bisherigen Amtsbezeichnungen für Richter durch die neue Amtsbezeichnung "Richter" mit einem die Stellung innerhalb des Gerichts verdeutlichenden Zusatz. Eine solche Änderung der bisherigen Amtsbezeichnungen steht dem Gesetzgeber an sich für die Zukunft frei. Das verfassungsrechtliche Bedenken, ob er dabei in Rücksicht auf einen hergebrachten und zu beachtenden Grundsatz des richterlichen Amtsrechts hinsichtlich einer vor Inkrafttreten des Gesetzes bereits erworbenen Amtsbezeichnung nicht einen Vorbehalt hätte machen müssen, braucht nicht weiter erörtert zu werden. Jedenfalls war der hessische Gesetzgeber durch entgegenstehendes Bundesrecht gehindert, allgemein die Amtsbezeichnungen für die hessischen Richter zu ändern:
Der Bund hat unter Inanspruchnahme seiner Kompetenz zur konkurrierenden Gesetzgebung nach Art. 74 Nr. 1 GG das Gerichtsverfassungsgesetz (GVG), das Arbeitsgerichtsgesetz, das Sozialgerichtsgesetz, die Finanzgerichtsordnung und die Verwaltungsgerichtsordnung erlassen. In diesen Gesetzen hat er teil

BVerfGE 32, 199 (221):

weise in den Vorschriften über die Besetzung der Gerichte sich damit begnügt, einfach vom "Amtsrichter", vom "Vorsitzenden", von den beisitzenden "Richtern" oder den übrigen "Mitgliedern" des Gerichts zu sprechen; in § 22 a Abs. 2 GVG ist dagegen die Rede vom "Amtsgerichtspräsidenten", "Amtsgerichtsdirektor" und "Oberamtsrichter", in § 22 c Abs. 3 vom "Landgerichtspräsident", in §§ 59 und 64 von den (Landgerichts-)"Direktoren", in § 115 vom "Senatspräsidenten" und den (Oberlandesgerichts-)" Räten"; in der Verwaltungsgerichtsordnung werden in § 4 die (Verwaltungsgerichts-)" Direktoren" und in § 9 die "Senatspräsidenten", in § 4 FGO der "Senatspräsident" beim Finanzgericht, in § 30 SozGG der "Senatspräsident" beim Landessozialgericht genannt. Mit der Aufnahme dieser Amtsbezeichnungen in die genannten Gesetze hat der Bundesgesetzgeber sie von Bundesrechts wegen festgelegt, so daß der Landesgesetzgeber sie nach dem Grundsatz "Bundesrecht bricht Landesrecht" nicht durch andere Amtsbezeichnungen ersetzen kann. Dagegen hat er im übrigen in diesen Gesetzen (beispielsweise für Amtsgerichtsräte, Landgerichtsräte usw.) von seiner Kompetenz nach Art. 74 Nr. 1 GG, was die Amtsbezeichnungen der Richter anlangt, keinen Gebrauch gemacht, so daß insoweit der Landesgesetzgeber durch ein auf Art. 74 Nr. 1 GG gestütztes Bundesgesetz nicht gehindert war, die Amtsbezeichnungen festzulegen.
Dieser Rest von verbleibender Kompetenz der Länder zur Regelung der Amtsbezeichnungen für Richter reicht nicht aus, eine Regelung des Landes, die erkennbar eine einheitliche Neuregelung aller Amtsbezeichnungen für Richter zum Ziel hat, teilweise zu retten; sie ist vielmehr zur Gänze unvereinbar mit dem entgegenstehenden Bundesrecht. Der Ausspruch im Tenor ist ebenfalls auf die Feststellung der Unvereinbarkeit mit Bundesrecht zu beschränken, weil der Aufgabe des Gesetzgebers nicht vorgegriffen werden darf, unverzüglich eine verfassungsgemäße Regelung herbeizuführen.
Diese Entscheidung ist mit vier gegen drei Stimmen ergangen.
Mit dieser Feststellung entfällt die Notwendigkeit der Prü

BVerfGE 32, 199 (222):

fung, ob infolge der Änderung der Amtsbezeichnung "Amtsgerichtsdirektor" und "Oberamtsrichter" auch der Status derjenigen Richter mit dieser Amtsbezeichnung gemindert wurde, die Mitglied eines Präsidiums des Amtsgerichts waren und denen diese amtliche Funktion nach der gegenwärtigen Praxis in Hessen genommen wird; es bedarf deshalb hier auch nicht der Auslegung des § 22 a GVG.
7. Die Amtsgerichtsdirektoren waren vor Erlaß des Richterbesoldungsgesetzes in die Besoldungsgruppe A 15 - eine "Beförderungsstufe" oberhalb der Richter der Eingangsstufe (Amtsgerichtsrat usw. in Besoldungsgruppe A 13/14) - eingereiht. Durch das Richterbesoldungsgesetz werden sie mit den Amtsgerichtsräten usw. in die neue Besoldungsgruppe R 1 eingestuft und erhalten dasselbe Grundgehalt wie diese, allerdings in der Regel mit einer Zulage. Darin liegt keine die Unabhängigkeit der betroffenen Richter berührende Statusminderung. Denn der Vergleich zwischen alter und neuer Besoldungsregelung ist im Ansatz falsch: Er wäre nur richtig, wenn die beiden Besoldungsordnungen gleich strukturiert wären; das sind sie aber nicht. Die alte Regelung sieht die richterliche Laufbahn ebenso wie die Beamtenlaufbahn. Das Hessische Richterbesoldungsgesetz bricht damit und geht davon aus, daß der Richter keine beamtenähnliche "Beförderungslaufbahn" vor sich hat. Das Hessische Gesetz zieht aus dieser Überlegung noch nicht die letzte Konsequenz, für alle Richter derselben Instanz dasselbe Grundgehalt festzusetzen; es tut in dieser Richtung nur einen ersten, allerdings kräftigen Schritt, indem es die Zahl der Besoldungsgruppen radikal beschneidet und nur noch drei Besoldungsgruppen kennt und den Gedanken der Beförderung drastisch zurückdrängt. Das Aufbauprinzip der Hessischen Richterbesoldung ist formal: Alle Richter der untersten Instanz (dazu gehören auch die Landgerichte) in die Besoldungsgruppe R 1, alle Richter der oberen Landesgerichte in die Besoldungsgruppe R 2, ständige Vorsitzende eines kollegialen Spruchkörpers eine Stufe höher, also Vorsitzende einer landgerichtlichen Kammer nach R 2, Vorsitzende eines ober

BVerfGE 32, 199 (223):

landesgerichtlichen Senats nach R 3. Der Unterschied des Grundgehalts betrug bei Erlaß des Gesetzes in jeder Gehaltsstufe zwischen R 1 und R 2 300 DM und der Unterschied zwischen dem Endgrundgehalt von R 2 und dem Grundgehalt nach R 3 betrug wiederum 300 DM. Alle übrigen nötig erscheinenden Abstufungen in der Besoldung werden durch Zuerkennung gestaffelter ruhegehaltfähiger Zulagen (für Gerichtspräsidenten, für Stellvertreter usw.) bewirkt. Ein so radikal andersartiger Aufbau der Richterbesoldung kann nicht mehr anknüpfen und Rücksicht nehmen auf die Struktur der abgelösten alten Besoldungsordnung. In der Zusammenfassung aller Richter erster Instanz (die nicht ständige Vorsitzende einer Kammer sind) liegt deshalb keine "Rückstufung" der Amtsgerichtsdirektoren; alle Richter sind in der neuen R-Besoldung entsprechend ihrer Struktur anders eingestuft. Dadurch wird weder ein hergebrachter und zu beachtender Grundsatz des Richterrechts (Art. 33 Abs. 5 GG) noch die Garantie der richterlichen Unabhängigkeit in Art. 97 GG berührt. Insbesondere ist die Auffassung abwegig, die Überleitung der Amtsgerichtsdirektoren in die neue Besoldungsordnung verursache eine "Veränderung" ihres bisher innegehabten Amtes.
Diese Entscheidung ist mit vier gegen drei Stimmen ergangen.
8. Die Vorschrift des § 11 Abs. 1 verstößt auch nicht, soweit sie in Verbindung mit der Überleitungsübersicht Auswirkungen auf die Besoldung hat, gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG): Es gibt keine prästabilierte Ordnung des Verhältnisses zwischen den verschiedenen Richterämtern. Daß Amtsgerichtsdirektoren (die nicht an der Spitze eines Amtsgerichts stehen) höher besoldet sein müßten als Amtsgerichtsräte und daß Amtsgerichtsdirektoren dieser Art ebenso eingestuft werden müßten wie Oberlandesgerichtsräte, ist nicht verfassungsrechtlich gefordert, auch nicht aus dem Gleichheitssatz ableitbar. Es lassen sich plausible Gründe anführen, beides nicht zu tun. Sie liegen hier in der Entscheidung für eine eigenständige Richterbesoldung, die von der grundsätzlichen Gleichwertigkeit aller in den erstinstanzlichen Gerichten tätigen Richter ausgeht, die nicht Vorsitzende eines kollegialen

