BVerfGE 89, 38 - Somalia
 


BVerfGE 89, 38 (38):

Urteil
des Zweiten Senats vom 23. Juni 1993
-- 2 BvQ 17/93 --
in dem Verfahren über den Antrag, im Wege einer einstweiligen Anordnung 1. die Durchführung des Beschlusses der Bundesregierung vom 21. April 1993, mit dem den Vereinten Nationen für die Durchführung der Operation in Somalia (UNOSOM II) ein Kontingent der Bundeswehr zur Verfügung gestellt wurde, einstweilen bis zur Entscheidung über den alsbald anzustrengenden Organstreit auszusetzen und 2. die Antragsgegner anzuweisen, bis zur Entscheidung über den alsbald anzustrengenden Organstreit die bereits

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in Somalia befindlichen Soldaten der Bundeswehr zurückzuziehen und keine weiteren Soldaten nach Somalia zu entsenden, Antragstellerin: Fraktion der SPD im Deutschen Bundestag, vertreten durch den Vorsitzenden, Hans-Ulrich Klose, Bundeshaus, Bonn - Bevollmächtigter: Prof. Dr. Michael Bothe, Theodor-Heuss-Straße 6, Bensheim -, Antragsgegner: 1. die Bundesregierung, vertreten durch den Bundeskanzler, Adenauerallee 139/141, Bonn, 2. der Bundesminister der Verteidigung, Hardthöhe, Bonn - Bevollmächtigte: Prof. Dr. Jochen Abr. Frowein, Berliner Straße 48, Heidelberg und Prof. Dr. Knut Ipsen, Nevelstraße 59, Bochum-Weitmar -.
Entscheidungsformel:
Bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache darf die Beteiligung der Bundeswehr an UNOSOM II gemäß Nr. 1 des Beschlusses der Bundesregierung vom 21. April 1993 (Bulletin vom 23. April 1993, S. 280) nur aufrecht erhalten und fortgeführt werden, wenn und soweit der Deutsche Bundestag dies beschließt; bis zu einem solchen Beschluß können die bisher verwirklichten Maßnahmen fortgeführt werden.
 
Gründe:
 
A. - I.
1. Wegen anhaltender politischer Unruhen und einer schweren Hungersnot in Somalia beschloß der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen mit der Resolution Nr. 751 vom 24. April 1992 die Operation UNOSOM. Sie sollte die Einstellung der Feindseligkeiten und die Einhaltung einer Waffenruhe im ganzen Land erleichtern und verfolgte das Ziel, den Prozeß der Versöhnung und einer politischen Konsolidierung in Somalia zu fördern und dringende humanitäre Hilfe zu leisten. Mit der Resolution Nr. 794 vom 3. Dezember 1992 ermächtigte der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen eine Gruppe von Mitgliedstaaten nach Kapitel VII der VN-Charta, Maßnahmen zu ergreifen, um so bald wie möglich ein sicheres Umfeld für die humanitären Hilfsmaßnahmen zu schaffen. Dies unternahm in der Folge der unter wesentlicher Beteiligung der Vereinigten Staaten von Amerika agierende Vereinte Eingreifverband UNITAF. Ihm folgte das mit der Resolution Nr. 814 vom 26. März 1993 beschlossene Unternehmen UNOSOM II.


