BVerfGE 93, 37 - Mitbestimmungsgesetz Schleswig-Holstein |
1. Als Ausübung von Staatsgewalt, die demokratischer Legitimation bedarf, stellt sich jedenfalls alles amtliche Handeln mit Entscheidungscharakter dar (BVerfGE 83, 60 [73]). Es kommt nicht darauf an, ob es unmittelbar nach außen wirkt oder nur behördenintern die Voraussetzungen für die Wahrnehmung der Amtsaufgaben schafft. Will der Gesetzgeber die Beschäftigten an Entscheidungen über innerdienstliche Maßnahmen mit Rücksicht auf deren spezifische Interessen als Dienst- und Arbeitnehmer beteiligen, so sind ihm durch das Erfordernis hinreichender demokratischer Legitimation Grenzen gesetzt. |
2. In welcher Art und in welchen Fällen die Mitbestimmung oder eine andere Form der Beteiligung der Personalvertretung verfassungsrechtlich zulässig ist, ist unter Würdigung der Bedeutung der beteiligungspflichtigen Maßnahmen sowohl für die Arbeitssituation der Beschäftigten und deren Dienstverhältnis als auch für die Erfüllung des Amtsauftrags zu bestimmen: Die Mitbestimmung darf sich einerseits nur auf innerdienstliche Maßnahmen erstrecken und nur so weit gehen, als die spezifischen in dem Beschäftigungsverhältnis angelegten Interessen der Angehörigen der Dienststelle sie rechtfertigen (Schutzzweckgrenze). Andererseits verlangt das Demokratieprinzip für die Ausübung von Staatsgewalt bei Entscheidungen von Bedeutung für die Erfüllung des Amtsauftrags jedenfalls, daß die Letztentscheidung eines dem Parlament verantwortlichen Verwaltungsträgers gesichert ist (Verantwortungsgrenze). |
Beschluß |
des Zweiten Senats vom 24. Mai 1995 |
-- 2 BvF 1/92 -- |
in dem Verfahren über den Antrag festzustellen, daß 1. § 2 Absatz 4 des des Gesetzes über die Mitbestimmung der Personalräte (Mitbestimmungsgesetz Schleswig-Holstein) vom 11. Dezember 1990 (GOVBl. Schl.-H. S. 577) insoweit mit dem Demokratiegebot des Artikel 28 Absatz 1 des Grundgesetzes nicht vereinbar ist, als er den Personalrat ermächtigt und verpflichtet, seine Beteiligungsrechte auch zur Durchsetzung allgemeinpolitischer (gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und ökologischer) Ziele einzusetzen; 2. die Unterabschnitte 2 und 3 von Abschnitt V des Gesetzes wegen Unvereinbarkeit mit dem Demokratiegebot und dem Rechtsstaatsgebot des Artikel 28 Absatz 1 des Grundgesetzes verfassungswidrig und nichtig sind - Antragsteller: 282 Abgeordnete des 12. Deutschen Bundestages 1. Dr. Wolfgang Schäuble, 2. ... ... 40. ... ... 164. ... ... - Bevollmächtigter: Professor Dr. Gunter Kisker, Waldstraße 74, Linden/Am Mühlberg -. |
Entscheidungsformel: |
1. Die Bestimmungen der §§ 2 Absatz 1, 51 und 52 in Verbindung mit §§ 53 bis 55 sowie die Bestimmungen der §§ 56 und 58 Absätze 1, 2 Nummer 2 und Absatz 3 des Gesetzes über die Mitbestimmung der Personalräte (Mitbestimmungsgesetz Schleswig- Holstein - MBG Schl.-H.) vom 11. Dezember 1990 (Gesetz- und Verordnungsbl. für Schleswig-Holstein Seite 577), die den Personalvertretungen eine umfassende Beteiligung in Form einer Mitbestimmung mit Entscheidungsrecht der Einigungsstelle einräumen, sind mit Artikel 28 Absatz 1 Satz 1 in Verbindung mit Artikel 20 Absatz 2 des Grundgesetzes unvereinbar. |
2. § 2 Absatz 4 des Gesetzes ist mit dem Grundgesetz nur in der Auslegung vereinbar, daß die Vorschrift die Befugnisse des Personalrates nicht erweitert und ihn nicht ermächtigt, maßgeblich gestützt auf die dort genannten Belange einer Maßnahme der Dienststelle die Zustimmung zu verweigern. |
3. § 59 des Gesetzes ist mit dem Grundgesetz nur in der Auslegung vereinbar, daß nach Absatz 2 der Vorschrift die Landesregierung eine allgemeine Regelung im Sinne des Absatzes 1 jederzeit in Ausübung ihrer Regierungsverantwortung ganz oder teilweise aufheben kann. |
4. Das Gesetz bleibt bis zur Neuregelung mit der Maßgabe anwendbar, daß die Einigungsstelle nur Empfehlungen ohne Bindungswirkung beschließen kann, die in § 52 Absatz 5 und 6 des Gesetzes genannten Dienststellen jedoch der Einigungsstelle Gelegenheit zu geben haben, innerhalb der in § 54 Absatz 3 Satz 4 des Gesetzes bestimmten Frist zu beschließen, bevor sie endgültig entscheiden. |
Gründe: |
A. |
Das Verfahren wirft vor allem die Frage auf, welche verfassungsrechtlichen Grenzen das demokratische Prinzip einer Beteiligung der Personalvertretung an Maßnahmen im Bereich von Regierung und Verwaltung setzt.
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I. |
1. Mit dem Schleswig-Holsteinischen Gesetz über die Mitbestimmung der Personalräte vom 11. Dezember 1990 - MBG Schl.-H. - (GVOBl. Schl.-H. S. 577) verfolgt der Gesetzgeber des Landes Schleswig-Holstein eine neue Konzeption, um eine wirkungsvolle und ausgewogene Einflußnahme der Personalvertretungen zu erreichen (Gesetzentwurf der Landesregierung Schleswig-Holstein vom 24. August 1990, LTDrucks 12/996, S. 1). Das Gesetz strebt im Hinblick auf alle innerdienstlichen Belange der Beschäftigten eine gleichrangige Partnerschaft an, in deren Rahmen Dienststelle und Personalrat bei ihren Entscheidungen unter anderem das gesellschaftliche, wirtschaftliche und ökologische Umfeld zu berücksichtigen haben. Zu diesem Zweck sieht es eine umfassende Mitbestimmung der Personalräte mit weitreichenden Zustimmungs- und Antragsrechten vor. Sie bezieht sich grundsätzlich auf alle personellen, sozialen, organisatorischen und sonstigen innerdienstlichen Maßnahmen, die die Beschäftigten der Dienststelle insgesamt, Gruppen von ihnen oder einzelne Beschäftigte betreffen oder sich auf sie auswirken. Kommt eine Einigung nicht zustande, so entscheidet eine weisungsunabhängige Einigungsstelle. Außerdem sieht das Gesetz bei ressortübergreifenden Mitbestimmungsangelegenheiten den Abschluß von Vereinbarungen mit den Spitzenorganisationen der Gewerkschaften vor.
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2. Die dafür maßgebenden Vorschriften in den Abschnitten I und V des Gesetzes lauten:
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§ 1 Bildung von Personalräten und Grundsätze der Zusammenarbeit
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(1) ...
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(2) Dienststelle und Personalrat arbeiten eng und gleichberechtigt zusammen unter Beachtung der Gesetze und Tarifverträge, um den Grundrechten der in der Dienststelle tätigen Beschäftigten zu praktischer Wirksamkeit im Arbeitsleben zu verhelfen und um zugleich zur Erfüllung der der Dienststelle obliegenden Aufgaben beizutragen. ...
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§ 2 Gegenstand und Ziele der Zusammenarbeit
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(1) Der Personalrat bestimmt mit bei allen Maßnahmen der Dienststelle
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1. für die in der Dienststelle tätigen Beschäftigten,
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2. für Personen, die der Dienststelle nicht als Beschäftigte angehören, jedoch für sie oder die ihr angehörenden Beschäftigten tätig sind und die innerhalb der Dienststelle beschäftigt werden. ...
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(4) Dienststelle und Personalrat haben bei ihren Entscheidungen das gesellschaftliche, wirtschaftliche und ökologische Umfeld zu berücksichtigen.
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Abschnitt V Mitbestimmung des Personalrates
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Unterabschnitt 2 Mitbestimmung
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§ 51 Umfang der Mitbestimmung
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(1) Der Personalrat bestimmt mit bei allen personellen, sozialen, organisatorischen und sonstigen innerdienstlichen Maßnahmen, die die Beschäftigten der Dienststelle insgesamt, Gruppen von ihnen oder einzelne Beschäftigte betreffen oder sich auf sie auswirken. Das gleiche gilt, wenn die Dienststelle Maßnahmen für Personen trifft, die der Dienststelle nicht angehören, jedoch für sie oder die ihr angehören den Beschäftigten tätig sind und die innerhalb der Dienststelle beschäftigt werden. Die Mitbestimmung findet nicht statt bei Weisungen an einzelne oder mehrere Beschäftigte, die die Erledigung dienstlicher Obliegenheiten oder zu leistender Arbeit regeln. |
(2) Absatz 1 Satz 2 gilt sinngemäß für Vereinbarungen der Dienststelle mit Dritten für deren Beschäftigte, die für die Dienststelle tätig sind und die innerhalb der Dienststelle beschäftigt werden.
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(3) Der Personalrat kann seine Zustimmung durch Vereinbarung mit der Dienststelle für bestimmte Einzelfälle oder Gruppen von Fällen vorab erteilen. § 49 bleibt unberührt.
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(4) In Personalangelegenheiten der in § 12 Abs. 3 Satz 1 bezeichneten Beschäftigten und der Beschäftigten im Beamtenverhältnis auf Zeit mit Ausnahme des in §§ 220, 221 und 223 Landesbeamtengesetz genannten Personenkreises bestimmt der Personalrat nur auf Antrag der Betroffenen mit. § 71b Abs. 6 Hochschulgesetz bleibt unberührt.
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(5) Soweit Mitbestimmungsfälle über die beabsichtigten Maßnahmen hinaus schutzwürdige persönliche Interessen von Beschäftigten berühren, ist die Mitbestimmung von der Zustimmung der Betroffenen abhängig. Die Dienststelle ist verpflichtet, das den Vorsitz im Personalrat führende Vorstandsmitglied und im Falle des § 24 Abs. 2 die von den Gruppenvertretungen gewählten Vorstandsmitglieder über die beabsichtigte Maßnahme zu unterrichten.
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(6) Die Mitbestimmung entfällt bei personellen Maßnahmen für Beamtinnen und Beamte der Besoldungsordnung B und vergleichbare Angestellte.
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(7) Die Mitbestimmung entfällt beim Erlaß von Rechtsvorschriften, bei dem Zustandekommen von allgemeinen Regelungen nach § 59 und bei Organisationsentscheidungen der Ministerpräsidentin oder des Ministerpräsidenten, der Landesregierung und der Ministerinnen und Minister, die auf deren verfassungsmäßigen Rechten beruhen.
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§ 52 Mitbestimmungsverfahren
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(1) Eine der Mitbestimmung des Personalrates unterliegende Maßnahme kann nur mit seiner Zustimmung getroffen werden.
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(2) Unbeschadet des § 49 unterrichtet die Dienststellenleitung den Personalrat von der beabsichtigten Maßnahme und beantragt seine Zustimmung. Der Personalrat kann verlangen, daß die Dienststellenleitung die beabsichtigte Maßnahme begründet. Der Personalrat hat über die beantragte Zustimmung zu beschließen und den Beschluß der Dienststellenleitung innerhalb von zehn Arbeitstagen mitzutei len. In dringenden Fällen kann die Dienststellenleitung diese Frist auf fünf Arbeitstage abkürzen. Die Maßnahme gilt als gebilligt, wenn nicht der Personalrat innerhalb der genannten Frist die Zustimmung unter Angabe der Gründe schriftlich verweigert. Soweit der Personalrat dabei Beschwerden oder Behauptungen tatsächlicher Art vorträgt, die für Beschäftigte ungünstig sind oder ihnen nachteilig werden können, hat die Dienststelle den Beschäftigten Gelegenheit zur Äußerung zu geben; die Äußerungen sind aktenkundig zu machen. |
(3) Kommt in der Landesverwaltung zwischen der Leitung einer nachgeordneten Dienststelle und dem Personalrat eine Einigung nicht zustande, so kann die Dienststellenleitung oder der Personalrat die Angelegenheit innerhalb von zehn Arbeitstagen auf dem Dienstweg der übergeordneten Dienststelle, bei der eine Stufenvertretung besteht, vorlegen. Die Dienststellenleitung der übergeordneten Dienststelle hat die Stufenvertretung unverzüglich zu unterrichten und kann ihre Zustimmung beantragen. Absatz 2 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.
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(4) Ist die übergeordnete Dienststelle eine Behörde der Mittelstufe und kommt zwischen ihr und dem Bezirkspersonalrat eine Einigung nicht zustande, so kann die Dienststellenleitung oder der Bezirkspersonalrat die Angelegenheit innerhalb von zehn Arbeitstagen der obersten Dienstbehörde vorlegen. Die oberste Dienstbehörde hat den Hauptpersonalrat unverzüglich zu unterrichten und kann seine Zustimmung beantragen. Absatz 2 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.
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(5) Kommt zwischen der Leitung der obersten Dienstbehörde und der bei ihr bestehenden zuständigen Personalvertretung eine Einigung nicht zustande, so kann die Leitung der obersten Dienstbehörde oder die bei ihr bestehende zuständige Personalvertretung innerhalb von zehn Arbeitstagen die Einigungsstelle anrufen. Wird die Einigungsstelle nach § 53 Abs. 1 Satz 1 von Fall zu Fall gebildet, so hat die Anrufung bei der nach § 53 Abs. 2 für die Bildung der Einigungsstelle zuständigen Stelle innerhalb der Frist nach Satz 1 zu erfolgen.