BVerfGE 32, 199 (224):

Spruchkörpers sind. Der Gleichheitssatz ist auch nicht verletzt, soweit davon Amtsgerichtsdirektoren alter Ordnung betroffen werden. Sie werden zwar eingestuft in R 1 (wie die früheren Amtsgerichts- und Landgerichtsräte), erhalten aber grundsätzlich eine ruhegehaltfähige Zulage von 300 DM, die Teil des Gehaltes ist, und erhalten damit dasselbe, was die in R 2 eingestuften Richter (die Oberlandesgerichtsräte usw.) erhalten; soweit sie bisher in Besoldungsgruppe A 15 a eingestuft waren, erhalten sie sogar eine Zulage von 500 DM; und soweit der Amtsgerichtsdirektor ausnahmsweise nach der Überleitungsübersicht keine Zulage erhält (der Amtsgerichtsdirektor als mit Geschäften der Justizverwaltung beauftragter Amtsrichter bei einem mit einem Präsidenten besetzten Amtsgericht), garantiert die Ausgleichszulage nach § 11 Abs. 2 des Gesetzes, daß er nicht weniger erhält, als er bisher schon als Amtsgerichtsdirektor erhalten hat und dadurch ebenfalls aus den übrigen Richtern der Besoldungsgruppe R 1 (ohne Zulage) herausgehoben ist. Der Gleichheitssatz kann in der Person eines Amtsgerichtsdirektors nicht deshalb verletzt sein, weil nach der neuen Ordnung andere Richter, die bisher weniger erhalten hatten, nun ebenso besoldet werden wie die Amtsgerichtsdirektoren.
Diese Entscheidung ist mit vier gegen drei Stimmen ergangen.
9. Bleibt das Gehalt nach der neuen Richterbesoldungsordnung hinter dem Grundgehalt zurück, das dem Richter vor Inkrafttreten des Hessischen Richterbesoldungsgesetzes zustand, so erhält er in Höhe des Unterschiedes eine ruhegehaltfähige Ausgleichszulage, bis er in seinen Bezügen (nach neuem Recht) so gestiegen ist, daß er ebensoviel erhält, wie er zuletzt nach altem Recht erhalten hatte (§ 11 Abs. 2 RBesG). Die Ausgleichszulage mindert sich also mit jeder Erhöhung der Bezüge nach neuem Recht, so daß der betroffene Richter in dieser Übergangszeit stets dasselbe Gehalt in Höhe der vor Inkrafttreten des Gesetzes zuletzt erhaltenen Bezüge bekommt. Erst nach Wegfall der Ausgleichszulage, also vom Ende jener Übergangszeit an, kann das Gehalt weiter steigen.


BVerfGE 32, 199 (225):

Die Erhöhung des Gehalts, die die Ausgleichszulage mindern oder aufzehren kann, kann darauf beruhen, daß der Richter in der Besoldungsgruppe R 1 oder R 2 in eine höhere Altersstufe einrückt, daß das von ihm bekleidete richterliche Amt höher bewertet wird, daß strukturelle Besoldungsverbesserungen eingeführt werden oder daß der Richter in ein neues Amt mit höherem Gehalt eingewiesen wird, aber auch darauf, daß die Gehälter allgemein im Hinblick auf die gestiegenen Lebenshaltungskosten linear erhöht werden. Das Letztere ist in Hessen zweimal (im Mai 1970 und im Januar 1971) geschehen. Auch diese linearen Erhöhungen scheinen nach dem Wortlaut der Vorschrift von § 11 Abs. 2 RBesG erfaßt zu sein (bis der Unterschied "durch eine Erhöhung des Gehalts ausgeglichen ist"). Würde diese Auslegung zutreffen, so würden die linearen Besoldungserhöhungen bei den Betroffenen den Abbau ihrer Ausgleichszulage bewirken, aber nicht zur effektiven Erhöhung ihrer Bezüge führen; sie hätten von diesen Gehaltserhöhungen, die allen öffentlichen Bediensteten zum Ausgleich der gestiegenen Lebenshaltungskosten gewährt worden sind, keinen "Vorteil". Wären sie noch in ihrer alten Besoldungsgruppe der Besoldungsordnung A, würden sie an der allgemeinen Gehaltserhöhung, wie alle anderen, teilnehmen; in der Besoldungsgruppe R 1 oder R 2 des Hessischen Richterbesoldungsgesetzes nehmen sie an der Erhöhung des Gehalts zwar auch teil, nur profitieren sie nichts davon, weil die Ausgleichszulage wegfällt. Im Ergebnis wären sie ganz augenscheinlich gegenüber den anderen Beamten und Richtern benachteiligt. Das ist unvereinbar mit dem Gleichheitssatz. Die Ausgleichszulage ist gewährt worden, weil der Richter einen Anspruch auf ein Gehalt in Höhe der Bezüge nach R 1 + Ausgleichszulage erdient hat. Wenn nun allgemein die Gehälter um 8 v.H. und 7 v. H. angehoben werden, dann muß das auch für jenes voll erdiente Gehalt in Höhe von R 1 + Ausgleichszulage gelten. Die Ausgleichszulage kann also durch Erhöhung des Gehalts, die die Folge einer allgemeinen linearen Besoldungsaufbesserung ist, nicht aufgezehrt werden; sie kann nur durch Gehaltserhöhungen aufgezehrt wer

BVerfGE 32, 199 (226):

den, die auf einer veränderten Ämterbewertung, auf einer strukturellen Besoldungsverbesserung oder auf den besoldungsrechtlichen Vorschriften über aufsteigende Gehälter oder auf einer Beförderung beruhen.
§ 11 Abs. 2 des Gesetzes muß deshalb verfassungskonform dahin ausgelegt werden, daß eine allgemeine lineare Erhöhung der Gehälter nicht zur Minderung und zum Wegfall der Ausgleichszulage führt. Dem Gesetzgeber schwebten Formen der Gehaltserhöhung vor, die, wie dargelegt, unbedenklich zur Ablösung der Ausgleichszulage verwandt werden können. Er hat dabei nicht bedacht, daß es auch den Fall der allgemeinen linearen Gehaltserhöhung zum Ausgleich gestiegener Lebenshaltungskosten gibt; hätte er das bedacht, wäre die Formulierung nicht so allgemein ausgefallen. Die Auslegung, daß zu den Fällen einer Erhöhung des Gehalts im Sinne des § 11 Abs. 2 nicht der Fall der linearen Erhöhung gehört, ist also möglich und hier geboten; denn in dieser Auslegung widerspricht die Vorschrift nicht dem Gleichheitssatz.
Einer entsprechenden verfassungskonformen Auslegung bedarf auch § 15 Abs. 5 RBesG.
Die Entscheidung zur verfassungskonformen Auslegung von § 11 Abs. 2 und § 15 Abs. 5 RBesG ist im Ergebnis einstimmig ergangen.
Seuffert Leibholz Geller Rupp Geiger Rinck Wand
 


BVerfGE 32, 199 (227):

Abweichende Meinung der Richter Geller, Dr. Rupp und Wand zu dem Urteil des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 15. November 1971
- 2 BvF 1/70 -
Wir können dem Urteil vom 15. November 1971 nicht zustimmen.
I.
Das Hessische Gesetz über die Amtsbezüge der Richter und Staatsanwälte vom 4. März 1970 ist mit Bundesrecht unvereinbar und nichtig.
1. Die Rahmenvorschriften in Kapitel III des Bundesbesoldungsgesetzes 1969 waren für die Gesetzgebung in allen Ländern bindend.
a) Die das Urteil tragende Mehrheit geht von der Annahme aus, das Grundgesetz habe für die Regelungsmaterie "Richterbesoldung in den Ländern" in Art. 75 Abs. 1 Nr. 1 GG und in Art. 98 Abs. 3 Satz 2 GG zwei Rahmengesetzgebungskompetenzen von verschiedener Tragweite enthalten.
Diesem Ansatzpunkt können wir nicht zustimmen. Das Grundgesetz ermächtigt den Bund, für einige Rechtsgebiete, für welche die Länder zur Gesetzgebung zuständig sind, "Rahmenvorschriften" zu erlassen, um einem besonderen Bedürfnis nach einer bundeseinheitlichen Grundsatzregelung Rechnung zu tragen (Art. 75 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 72 Abs. 2 Nr. 2 und 3 GG). Schon dieser Sinn und Zweck der Rahmenkompetenz schließt die Annahme aus, die Verfassung hätte dem Bund in Art. 75 Abs. 1 Nr. 1 GG die Rahmenkompetenz für eine im Zusammenhang mit der Beamtenbesoldung zu regelnde Richterbesoldung und in Art. 98 Abs. 3 Satz 2 GG für eine grundsätzlich anders strukturierte Richterbesoldung in "besonderen Landesgesetzen" zur Verfügung gestellt. Wäre diese Annahme richtig, hätte der Bund für dieselbe Rechtsmaterie "Richterbesoldung in den Ländern" in zwei voneinander verschiedenen Rahmengesetzen grundsätzlich wesensverschiedene allgemeine, leitende Rechts