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2. Das Bundeskabinett beschloß am 17. Dezember 1992 (Bulletin vom 29. Dezember 1992, S. 1315), den Vereinten Nationen zur Unterstützung der Aktion UNOSOM das Angebot zu unterbreiten, innerhalb befriedeter Regionen Somalias ein verstärktes Nachschub-/Transportbataillon (bis zu 1500 Mann) für humanitäre Aufgaben einzusetzen. Der Verband sollte in Abstimmung mit den Vereinten Nationen anteilig auch aus Pionieren und Fernmeldern sowie einer Unterstützungs- und Selbstschutzkomponente bestehen. Mit Schreiben vom 12. April 1993 trat der Generalsekretär der Vereinten Nationen an die Bundesregierung mit der Bitte heran, Militärpersonal zum Dienst im Rahmen von UNOSOM II zur Verfügung zu stellen. Dieses Kontingent solle, stationiert in einer sicheren Umgebung, insbesondere bei der Errichtung, der Aufrechterhaltung und dem Schutz eines Verteilungsnetzes für Hilfs- und Nachschubgüter helfen und werde unter dem Kommando und der Kontrolle des Oberbefehlshabers von UNOSOM II stehen. Am 21. April 1993 faßte das Bundeskabinett folgenden Beschluß:
    1. Die Bundesregierung beschließt, entsprechend der mit Note der Vereinten Nationen vom 12. April 1993 unterbreiteten Bitte die Operationen der Vereinten Nationen in Somalia (UNOSOM II) durch Entsendung eines verstärkten Nachschub- und Transportbataillons der Bundeswehr zu unterstützen. Das Bataillon wird im Rahmen der humanitären Bemühungen der Vereinten Nationen in einer nach Feststellung des Generalsekretärs der Vereinten Nationen befriedeten Region in Somalia bei Aufbau, Unterstützung und Sicherstellung der Verteilerorganisation für Hilfs- und Logistikgüter mitwirken. Der deutsche Verband wird nicht die Aufgabe haben, militärischen Zwang anzuwenden oder bei der Ausübung solchen Zwangs durch andere mitzuwirken. Davon unberührt bleibt sein Recht zur Selbstverteidigung. Der Kommandeur von UNOSOM II erhält wie üblich "operational control", die Befehls- und Kommandogewalt bleibt bei dem Bundesminister der Verteidigung. 2. -- 5. (...)
Der Deutsche Bundestag nahm am selben Tag einen Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und der F.D.P. (BT

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Drucks. 12/4759) an, wonach er der Entscheidung der Bundesregierung zustimmte, die Vereinten Nationen in befriedeten Regionen Somalias durch Soldaten der Bundeswehr bei humanitären Einsätzen zu unterstützen.
Am 11. Mai 1993 baten die Vereinten Nationen, den zugesagten Unterstützungsverband nicht, wie ursprünglich vorgesehen, nach Bosasso und in den Nordosten Somalias, sondern in den Raum Belet Huen zu entsenden; diese Region sei sicher und ruhig. Am 12. Mai 1993 entsandte der Antragsgegner zu 2) ein Vorauskommando nach Belet Huen. Er erklärte dazu (Bulletin vom 17. Mai 1993, S. 347), die Vereinten Nationen hätten zum Ausdruck gebracht, daß sie gerade im Bereich der Logistik dringenden Unterstützungsbedarf hätten. Im Rahmen der schrittweisen Erweiterung des Operationsgebietes von UNOSOM II in den Norden Somalias werde der deutsche Unterstützungsverband anderen Verbänden in die von diesen befriedeten Regionen folgen und die Logistik sicherstellen. Dieser humanitäre Einsatz unter militärischer Absicherung entspreche den neuen Aufgaben, die durch die Bundeswehr heute und künftig im Rahmen ihres Auftrages zu erfüllen seien.
Gegenwärtig sind 240 Soldaten als Vorkommando in Somalia stationiert. Das Hauptkontingent soll etwa 1700 Soldaten umfassen; es soll im Juli verlegt werden. Der Verband soll Anfang August einsatzbereit sein.
3. Die logistische Unterstützung bezieht sich nach einem am 3. Juni 1993 von der Bundesregierung gebilligten, den Beschluß vom 21. April 1993 konkretisierenden Bericht des Antragsgegners zu 2) auf eine etwa 4000 Mann starke indische Brigade. Dieser Bericht ist dem Auswärtigen und dem Verteidigungsausschuß mitgeteilt worden. Die logistische Unterstützung erstreckt sich auf Umschlag, Bevorratung und Verteilung von Wasser, Verpflegung, Betriebsstoff und allgemeinen Versorgungsgütern. Der deutsche Verband muß sich selbst sichern, schützen und versorgen. Seine Selbstverteidigung hat sich nach speziellen, auf ihn zugeschnittenen Einsatzrichtlinien (rules of engagement) zu richten; nicht zulässig ist die Durchsetzung des Auftrages des deutschen Unterstützungsverbandes mit Waffengewalt.