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(6) Kommt bei Gemeinden, Ämtern und Kreisen, Hochschulen oder sonstigen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts mit einstufigem Verwaltungsaufbau zwischen der Dienststellenleitung und dem Personalrat eine Einigung nicht zustande, so kann die Dienststellenleitung oder der Personalrat die Angelegenheit innerhalb von zehn Arbeitstagen der obersten Dienstbehörde oder dem obersten Organ vorlegen. Die oberste Dienstbehörde oder das oberste Organ hat den Personalrat unverzüglich hierüber zu unterrichten und kann seine Zustimmung beantragen. Absatz 2 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend. Kommt eine Einigung nicht zustande, so kann die oberste Dienstbehörde, das oberste Organ oder der Personalrat innerhalb von zehn Arbeitstagen die Einigungsstelle anrufen. Sind Dienststellenleitung und oberstes Organ identisch, kann die Einigungsstelle direkt angerufen werden. Absatz 5 Satz 2 gilt entsprechend. |
(7) Die in den Absätzen 1 bis 6 genannten Fristen können im Einzelfall in beiderseitigem Einvernehmen zwischen der jeweiligen Dienststelle und der Personalvertretung verkürzt oder verlängert werden. § 29 Abs. 1 bleibt unberührt. Durch Dienstvereinbarung können andere Fristen vorgesehen werden.
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(8) Die Dienststelle kann Maßnahmen, die der Natur der Sache nach keinen Aufschub dulden, bis zur endgültigen Entscheidung vorläufig regeln. Die vorläufige Regelung ist als solche zu kennzeichnen und von der Dienststelle zu begründen.
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(9) Die Dienststelle kann eilbedürftige Maßnahmen regeln, wenn ihre Auswirkungen auf die Beschäftigten gering und von kurzer Dauer sind und der mit ihnen bezweckte Erfolg andernfalls nicht eintreten könnte. Die Regelungen sind dem Personalrat mitzuteilen.
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(10) Die Dienststelle kann eilbedürftige Maßnahmen regeln, die die künstlerische Betätigung sowie die Darbietung und Verbreitung eines Kunstwerks unmittelbar berühren. Absatz 9 Satz 2 ist anzuwenden.
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§ 53 Bildung der Einigungsstelle, Kosten
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(1) Die Einigungsstelle wird von Fall zu Fall gebildet. Die nach § 52 Abs. 5 oder 6 zur Anrufung berechtigte Dienststelle und Personalvertretung können durch Dienstvereinbarung regeln, daß die Einigungsstelle für die jeweilige Dauer der Amtszeit der Personalvertretung als ständige Einrichtung gebildet wird.
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(2) Die Einigungsstelle wird bei der obersten Dienstbehörde, bei den der Aufsicht des Landes unterstehenden Körperschaften des öffentlichen Rechts ohne Gebietshoheit, den rechtsfähigen Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts beim obersten Organ gebildet. In Zweifelsfällen bestimmt die zuständige oberste Landesbehörde die Stelle, bei der die Einigungsstelle zu bilden ist.
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(3) Die Einigungsstelle besteht aus je zwei Mitgliedern, die von der nach § 52 Abs. 5 oder 6 zur Anrufung berechtigten Dienststelle und der Personalvertretung unverzüglich nach Eintritt des Nichteinigungsfalles bestellt werden, und einem weiteren unparteiischen Mitglied, auf das sich die bestellten Mitglieder mehrheitlich einigen und das den Vorsitz führt. Es ist innerhalb von zehn Arbeitstagen nach Bestellung der übrigen Mitglieder zu bestellen. Die Mitglieder der Einigungsstelle üben ihr Amt unabhängig und frei von Weisungen aus. |
(4) Kommt eine Einigung über den Vorsitz in dieser Frist nicht zustande, bestellt die Präsidentin oder der Präsident des Oberverwaltungsgerichtes das den Vorsitz der Einigungsstelle führende unparteiische Mitglied aus einer Liste, die sie oder er zu Beginn der Amtszeit der Personalräte aufgrund von Vorschlägen der obersten Landesbehörden, der Spitzenorganisationen der Gewerkschaften und der Arbeitgeberverbände aufstellt. Die vorgeschlagenen Personen müssen die Befähigung zum Richteramt besitzen oder die Voraussetzungen des § 110 Satz 1 des Deutschen Richtergesetzes oder die Voraussetzungen für die Einstellung in eine Laufbahn des höheren Dienstes erfüllen. Die bestellten Mitglieder können ihr oder ihm Vorschläge unterbreiten. Die Präsidentin oder der Präsident des Oberverwaltungsgerichtes ist an die Liste und an die Vorschläge nicht gebunden.
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(5) Unter den Mitgliedern, die von der zuständigen Personalvertretung bestellt werden, soll sich ein Mitglied im Beamten- und ein Mitglied im Angestellten- oder Arbeiterverhältnis befinden, soweit diese jeweils eine Gruppe nach § 14 bilden. Betrifft die Angelegenheit lediglich die Beschäftigten einer Gruppe, so muß mindestens eines der in Satz 1 genannten Mitglieder dieser Gruppe angehören.
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(6) Für die Mitglieder der Einigungsstelle gelten § 34 Abs. 1 und 2 dieses Gesetzes sowie § 97 des Landesverwaltungsgesetzes entsprechend.
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(7) Das unparteiische Mitglied der Einigungsstelle erhält für die Behandlung jedes Einzelfalles nach seiner Wahl eine Entschädigungspauschale, deren Höhe die Landesregierung durch Rechtsverordnung bestimmt, oder die Erstattung der Auslagen und Sitzungsgeld nach Absatz 6.
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§ 54 Verhandlung und Beschlußfassung der Einigungsstelle
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(1) Die Verhandlung der Einigungsstelle ist nicht öffentlich. Der nach § 52 Abs. 5 oder 6 beteiligten Dienststelle und Personalvertretung ist Gelegenheit zur Äußerung zu geben. Im Einvernehmen mit den Beteiligten kann die Äußerung schriftlich erfolgen.
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(2) Auf Antrag von zwei Mitgliedern der Einigungsstelle kann eine sachverständige Person, die auch einer in der beteiligten Dienststelle vertretenen Gewerkschaft oder einem Arbeitgeberverband angehören kann, an der Sitzung der Einigungsstelle für die Dauer der Verhandlung beratend teilnehmen. § 30 Abs. 1 Satz 2 gilt entsprechend.
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(3) Die Einigungsstelle entscheidet nach mündlicher Beratung durch Beschluß. Er wird von den Mitgliedern der Einigungsstelle mit Stimmenmehrheit gefaßt. Der Beschluß muß sich unter Berücksichtigung der Grundsätze des § 2 Abs. 2 und 3 im Rahmen der geltenden Rechtsvorschriften, insbesondere des Haushaltsrechtes, halten. Er soll innerhalb von zwanzig Arbeitstagen nach Anrufung der Einigungsstelle ergehen. |
(4) Der Beschluß ist schriftlich abzufassen und zu begründen und von dem unparteiischen Mitglied zu unterzeichnen. Er ist den Beteiligten nach Absatz 1 Satz 2 unverzüglich zu übersenden. Der Beschluß ist für die Beteiligten bindend, wenn er nicht von der zuständigen Dienststelle nach § 55 Abs. 1 spätestens innerhalb einer Frist von zwanzig Arbeitstagen nach Übersendung ganz oder teilweise aufgehoben wird.
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§ 55 Aufhebung von Beschlüssen der Einigungsstelle
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(1) Die nach § 52 Abs. 5 oder 6 für die Anrufung der Einigungsstelle zuständige Dienststelle kann Beschlüsse der Einigungsstelle, die wegen ihrer Auswirkungen auf das Gemeinwesen die Regierungsverantwortung wesentlich berühren, insbesondere solche
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1. in personellen Angelegenheiten der Beamten und Beamtinnen,
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2. in organisatorischen Angelegenheiten,
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3. in Angelegenheiten, die die Gestaltung von Lehrveranstaltungen im Rahmen des Vorbereitungsdienstes zum Inhalt haben,
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4. über die Auswahl von Lehrpersonen im Rahmen des Vorbereitungsdienstes,
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5. in Angelegenheiten, die Forschung, künstlerische Entwicklungsvorhaben, Lehre oder die Berufung von Professoren unmittelbar berühren,
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6. in Angelegenheiten, die die künstlerische Betätigung sowie die Darbietung und Verbreitung eines Kunstwerkes unmittelbar berühren, spätestens innerhalb einer Frist von zwanzig Arbeitstagen nach Übersendung ganz oder teilweise aufheben und endgültig entscheiden.
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(2) Die nach § 52 Abs. 5 oder 6 für die Anrufung der Einigungsstelle zuständige Dienststelle kann Beschlüsse der Einigungsstelle, die Maßnahmen betreffen, die zur Durchführung einer Maßnahme in Angelegenheiten im Sinne von Absatz 1 erforderlich sind, spätestens innerhalb einer Frist von zwanzig Arbeitstagen nach Übersendung ganz oder teilweise aufheben und endgültig entscheiden.
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(3) Die nach § 52 Abs. 5 oder 6 für die Anrufung der Einigungsstelle zuständige Dienststelle kann Beschlüsse der Einigungsstelle in Personalangelegenheiten der Beschäftigten mit überwiegend wissenschaftlicher oder künstlerischer Tätigkeit spätestens innerhalb einer Frist von zwanzig Arbeitstagen nach Übersendung ganz oder teilweise aufheben und endgültig entscheiden.
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(4) Die Aufhebung von Beschlüssen der Einigungsstelle ist von der dafür zuständigen Dienststelle zu begründen. Das unparteiische Mitglied der Einigungsstelle sowie die am Einigungsverfahren beteiligten Dienststellen und Personalvertretungen sind unverzüglich über die Aufhebung unter Beifügung der Begründung zu unterrichten. |
§ 56 Initiativrecht des Personalrates
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(1) Im Rahmen seiner Aufgaben nach §§ 1 und 2 kann der Personalrat in allen personellen, sozialen, organisatorischen und sonstigen innerdienstlichen Angelegenheiten Maßnahmen bei der Dienststelle beantragen, die die Beschäftigten der Dienststelle insgesamt, Gruppen von ihnen oder einzelne Beschäftigte betreffen oder sich auf sie auswirken. Das gleiche gilt für Anträge an die Dienststelle, die Personen betreffen, die der Dienststelle nicht angehören, jedoch für sie oder für die ihr angehörenden Beschäftigten tätig sind und die innerhalb der Dienststelle beschäftigt werden.
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(2) Absatz 1 Satz 2 gilt sinngemäß für Vereinbarungen der Dienststelle mit Dritten für deren Beschäftigte, die für die Dienststelle tätig sind und die innerhalb der Dienststelle beschäftigt werden.
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(3) In personellen Angelegenheiten der Beschäftigten nach § 51 Abs. 4 oder in Fällen des § 51 Abs. 5 kann ein Antrag nach Absatz 1 nur mit Zustimmung der Betroffenen gestellt werden.
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(4) In personellen Angelegenheiten der Beschäftigten nach § 51 Abs. 6 und in Angelegenheiten nach § 51 Abs. 7 kann ein Antrag nach Absatz 1 nicht gestellt werden.
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(5) Der Antrag des Personalrates ist der Dienststellenleitung schriftlich vorzulegen. Die Dienststellenleitung kann verlangen, daß der Personalrat ihn begründet. Die Dienststellenleitung hat unverzüglich über den Antrag zu entscheiden. Ist sie in der beantragten Angelegenheit nicht entscheidungsbefugt, hat sie den Antrag unverzüglich mit einer Stellungnahme der zuständigen Dienststelle weiterzuleiten.
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(6) Stimmt die nach Absatz 5 für die Entscheidung zuständige Dienststellenleitung dem Antrag des Personalrates nicht zu, so hat sie die Ablehnung zu begründen und den Personalrat schriftlich unter Beifügung der Begründung zu unterrichten. Für das weitere Verfahren ist § 52 Abs. 3 bis 7 anzuwenden.
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(7) Für das Verfahren vor der Einigungsstelle gilt § 54, für die Wirksamkeit oder Aufhebung des Beschlusses der Einigungsstelle gilt § 55.
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(1) Entscheidungen, an denen der Personalrat beteiligt war, führt die Dienststelle in angemessener Frist durch, es sei denn, daß im Einzelfall etwas anderes vereinbart wurde.
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(2) Führt die Dienststelle eine Entscheidung, die
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1. ... oder
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2. aufgrund einer Initiative des Personalrates zustandegekommen ist,
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nicht unverzüglich oder nicht zum vereinbarten Zeitpunkt durch oder leitet sie die vorgesehene Maßnahme nicht ein, so kann das Einigungsverfahren durchgeführt oder sogleich das Verwaltungsgericht angerufen werden. §§ 52 bis 54 gelten sinngemäß.
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(3) Unzulässig ist die Durchführung von Maßnahmen, die
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1. ohne die gesetzlich vorgeschriebene Beteiligung,
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2. unter einem Verstoß gegen wesentliche Verfahrensvorschriften
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erfolgt. Maßnahmen, die entgegen Satz 1 durchgeführt worden sind, sind zurückzunehmen, soweit Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen.
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Unterabschnitt 3 Allgemeine Regelungen auf Landesebene
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§ 59 Vereinbarungen mit den Spitzenorganisationen der Gewerkschaften
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(1) Allgemeine Regelungen in Angelegenheiten, die nach § 51 der Mitbestimmung unterliegen und die über den Geschäftsbereich einer obersten Landesbehörde hinausgehen, sind zwischen den Spitzenorganisationen der zuständigen Gewerkschaften und der zuständigen obersten Landesbehörde zu vereinbaren.
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(2) Allgemeine Regelungen, die wegen ihrer Auswirkungen auf das Gemeinwesen die Regierungsverantwortung wesentlich berühren, insbesondere solche
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1. in personellen Angelegenheiten der Beamtinnen und Beamten,
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2. in organisatorischen Angelegenheiten,
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3. in Angelegenheiten, die die Gestaltung von Lehrveranstaltungen im Rahmen des Vorbereitungsdienstes zum Inhalt haben,
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4. über die Auswahl von Lehrpersonen im Rahmen des Vorbereitungsdienstes
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können durch die Landesregierung ganz oder teilweise aufgehoben werden.