BVerfGE 32, 199 (228):

sätze aufstellen müssen, wenn er sicherstellen wollte, daß innerhalb des Bundesgebietes jedenfalls nicht mehr als zwei voneinander grundsätzlich abweichende Besoldungsregelungen für Landesrichter geschaffen werden. Hätte sich der Bund hingegen darauf beschränkt, nur von der einen oder der anderen Rahmenkompetenz Gebrauch zu machen, so wäre es dem Belieben der Landesgesetzgeber anheimgegeben gewesen, sich für die vom Bund jeweils rahmenrechtlich nicht geregelte "Form" der Richterbesoldung zu entscheiden und damit das Bundesrahmenrecht zu unterlaufen.
Wie beide Fälle zeigen, wären also zwei voneinander verschiedene Rahmenkompetenzen des Bundes für dieselbe Rechtsmaterie nicht nur ein Fremdkörper im System des Grundgesetzes, sondern auch schlechthin ungeeignet, dem Sinn und Zweck der Rahmenkompetenz Geltung zu verschaffen, in bestimmten Rechtsgebieten grundsätzliche Fragen für alle Länder bundeseinheitlich regeln zu können. Schon daraus ergibt sich, daß das Grundgesetz für eine Rechtsmaterie auch nur eine einzige Rahmenrechtskompetenz zur Verfügung gestellt haben kann. Mithin konnte die Bindung der Länder an die Rahmenvorschriften des Bundes jedenfalls nicht davon abhängig sein, ob die Länder die Besoldung ihrer Richter herkömmlich in einem allgemeinen Landesbesoldungsgesetz oder in einem "besonderen" Richterbesoldungsgesetz regelten.
Der Meinungsstreit darüber, ob die Rahmengesetzgebungskompetenz des Bundes für die Richterbesoldung in den Ländern in Art. 75 GG angesiedelt war (wenn man die Richter zu den im öffentlichen Dienst der Länder stehenden Personen im Sinne des Art. 75 Abs. 1 Nr. 1 GG zählt) oder ob sich die Kompetenz des Bundes aus der Spezialnorm des Art. 98 Abs. 3 Satz 2 GG ergab (wenn man annimmt, daß zu der durch "besondere Gesetze" zu regelnden Rechtsstellung der Richter auch deren Besoldung und Versorgung zu rechnen ist), hat für die Entscheidung über den vorliegenden Fall keine Bedeutung. Art. 75 Abs. 3 GG in der Fassung des Zweiundzwanzigsten Gesetzes zur Änderung

BVerfGE 32, 199 (229):

des Grundgesetzes konnte jedenfalls nicht so ausgelegt werden, daß ein Land, sofern es sich unter Berufung auf Art. 98 Abs. 3 GG für die Schaffung einer "besonderen" Richterbesoldung entschied, an Rahmenvorschriften des Bundes, welche die herkömmliche, im wesentlichen der Beamtenbesoldung entsprechende Richterbesoldung zugrunde legten, nicht länger gebunden war. Vielmehr sollte Art. 75 Abs. 3 GG für den Fall, daß die Rahmenkompetenz des Bundes für die Richterbesoldung in den Ländern nicht schon dem Art. 75, sondern nur dem Art. 98 Abs. 3 Satz 2 GG zu entnehmen war, klarstellen, daß die durch Art. 75 Abs. 2 GG in der Fassung des Zweiundzwanzigsten Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes geschaffene, an Intensität wesentlich weiter als bisher gehende Rahmenkompetenz des Bundes auf dem Gebiet des Besoldungsrechts auch die Richterbesoldung mitumfaßte und daß auch insoweit die Rahmenvorschriften der Zustimmung des Bundesrates bedurften (vgl. BTDrucks. V/1086, S. 4 Buchst. c).
b) Die im Zweiten Besoldungsneuregelungsgesetz des Bundes kompetenzgemäß erlassenen Rahmenvorschriften für die Richterbesoldung in den Ländern waren auch dann mit der Verfassung vereinbar, wenn sie auf Art. 98 Abs. 3 Satz 2 GG beruht haben sollten.
Zwar hat das Zweite Besoldungsneuregelungsgesetz das Rahmenrecht für die Besoldung des Landesrichter in einem allgemeinen Besoldungsgesetz, nicht in einem formell-gesetzestechnisch selbständigen Gesetz geregelt. Dies stellt jedoch seine Gültigkeit - worüber im Senat Einigkeit bestand - nicht in Frage. Entscheidend kann nur sein, ob das gesetzte Rahmenrecht für die Richterbesoldung die typischen Besonderheiten des Richteramts gegenüber anderen Ämtern im Bereich des öffentlichen Dienstes berücksichtigt und der Bedeutung einer unabhängigen Rechtsprechung im freiheitlichen Rechtsstaat entspricht.
Art. 98 GG enthält keinerlei konkrete Kriterien, an denen sich die Richterbesoldung zu orientieren hätte. Die Verfassung stellt lediglich an anderer Stelle, nämlich in Art. 33 Abs. 5 GG, das

BVerfGE 32, 199 (230):

(gleichermaßen für Beamte geltende) Postulat auf, den Richter und seine Familie angemessen zu alimentieren. Art. 97 Abs. 1 GG zwingt den Gesetzgeber ferner, die Richterbesoldung so zu gestalten, daß die Unabhängigkeit des Richters nicht gefährdet wird. Diesen beiden verfassungsrechtlichen Kriterien hat der Bundesgesetzgeber in den Rahmenvorschriften für die Richterbesoldung des Zweiten Besoldungsneuregelungsgesetzes fraglos genügt (vgl. BVerfGE 26, 141 [157]) und darüber hinaus zudem gewissen Unterschieden zwischen Richteramt und Beamtenlaufbahn Rechnung getragen. § 53 Abs. 3 in Verbindung mit § 5 Abs. 4 BBesG 1969 ordnete für die Richterbesoldung an:
    1. die Durchstufung im Eingangsamt von der Besoldungsgruppe A 13 in die Besoldungsgruppe A 14 mit dem Erreichen der 8. Dienstaltersstufe;
    2. die Aufstockung des Endgrundgehalts in den Besoldungsgruppen A 14 und A 15 um 75 v. H. des Unterschieds zu den Endgrundgehältern der Besoldungsgruppen A 15 bzw. A 16.
Diese Sondervorschriften für Richter schufen einen gewissen Ausgleich dafür, daß wegen der gesetzlich festgelegten Gerichtsverfassung die Zahl von Beförderungsstellen begrenzt und nicht in gleichem Umfang wie bei Beamten vermehrbar ist. Damit trugen sie der stärker ausgeprägten Einheitlichkeit des Richteramts Rechnung und hoben die Richterbesoldung in einer der Rechtsstellung der Richter gemäßen Weise von der Beamtenbesoldung ab.
Es mag rechtspolitisch wünschenswert sein, die Besoldung der Richter noch weitergehend bis hin zur vollkommenen strukturellen Eigenständigkeit von der Beamtenbesoldung zu lösen; verfassungsrechtlich geboten ist eine in solchem Maße "besondere" Richterbesoldung jedenfalls nach der gegenwärtigen Rechtslage nicht. Im Gegensatz zum Amtsrecht der Richter, wo die Verfassung in Art. 92, 95 Abs. 2, 97, 98 Abs. 2, 3 und 5 GG wesentliche Vorentscheidungen für den einfachen Gesetzgeber getroffen hat (vgl. BVerfGE 26, 141 [154]), enthält das Grundgesetz