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Am 17. Juni 1993 fand ein Antrag der Antragstellerin, der Bundestag solle die Bundesregierung auffordern, den Einsatz der Bundeswehr in Somalia zu beenden und die bereits entsandten Soldaten in die Bundesrepublik zurückzuholen (BT-Drucks. 12/5140), keine Mehrheit im Bundestag.
II.
Die Antragstellerin rügt, daß der Einsatz der Bundeswehr in Somalia Rechte des Bundestages aus Art. 24 Abs. 1, Art. 59 Abs. 2 und Art. 20 i.V.m. Art. 87 a Abs. 2 und Art. 79 Abs. 1 und 2 GG verletze. Als Fraktion des Deutschen Bundestages sei sie befugt, dies geltend zu machen. Zur Notwendigkeit des Erlasses einer einstweiligen Anordnung trägt sie vor, die Entwicklung der politischen und militärischen Lage in Somalia lasse eine Unterscheidung zwischen sicheren und unsicheren Gebieten nicht zu. Leib und Leben der deutschen Soldaten seien hoch gefährdet. Sie müßten sich überwiegend auf den Nachschub für kämpfende Truppen von UNOSOM II konzentrieren, so daß rein humanitäre Aufgaben zu einer Restgröße werden würden.
III.
Die Antragsgegner halten den Antrag für unzulässig, jedenfalls aber für unbegründet.
Eine Verletzung der Rechte des Parlaments aus Art. 24 Abs. 1 GG scheide aus, weil die deutschen Soldaten allein der Befehls- und Kommandogewalt des Antragsgegners zu 2) unterstünden. Die Bereitstellung des deutschen Verbandes sei kein zustimmungsbedürftiger Vertrag nach Art. 59 Abs. 2 GG. Die Antragstellerin könne eine -- unterstellte -- Verletzung von Art. 87 a Abs. 2 GG nicht rügen, weil diese Norm nicht Rechte des Bundestages schütze.
Die Lage in Belet Huen sei nach Einschätzung des Generalsekretärs der Vereinten Nationen und nach den Erkenntnissen des Vorauskommandos des deutschen Verbandes (Erkundungsbericht GE COMPFORSOM ) sicher und ruhig. Die erwartete und zugesagte logistische Unterstützung von UNOSOM II sei für die Operation der

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Vereinten Nationen unentbehrlich und könne nicht kurzfristig von anderen Verbänden geleistet werden, so daß bei einem Rückzug jedenfalls eine Verzögerung von mehreren Monaten und damit schwerster Schaden für die gesamte Operation sowie für die politische und humanitäre Lage in Somalia drohe. Auch der außenpolitische Schaden für die Bundesrepublik Deutschland wäre schwerwiegend.
IV.
In der mündlichen Verhandlung hat sich neben den Streitparteien die CDU/CSU-Bundestagsfraktion geäußert. Die Generäle Naumann und Bernhardt sind gehört worden. Der Untergeneralsekretär Petrovsky hat zu der Bedeutung des Einsatzes des deutschen Kontingents aus der Sicht der Vereinten Nationen Ausführungen gemacht.
 
B.
Der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung ist zulässig und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
I.
1. Nach § 32 Abs. 1 BVerfGG kann das Bundesverfassungsgericht im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist. Bei der Prüfung dieser Voraussetzungen ist ein besonders strenger Maßstab anzulegen, wenn eine Maßnahme mit völkerrechtlichen oder außenpolitischen Auswirkungen betroffen ist (vgl. Urteil vom 8. April 1993 -- 2 BvE 5/93, 2 BvQ 11/93, Umdruck S. 10; vgl. auch BVerfGE 83, 162 [171 f.]).
Dabei müssen die Gründe, welche für die Verfassungswidrigkeit der angegriffenen Maßnahme sprechen, außer Betracht bleiben, es