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(3) Kommt eine allgemeine Regelung nicht zustande, kann sie abwei chend von Absatz 1 durch die Landesregierung getroffen werden, nachdem die zuständige oberste Landesbehörde oder die beteiligten Spitzenorganisationen die Verhandlungen unter Angabe der hierfür maßgebenden Gründe schriftlich für gescheitert erklärt haben. Die Landesregierung kann allgemeine Regelungen, die keinen Aufschub dulden, bis zum Abschluß einer Vereinbarung nach Absatz 1 vorläufig treffen. Die vorläufige Regelung ist als solche zu kennzeichnen. |
(4) Allgemeine Regelungen gelten auch für die Beschäftigten der Landtagsverwaltung und des Landesrechnungshofes, wenn sie im Einvernehmen mit der Präsidentin oder mit dem Präsidenten des Schleswig-Holsteinischen Landtages und der Präsidentin oder dem Präsidenten des Landesrechnungshofes erfolgen. Absätze 2 und 3 bleiben unberührt.
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(5) Vereinbarung nach Absatz 1 oder Regelungen der Landesregierung nach Absatz 3 gehen Dienstvereinbarungen nach § 57 vor."
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II. |
1. 282 Abgeordnete des Deutschen Bundestages haben beim Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG, § 13 Nr. 6 BVerfGG die Überprüfung des § 2 Abs. 4 und der Unterabschnitte 2 und 3 von Abschnitt V des Schleswig-Holsteinischen Mitbestimmungsgesetzes beantragt. Sie halten die Bestimmungen über den Umfang der Mitbestimmung in § 2 Abs. 1 in Verbindung mit § 51 Abs. 1 Satz 1 und § 56 Abs. 1 Satz 1 MBG Schl.-H., das Mitbestimmungsverfahren nach § 52 MBG Schl.-H. und die gewerkschaftliche Mitbestimmung nach § 59 Abs. 1 MBG Schl.-H. für unvereinbar mit dem Grundgesetz. Diese Vorschriften verstießen gegen das Demokratie- und das Rechtsstaatsgebot, das sich aus Art. 28 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 2 GG ergebe. Die Nichtigkeit der §§ 51 Abs. 1 Satz 1, 52 und 56 Abs. 1 Satz 1 MBG Schl.- H. führe zur Nichtigkeit des gesamten Unterabschnitts 2 von Abschnitt V. Die Nichtigkeit von § 59 Abs. 1 MBG Schl.-H. habe die Nichtigkeit des gesamten § 59 MBG Schl.-H. und damit des Unterabschnitts 3 von Abschnitt V zur Folge. Außerdem sei der Mitbestimmung insofern ein verfassungswidriger Inhalt beigemessen, als die Personalvertretung durch § 2 Abs. 4 MBG Schl.-H. ein allgemeinpolitisches Mandat erhalte.
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2. Zur Begründung tragen die Antragsteller im wesentlichen vor:
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a) Mitbestimmung von Personalräten sei Teilhabe von Vertretern privater Interessen an der Ausübung von Staatsgewalt. Der Personalrat sei, obwohl "Teil der Verwaltung" (§ 1 Abs. 3 MBG Schl.-H.), eine Vertretung privater Interessen. Die nach dem Personalvertretungsrecht des Bundes und der Länder der Mitbestimmung unterworfenen innerdienstlichen Maßnahmen seien Ausübung von Staatsgewalt im Sinne des Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG, auch wenn sie innerdienstlicher Natur seien und gegenüber Arbeitern und Angestellten ihre Rechtsgrundlage weithin im bürgerlichen und nicht im öffentlichen Recht hätten. Auch der Umstand, daß die Versagung der Zustimmung durch den Personalrat einer Dienststelle insofern nur vorläufig sei, als eine Korrektur etwa im Stufenverfahren möglich bleibe, ändere nichts daran, daß auch eine Versagung der Zustimmung Ausübung von Staatsgewalt darstelle.
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Ausübung von Staatsgewalt, auch Teilhabe daran, bedürfe grundsätzlich einer personellen und sachlichen demokratischen Legitimation. Der Personalrat sei als Vertretung privater Interessen nicht demokratisch legitimiert. Daher sei auch die demokratische Legitimation von Entscheidungen unzureichend, welche der Mitbestimmung eines Personalrates oder der Einigungsstelle unterworfen seien. Es sei dem Gesetzgeber grundsätzlich nicht gestattet, verwaltungsorganisatorische Regelungen zu treffen, die auf eine unzureichende demokratische Legitimation der Ausübung von Staatsgewalt hinausliefen.
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Die Hinnahme einer solchen defizitären Legitimation könne lediglich ausnahmsweise verfassungsrechtlich gerechtfertigt oder gar geboten sein. Personalratsmitbestimmung lasse sich nur (und nur innerhalb des durch das Verhältnismäßigkeitsprinzip gezogenen Rahmens) mit Hilfe des Sozialstaatsprinzips (Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG) begründen (Schutzzweckgrenze). Bei der Ausübung von Staatsgewalt für Entscheidungen von politischem Gewicht lasse sich eine Abschwächung des Erfordernisses demokratischer Legitimation in keinem Fall, auch nicht gestützt auf das Sozialstaatsprinzip, rechtfertigen (Verantwortungsgrenze). |
b) Die Verfassungswidrigkeit der im einzelnen angegriffenen Bestimmungen begründen die Antragsteller wie folgt:
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aa) Die Mitbestimmungskompetenz des Personalrates werde gemäß § 2 Abs. 1 und § 51 Abs. 1 Satz 1 MBG Schl.-H. nicht mehr durch das Enumerationsprinzip, sondern durch das Allzuständigkeitsprinzip - ohne einschränkenden Beispielskatalog - definiert. Die Personalratsallzuständigkeit laufe auf einen aus dem Sozialstaatsprinzip nicht mehr zu rechtfertigenden, weil unverhältnismäßig weitgehenden Verzicht auf demokratische Legitimation hinaus und überschreite sowohl die Schutzzweck- als auch die Verantwortungsgrenze. Nur eine Kompetenzverteilung zwischen Dienststellenleiter und Personalrat, die sich am Prinzip der "Tatbestandsmäßigkeit" orientiere, mithin positiv und konkret die der Mitbestimmung unterliegenden Tatbestände definiere (Enumerationsprinzip), könne dies verhindern. Die im Gesetz aufgeführten positiven und negativen Einschränkungen der Generalklausel seien nicht ausreichend, um der Gefahr von Grenzüberschreitungen zu begegnen. Die vom Gesetzgeber bereitgestellten Mechanismen zur Korrektur von Fehlern bei der Personalratsmitbestimmung - sei es, daß der Personalrat nicht hätte mitbestimmen dürfen, sei es, daß die mitbestimmte Entscheidung inhaltlich aus der Sicht des öffentlichen Interesses nicht zu verantworten sei - gewährleisteten nicht, daß den Anforderungen, welche die Verfassung an eine demokratische Verwaltung stelle, genügt werde. Weder das Stufenverfahren noch das Verfahren vor der Einigungsstelle sei darauf angelegt, im Konfliktsfall demokratische Verantwortung sicherzustellen; beide Verfahren zielten vielmehr darauf ab, einen Kompromiß zwischen einander widerstreitenden öffentlichen und privaten Interessen zu finden. Eine weitergehende Aufgabe könnten sie schon deshalb nicht erfüllen, weil es den an diesen Verfahren mitwirkenden Vertretern der Bediensteten (und auch dem Vorsitzenden der Einigungsstelle) an personeller demokratischer Legitimation fehle. Das Letztentscheidungsrecht nach § 55 Abs. 1 MBG Schl.-H. sei nicht geeignet, die demokratische Legitimation des Verwaltungshandelns zurückzugewinnen. |
Außerdem verstoße die Allzuständigkeit des Personalrates auch gegen den im Demokratieprinzip (Art. 28 Abs. 1 GG) verankerten institutionellen Gesetzesvorbehalt, weil sie dessen Bestimmtheitsanforderungen nicht gerecht werde.
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bb) Durch § 56 Abs. 1 Satz 1 MBG Schl.-H. werde dem Personalrat ein umfassendes, am Allzuständigkeitsprinzip orientiertes Initiativrecht zuerkannt. Dadurch werde er endgültig vom bloß reagierenden Bremser und Kontrolleur zum Mitsteuermann. Es handele sich um einen konsequenten weiteren Schritt in Richtung auf die Errichtung eines Kondominiums von Dienststellenleiter und Personalrat. Das Initiativrecht sei jedenfalls dann mit dem Gebot einer dem Prinzip der Volkssouveränität verpflichteten Staatsorganisation nicht vereinbar, wenn das Gesetz nicht zugleich von der Möglichkeit Gebrauch mache, die die Rechtsprechung zum Eindämmen des Initiativrechtes entwickelt habe. Auch beim Initiativrecht könne die Letztkontrolle durch die Verwaltungsspitze das Defizit demokratischer Steuerung und Kontrolle mitbestimmter Entscheidungen nicht ausgleichen.
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cc) Das Mitbestimmungsverfahren in § 52 MBG Schl.-H. enthalte keine Regelungen zur Sicherung der Rechtsstaatlichkeit des Zustimmungsverfahrens. Wann immer Personen, die im Regelfall über keine verwaltungsrechtlichen Kenntnisse verfügten und zudem auch noch interessengebunden seien, bei der Anwendung von Rechtsvorschriften mitwirkten, die beträchtliche Ermessens- und Beurteilungsspielräume eröffneten, sei damit zu rechnen, daß die Rechtsanwendung durch eine interessenorientierte Kompromißfindung ersetzt werde. Damit würden nicht nur der Wille des Gesetzgebers, sondern vielfach auch die Rechte Dritter (etwa eines Outsider-Bewerbers) mißachtet. Diese Gefahr sei erheblich, wenn das Recht des Personalrates, die erforderliche Zustimmung zu verweigern, nicht durch einen Versagungskatalog oder sonstige ergänzende Regelungen in Schranken gehalten werde. § 52 MBG Schl.-H. verzichte auf solche Beschränkungen zur Sicherung eines korrekten Gesetzesvollzuges und verstoße damit gegen den aus dem Rechts staatsprinzip (Art. 28 Abs. 1 GG) abzuleitenden Grundsatz der Bindung der Verwaltung an Gesetz und Recht sowie gegen Art. 33 Abs. 2 GG. |
dd) Die Einschaltung der Spitzenverbände der zuständigen Gewerkschaften anstelle eines Personalrates als Mitbestimmungspartner der Verwaltung bei ressortübergreifenden innerdienstlichen Maßnahmen nach § 59 Abs. 1 MBG Schl.-H. führe ebenfalls zu einer Teilhabe von Vertretern privater Interessen an der Ausübung von Staatsgewalt und sei mangels demokratischer Legitimation unzulässig. Anders als für Personalräte könnten für Gewerkschaften auch keine Ausnahmen von diesem Grundsatz aus der Sozialstaatsklausel des Grundgesetzes abgeleitet werden. Gewerkschaften seien nicht legitimiert, die Interessen aller öffentlichen Bediensteten zu vertreten. Sie seien auf die Vertretung der Interessen ihrer Mitglieder beschränkt. Dies folge auch aus der negativen Koalitionsfreiheit des Art. 9 Abs. 3 GG.
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ee) Der Personalrat werde nicht konsequent auf die Wahrnehmung der Interessen der Beschäftigten beschränkt. Nach § 2 Abs. 4 MBG Schl.-H. hätten Dienststelle und Personalrat bei ihren Entscheidungen das gesellschaftliche, wirtschaftliche und ökologische Umfeld zu berücksichtigen. Der Personalrat könne danach die Verweigerung einer erforderlichen Zustimmung, aber auch eine Initiative nach § 56 Abs. 1 Satz 2 MBG Schl.-H. auch damit begründen, daß die zur Diskussion stehende Maßnahme das genannte Umfeld nicht angemessen berücksichtige. Dadurch werde dem Personalrat - gegenständlich beschränkt - ein über den sozialstaatlichen Schutzauftrag hinausgehendes allgemeinpolitisches Mandat zuerkannt. Dies verstoße gegen den Grundsatz der Volkssouveränität, da es dem Personalrat an demokratischer Legitimation zur Ausübung von Staatsgewalt fehle. Eine Ausnahme hiervon komme im Blick auf das Sozialstaatsprinzip des Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG nur in Betracht bei Interventionen des Personalrates, die "schutzzweckrelevant" seien, also dazu dienten, die sozialen Interessen der in der Dienststelle Beschäftigten zu fördern.
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III. |
Von den nach § 77 BVerfGG zur Äußerung Berechtigten haben Stellung genommen: Die Bundesregierung durch Vorlage eines Gutachtens von Professor Dr. Schenke, der Landtag von Schleswig-Holstein durch Vorlage eines Gutachtens von Professor Dr. Plander und die Landesregierung von Schleswig-Holstein durch Vorlage eines Gutachtens von Professor Dr. Bryde.
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1. Die Bundesregierung hält die angegriffenen Bestimmungen für unvereinbar mit höherrangigem Recht oder doch zumindest für verfassungsrechtlich bedenklich.