BVerfGE 32, 199 (231):

für den Bereich des Besoldungsrechts der Richter, abgesehen von Art. 97 GG, keinerlei Richtpunkte und Grundentscheidungen. Solange insbesondere der überkommene Aufbau des Gerichtssystems fortbesteht, bewegt sich die Forderung nach einer von der Beamtenbesoldung strukturell verschiedenen, eigenständigen Besoldungsregelung für Richter ausschließlich im Bereich der Justizpolitik; sie vermag die Verbindlichkeit der Rahmenvorschriften des Bundes im Bundesbesoldungsgesetz 1969 für die Richterbesoldung in den Ländern nicht in Frage zu stellen.
2. Das Hessische Gesetz über die Amtsbezüge der Richter und Staatsanwälte vom 4. März 1970 verläßt allgemein die für Beamte und Richter geltenden Besoldungsordnungen A und B. Der Richter der Eingangsstufe beginnt nicht mit einem Grundgehalt, das dem der Besoldungsgruppe A 13 entspricht; die Gehaltssätze für die hessischen Richter sind anderweit festgesetzt als die Grundgehälter, die den in § 5 Abs. 4 und § 53 Abs. 3 BBesG genannten Richtern zustehen. An die Stelle des Besoldungsdienstalters tritt für die hessischen Richter in den Besoldungsgruppen R 1 und R 2 das Lebensalter.
Die Rahmenvorschriften des Bundesbesoldungsgesetzes 1969 für die Richterbesoldung in den Ländern hinderten das Land Hessen, eine derartige Regelung zu treffen. Solange die mit Zustimmung der Vertretung der Länder vom Bund erlassenen Rahmenvorschriften des Bundesbesoldungsgesetzes 1969 für die Richterbesoldung in den Ländern wirksam und verbindlich waren, durfte das Land Hessen seine Entscheidung zugunsten einer "besonderen" Richterbesoldung nicht eigenmächtig verwirklichen; ein solcher "Alleingang" war ihm verwehrt, weil der Verfassungsgeber die Einheitlichkeit der Besoldungsverhältnisse in allen Bundesländern sichergestellt wissen wollte (vgl. Art. 75 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 72 Abs. 2 Nr. 3 GG) und diesem Gesichtspunkt gerade durch Schaffung der erweiterten Rahmengesetzgebungskompetenz des Bundes in Art. 75 Abs. 2 GG in der Fassung des Zweiundzwanzigsten Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes ein besonderes Gewicht zuerkannt hatte. Mei

BVerfGE 32, 199 (232):

nungsverschiedenheiten darüber, wie den Besonderheiten des Richteramts im Bereich der Besoldung besser und schneller Rechnung getragen werden konnte, berechtigen im Bundesstaat des Grundgesetzes ein Land nicht dazu, unter Mißachtung von kompetenzgemäß gesetztem Bundesrahmenrecht seine eigenen Vorstellungen durchzusetzen. Das Land Hessen hätte vielmehr den von ihm angenommenen Verfassungsauftrag erst dann ausführen können, wenn zuvor das Rahmenrecht des Bundes unter Mitwirkung des Bundesrates im Sinne seiner Vorstellungen geändert worden wäre.
3. Die besoldungsrechtlichen Vorschriften des Hessischen Richterbesoldungsgesetzes sind mit den Rahmenvorschriften des Bundes, die zur Zeit des Erlasses des Landesgesetzes gegolten haben, unvereinbar. Schon hieraus folgt, daß das Gesetz im ganzen keinen Bestand haben kann. Die besoldungsrechtlichen Vorschriften machen den Kern des Gesetzes aus. Die weiteren in ihm enthaltenen Bestimmungen, insbesondere diejenigen über die Ersetzung der herkömmlichen Richteramtsbezeichnungen durch die einheitlich geltende Bezeichnung "Richter", zu der verschiedene, die jeweilige Stellung kennzeichnende Zusätze treten, haben als untrennbarer Teil einer Gesamtregelung bei Wegfall der an sie geknüpften Besoldungsvorschriften nach dem objektiven Sinn des Gesetzes und der ihm zugrundeliegenden gesetzgeberischen Idee keine selbständige Bedeutung (vgl. BVerfGE 8, 274 [301]; 10, 200 [220]; 26, 246 [258]). Ob diese oder andere Bestimmungen des Gesetzes aus anderen als den behandelten Gründen mit dem Grundgesetz oder mit Bundesrecht unvereinbar sind, hätte deshalb keiner Prüfung bedurft.
4. Da das Richterbesoldungsgesetz des Landes Hessen mit den Rahmenvorschriften des Bundes unvereinbar ist, hat dies nach Art. 31 GG die Nichtigkeit des Landesgesetzes zur Folge.
5. Nach Art. 74 a Abs. 1 und 4 GG in der Fassung des Achtundzwanzigsten Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes steht dem Bund nunmehr für die Besoldung und Versorgung der Richter in den Ländern die konkurrierende Gesetzgebung zu. Art. 74 a

BVerfGE 32, 199 (233):

Abs. 4 GG, der dem jetzt aufgehobenen Art. 75 Abs. 3 GG in der Fassung des Zweiundzwanzigsten Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes entspricht, verweist nicht mehr auf Art. 98 Abs. 3 GG, weil die Klarstellung, daß auch die Richterbesoldung in den Ländern vom Bund nach Maßgabe der Art. 74 a Abs. 1 und 2 GG geregelt werden kann, nun im Wortlaut des Art. 74a Abs. 4 GG selbst enthalten ist.
Von seiner durch Art. 74 a GG begründeten Kompetenz hat der Bund - wenn auch noch nicht abschließend - durch das Erste Gesetz zur Vereinheitlichung und Neuregelung des Besoldungsrechts in Bund und Ländern vom 18. März 1971 (BGBl. I S. 208) - 1. BesVNG - Gebrauch gemacht. In der Fassung dieses Gesetzes enthält Kapitel III des Bundesbesoldungsgesetzes (BBesG 1971) unter der Überschrift "Vorschriften für den Bereich der Länder" besondere Regelungen für die Richterbesoldung, die von den für Beamte geltenden Bestimmungen stärker abweichen als die entsprechenden Rahmenvorschriften des Bundesbesoldungsgesetzes 1969. Nach § 53 Abs. 3 in Verbindung mit § 5 Abs. 4 BBesG 1971 werden Richter im Eingangsamt nun mit Erreichen der 8. Dienstaltersstufe von der Besoldungsgruppe A 13 in die Besoldungsgruppe A 14 und mit Erreichen der 13. Dienstaltersstufe in die Besoldungsgruppe A 15 durchgestuft. Richter im ersten Beförderungsamt werden mit Erreichen der 12. Dienstaltersstufe von der Besoldungsgruppe A 15 in die Besoldungsgruppe A 16 durchgestuft. Vorsitzende Richter an oberen Landesgerichten sind in die Besoldungsgruppe B 3 einzureihen.
Die Länder sind gemäß Art. II § 18 Abs. 1 des 1. BesNVG verpflichtet, ihr Richterbesoldungsrecht innerhalb eines Jahres nach der Verkündung dieses Gesetzes an § 53 BBesG 1971 anzupassen, und zwar auch für die Zeit vom 1. Januar bis zum 30. Juni 1971. Im übrigen gelten gemäß § 49 Abs. 2 BBesG 1971 die bundesrechtlichen Bestimmungen für die Besoldung der Richter in den Ländern, insbesondere die §§ 51 Abs. 1 und 54 in Verbindung mit §§ 5 a bis 20 und 42 BBesG 1971, unmittelbar mit ihrem Inkrafttreten am Tage nach der Verkündung des Ersten Gesetzes

BVerfGE 32, 199 (234):

zur Vereinheitlichung und Neuregelung des Besoldungsrechts (Art. VII Nr. 6 des 1. BesVNG).
Auch die Bestimmungen des Bundesbesoldungsgesetzes 1971 hindern die Länder gemäß Art. 31 GG, eine "besondere" Richterbesoldung nach eigenen Vorstellungen in Kraft zu setzen.
II.
Unabhängig von den Ausführungen unter I) wäre das Hessische Gesetz über die Amtsbezüge der Richter und Staatsanwälte auch dann mit Bundesrecht unvereinbar und deshalb nichtig, wenn die das Urteil tragende Auffassung zuträfe, wonach Rahmenvorschriften des Bundes für besondere Landesrichterbesoldungsgesetze nach Art. 98 Abs. 3 GG nicht bestanden haben und die Länder in der auf Art. 98 Abs. 3 GG gestützten Gesetzgebung frei waren, weil die Rahmenvorschriften des Kapitels III des Bundesbesoldungsgesetzes 1969 nur für eine herkömmliche, an die Beamtenbesoldung gekoppelte Richterbesoldung (Art. 75 Abs. 1 Nr. 1 GG) gegolten haben.
1. Das Hessische Richterbesoldungsgesetz enthält weder im Vergleich zur Beamtenbesoldung noch im Vergleich zum Rahmenrecht des Bundes für die Richterbesoldung in den Ländern eine wesensverschiedene, strukturell eigenständige Besoldungsordnung. Zwar vermindert es die Zahl der Besoldungsgruppen, die für die Richter des Landes anwendbar sind, von bisher 13 auf 3 und gibt ihnen die besondere Bezeichnung "R". Diese formalen Abweichungen können jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, daß die tragenden Strukturprinzipien der herkömmlichen, an die Beamtenbesoldung angelehnten Richterbesoldung auch in der Regelung des Landes Hessen wiederkehren:
a) In den Besoldungsgruppen R 1 und R 2 steigt das Grundgehalt ebenso wie in den Gruppen der Besoldungsordnung A mit wachsendem Alter des Richters, wobei im Hessischen Richterbesoldungsgesetz lediglich an die Stelle des besonders zu errechnenden Besoldungsdienstalters das Lebensalter, beginnend mit der Vollendung des 31. Lebensjahres, tritt. In der Besoldungs