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sei denn, das für die Hauptsache angekündigte Feststellungsbegehren erwiese sich als von vornherein unzulässig oder offensichtlich unbegründet. Das Bundesverfassungsgericht wägt die Nachteile, die einträten, wenn die einstweilige Anordnung nicht erginge, die Maßnahme aber später für verfassungswidrig erklärt würde, gegen diejenigen ab, die entstünden, wenn die Maßnahme nicht in Kraft träte, sie sich aber im Hauptsacheverfahren als verfassungsgemäß erwiese (vgl. BVerfGE 86, 390 [395]; st. Rspr.).
2. Der angekündigte Hauptsacheantrag ist weder von vornherein unzulässig noch offensichtlich unbegründet. Er wirft die gewichtige und schwierige Frage auf, ob und unter welchen Voraussetzungen die Bundesregierung Rechte des Bundestages verletzt, wenn sie entscheidet, sich mit deutschen Soldaten an einer vom Sicherheitsrat beschlossenen Aktion der Vereinten Nationen zu beteiligen.
3. In dem Organstreitverfahren wird es um die von der Antragstellerin für den Bundestag geltend gemachten Entscheidungskompetenzen bei der Beteiligung der Bundeswehr an Aktionen aufgrund der Charta der Vereinten Nationen gehen. Eine einstweilige Anordnung im Rahmen eines solchen Streits kann allein der vorläufigen Sicherung des strittigen organschaftlichen Rechts des Bundestages dienen, damit es nicht im Zeitraum bis zur Entscheidung in der Hauptsache durch Schaffung vollendeter Tatsachen überspielt wird. Diese Sicherung hat hier davon auszugehen, daß ungeklärt ist, ob die Verwendung deutscher Soldaten im Rahmen der UNO-Maßnahme aufgrund eines Gesetzes, gegebenenfalls eines verfassungsändernden Gesetzes zulässig ist oder ob der Bundesregierung insoweit -- nach dem geltenden Verfassungsrecht -- die beanspruchte ausschließliche Entscheidungskompetenz in außen- und verteidigungspolitischen Angelegenheiten zusteht. Um in diesem Kompetenzkonflikt zwischen Parlament und Regierung mögliche Ansprüche des Bundestages zu sichern, ohne die Rechtsposition der Bundesregierung preiszugeben, kann das Bundesverfassungsgericht eine vorläufige Regelung lediglich darüber treffen, welches Organ bis zur Entscheidung über die Hauptsache befugt sein soll, über die Verwendung der Bundeswehr zu bestimmen; diese Regelung hat -- soweit dies die einstweilige Sicherung des geltend gemachten

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Rechts nicht hindert -- im Zwischenbereich der einander widerstreitenden Kompetenzansprüche zu verbleiben. Im Vorfeld eines solchen Organstreits zwischen Parlament und Regierung über bestehende Entscheidungskompetenzen ist es grundsätzlich nicht Aufgabe des zu aktivem politisch gestaltendem Handeln nicht berufenen Gerichts, anstelle dieser Organe eine einstweilige Sachentscheidung aufgrund einer Folgenabwägung zu treffen, für die es hinreichender rechtlicher Anhaltspunkte ermangelt.
4. Die einstweilige Anordnung mußte in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang ergehen, weil die Antragstellerin anderenfalls bei einem Obsiegen im Hauptsacheverfahren schwerwiegende Nachteile hinzunehmen hätte, die größer wären, als diejenigen Nachteile, die die Antragsgegner träfen, wenn die einstweilige Anordnung erlassen wird und sie im Hauptsacheverfahren obsiegten.
a) Erginge eine einstweilige Anordnung nicht, erwiese sich später aber die Mitwirkung deutscher Soldaten am UNO-Einsatz in Somalia ohne die beanspruchte Beteiligung des Bundestages als verfassungswidrig, so hätte der Bundestag sein Recht auf Mitwirkung bei der Entscheidung über die Entsendung deutscher Soldaten nach Somalia größtenteils oder -- je nach Dauer des Somalia-Auftrags -- schlechthin nicht wahrnehmen können. Eine solche Kompetenzverletzung wöge besonders schwer, weil die beanspruchte Entscheidung die Stellung Deutschlands in der UNO und in der Völkerrechtsgemeinschaft bestimmt und sich der Bundeswehr nach der Erklärung des Bundesverteidigungsministers vom 12. Mai 1993 (Bulletin S. 347) im Rahmen ihres Auftrages neuartige Aufgaben stellen. Hinzu kommt, daß hier -- insoweit abweichend von dem der Entscheidung des Senats vom 8. April 1993 (AWACS) zugrunde liegenden Sachverhalt -- nicht unerhebliche Gefahren einzuschätzen und zu bewerten sind, die den Soldaten bei der Erfüllung des UNO-Mandats in Somalia an Leib und Leben drohen. Auch stünde eine später sich als notwendig erweisende parlamentarische Beschlußfassung unvermeidlich unter dem Druck inzwischen geschaffener tatsächlicher Verhältnisse und etwa eingetretener Entwicklungen.
b) Demgegenüber wögen die Nachteile der hier getroffenen