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a) Die ein umfassendes Mitbestimmungsrecht der Personalvertretungen in innerdienstlichen Angelegenheiten regelnden Vorschriften der §§ 2 Abs. 1, 51 Abs. 1 Satz 1 MBG Schl.-H. seien mit dem rechtsstaatlichen Grundsatz der Bestimmtheit gesetzlicher Regelungen unvereinbar, da hier der unscharfe Begriff der innerdienstlichen Angelegenheiten weder durch Beispielskataloge konkretisiert noch durch Rückgriff auf bisher bekannte personalvertretungsrechtliche Normen erhellt werde. Die Vorschriften verletzten zugleich den rechtsstaatlichen Parlamentsvorbehalt sowie das in Art. 20 Abs. 3 GG verankerte Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, das Verfahrensgestaltungen verbiete, welche eine einseitige Orientierung von Verwaltungsentscheidungen an Gruppeninteressen bewirkten. Die undifferenzierte Einräumung eines sehr zeit- und arbeitsaufwendigen Mitbestimmungsverfahrens, gekoppelt mit einer weitreichenden Letztentscheidungsbefugnis der Einigungsstelle, wie sie sich aus den §§ 2 Abs. 1, 51 Abs. 1 Satz 1 MBG Schl.-H. in Verbindung mit den das Mitbestimmungsverfahren regelnden Vorschriften der §§ 52 ff. MBG Schl.-H. ergebe, sei sowohl unter dem Aspekt der lückenlosen personellen wie auch unter dem der sachlich-inhaltlichen demokratischen Legitimation mit dem Demokratieprinzip nicht vereinbar. Dem stehe nicht entgegen, daß eine Dienststelle gemäß § 55 Abs. 1 MBG Schl.-H. de iure die Beschlüsse der Einigungsstelle, welche die Regierungsverantwortung wesentlich berührten, aufheben könne. Faktisch sei eine solche Aufhebungsbefugnis aus einer Reihe von Gründen (u.a. Bedeutung des Zeitmoments für die Entscheidung, Kompromißcharakter des Eini gungsbeschlusses, Gefahr der Verhängung von "Sanktionen" durch die Personalvertretung mittels extensiven Einsatzes ihrer Kompetenzen) weitgehend ausgeschlossen. Dies verletze zugleich die Rahmenvorschrift des § 104 Satz 3 BPersVG. |
b) Sowohl mit dem Rechtsstaats- wie auch mit dem Demokratieprinzip unvereinbar seien die §§ 2 Abs. 1, 56 Abs. 1 Satz 1 MBG Schl.-H. Sie veränderten durch die Gewährung eines ebenfalls umfassenden Initiativrechtes das Verhältnis der Personalvertretung zur Dienststelle grundlegend und machten damit besonders deutlich, daß die Personalvertretung, statt sozialstaatliche Kontrolle auszuüben, das Verwaltungsgeschehen kondominial steuern könne.
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c) Selbst wenn man § 51 Abs. 1 Satz 1 MBG Schl.-H. und § 56 Abs. 1 Satz 1 MBG Schl.-H. für sich gesehen noch als verfassungsgemäß bewerte, sei jedenfalls die durch beide Vorschriften in ihrem Zusammenwirken begründete Potenzierung der Rechtsstellung der Personalvertretung demokratiewidrig.
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d) Ein Verstoß gegen das Rechtsstaats- und Demokratieprinzip liege auch in der in § 59 Abs. 1 Satz 1 MBG Schl.-H. den Spitzenverbänden der Gewerkschaften eingeräumten Befugnis, in begrenztem Umfang mit der zuständigen obersten Landesbehörde allgemeine Regelungen zu vereinbaren. Den Spitzenorganisationen der Gewerkschaften mangele es an einer verfassungsrechtlichen Legitimation, auch für solche Bedienstete Regelungen zu treffen, die nicht Gewerkschaftsmitglieder seien. In der Begründung einer derartigen Regelungsbefugnis der Spitzenorganisationen der Gewerkschaften liege eine verfassungsrechtlich nicht unbedenkliche Beschränkung des Grundsatzes der negativen Koalitionsfreiheit (Art. 9 Abs. 3 bzw. Art. 2 Abs. 1 GG).
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e) § 2 Abs. 4 MBG Schl.-H. begegne unter dem Aspekt des Demokratieprinzips insoweit erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken, als eine Reihe von Interpretationsgesichtspunkten dafür spreche, daß hierdurch den Personalvertretungen ein über die Wahrnehmung spezifischer Belange der Bediensteten und der Dienststelle hinausgehendes allgemein-politisches Mandat erteilt werden solle.
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a) aa) Nach Auffassung des Landtags von Schleswig-Holstein bezweckt das Mitbestimmungsgesetz in erster Linie die Effektuierung von Grundrechten im Arbeitsleben mit kollektiven Mitteln. Daneben diene es auch der Erfüllung der der Dienststelle obliegenden Aufgaben. Verfassungsrechtliche Fundamente der Mitbestimmung von Personalvertretungen seien die Grundrechtsnormen und das Sozialstaatsprinzip. Mitbestimmung sei auch mit anderen Verfassungsnormen vereinbar. Personalvertretungen und Einigungsstellen übten keine Staatsgewalt, sondern Beteiligungsrechte gegenüber dem Staat aus, soweit sie sich entsprechend § 1 Abs. 2 MBG Schl.-H. der Aufgabe annähmen, Grundrechte von Beschäftigten im Arbeitsleben zur Wirkung zu bringen. Entgegen der Auffassung der Antragsteller begründe § 2 Abs. 4 MBG Schl.-H. keine zusätzlichen Kompetenzen durch Übertragung eines allgemeinpolitischen Mandates, sondern verpflichte die Personalräte lediglich, bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben und der ihnen an anderer Stelle des Gesetzes eingeräumten Kompetenzen die bezeichneten Gemeinwohlbelange zu berücksichtigen. Die Bestimmung verfolge damit den Zweck, die Personalvertretungen in der Ausübung der ihnen eingeräumten Befugnisse zu beschränken.
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bb) Selbst wenn man davon ausgehe, daß Personalvertretungen und Einigungsstellen Staatsgewalt ausübten, so fehle es ihnen weder in personeller noch in sachlich-inhaltlicher Hinsicht an demokratischer Legitimation. Die Bildung von Personalräten und Einigungsstellen beruhe auf dem Willen des Gesetzgebers. In die Personalräte seien nur Personen wählbar, die zuvor vom Dienststellenleiter eingestellt worden seien. Entsprechend verfügten nicht nur die direkt von der Behörde, sondern auch die von der Personalvertretung bestellten Beisitzer der Einigungsstellen über eine letztlich auf das Volk zurückzuführende personelle Legitimation. In sachlich-inhaltlicher Hinsicht seien die Personalvertretungen und Einigungsstellen durch den Gesetzgeber legitimiert, sich entsprechend den im Mitbestimmungsgesetz zum Ausdruck gelangten Zielvorstellungen zu verhalten.
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cc) Die im Mitbestimmungsgesetz vorgenommene Beschränkung staatlicher Entscheidungskompetenzen durch Begründung von Beteiligungsrechten und Entscheidungskompetenzen von Einigungsstellen sei verfassungsrechtlich zulässig. Sie sei vereinbar mit dem institutionellen Gesetzesvorbehalt, der sich als ungeschriebenes Erfordernis aus dem Grundgesetz ergebe. Insbesondere seien die den Personalräten generalklauselartig eingeräumten Kompetenzen auch ohne beispielhafte Erläuterungen hinreichend bestimmt. Die Regelungen des Mitbestimmungsgesetzes führten aufgrund der spezifischen Betroffenheit und Schutzbedürftigkeit der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes bei der Gestaltung ihrer Beschäftigungsbedingungen und aufgrund der sich aus dem Gesetz ergebenden Beschränkungen der Mitbestimmungs- und Initiativrechte sowie der Entscheidungskompetenzen der Einigungsstellen nicht zu einer mit Art. 3 Abs. 1 GG nicht zu vereinbarenden Privilegierung der durch die Personalvertretungen repräsentierten Beschäftigten gegenüber anderen Staatsbürgern. Die Regelungen des Mitbestimmungsgesetzes seien mit dem Demokratieprinzip vereinbar, insbesondere sei der Gesetzgeber befugt, durch die Begründung von Mitbestimmungsrechten von Personalräten und von Entscheidungskompetenzen unabhängiger Einigungsstellen im Interesse des Grundrechtsschutzes den Einfluß von Volk, Parlament und Regierung auf Maßnahmen des Dienststellenleiters zu vermindern. Hinsichtlich der Gestaltung der Beschäftigungsbedingungen, unter denen Arbeitnehmer abhängige Arbeit verrichteten, stünden die durch die Mitbestimmungsrechte geschmälerten Alleinentscheidungsrechte von Dienststellenleitern ohnehin unter einem verfassungsrechtlichen "Mitbestimmungsvorbehalt". Bezüglich der Beamten sei der Gesetzgeber zumindest zu einer Gleichbehandlung berechtigt. Dem Grundsatz der parlamentarischen Verantwortlichkeit der Regierung, den § 104 Satz 3 BPersVG aufnehme, werde durch den Vorbehalt in § 55 MBG Schl.-H. genügt, weil hierdurch der zuständigen Dienststelle nicht nur de iure, sondern auch de facto ein Aufhebungs- und Letztentscheidungsrecht in allen wichtigen Angelegenheiten eingeräumt sei. |
dd) Auch die Vorschriften über das Mitbestimmungsverfahren in § 52 MBG Schl.-H. seien mit dem Rechtsstaatsprinzip, insbesondere mit der Bindung der Verwaltung an Recht und Gesetz, vereinbar. Es sei jedenfalls vertretbar, daß sich der Gesetzgeber im Rahmen seiner Einschätzungsprärogative für das von ihm gewählte Mitbestimmungs- und Einigungsstellenverfahren entschieden habe. Der Gefahr von Rechtsverletzungen beuge das Mitbestimmungsgesetz durch ausreichende rechtsstaatliche Sicherungen vor. Außerdem sei nicht ersichtlich, warum gerade § 52 MBG Schl.-H. ergänzungsbedürftig und wegen des Fehlens von Zusätzen teilweise verfassungswidrig sein sollte. |
ee) § 59 MBG Schl.-H. ermögliche Verträge nach Art von Dienstvereinbarungen, wobei für die Beschäftigten als Vertragspartner allerdings - wegen des Fehlens einer über den Geschäftsbereich einer obersten Landesbehörde hinaus zuständigen Personalvertretung - die Spitzenorganisationen der Gewerkschaften aufträten. Dabei fänden ergänzend die für Dienstvereinbarungen maßgeblichen Grundsätze Anwendung. Dem Land habe die erforderliche Gesetzgebungskompetenz für die in § 59 MBG Schl.-H. vorgesehene Regelung zugestanden. § 59 MBG Schl.-H. sei nur subsidiär anwendbar; das Tarifvertragsgesetz enthalte keine abschließende Regelung in bezug auf normativ wirkende Vereinbarungen für die Arbeitnehmer. Da die Spitzenorganisationen der Gewerkschaften auch im Rahmen des § 59 MBG Schl.-H. keine Staatsgewalt ausübten, bedürften sie keiner demokratischen Legitimation. Art. 9 Abs. 3 GG legitimiere den Gesetzgeber, Vereinbarungen zu ermöglichen, wie § 59 MBG Schl.-H. sie vorsehe. Die Erstreckung der normativen Wirkung auf gewerkschaftlich nicht oder anders organisierte Beschäftigte sei demokratisch legitimiert, weil es sich um eine vom zuständigen Parlament beschlossene gesetzliche Regelung handele und diese nur für Vereinbarungen gelte, auf welche sich demokratisch legitimierte Vertreter öffentlicher Gewalt in freier Entscheidung eingelassen hätten. Außerdem entspreche eine Unterscheidung zwischen organisierten und nicht oder anders organisierten Beschäftigten nicht dem staatlichen Interesse. Eine Gleichbehandlung lasse sich insoweit am einfachsten mit Hilfe der gesetzlich angeordneten generellen Erstreckungswirkung erreichen.
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b) aa) Nach Auffassung der Landesregierung Schleswig-Holstein gehen die Angriffe auf das Mitbestimmungsgesetz schon von einem grundsätzlich falschen Verständnis des Verhältnisses von Personalvertretung und parlamentarischer Demokratie aus. Mit dem Personalvertretungsrecht erfülle der Gesetzgeber einen sozialstaatlichen Schutzauftrag. Dieser gewinne Struktur und Gehalt durch die Tatsache, daß er der Grundrechtsverbürgung diene. Er gehe von dem Gedanken der Selbstentfaltung des Arbeitnehmers aus und ziele auf den Ausschluß bloßer Objektstellung. Auf dieser verfassungsrechtlichen Grundlage müßten Personalräte ihre Legitimation aus der Wahl durch die Betroffenen erhalten und die Mitwirkungsrechte ein Mindestmaß an Effektivität aufweisen. Dem unmittelbar demokratisch legitimierten Gesetzgeber stehe bei der Regelung der von der Verfassung offen gelassenen Fragen des Zusammenlebens eine Einschätzungsprärogative zu. Das Personalvertretungsrecht beruhe auf der Überzeugung des Gesetzgebers, daß die Belange der öffentlich Beschäftigten durch von ihnen selbst gewählte Vertreter am besten in die Verwaltungsorganisation integriert werden könnten. |
Ob im Rahmen der Tätigkeit von Personalvertretungen überhaupt Staatsgewalt ausgeübt werde, sei umstritten. Dies komme im wesentlichen in Betracht bei Entscheidungen der Einigungsstelle, die personelle Angelegenheiten von Beamten und organisatorische Angelegenheiten beträfen. In diesen Fällen seien die Eingriffsmittel der Staatsleitung besonders stringent ausgestaltet (vgl. § 55 Abs. 1 Nr. 1 und 2 MBG Schl.-H.). Soweit man von der Ausübung von Staatsgewalt ausgehe, stelle die sachlich-inhaltliche Legitimation kein Problem dar, da die Personalräte umfassend an die Vorgaben des Gesetzgebers gebunden seien und entsprechende Vorkehrungen die Gesetzesbefolgung im Prozeß der Beteiligung der Personalvertretung sicherten. Die organisatorisch-personelle Legitimation ergebe sich aus der vom Parlament gewollten Organisationsentscheidung. Durch seine Entscheidung, die Ausübung öffentlicher Gewalt anders zu organisieren als im Wege hierarchischer Ministerialverwaltung, verschaffe der Gesetzgeber außerdem den Trägern öffentlicher Gewalt zusätzliche Legitimation durch die Betroffenen.