BVerfGE 32, 199 (235):

gruppe R 3 ist ebenso wie in den Gruppen der Besoldungsordnung B ein Festgehalt ausgebracht.
b) Im einzelnen stehen sich folgende besoldungsmäßige Eingruppierungen gegenüber: für Richter an Amtsgerichten und beisitzende Richter an unteren Landesgerichten den infolge der Durchstufung als Einheit zu behandelnden bundesrechtlichen Besoldungsgruppen A 13 und A 14 (ab März 1971: A 13/A 14/A 15) die hessische Besoldungsgruppe R 1; für vorsitzende Richter an unteren und beisitzende Richter an oberen Landesgerichten der bundesrechtlichen Besoldungsgruppe A 15 (ab März 1971: A 15/A 16) die hessische Besoldungsgruppe R 2; für vorsitzende Richter an oberen Landesgerichten der bundesrechtlichen Besoldungsgruppe B 2 (ab März 1971: B 3) die hessische Besoldungsgruppe R 3.
Innerhalb der Besoldungsgruppe R 1 erhalten nach Anlage I des Hessischen Richterbesoldungsgesetzes Richter mit besonderen Aufgaben (aufsichtführende Richter an Amts-, Arbeits- und Sozialgerichten und deren ständige Vertreter sowie Amtsgerichtspräsidenten) ruhegehaltfähige Zulagen in drei verschiedenen Größenordnungen, die teils zu dem ihnen altersmäßig zustehenden Gehalt, teils zu dem Endgehalt der Besoldungsgruppe R 1 hinzutreten. Entsprechendes gilt für die Besoldungsgruppe R 2: Das Gesetz sieht für Präsidenten der Land- und Verwaltungsgerichte und deren ständige Vertreter ruhegehaltfähige Zulagen in vierfach verschiedener Höhe vor. Es treten mithin an die Stelle der bisherigen Besoldungsgruppen A 14 a, A 15, A 15 a, A 16, B 2, B 3, B 4 und B 5 die Besoldungsgruppen R 1 und R 2 mit vielfach abgestuften Zulagen. Innerhalb der Besoldungsgruppe R 3 erhalten Präsidenten und Vizepräsidenten der oberen Landesgerichte ruhegehaltfähige Zulagen in fünf verschiedenen Größenordnungen. Alle diese Zulagen gelten nach Nr. 9 der Anlage I zum Hessischen Richterbesoldungsgesetz als Bestandteil des Gehalts.
Zusammengefaßt betrachtet stehen den 12 Besoldungsgruppen für Landesrichter innerhalb der Besoldungsordnungen A und

BVerfGE 32, 199 (236):

B insgesamt 15 besoldungsmäßige Abstufungen nach dem Richterbesoldungsgesetz gegenüber. Dabei ist es für die Beurteilung der Frage, ob das Hessische Richterbesoldungsgesetz den vorgegebenen Gesichtspunkten der größeren Einheitlichkeit des Richteramts und der grundsätzlichen Gleichwertigkeit aller richterlichen Tätigkeit wirklich in maßgebender Weise Rechnung getragen hat, ohne Belang, daß formal an die Stelle vieler selbständiger Besoldungsgruppen wenige Besoldungsgruppen mit vielfach abgestuften, aber als Teil des Gehalts geltenden Zulagen getreten sind. Die Vielfalt der besoldungsmäßigen Abstufungen ist durch das Hessische Richterbesoldungsgesetz keineswegs verringert, sondern sogar noch vermehrt worden.
c) Auch nach dem Hessischen Richterbesoldungsgesetz ist der Wechsel von einer Besoldungsgruppe in eine andere nur auf Grund einer Beförderung im herkömmlichen Sinne möglich: Gemäß § 3 Abs. 2 des Hessischen Richtergesetzes vom 19. Oktober 1962 (GVBl. S. 455) wird der Richter vom zuständigen Minister ernannt, wenn ihm ein anderes Amt mit anderem Endgrundgehalt und anderer Amtsbezeichnung verliehen werden soll. Da die Zulagen für die Leitung eines Gerichts und die Übertragung besonderer Gerichtsverwaltungsgeschäfte als Bestandteil des Gehalts gelten, liegt auch in dem Fall, daß ein Richter durch Einweisung in ein anderes Amt zwar in seiner bisherigen Besoldungsgruppe verbleibt, nun aber eine Zulage bzw. eine andere Zulage als bisher erhält, eine Beförderung im rechtstechnischen Sinne vor.
Mithin hat das Hessische Richterbesoldungsgesetz auch die Möglichkeiten der Beförderung für Richter und die damit verbundene potentielle Gefahr einer Einflußnahme der Exekutive auf die dritte Gewalt nicht nur nicht vermindert, sondern sogar noch erhöht.
d) Nach § 2 des Hessischen Richterbesoldungsgesetzes setzen sich die Amtsbezüge neben dem Gehalt aus Ortszuschlag, Kinderzuschlag und Stellenzulagen zusammen. Für Ortszuschlag und Kinderzuschlag finden nach § 8 Abs. 1 RBesG die Vorschriften

BVerfGE 32, 199 (237):

des Hessischen Besoldungsgesetzes entsprechende Anwendung. Die Ortszuschlagstabelle nach Anlage II des Hessischen Richterbesoldungsgesetzes entspricht nach Struktur und ausgebrachten Beträgen genau der Ortszuschlagstabelle des Hessischen Besoldungsgesetzes und des Bundesbesoldungsgesetzes.
e) Schließlich verweist § 13 RBesG auch hinsichtlich aller übrigen Leistungen, die der Dienstherr in Erfüllung seiner Fürsorgepflicht zu erbringen hat, und hinsichtlich der Struktur der Versorgung auf die entsprechenden beamtenrechtlichen Vorschriften.
Es kann nach alledem keine Rede davon sein, daß das Hessische Richterbesoldungsgesetz im Hinblick auf die angebliche Einheitlichkeit und Gleichgewichtigkeit aller Richterämter "die Zahl der Besoldungsgruppen radikal beschneidet und den Gedanken der Beförderung drastisch zurückdrängt". Die Richterbesoldung nach den Vorschriften dieses Gesetzes ist vielmehr trotz formaler Abweichungen in nicht unerheblichem Ausmaß in ihrer Struktur weiterhin der herkömmlichen Beamtenbesoldung nachgebildet. Der wesentliche materielle Unterschied zum bisherigen Recht erschöpft sich vielmehr in einer Anhebung des Gehalts, vor allem für jüngere Richter, wenn man von der - zumal verfassungswidrigen - Änderung der herkömmlichen Amtsbezeichnungen absieht.
2. Hält sich das Hessische Richterbesoldungsgesetz aber in seiner Struktur und in seinen wesentlichen Grundregelungen an das Vorbild der herkömmlichen, an die Beamtenbesoldung angelehnten Richterbesoldung, so waren jedenfalls - auch nach Auffassung der das Urteil tragenden Mehrheit - die vom Bund gemäß Art. 75 GG erlassenen Rahmenvorschriften des Bundesbesoldungsgesetzes 1969 für den Gesetzgeber des Landes Hessen verbindlich. Mit diesen Rahmenvorschriften ist das Hessische Richterbesoldungsgesetz unvereinbar und deshalb nichtig (vgl. oben unter I 2 bis 4).