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einstweiligen Anordnung weniger schwer, wenn es sich später im Hauptsacheverfahren erwiese, daß die Mitwirkung deutscher Soldaten bei der Erfüllung des UNO-Mandats in Somalia von der Bundesregierung beschlossen wurde, ohne Rechte des Bundestages zu verletzen. Dann hätte zwar der Bundestag an einer Entscheidung mitgewirkt, die in die Kompetenz der Bundesregierung fällt -- dies allerdings in der Eigenschaft eines Verfassungsorgans, dem die Bundesregierung für ihre Entscheidungen auch im außen- und sicherheitspolitischen Bereich parlamentarisch verantwortlich ist. Verweigert der Bundestag die Zustimmung, so wird deutlich, daß der Bundesregierung für ein Engagement in Somalia die Unterstützung des Parlaments fehlt. Stimmt der Bundestag dem Kabinettsbeschluß vom 21. April 1993 zu, wird dem gemeinsamen Interesse sowohl der Bundesregierung als auch des Parlaments Rechnung getragen, der Entscheidung für die Dauer der verbleibenden Unsicherheit der verfassungsrechtlichen Lage eine den Kompetenzstreit überbrückende Grundlage zu geben.
5. Das Zusammenwirken von Bundesregierung und Bundestag ist mithin bis zur Entscheidung in der Hauptsache dahin zu bestimmen, daß die Initiative der Bundesregierung und die Zustimmung des Bundestages als konstitutiver Akt die UNO-Mission des deutschen Kontingents nur gemeinsam tragen. Die Überbrückung des Kompetenzstreits für die Zeit bis zur Entscheidung der Hauptsache hat zur Folge, daß eine Beschlußfassung des Bundestages über die Zustimmung zu der Entsendung deutscher Soldaten zu UNOSOM II nicht dem Einwand ausgesetzt ist, den die Antragstellerin aus Art. 87 a GG herleitet; die umfassende Abwägung aller für und gegen diese Entsendung sprechenden Gründe bleibt dabei gewährleistet. Die einstweilige Anordnung sichert somit nicht das von der Antragstellerin geltend gemachte Recht, vor der Entsendung deutscher Soldaten nach Somalia ein Verfassungsänderungsverfahren durchzuführen; sie sichert jedoch insoweit etwaige Mitwirkungsrechte des Parlaments, indem sie die Bundesregierung an die konstitutive Zustimmung des Bundestages bindet.
Der hiernach erforderliche Beschluß des Bundestages unterscheidet sich von den Entschließungen des Bundestages vom 21. April

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1993 (BT-Drucks. 12/4759) und vom 17. Juni 1993 (BT- Drucks. 12/5140). Während der Bundestag in seinen früheren Entschließungen die Bundesregierung in ihrer bereits getroffenen Entscheidung bestärkte und diese politisch bekräftigte, ohne selbst eine Entscheidungskompetenz zu beanspruchen, ist dem Bundestag nunmehr aufgegeben, in eigener Verantwortlichkeit zu bestimmen, ob und in welchem Umfang der Beschluß der Bundesregierung vom 21. April 1993 unter Nr. l bis zur Entscheidung der Hauptsache verwirklicht werden darf. Auch weitere Beschlüsse der Bundesregierung, die von diesem Beschluß abweichen oder ihn erneuern, bedürfen vor ihrer Ausführung parlamentarischer Zustimmung.
Der Bedeutung der jetzt zu treffenden Entscheidung entspräche es, wenn der vom Bundestag zu fassende Beschluß in den zuständigen Ausschüssen vorbereitet und im Plenum des Bundestages erörtert würde.
Um dem Bundestag die Wahrnehmung der ihm in der Zeit bis zur Entscheidung in der Hauptsache zufallenden Befugnisse und die parlamentarische Kontrolle der von ihm mitzuverantwortenden Vorgänge zu ermöglichen, ist die Bundesregierung gehalten, das Parlament laufend über den Fortgang der Maßnahme der Vereinten Nationen in Somalia sowie über die Einsatzbedingungen des deutschen UNOSOM II-Kontingents und die Erfüllung seines Auftrages zu unterrichten.
 
C.
Die Entscheidung ist einstimmig ergangen.
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