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Das Mitbestimmungsgesetz verstoße nicht gegen das demokrati sche Prinzip der Regierungsverantwortung. Der Einsatz von Personalräten als Kontrastorganen, die auf die Einhaltung bestimmter Rechtspositionen im Prozeß der Personalpolitik achteten, könne gerade aus der Sicht der Kontrollfunktion des Parlaments hilfreich sein, ebenso wie daraus sich ergebende Konflikte das Parlament auf Schwachstellen in der Personalpolitik der Regierung hinweisen könnten. Den Rechten der Regierung werde das Gesetz dadurch gerecht, daß es der Verwaltung in § 55 MBG Schl.-H. die Möglichkeit gebe, Beschlüsse der Einigungsstelle aufzuheben, die wegen ihrer Auswirkung auf das Gemeinwesen die Regierungsverantwortung wesentlich berührten. |
bb) Die Entscheidung des Gesetzgebers, die Beteiligung des Personalrates nach dem sogenannten Prinzip der personalvertretungsrechtlichen "Allzuständigkeit" zu regeln (§§ 2 Abs. 1, 51 Abs. 1 MBG Schl.-H.), sei mit dem Grundgesetz vereinbar. Die Festlegung der Zuständigkeit des Personalrates stehe im Ermessen des Gesetzgebers. Die Neufassung bringe materiell keine entscheidende Ausweitung der Gegenstände, auf die sich die Mitwirkung der Personalvertretung beziehe. Der Umfang der Zuständigkeit sei auch ohne ausführlichen Beispielskatalog durch Rechtsprechung und Literatur geklärt. Mit der bestehenden Regelung sei es möglich, Lücken im Personalvertretungsrecht zu schließen, ohne daß der herkömmliche und gesicherte Bereich der Anwendung personalvertretungsrechtlicher Vorschriften überschritten werde.
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cc) Das Initiativrecht des Personalrates gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 MBG Schl.-H. sei mit einer in erster Linie kontrollierenden Funktion vereinbar. Der Dienststellenleiter bleibe angesichts der Aufgabenverteilung zwischen ihm und dem Personalrat das aktive, initiierende und politikbestimmende Organ der Behörde. Der Personalrat werde in der Regel nur dann zum Initiativrecht greifen, wenn der Dienststellenleiter in einer für die Beschäftigten wichtigen Frage nicht tätig werde. An der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur "Ersatzfunktion" des Initiativrechtes (BVerwGE 68, 137 [140]) sei zu bemängeln, daß sie aus der Funktion eine rechtliche Voraussetzung für die Inanspruchnahme des Initiativrechtes konstruiere. Ein Initiativrecht sei kein Entscheidungsrecht.
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dd) Das Mitbestimmungsverfahren nach § 52 MBG Schl.-H. entspreche auch ohne einen Versagungskatalog der rahmenrechtlichen Vorgabe des § 104 BPersVG und halte sich im Rahmen des dem Gesetzgeber bei der Organisation des Gesetzesvollzugs zustehenden Beurteilungs- und Prognosespielraums. |
ee) Die entscheidende Sicherung dagegen, daß gegen das Gesetz aus dem Demokratieprinzip oder der Gewaltenteilung verfassungsrechtliche Bedenken geäußert werden könnten, stelle schließlich das Letztentscheidungsrecht der Verwaltungsspitze nach § 55 Abs. 1 MBG Schl.-H. dar. Dieses sei in systematischer Konsequenz zur generalklauselartigen Eröffnung der Mitbestimmung der Personalvertretung ebenfalls generalklauselartig ausgestaltet und werde durch einen Beispielskatalog ergänzt. Durch die ausdrückliche Benennung der personellen Angelegenheiten der Beamten und Beamtinnen und der organisatorischen Angelegenheiten seien die Fälle, in denen am ehesten von der Ausübung von Staatsgewalt geredet werden könne, eindeutig im Sinne eines Letztentscheidungsrechtes geregelt. Im übrigen ermögliche die Generalklausel ein Letztentscheidungsrecht im Einzelfall auch in Bereichen, in denen grundsätzlich Mitbestimmung uneingeschränkt gewährt werden könnte. Beziehe man die organisatorischen Rahmenbedingungen in die Bewertung der Normen mit ein, so könne von einer mangelnden Effektivität des Letztentscheidungsrechtes schlechterdings keine Rede sein.
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ff) Bei § 59 MBG Schl.-H. gehe es nicht um die Ausübung von Staatsgewalt, sondern um eine koalitionsmäßige Betätigung von Arbeitnehmerverbänden gegenüber dem Arbeitgeber Staat. Diese Regelung könne das Demokratieprinzip schon deswegen nicht verletzen, weil Vereinbarungen im Sinne des § 59 MBG Schl.-H. immer vom Willen der obersten Landesbehörden gedeckt seien und von ihr nach § 59 Abs. 2 MBG Schl.-H. aufgehoben werden könnten. Bedenken gegen diese Regelung könnten allenfalls unter dem Gesichtspunkt der negativen Koalitionsfreiheit erhoben werden. Kern der negativen Koalitionsfreiheit sei das Recht, Koalitionen fernzubleiben. Das deutsche Arbeitsverfassungsrecht kenne jedoch kein generelles Recht, nicht der Regelungsmacht einer Koalition unter worfen zu werden, der man nicht angehöre. Insbesondere der öffentliche Arbeitgeber, der zur Gleichbehandlung seiner Arbeitnehmer verpflichtet sei, könne nicht mit Gewerkschaften und Berufsverbänden Vereinbarungen aushandeln, ohne sie auch auf Nichtverbandsmitglieder zu erstrecken. Im übrigen sei anerkannt, daß der Staat sich der Koalitionen zur Regelung der Arbeits- und Wirtschaftsbeziehungen bedienen dürfe. |
gg) Schließlich verleihe § 2 Abs. 4 MBG Schl.-H. dem Personalrat kein allgemeinpolitisches Mandat. Nach Wortlaut und Sinn könne die Vorschrift nur bedeuten, daß Personalvertretung und Dienststelle bei den ihnen obliegenden, also gegenständlich beschränkten und durch den Zweck der Personalvertretung gedeckten Aufgaben die in § 2 Abs. 4 genannten Belange zu berücksichtigen hätten.
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IV. |
Des weiteren haben Stellung genommen: Der Deutsche Gewerkschaftsbund, die Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr und die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft durch Vorlage eines Gutachtens von Professor Dr. Schuppert, die Deutsche Angestellten Gewerkschaft - Landesverband Schleswig-Holstein und Mecklenburg- Vorpommern, der Deutsche Beamtenbund und der Kommunale Arbeitgeberverband Schleswig-Holstein.
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Der Deutsche Gewerkschaftsbund, die Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr, die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft und die Deutsche Angestelltengewerkschaft halten das Mitbestimmungsgesetz für verfassungsgemäß, der Deutsche Beamtenbund hält die angegriffenen Regelungen für im wesentlichen noch verfassungsrechtlich zulässig, der Kommunale Arbeitgeberverband Schleswig-Holstein hält dagegen § 2 Abs. 1 und Abs. 4 sowie die §§ 52 bis 59 MBG Schl.-H. für verfassungswidrig.
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V. |
Nach Auskunft des Präsidenten des Bundesarbeitsgerichts und einer vom Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts übersandten Äußerung des VI. Revisionssenates haben die zuständigen Senate die in ihrer Gültigkeit streitigen Bestimmungen bislang nicht ange wandt. Ergänzend macht der VI. Revisionssenat Ausführungen zur Rechtslage unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. |
VI. |
Das Bundesverfassungsgericht konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Antragsteller auf sie gemäß § 25 Abs. 1 BVerfGG verzichtet haben (vgl. BVerfGE 83, 89 [97]).
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B. |
Der Normenkontrollantrag ist nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG, § 76 Nr. 1 BVerfGG zulässig.
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Im Verfahren der abstrakten Normenkontrolle wird der Prüfungsgegenstand durch den Antrag bezeichnet, der im Hinblick auf die im einzelnen vorgebrachten Beanstandungen auszulegen ist (vgl. BVerfGE 86, 148 [210 f.]). Danach sind vorliegend die Vorschriften des Schleswig-Holsteinischen Gesetzes über die Mitbestimmung der Personalräte in dem im Tenor bezeichneten Umfang Prüfungsgegenstand; denn die Antragsteller greifen bei sachgerechter Auslegung ihres Vorbringens neben § 2 Abs. 1 und 4 und § 59 MBG Schl.-H. die Vorschriften über Inhalt, Umfang und Verfahren der Mitbestimmung im Zweiten Unterabschnitt des Abschnitts V insgesamt mit Ausnahme lediglich der Regelung über Dienstvereinbarungen in § 57 und § 58 Abs. 2 Nr. 1 MBG Schl.-H. an.
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In diesem Rahmen hat das Bundesverfassungsgericht die Gültigkeit des angegriffenen Regelungskomplexes im ganzen und jeder einzelnen seiner Bestimmungen unter allen verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten - mithin ohne an Rügen der Antragsteller gebunden zu sein - zu prüfen (vgl. BVerfGE 37, 363 [396 f.]; 86, 148 [211]).
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C. |
Die §§ 2 Abs. 1, 51 und 52 in Verbindung mit §§ 53 bis 55 sowie § 56 und § 58 Abs. 1 und 2 Nr. 2 und Abs. 3 des Mitbestimmungsgesetzes Schleswig-Holstein sehen vor, daß der Personalrat bei allen personellen, sozialen, organisatorischen und sonstigen innerdienst lichen Maßnahmen, die die Beschäftigten der Dienststelle und diesen gleichstehende Personen insgesamt, Gruppen von ihnen oder einzelne Beschäftigte betreffen oder sich auf sie auswirken, in Form einer Mitbestimmung mit Entscheidungsrecht einer unabhängigen Einigungsstelle beteiligt werden muß. Diese Regelungen sind mit Art. 28 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 2 GG unvereinbar. |
I. |
In der freiheitlichen Demokratie geht alle Staatsgewalt vom Volke aus. Sie wird vom Volk in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt (Art. 20 Abs. 1 und 2 GG.). Gemäß Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG sind die Grundentscheidung des Art. 20 Abs. 2 GG für die Volkssouveränität und die daraus folgenden Grundsätze der demokratischen Organisation und Legitimation von Staatsgewalt auch für die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern verbindlich (vgl. BVerfGE 9, 268 [281]; 83, 60 [71]).
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1. Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG gestaltet den Grundsatz der Volkssouveränität aus. Er legt fest, daß das Volk die Staatsgewalt, deren Träger es ist, außer durch Wahlen und Abstimmungen durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausübt. Das setzt voraus, daß das Volk einen effektiven Einfluß auf die Ausübung der Staatsgewalt durch diese Organe hat. Deren Akte müssen sich auf den Willen des Volkes zurückführen lassen und ihm gegenüber verantwortet werden. Dieser Zurechnungszusammenhang zwischen Volk und staatlicher Herrschaft wird vor allem durch die Wahl des Parlaments, durch die von ihm beschlossenen Gesetze als Maßstab der vollziehenden Gewalt, durch den parlamentarischen Einfluß auf die Politik der Regierung sowie durch die grundsätzliche Weisungsgebundenheit der Verwaltung gegenüber der Regierung hergestellt. Für die Beurteilung, ob dabei ein hinreichender Gehalt an demokratischer Legitimation erreicht wird, haben die in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und in der Literatur unterschiedenen Formen der institutionellen, funktionellen, sachlich-inhaltlichen und der perso nellen Legitimation Bedeutung nicht je für sich, sondern nur in ihrem Zusammenwirken. Aus verfassungsrechtlicher Sicht entscheidend ist nicht die Form der demokratischen Legitimation staatlichen Handelns, sondern deren Effektivität; notwendig ist ein bestimmtes Legitimationsniveau. Dieses kann bei den verschiedenen Erscheinungsformen von Staatsgewalt im allgemeinen und der vollziehenden Gewalt im besonderen unterschiedlich ausgestaltet sein; innerhalb der Exekutive ist dabei auch die Funktionenteilung zwischen der für die politische Gestaltung zuständigen, parlamentarisch verantwortlichen Regierung und der zum Gesetzesvollzug verpflichteten Verwaltung zu berücksichtigen (vgl. BVerfGE 83, 60 [71 f.] m.w.N.). |
2. a) Organe und Amtswalter bedürfen mithin zur Ausübung von Staatsgewalt einer Legitimation, die - als eine demokratische - auf die Gesamtheit der Staatsbürger, das Volk, zurückgeht, jedoch regelmäßig nicht durch unmittelbare Volkswahl erfolgen muß. In diesem Bereich ist die Ausübung von Staatsgewalt demokratisch legitimiert, wenn sich die Bestellung der Amtsträger - personelle Legitimation vermittelnd - auf das Staatsvolk zurückführen läßt und das Handeln der Amtsträger selbst eine ausreichende sachlich-inhaltliche Legitimation erfährt; dies setzt voraus, daß die Amtsträger im Auftrag und nach Weisung der Regierung - ohne Bindung an die Willensentschließung einer außerhalb parlamentarischer Verantwortung stehenden Stelle - handeln können und die Regierung damit in die Lage versetzen, die Sachverantwortung gegenüber Volk und Parlament zu übernehmen (vgl. BVerfGE 9, 268 [281 f.]).
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b) Uneingeschränkte personelle Legitimation besitzt ein Amtsträger dann, wenn er verfassungsgemäß sein Amt im Wege einer Wahl durch das Volk oder das Parlament oder dadurch erhalten hat, daß er durch einen seinerseits personell legitimierten, unter Verantwortung gegenüber dem Parlament handelnden Amtsträger oder mit dessen Zustimmung bestellt worden ist (ununterbrochene Legitimationskette, vgl. dazu BVerfGE 83, 60 [73]). Sieht das Gesetz ein Gremium als Kreationsorgan für die definitive Bestellung eines Amtsträgers vor, das nur teils aus personell legitimierten Amtsträgern zusammengesetzt ist, so erhält der zu Bestellende volle demo kratische Legitimation für sein Amt nur dadurch, daß die die Entscheidung tragende Mehrheit sich ihrerseits aus einer Mehrheit unbeschränkt demokratisch legitimierter Mitglieder des Kreationsorgans ergibt. Die Vermittlung personeller demokratischer Legitimation setzt weiter voraus, daß die personell demokratisch legitimierten Mitglieder eines solchen Kreationsorgans bei ihrer Mitwirkung an der Bestellung eines Amtsträgers ihrerseits auch parlamentarisch verantwortlich handeln. |
c) Demokratischer Legitimation bedarf die Ausübung der Staatsgewalt in ihrer jeweiligen Funktion. Der demokratische Legitimationszusammenhang, den eine ununterbrochene Legitimationskette für einen Amtswalter begründet, bezieht sich jeweils auf das im Wege solcher Legitimation verliehene Amt, geht nicht darüber hinaus. Tätigkeiten, die von den Aufgaben des übertragenen Amtes nicht umfaßt werden, sind dadurch nicht mitlegitimiert; der Amtswalter handelt in diesem Bereich persönlich, nicht kraft demokratischer Legitimation.