BVerfGE 32, 199 (238):

III.
Wenn man sich zur Kompetenzfrage auf den Standpunkt der das Urteil tragenden Mehrheit stellt, so würde das Hessische Richterbesoldungsgesetz verfassungswidrig sein, weil sein Erlaß gegen das Gebot der Bundestreue verstoßen hätte.
1. Schon in der Entscheidung vom 21. Mai 1952 (BVerfGE 1, 299 [315]) hat das Bundesverfassungsgericht ausgesprochen, dem bundesstaatlichen Prinzip entspreche die verfassungsrechtliche Pflicht, daß die Glieder des Bundes sowohl einander als auch dem größeren Ganzen und der Bund den Gliedern die Treue halten und sich verständigen müssen. Alle an dem verfassungsrechtlichen "Bündnis" Beteiligten sind gehalten, dem Wesen dieses Bündnisses entsprechend zusammenzuwirken und zu seiner Festigung und zur Wahrung der wohlverstandenen Belange seiner Glieder beizutragen. Aus dieser Pflicht zu bundesfreundlichem Verhalten ergibt sich insbesondere eine Schranke für die Ausübung der dem Bund und den Ländern zustehenden Gesetzgebungskompetenzen. Bei Ausübung dieser Kompetenzen haben die Mitglieder des Bundes untereinander und gegenseitig Rücksicht zu nehmen (BVerfGE 4, 115 [140]; 14, 197 [215]).
2. Nicht ganz ein Jahr vor dem Hessischen Richterbesoldungsgesetz war durch das Zweiundzwanzigste Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes Art. 75 GG dahingehend geändert worden, daß Rahmenvorschriften über die Rechtsverhältnisse der im öffentlichen Dienste der Länder, Gemeinden und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts stehenden Personen nunmehr auch einheitliche Maßstäbe für den Aufbau und die Bemessung der Besoldung einschließlich der Bewertung der Ämter sowie Mindest- und Höchstbeträge vorsehen können. Zugleich wurden die Gesetze dieser Art sowie etwaige Rahmenvorschriften nach Art. 98 Abs. 3 Satz 2 GG und selbst die der ausschließlichen Gesetzgebung des Bundes unterliegenden Gesetze nach Art. 73 Nr. 8 und Art. 98 Abs. 1 GG der Zustimmung des Bundesrates unterworfen. Diese Grundgesetzänderung stellte einen entscheidenden

BVerfGE 32, 199 (239):

Schritt auf die Übertragung der konkurrierenden Gesetzgebung auf den Bund dar, die dann in der Tat durch das Achtundzwanzigste Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes (Art. 74 a GG) vom 18. März 1971 (BGBl. I S. 206) erfolgte.
Die Entwicklung war offensichtlich durch die Schwierigkeiten verursacht, die sich unter der Herrschaft der früheren Regelung ergeben hatten. Es war zu unterschiedlichen Regelungen in Bund und Ländern gekommen, die durch die damalige Rahmengesetzgebung nur unzureichend oder gar nicht verhindert werden konnten. Das Zweiundzwanzigste und Achtundzwanzigste Änderungsgesetz sind ein deutliches und unverkennbares Zeichen dafür, daß sich Bund und Länder nun zusammengeschlossen haben, um in gemeinsamem Bemühen zu einer einheitlichen, von allen getragenen Regelung der Besoldung des öffentlichen Dienstes einschließlich der Richterbesoldung zu kommen, nicht zuletzt auch im besonderen Interesse der Länder, die auf diese Weise von dem auf ihnen lastenden Druck befreit werden.
3. Die Notwendigkeit einer gemeinsamen einverständlichen und einheitlichen Regelung zeigt sich besonders deutlich, soweit es sich um die Besoldungsordnung für Richter handelt, weil hier erhebliche Meinungsverschiedenheiten über die für eine solche Regelung maßgebenden Grundsätze herrschen und daher in besonderem Maße die Gefahr einer divergenten Entwicklung besteht. Allgemein anerkannt ist allerdings, daß auch die Richterbesoldung von dem sogenannten Alimentationsprinzip bestimmt wird. Ebensowenig wird ernstlich in Zweifel gezogen, daß der Gesetzgeber das Richtergehalt nach Instanzen und Stellung im Kollegium differenzieren kann. Zudem wird nicht ausgeschlossen und bisher allgemein praktiziert, daß mit der Übertragung von Aufgaben der Justizverwaltung eine Erhöhung des Richtergehalts verbunden ist. Diese bisher gemeinhin - übrigens auch in Hessen - geübte Praxis der Differenzierung innerhalb der Richterbesoldung wird vom Grundgesetz sicherlich nicht gefordert, aber auch nicht verboten, und es fragt sich, ob es auch in Zukunft hierbei verbleiben soll. Deshalb entstehen mit dem Übergang

BVerfGE 32, 199 (240):

zu einem anders strukturierten Richterbesoldungsgesetz Probleme, die eine grundsätzliche Lösung erfordern.
a) Der Hessische Landtag ging - worauf in seiner Äußerung im Rahmen dieses Verfahrens ausdrücklich hingewiesen ist - davon aus, daß das Grundgesetz zwingend gebiete, die Richterbesoldung in "besonderen" Gesetzen, das heißt wohl: herausgelöst aus der üblichen Stufenskala der Beamtenbesoldung, zu regeln. Der Senat hat dies nicht bestätigt, die Frage vielmehr offen gelassen und lediglich anerkannt, daß der jeweils zuständige Gesetzgeber jedenfalls berechtigt sei, die Richterbesoldung in einem "besonderen" Gesetz zu regeln. Hiervon haben Bund und Länder schon vor Erlaß des Hessischen Richterbesoldungsgesetzes in einem ersten Schritt insofern Gebrauch gemacht, als in der Besoldungsordnung A der Besoldungsgesetze Richter anders als Beamte "durchgestuft" werden, so daß sie ohne Beförderung in eine höhere Besoldungsgruppe aufrücken. Die Reduzierung auf drei Gehaltsgruppen in dem Hessischen Gesetz führt demgegenüber nur scheinbar zu einer Änderung der bisherigen Ordnung. Denn es kommt nicht nur im Effekt, sondern auch rechtlich auf dasselbe hinaus, ob nach Übertragung neuer Funktionen eine Gehaltserhöhung durch Einreihung in eine höhere Besoldungsgruppe oder durch Zahlung einer ruhegehaltfähigen Zulage erreicht wird, und bei näherer Betrachtung der hessischen Regelung ergeben sich - wie oben zu II dargelegt - sogar mehr "Beförderungs" -stufen als bisher.
b) Daß mit dem Hessischen Richterbesoldungsgesetz das "Laufbahndenken" nicht überwunden wird, ist unverkennbar. An der hierarchischen Ordnung würde sich auch durch den Fortfall der herkömmlichen Amtsbezeichnungen nichts ändern; denn eine solche Maßnahme wäre im Grunde nur eine für die Stellung des Richters wenig bedeutungsvolle Äußerlichkeit.
c) Es kommt hinzu, daß das "besondere" Richterbesoldungsgesetz in Hessen unabwendbar die besoldungsrechtliche Trennung der Staatsanwälte von den Richtern bewirkt, wie es im Urteil folgerichtigerweise auch ausgesprochen wird. Dies führt

BVerfGE 32, 199 (241):

zu äußerst bedenklichen Konsequenzen. Das Gerichtsverfassungsgesetz regelt die Verfassung der Gerichte wie der Staatsanwaltschaften und geht von der organisatorischen Zuordnung der Staatsanwaltschaften zu den Gerichten aus. Das Amt des Richters und das Amt des Staatsanwalts werden als gleichwertige innerhalb der Justiz betrachtet mit der Folge, daß zwischen beiden aus guten Gründen ein ständiger personeller Wechsel stattfindet. Bei einer Trennung zwischen Richtern und Staatsanwälten tritt ein Besoldungsgefälle ein, das den Laufbahnwechsel zwischen beiden Ämtern ausschließt oder zumindest stark gefährdet und den qualifizierten Nachwuchs von einer Verwendung bei der Staatsanwaltschaft abschreckt. In einer für den Rechtsstaat gefährlichen Weise wird der Staatsanwalt auf die reine Exekutive abgedrängt.
4. Diese aus dem Übergang zu "besonderen" Richtergesetzen erwachsenden Probleme bedürfen einer einheitlichen Entscheidung. Sie betreffen die allgemeine und grundsätzliche Stellung des Richters in besoldungsrechtlicher Beziehung, die nirgendwo von regionalen Verschiedenheiten bestimmt sein können. Ihre Lösung hängt in manchen Punkten von der künftigen Gestaltung der Gerichtsverfassung und des Verfahrensrechts - etwa dem Instanzenzug, der hierarchischen Ordnung - ab. Schon dies legt den Schluß nahe, daß eine Entscheidung nicht isoliert in einem Bundeslande getroffen werden kann. Dieser Schluß ist nach dem Zweiundzwanzigsten und Achtundzwanzigsten Änderungsgesetz schlechthin zwingend geworden. Bund und Länder haben sich im Bereich des Besoldungsrechts so stark gebunden, daß selbst für gesetzliche Maßnahmen der ausschließlichen Gesetzgebung des Bundes die Zustimmung des Bundesrates erforderlich ist, also im wesentlichen nichts mehr ohne allgemeines Einverständnis in Bund und Ländern geschehen kann. Aus diesem im engeren Sinne "verfassungsrechtlichen Bündnis" ergibt sich die Pflicht jedes Gliedes, im besoldungsrechtlichen Bereich auf die Gesamtheit des Bundes und der Länder Rücksicht zu nehmen. Ein Land, das selbständig und ohne diese Rücksicht zu

BVerfGE 32, 199 (242):

nehmen, Gesetze über die Richterbesoldung erläßt, verletzt die Pflicht zur Bundestreue, auch wenn es in gutem Glauben an seine Kompetenz gehandelt hat. Hieran ändert auch nichts der Umstand, daß das Land Hessen zunächst den Versuch gemacht hat, im Bundesrat zu einer Gesetzgebungsinitiative zu kommen, um die Richterbesoldung vorwärts zu bringen. Die Ablehnung zeigte, daß die anderen Länder in Übereinstimmung mit dem Bund der Meinung waren, die Frage solle bis zur Justizreform zurückgestellt werden. Gerade mit Rücksicht hierauf mußte das Land Hessen seine Ungeduld zügeln und mit dem Bund und den anderen Ländern an der weiteren Entwicklung arbeiten.
Der Verstoß gegen die Bundestreue hat eine Beschränkung der Gesetzgebungskompetenz des Landes zur Folge. Das Hessische Richterbesoldungsgesetz muß deshalb als verfassungswidrig angesehen werden.
Geller Rupp Wand
 
Abweichende Meinung des Richters Geiger zu dem Urteil des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 15. November 1971
- 2 BvF 1/70 -
I.
Die Rahmenvorschriften des Bundesbesoldungsgesetzes in der Fassung vom 14. Dezember 1969 standen dem hessischen Gesetzgeber beim Erlaß des Richterbesoldungsgesetzes, soweit es sich auf Richter bezieht, insbesondere aus folgendem Grund nicht im Wege:
1. Art. 98 Abs. 3 GG fordert, daß auch die Besoldung und Versorgung der Landesrichter in einem besonderen Landesgesetz zu regeln sind. Zu der dazu von vier Richtern in der Entscheidung des Senats vom 4. Juni 1969 (BVerfGE 26, 141 [155 f.]) gegebenen Begründung treten folgende weitere Überlegungen hinzu:


BVerfGE 32, 199 (243):

Zunächst beweist das Hessische Richterbesoldungsgesetz, daß für Richter eine eigenständige, auch der Struktur nach andere Regelung als die allgemeine beamtenrechtliche Besoldungsordnung möglich und praktikabel ist - eine Regelung, die der Eigenart der Aufgabe und Funktion des Richters, insbesondere seiner Unabhängigkeit, auch seiner vom Grundgesetz gewollten Herausnahme aus der Kategorie des Beamten adäquat und jedenfalls für den Richter "besser passend" ist, als seine Einreihung in die allgemeine Besoldungsordnung für Beamte.
Vor allem aber: Seit dem Zweiundzwanzigsten Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 12. Mai 1969 ist die Frage durch den Text des Grundgesetzes entschieden. Vor dieser Änderung hatte der Bund die Kompetenz zum Erlaß von Rahmenvorschriften über "die Rechtsverhältnisse der im öffentlichen Dienst der Länder, Gemeinden und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts stehenden Personen" (Art. 75 Nr. 1 a. F. GG). Durch die genannte Änderung wurde ein Absatz 2 neu eingefügt: "Rahmenvorschriften nach Absatz 1 Nr. 1 können mit Zustimmung des Bundesrates auch einheitliche Maßstäbe für den Aufbau und die Bemessung der Besoldung einschließlich der Bewertung der Ämter sowie Mindest- und Höchstbeträge vorsehen ...". Rahmenvorschriften des Bundes zum Besoldungsrecht der Länder gab es zwar schon vorher; aber mit dieser Einfügung sollte der Kreis zulässiger Rahmenvorschriften erweitert werden; und mit Rücksicht auf diese Erweiterung der Bundeskompetenz wurde gleichzeitig das Bundesgesetz, das solche Rahmenvorschriften enthält, an die Zustimmung des Bundesrates gebunden. Zugleich wurde - und das ist von entscheidender Bedeutung - der Absatz 3 eingefügt: "Absatz 2 gilt für Rahmenvorschriften nach Art. 98 Abs. 3 Satz 2 ... entsprechend". Damit ist eindeutig zweierlei klargestellt (oder für diejenigen, die in Art. 98 Abs. 3 bisher keinen Verfassungsauftrag für besondere Richterbesoldungsgesetze gesehen haben, konstitutiv bestimmt): Die Rahmenvorschriften zum allgemeinen Beamtenbesoldungsrecht der Länder nach Art. 75 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 und die Rahmenvorschriften gemäß

BVerfGE 32, 199 (244):

Art. 98 Abs. 3 Satz 2 sind etwas Verschiedenes; denn nach Art. 75 Abs. 3 gilt für Rahmenvorschriften nach Art. 98 Abs. 3 Satz 2 der Art. 75 Abs. 2 entsprechend. Und außerdem muß nun Art. 98 Abs. 3 Satz 1 GG, wonach "die Rechtsstellung der Richter in den Ländern durch besondere Gesetze zu regeln" ist, sich auch auf die besoldungs- und versorgungsrechtliche Seite der Rechtsstellung der Richter beziehen; andernfalls wäre die Bezugnahme auf Art. 98 Abs. 3 Satz 2 in Art. 75 Abs. 3 GG sinnlos. Besondere Rahmenvorschriften zum Landesbesoldungsrecht für Richter sind nur denkbar, wenn der Landesgesetzgeber nach Art. 98 Abs. 3 diese Richterbesoldung in einem besonderen Gesetz zu regeln hat.
Es kann also nicht mehr zweifelhaft sein, daß Art. 98 Abs. 3 (übrigens dann auch folgerichtig Art. 98 Abs. 1) GG dahin auszulegen ist, daß zur Rechtsstellung der Richter, die in besonderen Gesetzen zu regeln ist, auch das Besoldungs- und Versorgungsrecht für Richter gehört.
Diese aus dem Wortlaut der Art. 75 Abs. 2 und 3 und Art. 98 Abs. 3 GG sowie aus ihrer Stellung und ihrem Zusammenhang innerhalb des Grundgesetzes gewonnene Auslegung ist entscheidend; demgegenüber kommt es nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht auf den "Willen des Gesetzgebers" oder auf Äußerungen einzelner am Gesetzgebungsverfahren Beteiligter an.
2. Die Rahmenvorschriften des Bundesbesoldungsgesetzes 1969 binden zwar die Länder, solange entsprechend dem Herkommen die Besoldung und Versorgung von Beamten und Richtern in einem allgemeinen Landesbesoldungsgesetz geregelt ist, solange sich also das allgemeine Besoldungsgesetz auch auf Richter bezieht. Das gilt aber nicht mehr, wenn sich ein Land für eine besondere, eigenständige Besoldungsregelung für seine Richter entschieden hat. Die Rahmenvorschriften für die Besoldung und Versorgung in einem einfachen Bundesgesetz, das von der einheitlichen Besoldungsordnung für Beamte und Richter ausgeht, können nicht die Verwirklichung des Verfassungsauftrags an die Länder in Art. 98 Abs. 3 Satz 1 GG blockieren, der den Erlaß