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3. Als Ausübung von Staatsgewalt, die demokratischer Legitimation bedarf, stellt sich jedenfalls alles amtliche Handeln mit Entscheidungscharakter dar (BVerfGE 83, 60 [73]). Es kommt nicht darauf an, ob es unmittelbar nach außen wirkt oder nur behördenintern die Voraussetzungen für die Wahrnehmung der Amtsaufgaben schafft. Auch solche Entscheidungen bedürfen daher demokratischer Legitimation.
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a) Entscheidungen im internen Bereich von Regierung und Verwaltung stellen sich im Verhältnis zu den Bürgern als Ausübung von Staatsgewalt dar. Ihnen kommt indes daneben eine auf den Binnenbereich des öffentlichen Dienstes bezogene Bedeutung zu. Denn die in dem jeweiligen Dienstbereich Beschäftigten, deren sich die staatlichen Organe bedienen müssen, um die ihnen übertragenen Aufgaben nach den Anforderungen der Verfassung erfüllen zu können, werden durch sie in ihren spezifischen Interessen als Dienst- und Arbeitnehmer berührt. Dies unterscheidet solche innerdienstlichen Maßnahmen von anderen Maßnahmen, mit denen Staatsgewalt ausgeübt wird. Diese Besonderheiten darf der Gesetzgeber bei der Verwirklichung des demokratischen Prinzips berücksichtigen, wenn er die Entscheidungsfindung für solche innerdienstlichen Maßnahmen regelt. Das demokratische Prinzip läßt es - in noch näher zu bestimmenden (siehe unten 4.) Grenzen - zu, daß der Staat (einschließlich der Kommunen) seinen Beschäftigten eine - in gewissem Umfang auch mitentscheidende - Beteiligung zur Wahrung ihrer Belange und zur Mitgestaltung ihrer Arbeitsbedingungen einräumt. Es geht dabei um Beteiligungsrechte, die in vergleichbarer Weise auch für Arbeitnehmer der Privatwirtschaft verwirklicht sind und sich nach den Erfahrungen des Arbeitslebens als wichtiges Instrument des Interessenausgleichs und der Gewährleistung von "Betriebsfrieden", damit letztlich auch zur Förderung sachgerechter Aufgabenerledigung erwiesen haben. |
Die Gewährung solcher Beteiligungsrechte knüpft gerade nicht daran an, daß die Berechtigten von den Maßnahmen als Bürger betroffen sind, die der Staatsgewalt unterworfen sind. Sie betrifft Beschäftigte, insofern sie mit dem Staat aufgrund eines wechselseitig Rechte und Pflichten begründenden Arbeits- oder Dienstverhältnisses verbunden sind. Solche Beteiligungsrechte sind mit dem Demokratieprinzip vereinbar, solange sie nicht den Grundsatz berühren, daß alle der Staatsgewalt Unterworfenen den gleichen Einfluß auf die Ausübung von Staatsgewalt haben müssen und deshalb Bürgern, die von einer bestimmten Ausübung von Staatsgewalt individuell betroffen sind, keine besonderen Mitentscheidungsbefugnisse eingeräumt werden dürfen.
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b) Die schon früher aufgeworfene, jedoch vom Bundesverfassungsgericht offen gelassene Frage, ob die Grundrechte oder das Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG den Gesetzgeber verpflichten, für den Bereich des öffentlichen Dienstes in gewissem Umfang Beteiligungsrechte eines gewählten Repräsentationsorgans der Beschäftigten zu schaffen (vgl. BVerfGE 51, 43 [58]), bedarf auch hier keiner Entscheidung. Das Grundgesetz läßt jedenfalls Raum für eine Personalratsbeteiligung. Dem Gesetzgeber ist dabei verfassungsrechtlich nicht vorgegeben, wie er innerhalb des ihm gesetzten Rahmens (siehe dazu unten 4.) die Beteiligung der Personalvertretungen an innerdienstlichen, sozialen und personellen Angelegenheiten der Beschäftigten im einzelnen ausgestaltet.
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4. Dem Gesetzgeber sind jedoch bei einer Beteiligung der Beschäftigten an Maßnahmen, mit denen Staatsgewalt ausgeübt wird, durch das Erfordernis hinreichender demokratischer Legitimation Grenzen gesetzt. Solche Maßnahmen dürfen in keinem Fall ohne die mindestens mitentscheidende Beteiligung verantwortlicher Amtsträger erlassen werden; auch im internen Dienstbetrieb ist kein Raum für eine "Autonomie" des öffentlichen Dienstes, sei diese auch noch so eingeschränkt. |
In welcher Art und in welchen Fällen die Mitbestimmung oder eine andere Form der Beteiligung der Personalvertretung verfassungsrechtlich zulässig ist, ist unter Würdigung der Bedeutung der beteiligungspflichtigen Maßnahmen sowohl für die Arbeitssituation der Beschäftigten und deren Dienstverhältnis als auch für die Erfüllung des Amtsauftrages zu bestimmen: Die Mitbestimmung darf sich einerseits nur auf innerdienstliche Maßnahmen erstrecken und nur so weit gehen, als die spezifischen in dem Beschäftigungsverhältnis angelegten Interessen der Angehörigen der Dienststelle sie rechtfertigen (Schutzzweckgrenze). Andererseits verlangt das Demokratieprinzip für die Ausübung von Staatsgewalt bei Entscheidungen von Bedeutung für die Erfüllung des Amtsauftrages jedenfalls, daß die Letztentscheidung eines dem Parlament verantwortlichen Verwaltungsträgers gesichert ist (Verantwortungsgrenze).
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Innerhalb dieses Rahmens gilt: Je weniger die zu treffende Entscheidung typischerweise die verantwortliche Wahrnehmung des Amtsauftrages und je nachhaltiger sie die Interessen der Beschäftigten berührt, desto weiter kann die Beteiligung der Personalvertretung reichen. Der Amtsauftrag selbst muß stets in Verantwortung gegenüber Volk und Parlament wahrgenommen werden, weil die Ausübung staatlicher Herrschaft gegenüber dem Bürger - unbeschadet möglicher Einschränkungen bei Aufgaben von besonders geringem Entscheidungsgehalt (vgl. BVerfGE 83, 60 [74] unter Bezugnahme auf BVerfGE 47, 253 [274 f.]) - stets den demokratisch legitimierten Amtsträgern vorbehalten ist (vgl. BVerfGE 83, 60 [73 f.]). Hieraus folgen für die Beteiligung der Personalvertretung unterschiedliche Möglichkeiten und Grenzen, je nachdem, ob es sich um Angelegenheiten handelt, die in ihrem Schwerpunkt die Beschäftigten in ihrem Beschäftigungsverhältnis betreffen, typischerweise aber nicht oder nur unerheblich die Wahrnehmung von Amtsaufgaben gegenüber dem Bürger berühren (a), um Maßnahmen, die den Binnenbereich des Beschäftigungsverhältnisses betreffen, die Wahrnehmung des Amtsauftrages jedoch typischerweise nicht nur unerheblich berühren (b) oder um Maßnahmen, die schwerpunktmäßig die Erledigung von Amtsaufgaben betreffen, unvermeidlich aber auch die Interessen der Beschäftigten berühren (c). |
a) Bei der Regelung von Angelegenheiten, die in ihrem Schwerpunkt die Beschäftigten in ihrem Beschäftigungsverhältnis betreffen, typischerweise aber nicht oder nur unerheblich die Wahrnehmung von Amtsaufgaben gegenüber dem Bürger berühren - hierzu rechnen soziale Angelegenheiten, wie sie in § 75 Abs. 2 BPersVG umschrieben sind, und etwa der in § 75 Abs. 3 (ausgenommen die Nummern 10, 14 und 17) BPersVG umschriebene Kreis innerdienstlicher Angelegenheiten - gestattet das Demokratieprinzip eine weitreichende Mitwirkung der Beschäftigten. Der Gesetzgeber kann vorsehen, daß solche Maßnahmen an die Mitbestimmung der Personalvertretung gebunden und, sofern Dienststelle und Personalvertretung nicht zu einer Einigung gelangen, der Entscheidung einer weisungsunabhängigen Einigungsstelle überlassen werden. Auch in diesen Fällen bedarf es aber einer - wenngleich abgeschwächten - demokratischen Legitimation. Diese wird im Personalvertretungsrecht üblicherweise dadurch sichergestellt, daß Personalrat und Einigungsstelle bei ihrer Tätigkeit an Gesetz und Recht gebunden sind, zumindest die Mehrheit der Mitglieder der im Nichteinigungsfalle entscheidenden Einigungsstelle jedenfalls in gewissem Maße personell demokratisch legitimiert ist und zusätzlich Entscheidungen, die im Einzelfall wegen ihrer Auswirkungen auf das Gemeinwohl wesentlicher Bestandteil der Regierungsgewalt sind, einem parlamentarisch verantwortlichen Amtsträger vorbehalten bleiben (vgl. § 104 Satz 3 BPersVG); letzteres kann in Gestalt eines Evokationsrechtes oder in ähnlicher Form vorgesehen werden. Zusätzlich kann die demokratische Legitimation der Entscheidung gestärkt werden, wenn die Verweigerung der Zustimmung der Personalver tretung an bestimmte Beweggründe (Versagungsgründe) gebunden wird (vgl. §§ 77 Abs. 2, 79 Abs. 1 Satz 3 BPersVG). |
b) Maßnahmen, die den Binnenbereich des Beschäftigungsverhältnisses betreffen, die Wahrnehmung des Amtsauftrages jedoch typischerweise nicht nur unerheblich berühren, bedürfen eines höheren Maßes an demokratischer Legitimation, die freilich auf unterschiedliche Weise bewirkt werden kann. Zu solchen Maßnahmen rechnen etwa die in §§ 75 Abs. 3 Nr. 14 und 17, 78 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG genannten. Solche Maßnahmen werden in aller Regel normativ nicht soweit vorstrukturiert sein, daß sie sich auf eine meßbar richtige Plan- oder Gesetzesdurchführung beschränken. Deshalb muß jedenfalls die Möglichkeit der verbindlichen Letztentscheidung stets einem gegenüber Volk und Parlament verantwortlichen Amtsträger vorbehalten bleiben. Die Kompetenz einer Einigungsstelle zur abschließenden Entscheidung kann hier nur unter der Voraussetzung hingenommen werden, daß die Mehrheit ihrer Mitglieder uneingeschränkt personell demokratisch legitimiert ist und die Entscheidung darüber hinaus von einer Mehrheit der so legitimierten Mitglieder getragen wird (Prinzip der sogenannten doppelten Mehrheit; vgl. hierzu erläuternd E.-W. Böckenförde, Demokratie als Verfassungsprinzip, in Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. I, 1987, § 22, S. 899, Fußnote 25). Allerdings kann der Gesetzgeber den der Einigungsstelle anhaftenden Mangel demokratischer Legitimation bei den in Rede stehenden Angelegenheiten durch das Letztentscheidungsrecht einer in parlamentarischer Verantwortung stehenden oder dem Weisungsrecht eines parlamentarisch verantwortlichen Amtsträgers unterliegenden Stelle ausgleichen. Die Ausübung des Letztentscheidungsrechts darf insoweit nicht von der Darlegung abhängig gemacht werden, daß der jeweilige Mitbestimmungsfall wegen seiner Auswirkungen auf das Gemeinwohl Bestandteil der Regierungsverantwortung sei.
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c) Innerdienstliche Maßnahmen, insbesondere organisatorische, personelle und - in Einzelfällen - soziale Maßnahmen, die schwerpunktmäßig die Erledigung von Amtsaufgaben betreffen, unvermeidlich aber auch die Interessen der Beschäftigten berühren, sind stets von so großer Bedeutung für die Erfüllung des Amtsauftrages, daß die parlamentarische Verantwortlichkeit der Regierung für sie keine substantielle Einschränkung erfahren darf. Solche Maßnahmen dürfen nicht auf Stellen zur Alleinentscheidung übertragen werden, die Parlament und Regierung nicht verantwortlich sind. Sollen in diesen Fällen Personalvertretung und Einigungsstelle in die Willensbildung und Entscheidungsfindung einbezogen werden, so kann dies - jedenfalls auf der letzten Stufe - allenfalls in der Form der sogenannten eingeschränkten Mitbestimmung geschehen (vgl. § 69 Abs. 4 Satz 3 und 4 BPersVG): Die Entscheidung der Einigungsstelle darf nur den Charakter einer Empfehlung an die zuständige Dienstbehörde haben. Zu den hier in Rede stehenden Maßnahmen gehören insbesondere solche der Personalpolitik (der auch Art. 31 Verf. Schl.-H. eine zentrale Bedeutung beimißt), also alle Maßnahmen, die den Rechtsstatus von Beamten, Angestellten und Arbeitern des öffentlichen Dienstes betreffen (vgl. z.B. §§ 75 Abs. 1, 76, 78 Abs. 1 Nr. 2 bis 4, 79 BPersVG), sowie alle organisatorischen Maßnahmen der Dienststelle, die für die Wahrnehmung des Amtsauftrages von erheblicher Bedeutung sind. |
Im übrigen ergibt sich auch aus der Rahmenvorschrift des § 104 Satz 3 BPersVG, daß der Landesgesetzgeber Entscheidungen, die wegen ihrer Auswirkungen auf das Gemeinwesen wesentlicher Bestandteil der Regierungsgewalt sind, nicht den der Volksvertretung verantwortlichen Stellen entziehen darf. In diese Regelung ist die vom Bundesverfassungsgericht getroffene Feststellung eingegangen, daß entsprechend hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums über Personalangelegenheiten eines Beamten in der Regel allein die ihm vorgesetzten Dienstbehörden entscheiden, die in einem hierarchischen Über- und Unterordnungsverhältnis stehen (vgl. BVerfGE 9, 268 [287]).
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5. Die Verfassung gibt weder ein bestimmtes Mitbestimmungsmodell noch im einzelnen die Abgrenzung der Bereiche vor, in denen innerdienstliche Maßnahmen nur unerhebliche, nicht nur unerhebliche und schließlich erhebliche Auswirkungen auf die Wahrnehmung der Aufgaben der öffentlichen Verwaltung haben. Dem Gesetzgeber verbleibt Entscheidungsspielraum auch insoweit, als er der unterschiedlichen Bedeutung von Maßnahmen im Bereich der Verwaltung für die Erfüllung des Amtsauftrages durch unterschiedliche Formen der Beteiligung der Personalvertretung an ihrem Zustandekommen Rechnung tragen kann. Er muß jedoch beachten, daß keine Entscheidung, die für die Sachverantwortung der Regierung gegenüber Parlament und Volk von einiger Tragweite ist, aus dieser Sachverantwortung herausgenommen wird. |
6. Soweit das Demokratieprinzip die Aufrechterhaltung von Entscheidungskompetenz der demokratisch legitimierten Stellen verlangt, genügt der Gesetzgeber diesem Erfordernis nicht schon dadurch, daß er für deren formale Wahrung sorgt. Das Demokratieprinzip stellt - wie das Rechtsstaatsprinzip - auch Anforderungen an die Verfahrensregelungen, mit denen der Gesetzgeber die Mitwirkung der Personalvertretungen abzusichern trachtet. Denn die gemeinwohlorientierte, an Gesetz und Recht gebundene, wirksame Erfüllung des Amtsauftrages setzt voraus, daß die dafür erforderlichen organisatorischen und sonstigen innerdienstlichen Bedingungen sach- und zeitgerecht geschaffen werden. Der Gesetzgeber darf deshalb die verantwortlichen Amtsträger nicht in eine Lage bringen, in der sie jene Maßnahmen, die für die zeitgerechte Herstellung der Bedingungen einer ordnungsgemäßen Erfüllung des Amtsauftrages notwendig sind, nur um den Preis von Zugeständnissen durchsetzen können, die sie nicht oder nur mit Einschränkungen für sachgerecht halten und in die sie sonst nicht einzuwilligen bereit wären. Der Gesetzgeber hat deshalb praktische Auswirkungen von Mitbestimmungsregelungen auf die Wahrnehmung effektiver Verantwortung durch die demokratisch legitimierten Stellen bei Erlaß seiner Regelungen in Rechnung zu stellen, den Gesetzesvollzug zu beobachten und gegebenenfalls Fehlentwicklungen zu korrigieren. Dabei ist auch darauf Bedacht zu nehmen, daß das Gesetz als Grundlage einer möglichst reibungslosen Zusammenarbeit zwischen Dienststellenleiter und Personalvertretung zu dienen hat. Diesem Ziel werden personalvertretungsrechtliche Regelungen grundsätzlich dann nicht gerecht, wenn ihr Inhalt nur im Wege der gerichtlichen Auslegung geklärt werden kann, indem die Rechtsprechung auf andere Personalvertretungsgesetze zurückgreift.
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II. |
Nach dem dargelegten Maßstab ist die Regelung der §§ 2 Abs. 1, 51 und 52 in Verbindung mit § 53 bis 55 sowie der §§ 56 und 58 Abs. 1, 2 Nr. 2 und Abs. 3 MBG Schl.-H. mit dem Demokratieprinzip (Art. 28 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 2 GG) unvereinbar.
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Der Gesetzgeber wird mit dem von ihm gewählten Modell der Mitbestimmung, wonach im Fall der Nichteinigung zwischen Dienststelle und Personalvertretung die Entscheidung über die Maßnahme - oft nach Durchführung eines Stufenverfahrens (vgl. § 52 Abs. 3 bis 5 MBG Schl.-H.) - einer "paritätisch" bestellten weisungsunabhängigen Stelle überlassen und nur unter bestimmten Voraussetzungen und befristet (§ 55 MBG Schl.-H.) der Letztentscheidung einer zuständigen Dienststelle zugänglich ist, zwar den Anforderungen demokratischer Legitimation bei Entscheidungen in jenen Angelegenheiten gerecht, die in ihrem Schwerpunkt die Beschäftigten in ihrem Beschäftigungsverhältnis betreffen, typischerweise aber nicht oder nur unerheblich die Wahrnehmung der Amtsaufgaben gegenüber dem Bürger berühren (vgl. oben C.I.4.a). Im übrigen ist die Regelung jedoch nicht geeignet, das sich aus dem Demokratieprinzip ergebende Erfordernis hinreichender demokratischer Legitimation sicherzustellen.
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1. In ihrer Gesamtheit ist die Regelung mit den Erfordernissen hinreichender demokratischer Legitimation von Verwaltungshandeln schon deshalb unvereinbar, weil das Mitbestimmungsmodell auf der Grundlage der §§ 2 Abs. 1, 51 Abs. 1 Satz 1 MBG Schl.-H. (Allzuständigkeit des Personalrates) für alle Maßnahmen gelten soll, die die Beschäftigten betreffen oder berühren, unabhängig von ihren Auswirkungen auf die Wahrnehmung der Aufgaben der öffentlichen Verwaltung.
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a) Der Gesetzgeber hat die Allzuständigkeit zwar begrenzt. So sind Weisungen an einzelne oder mehrere Beschäftigte, die die Erledigung dienstlicher Obliegenheiten oder zu leistender Arbeit regeln, der Mitbestimmung entzogen (§ 51 Abs. 1 Satz 3 MBG Schl.-H.). Die Mitbestimmung entfällt auch bei personellen Maßnahmen für Beamtinnen und Beamte der Besoldungsordnung B und ver gleichbare Angestellte (§ 51 Abs. 6 MBG Schl.-H.) und beim Erlaß von Rechtsvorschriften, bei dem Zustandekommen von allgemeinen Regelungen nach § 59 MBG Schl.-H. und bei Organisationsentscheidungen der Ministerpräsidentin oder des Ministerpräsidenten, der Landesregierung und der Ministerinnen und Minister, die auf deren verfassungsmäßigen Rechten beruhen (§ 51 Abs. 7 MBG Schl.-H.). In Angelegenheiten leitender sowie längerfristig abgeordneter Angestellter und der Beschäftigten im Beamtenverhältnis auf Zeit - mit Ausnahme des in § 51 Abs. 4 MBG Schl.-H. in Bezug genommenen Personenkreises - bestimmt der Personalrat nur auf Antrag der Betroffenen mit (§ 51 Abs. 4 MBG Schl.-H.). Berühren Mitbestimmungsfälle über die beabsichtigten Maßnahmen hinaus schutzwürdige persönliche Interessen von Beschäftigten, ist die Mitbestimmung des Personalrates von der Zustimmung der Betroffenen abhängig (§ 51 Abs. 5 MBG Schl.-H.). Ferner enthält das Gesetz Sonderregelungen für bestimmte Verwaltungszweige (§§ 77 ff. MBG Schl.-H.). |
Diese Einschränkungen ändern indessen nichts daran, daß der Mitbestimmung in weiten Bereichen Angelegenheiten zugeführt werden, die sich typischerweise auf die Wahrnehmung der Aufgaben der öffentlichen Verwaltung nicht nur unerheblich, wenn nicht gar erheblich auswirken.
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b) Nach §§ 2 Abs. 1, 51 Abs. 1 Satz 1 MBG Schl.-H. sind auch die personellen und organisatorischen Maßnahmen der Mitbestimmung unterworfen. Damit unterfallen der Mitbestimmung auch alle personellen Maßnahmen für Beamtinnen und Beamte der Besoldungsordnung A und vergleichbare Angestellte, alle Organisationsentscheidungen unterhalb der Ministerialebene und sogar die Befugnis zur Einrichtung von Behörden im staatlichen Bereich, wenn und soweit die Landesregierung diese durch Delegation (vgl. Art. 45 Abs. 3 Satz 2 Verf. Schl.-H.) nach unten weitergereicht hat. Das Gesetz sieht in solchen Entscheidungen, wie sich aus § 51 Abs. 1 Satz 1 MBG Schl.-H. ("und sonstigen innerdienstlichen Maßnahmen") entnehmen läßt, zwar nur Fallgruppen innerdienstlicher Maßnahmen. Es ist aber nach dem Regelungszusammenhang des Gesetzes deutlich und ergibt sich auch aus § 51 Abs. 6 und § 55 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes, daß damit auch Maßnahmen mit unmittelbarer Außenwirkung, wie die Einstellung, Anstellung, Beförderung und Entlassung eines Beamten und jede andere statusverändernde oder sonst in das Grundverhältnis eingreifende beamtenrechtliche Entscheidung sowie jede vergleichbare Rechtshandlung mit arbeitsrechtlicher Wirkung im Bereich der Angestellten und Arbeiter des öffentlichen Dienstes an die Mitbestimmung gebunden wird (vgl. auch Fuhrmann/Neumann/Thorenz, Personalvertretungsrecht Schleswig-Holstein, 4. Aufl., 1994, Rn. 38 zu § 51 MBG Schl.-H.). Derartige Maßnahmen berühren den jeweils Betroffenen unmittelbar in seinen staatsbürgerlichen Rechten aus Art. 33 Abs. 2 und 5 GG oder in seinen Grundrechten, insbesondere in seinen Rechten auf Gleichbehandlung aus Art. 3 GG, und stellen sich mithin insoweit als Ausführung des Amtsauftrages dar. Zudem ist die Bestellung der Amtsträger für die Erfüllung der Amtsaufgaben gegenüber dem Bürger von zentraler Bedeutung und damit stets eine Angelegenheit, die die Regierungsverantwortung wesentlich berührt. |
2. Die Mitbestimmung der Personalvertretungen greift somit weit über den Bereich hinaus, der den Amtsauftrag typischerweise nicht nur unerheblich berührt. Insoweit genügt die Regelung auch nicht den herabgestuften Anforderungen an die demokratische Legitimation von innerdienstlichen Maßnahmen, die einerseits Ausübung von Staatsgewalt sind und andererseits spezifische Arbeitnehmerinteressen berühren.
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Finden nach dieser Regelung Dienststelle und Personalvertretung nicht zu einer einvernehmlichen Lösung, so fällt die Beschlußfassung über die zu treffende Maßnahme bei Anrufung durch die eine oder andere Seite der Einigungsstelle zu, deren Entscheidung die für die Anrufung zuständige Dienststelle nur in den Fällen des § 55 MBG Schl.-H. aufheben kann, um danach selbst zu entscheiden.
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a) Die Entscheidungen der Einigungsstelle sind, soweit es sich um Maßnahmen handelt, die den Amtsauftrag typischerweise nicht nur unerheblich berühren, nicht hinreichend demokratisch legitimiert. Dies folgt aus der Zusammensetzung der Einigungsstelle (vgl. § 53 Abs. 3 bis 5 MBG Schl.-H.) und aus der ihr durch § 53 Abs. 3 Satz 3 des Gesetzes gewährten Weisungsfreiheit.
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Die beiden von der Personalvertretung bestellten Beisitzer sind personell nicht demokratisch legitimiert. Dementsprechend erfährt von ihrer Seite auch der Vorsitzende der Einigungsstelle keine demokratische Legitimation; jedenfalls einer von ihnen muß aber notwendig an der mehrheitlich zu entscheidenden Bestellung des Vorsitzenden beteiligt sein. Die beiden von der Dienststelle bestellten Beisitzer sind ihrerseits zwar hinreichend personell demokratisch legitimiert, weil sie ihr Amt von einem seinerseits demokratisch legitimierten Amtsträger ableiten. Da sie aber weder parlamentarisch verantwortlich handeln noch dem Weisungsrecht eines parlamentarisch verantwortlichen Amtsträgers unterliegen, kann ihre Mitwirkung bei der Bestellung des Vorsitzenden diesem ebenfalls keine uneingeschränkte personelle demokratische Legitimation vermitteln. Folglich enträt auch der Vorsitzende der Einigungsstelle - jedenfalls dann, wenn seine Bestellung durch Wahl der Beisitzer erfolgt - einer uneingeschränkten demokratischen Legitimation. Ob dies auch gilt, wenn im Nichteinigungsfalle der Vorsitzende von der Präsidentin oder dem Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts bestellt wird, kann dahinstehen, da die Einigungsstelle mit Stimmenmehrheit (§ 54 Abs. 3 Satz 2 MBG Schl.-H.) entscheidet und damit in keinem Fall sichergestellt ist, daß die Entscheidungen jeweils von einer Mehrheit der uneingeschränkt demokratisch legitimierten Mitglieder getragen werden. |
b) Das Aufhebungs- und Letztentscheidungsrecht der obersten Dienststelle nach § 55 MBG Schl.-H. ist bei Entscheidungen in Angelegenheiten, die schwerpunktmäßig die Erledigung von Amtsaufgaben betreffen, nicht geeignet, den Mangel an demokratischer Legitimation auszugleichen, der ihnen anhaftet. Hier verfehlt eine auf ein bloßes Evokationsrecht zurückgenommene Entscheidungsbefugnis des demokratisch legitimierten und parlamentarisch verantwortlichen Amtsträgers schon im Ansatz die Anforderungen des demokratischen Prinzips, weil solche Entscheidungen einer Mediatisierung durch eine nicht voll demokratisch legitimierte Stelle unzugänglich sind. In diesen Fällen kommt mithin allenfalls eine eingeschränkte Mitbestimmung in Betracht, bei der die Entscheidung der Einigungsstelle nur den Charakter einer Empfehlung an die zustän dige Dienstbehörde hat. Dabei kann offenbleiben, ob die Regelung in § 55 MBG Schl.-H. dahin zu verstehen ist, daß die in Absatz 1 Nr. 1 bis 6 beispielhaft genannten Angelegenheiten stets der Letztentscheidung der zuständigen Dienststelle unterliegen, oder ob dies nur dann der Fall ist, wenn die zu treffende Entscheidung im Einzelfall wegen ihrer Auswirkungen auf das Gemeinwesen die Regierungsverantwortung wesentlich berührt. Die Regelung genügt aber auch in anderen Fällen, die typischerweise für die Wahrnehmung des Amtsauftrages von erheblicher Bedeutung sind, nicht den Anforderungen demokratischer Legitimation. Denn das Letztentscheidungsrecht wird vom Grundsatz her nicht uneingeschränkt gewährt, sondern im Einzelfall an die Voraussetzung geknüpft, daß der Beschluß der Einigungsstelle wegen seiner Auswirkungen auf das Gemeinwesen die Regierungsverantwortung wesentlich berührt. |
c) Unabhängig von dem dem Gesetz insofern anhaftenden durchgreifenden verfassungsrechtlichen Mangel läuft das Entscheidungsrecht der Einigungsstelle in beamtenrechtlichen Angelegenheiten - ungeachtet des vorgesehenen Evokationsrechts der zuständigen Stelle - der rahmenrechtlichen Regelung des § 104 Satz 3 BPersVG zuwider; diese will auch sicherstellen, daß über Personalangelegenheiten eines Beamten in der Regel allein die ihm vorgesetzten Dienstbehörden entscheiden, die in einem hierarchischen Über- und Unterordnungsverhältnis stehen (vgl. oben C.I.4.c).