BVerfGE 32, 199 (245):

besonderer Richterbesoldungsgesetze fordert. Hier geht die Forderung der Verfassung der Forderung des einfachen Bundesgesetzes vor. Anders ausgedrückt: Entscheidet sich ein Land für den Erlaß eines eigenständigen Richterbesoldungsgesetzes, das sich strukturell löst von der allgemeinen Besoldungsordnung für Beamte, dann können Rahmenvorschriften, die gemünzt sind für eine landesrechtliche Regelung, die der gegenwärtigen bundesrechtlichen Regelung einer allgemeinen (d. h. für Beamte und Richter geltenden) Besoldungsordnung entspricht, jenem besonderen Landesrichterbesoldungsgesetz nicht im Wege stehen. Bei der Verabschiedung eines solchen Gesetzes wären nur Rahmenvorschriften des Bundes nach Art. 98 Abs. 3 Satz 2 GG zu beachten, d. h. Rahmenvorschriften, die der Bund erst erlassen kann, wenn er selbst eine Vorstellung entwickelt und die Struktur eines eigenständigen besonderen Bundes-Richterbesoldungsgesetzes konzipiert hat. Das ist bisher nicht geschehen. Es fehlen also derzeit noch Rahmenvorschriften des Bundes gemäß Art. 98 Abs. 3 Satz 2 GG, an die sich die Länder halten müßten, wenn sie ein eigenständiges Richterbesoldungsgesetz erlassen wollen.
Der Bund hat zwar nach Inkrafttreten des Achtundzwanzigsten Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes vom 18. März 1971 gemäß Art. 74 a Abs. 4 Satz 1 GG die Möglichkeit, ein besonderes Bundesbesoldungsgesetz auch für die Richter der Länder zu erlassen. Auch von dieser Kompetenz hat er jedoch noch keinen Gebrauch gemacht. Deshalb haben auf diesem Gebiet die Länder noch die volle Gesetzgebungskompetenz.
Das Ergebnis ist: Zur Zeit der Verkündung des Hessischen Richterbesoldungsgesetzes war das Land Hessen kompetent, dieses Gesetz für seine Richter zu erlassen und durch Rahmenvorschriften des Bundes gemäß Art. 98 Abs. 3 Satz 2 GG, d. h. solche, die sich auf ein strukturell eigenständiges und sich von der allgemeinen Beamtenbesoldung lösendes Landesrichterbesoldungsgesetz beziehen, nicht beschränkt. Seither ist das Landesgesetz auch nicht durch Bundesrecht außer Kraft gesetzt worden.


BVerfGE 32, 199 (246):

II.
Die Begründung des Urteils, der hessische Gesetzgeber habe, indem er von seiner Kompetenz nach Art. 98 Abs. 3 GG Gebrauch gemacht hat, nicht gegen den Grundsatz der Bundestreue verstoßen, ist durch die Überlegung zu ergänzen, daß es niemals gegen den genannten Grundsatz verstoßen kann, wenn ein Land einem Verfassungsauftrag des Grundgesetzes, hier der Forderung des Art. 98 Abs. 3 GG, auch die Besoldung und Versorgung seiner Richter in einem besonderen Richterbesoldungsgesetz zu regeln, nachkommt.
III.
§ 11 Abs. 1 in Verbindung mit Anlage III RBesG ist auch insoweit mit dem Bundesrecht vereinbar, als er die bisherigen Amtsbezeichnungen für Richter durch neue Amtsbezeichnungen ersetzt:
1. Das Hessische Richterbesoldungsgesetz enthält in der Neuregelung der Amtsbezeichnungen, die pro futuro gilt, keinen Vorbehalt zugunsten der Richter, die bei Inkrafttreten des Gesetzes eine der beseitigten Amtsbezeichnungen bereits erworben hatten. Das ist nicht unvereinbar mit Art. 33 Abs. 5 GG. Nach dieser Vorschrift ist "das Recht des öffentlichen Dienstes unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln". Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist damit nur ein Kernbestand von Strukturprinzipien der Institution des Berufsbeamtentums (und des richterlichen Amtsrechts) verfassungsrechtlich geschützt (BVerfGE 8, 332 [343]; 9, 268 [286]; 11, 203 [215]; 15, 167 [195 f.]). Jene Strukturprinzipien sind bei der Regelung zu "berücksichtigen"; nicht jeder Grundsatz des Berufsbeamtentums und des richterlichen Amtsrechts ist - nach derselben Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts - auch zu beachten, d. h. unverändert zu erhalten; er ist vielmehr in seiner Bedeutung für die Institution des Berufsbeamtentums in der freiheitlichen rechts-

BVerfGE 32, 199 (247):

und sozialstaatlichen Demokratie zu würdigen; davon hängt ab, in welcher Weise und in welchem Ausmaß er zu beachten ist (BVerfGE 8, 1 [16]; 9, 268 [286]; 11, 203 [215]). Es gibt zwar einen hergebrachten Grundsatz des öffentlichen Dienstrechts, daß dem Beamten und Richter eine Amtsbezeichnung zusteht; dem hat der Gesetzgeber Rechnung zu tragen. Dieser Grundsatz mag so wichtig sein, daß er ihn sogar zu beachten hat. Es gibt aber keinen zum Kernbestand der Strukturprinzipien des Berufsbeamtentums zählenden hergebrachten Grundsatz, der ein "wohlerworbenes Recht" des Beamten oder Richters auf eine einmal verliehene Amtsbezeichnung garantiert. Der Gesetzgeber tut gut daran, einen solchen "Besitzstand" in seiner Bedeutung für den Träger und für den Berufsstand zu würdigen. Wenn er aber gleichwohl im Zuge einer Neuregelung des Richteramtsrechts sich für eine völlig neue und für alle Richter grundsätzlich gleiche Amtsbezeichnung entscheidet, ohne die Inhaber einer hergebrachten Amtsbezeichnung zu schonen, hält er sich noch immer innerhalb der ihm durch Art. 33 Abs. 5 GG eingeräumten gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit.
2. Es kann hier dahinstehen, unter welchem Gesichtspunkt die Zuständigkeit zur Gesetzgebung für die Festlegung der Amtsbezeichnungen der Landesrichter zu begründen ist, ob der Zusammenhang mit der im Richtergesetz geregelten Materie "Rechtsstellung der Richter" oder der Zusammenhang mit dem Richterbesoldungsrecht (Art. 98 Abs. 3 GG) oder der Zusammenhang mit der Materie "Gerichtsverfassung und Gerichtsorganisation" entscheidend ist. Zur Zeit werden richterliche Amtsbezeichnungen für Landesrichter, was Bundesgesetze anlangt, nur im Gerichtsverfassungsgesetz, in den Gerichtsorganisationsgesetzen und im Bundesbesoldungsgesetz verwendet. Keines dieser Gesetze hat die Regelung der Amtsbezeichnungen für Richter der Länder zum Gegenstand (Das soll künftig erstmals durch das im Entwurf vorliegende Gesetz zur Änderung der Amtsbezeichnungen der Richter und der Präsidialverfassung der Gerichte (BTDrucks. VI/557) versucht werden). Wie sich aus der Begründung des

BVerfGE 32, 199 (248):

Urteils im einzelnen ergibt (S. 219 f.), lassen die Vorschriften der Gerichtsverfassungs- und -organisationsgesetze, in denen eine Amtsbezeichnung erscheint, eindeutig erkennen, daß damit nicht eine systematische oder allgemein verbindliche Festlegung aller richterlichen Amtsbezeichnungen angestrebt wird. Alle diese Vorschriften regeln Sachverhalte, für die es auf die Amtsbezeichnung nicht ankommen kann. Der Gesetzgeber nimmt in diesen Gesetzen nur Amtsbezeichnungen auf, die er vorgefunden hat, und verwendet sie (zum Teil in einer Abkürzung, z. B. "Direktor" statt "Landgerichtsdirektor", "Räte" statt "Oberlandesgerichtsräte") zur Vereinfachung des Textes. Es handelt sich in jenen Vorschriften um die Festlegung und Umschreibung von Zuständigkeiten von Ämtern; die Amtsbezeichnungen werden dabei nur verwendet, um den Amtsinhaber benennen zu können. Diese Bundesgesetze bestimmen deshalb nicht selbst, wie die Amtsbezeichnung zu lauten hat, sondern gehen vielmehr als selbstverständlich davon aus, daß sie existiert, und verweisen damit für Landesrichter auf die in den Ländern geltenden Amtsbezeichnungen.
Für die Verwendung von Amtsbezeichnungen für Landesrichter in der Bundesbesoldungsordnung (§ 53 Abs. 3) gilt entsprechendes. Davon abgesehen können die Rahmenvorschriften des Bundes nach den Darlegungen der Urteilsbegründung unter II, 2) den Landesgesetzgeber beim Erlaß eines besonderen Richterbesoldungsgesetzes nach Art. 98 Abs. 3 GG in seiner Freiheit auch insoweit nicht berühren, als er in diesem Zusammenhang neue Amtsbezeichnungen für alle Richter des Landes einführt.
Geiger
 


BVerfGE 32, 199 (249):

Abweichende Meinung der Richter Seuffert, Dr. Leibholz und Dr. Rinck zu dem Urteil des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 15. November 1971
- 2 BvF 1/70 -
Ich trete der abweichenden Meinung des Richters Dr. Geiger zu III), 1) und 2) bei.
Seuffert
Ich mache mir die Ausführungen in der abweichenden Meinung des Richters Dr. Geiger zu I) und II) zu eigen.
Leibholz
Ich trete den Ausführungen der abweichenden Meinung des Richters Dr. Geiger zu I), II) und III), 2) uneingeschränkt bei.
Rinck