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3. Die Regelungen in den §§ 2 Abs. 1, 51 und 52 in Verbindung mit §§ 53 bis 55 MBG Schl.-H., die den Anforderungen an die demokratische Legitimation nicht genügen, lassen sich nicht im Wege einer verfassungskonformen Auslegung auf einen den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügenden Inhalt zurückführen. Eine solche Auslegung müßte teilweise gegen den ausdrücklichen Wortlaut und Normierungswillen des Gesetzes erfolgen. Überdies schreibt die Verfassung die Abgrenzung und personalvertretungsrechtliche Behandlung der in ihren Auswirkungen unterschiedlichen innerdienstlichen Maßnahmen nicht im einzelnen vor. Sie räumt dem Gesetzgeber insoweit einen nicht unerheblichen Entscheidungsspielraum bei der Abgrenzung und Zuordnung einzelner Angelegenheiten zu den verschiedenen Formen personalvertretungsrechtlicher Beteiligung ein. Seine Aufgabe ist es daher, eine den Anforderungen an die demokratische Legitimation genügende gesetzliche Regelung zu treffen. |
4. Die Regelung des Initiativrechtes in § 56 MBG Schl.-H. ist als Bestandteil der ungenügend eingegrenzten Gesamtregelung gleichfalls unvereinbar mit dem Grundgesetz. Dabei ist es unerheblich, daß ein Initiativrecht als solches bei den in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwGE 68, 137 [140]; BVerwG Buchholz 251.0 BaWüPersVG § 70 Nr. 1) angenommenen Ausübungsschranken nicht verfassungswidrig ist und die im Mitbestimmungsgesetz Schleswig-Holstein insoweit getroffenen Regelungen für sich genommen sich von den in anderen Personalvertretungsgesetzen nicht derart unterscheiden, daß die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auf sie nicht übertragen werden könnte. Denn das Initiativrecht empfängt seinen konkreten Gehalt durch die Beziehung auf alle innerdienstlichen Angelegenheiten mit der Folge, daß bei einer Nichteinigung über die initiierte Maßnahme die Einigungsstelle entscheidet (§ 56 Abs. 6 MBG Schl.-H.). Ein so gestaltetes Initiativrecht widerspricht bei Angelegenheiten, die die Wahrnehmung von Amtsaufgaben nicht nur unerheblich berühren, den Anforderungen des Demokratieprinzips.
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5. Die Verfassungswidrigkeit der §§ 2 Abs. 1, 51 und 52 in Verbindung mit §§ 53 bis 55 und § 56 MBG Schl.-H. wirkt sich notwendig auch dahin aus, daß die Regelung des § 58 MBG Schl.-H., soweit sie die Durchführung von Entscheidungen betrifft, an denen der Personalrat beteiligt war (§ 58 Abs. 1 und 2 Nr. 2 sowie Abs. 3 MBG Schl.-H.), mit der Verfassung unvereinbar ist.
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D. |
§§ 2 Abs. 4 und 59 MBG Schl.-H. sind bei verfassungskonformer Auslegung mit dem Grundgesetz vereinbar.
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I. |
Eine gesetzliche Regelung ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nur dann verfassungswidrig, wenn keine nach anerkannten Auslegungsgrundsätzen zulässige und mit der Verfassung zu vereinbarende Auslegung möglich ist. Lassen der Wortlaut, die Entstehungsgeschichte, der Gesamtzusammenhang der einschlägigen Vorschriften und deren Sinn und Zweck mehrere Deutungen zu, von denen jedenfalls eine zu einem verfassungsgemäßen Ergebnis führt, so ist eine Auslegung geboten, die mit dem Grundgesetz in Einklang steht (vgl. BVerfGE 69, 1 [55] m.w.N.). Ist eine einschränkende, verfassungskonforme Auslegung möglich, dann kommt es "nicht darauf an, ob dem subjektiven Willen des Gesetzgebers die weitergehende", dem Grundgesetz nicht entsprechende Auslegung "eher entsprochen hätte" (vgl. BVerfGE 9, 194 [200]). Die verfassungskonforme Auslegung findet ihre Grenzen aber dort, wo sie zu dem Wortlaut und dem klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers in Widerspruch treten würde (vgl. BVerfGE 90, 263 [275] m.w.N.).
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II. |
§ 2 Abs. 4 MBG Schl.-H. ist von seinem Wortlaut her der von den Antragstellern vertretenen Auslegung zugänglich, daß dem Personalrat ein über die Vertretung der Interessen der Beschäftigten hinausgehendes allgemeinpolitisches Mandat eingeräumt ist. In dieser Auslegung würde die Vorschrift gegen das Demokratieprinzip verstoßen, da sie den Beschäftigten im öffentlichen Dienst über die Geltendmachung ihrer Arbeitnehmerbelange hinaus gesteigerten Einfluß auf die Ausübung von Staatsgewalt zwecks Verfolgung von Gemeinwohlbelangen einräumt. Dies wäre mit der dem Demokratieprinzip zu entnehmenden Regel staatsbürgerlicher Gleichheit nicht vereinbar.
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Der Wortlaut des § 2 Abs. 4 MBG Schl.-H. zwingt indessen nicht zu der von den Antragstellern vertretenen Auslegung. Die Vorschrift kann - verfassungskonform - auch dahin ausgelegt werden, daß sie weder dem Personalrat ein Recht gibt, eine Maßnahme des Dienststellenleiters mit Gründen des § 2 Abs. 4 MBG Schl.-H. ab zulehnen, noch eine Initiative auf Gründe des § 2 Abs. 4 MBG Schl.-H. gestützt werden kann. In dieser Auslegung belegt die Vorschrift den Personalrat bei der Ausübung seiner Beteiligungsrechte mit der Anweisung, bei der Geltendmachung der Interessen der Beschäftigten Rücksicht auf die von der Dienststelle zu verfolgenden allgemeinpolitischen Belange zu üben. Mit diesem Normgehalt ist die Vorschrift mit der Verfassung vereinbar und widerspricht auch nicht der Intention des Gesetzgebers, der mit der Regelung lediglich klarstellen wollte, daß Entscheidungen nicht isoliert und ohne ausreichende Beachtung des gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und ökologischen Umfeldes getroffen werden sollen (vgl. LTDrucks 12/996, S. 72). Eine Absicht, dem Personalrat in Erweiterung der durch § 1 und § 2 Abs. 2 und 3 MBG Schl.-H. definierten Aufgaben ein allgemeinpolitisches Mandat einzuräumen, ist den Gesetzesmaterialien nicht zu entnehmen. Bei dieser Auslegung darf der Dienststellenleiter die Ablehnung einer Maßnahme durch den Personalrat als unbeachtlich behandeln, wenn dieser seine Entscheidung nicht mit Arbeitnehmerbelangen begründet, sondern sich dabei auf andere Erwägungen - auch solche des Gemeinwohls - stützt. |
III. |
§ 59 Abs. 2 MBG Schl.-H. sieht ein Aufhebungsrecht der Landesregierung bei Vereinbarungen mit den Spitzenorganisationen der Gewerkschaften nach § 59 Abs. 1 MBG Schl.-H. vor. Im Blick auf die in § 55 MBG Schl.-H. getroffene Regelung für das Letztentscheidungsrecht bei Beschlüssen der Einigungsstelle könnte § 59 Abs. 2 MBG Schl.-H. zwar dahin ausgelegt werden, daß der Landesregierung die Ausübung des Aufhebungsrechtes nur zeitlich befristet oder jedenfalls in unmittelbarem Anschluß an das Zustandekommen der Vereinbarung nach Absatz 1 gewährt ist. Dann wäre es ihr verwehrt, eine Vereinbarung immer dann außer Kraft zu setzen, wenn ihr das in Ausübung ihrer Regierungsverantwortung für eine gemeinwohlorientierte Staatstätigkeit angezeigt erscheint. Diese Auslegung ist aber nicht zwingend. Es ist - im Gegenteil - naheliegend, aus der Tatsache, daß der Gesetzgeber, anders als im Zusammenhang mit dem Aufhebungsrecht der zuständigen Dienstbehörde nach § 55 MBG Schl.-H., eine Befristung nicht ausdrücklich vorgesehen hat, zu folgern, daß die Landesregierung Vereinbarungen mit den Spitzenorganisationen der Gewerkschaften jederzeit in Ausübung ihrer Regierungsverantwortung ganz oder teilweise aufheben kann. Dies bestätigen auch die Materialien (vgl. LTDrucks 12/996, S. 120). |
In dieser Auslegung genügt die Vorschrift verfassungsrechtlichen Anforderungen. Die Ministerien sind in ihrer Entscheidung über den Abschluß einer Vereinbarung frei, die sich in den Grenzen einer verfassungsrechtlich zulässigen Mitbestimmung hält (vgl. oben C.I.4.); ihre parlamentarisch verantwortliche Entscheidung kann sich ohne rechtliche Hindernisse durchsetzen. Sie können, wenn sich ein für sie annehmbares Ergebnis nicht erzielen läßt, die Verhandlungen - ebenso wie die Spitzenorganisationen - für gescheitert erklären und damit der Landesregierung die Möglichkeit eröffnen, die allgemeine Regelung selbst zu erlassen (§ 59 Abs. 3 Satz 1 MBG Schl.-H.). Die zusätzliche Möglichkeit der Landesregierung, allgemeine Regelungen vorläufig zu treffen, wenn sie keinen Aufschub dulden, enthebt die obersten Landesbehörden auch einem zeitlichen Einigungsdruck, so daß § 59 MBG Schl.-H. auch in dieser Hinsicht keine verfassungsrechtlichen Bedenken erweckt. Kann sich die Landesregierung in Wahrnehmung ihrer parlamentarischen Verantwortlichkeit jederzeit von der Vereinbarung lösen, so präjudiziert der Abschluß einer Vereinbarung durch oberste Dienstbehörden auch nicht späteres, parlamentarisch zu verantwortendes Regierungshandeln in einer mit dem Demokratieprinzip unvereinbaren Weise.
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Auch ein Verstoß gegen die negative Koalitionsfreiheit des Art. 9 Abs. 3 GG ist bei dieser Auslegung nicht zu erkennen; die Ausdehnung des Anwendungsbereiches allgemeiner Vereinbarungen nach § 59 MBG Schl.-H. auf koalitionsmäßig nicht gebundene Beschäftigte findet ihre Rechtfertigung in der unmittelbaren Mitwirkung der dem Gemeinwohl und damit auch dem Interesse jedes einzelnen Beschäftigten verpflichteten Staatsgewalt. Ebenso unberührt bleibt der vom Rahmenrecht des Bundes (§ 104 Satz 3 BPersVG) aufgenommene beamtenrechtliche Grundsatz, daß über Personalangelegenheiten eines Beamten in der Regel allein die ihm vorgesetzten Dienstbehörden entscheiden, die in einem hierarchischen Über- und Unterordnungsverhältnis stehen (vgl. BVerfGE 9, 268 [287]). Schließlich liegt auch kein Verstoß gegen die allgemeine Handlungsfreiheit vor; § 59 MBG Schl.-H. schränkt diese in verfassungsrechtlich zulässiger Weise ein. |
E. |
1. Stehen dem Gesetzgeber - wie vorliegend - mehrere Möglichkeiten zur Verfügung, eine verfassungsmäßige Gesetzeslage herzustellen, so beschränkt sich das Bundesverfassungsgericht darauf, die Unvereinbarkeit der verfassungswidrigen gesetzlichen Regelungen mit dem Grundgesetz festzustellen, und sieht von einer Nichtigerklärung ab (vgl. BVerfGE 87, 114 [135 f.]).
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Will der Gesetzgeber die Gegenstände einer Beteiligung der Personalvertretungen in Anlehnung an die Regelungen des Bundes abgrenzen und bewerten, wie dies § 104 Satz 1 Halbsatz 2 BPersVG nahelegt, wird er dadurch einer selbständigen verfassungsrechtlichen Prüfung im Blick auf die in dieser Entscheidung aufgezeigten Grenzen der Beteiligung nicht enthoben.
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Der Gesetzgeber hat auch für Verfahrensvorschriften zu sorgen, die gewährleisten, daß die Dienststellen die für die wirksame Erfüllung des Amtsauftrages erforderlichen organisatorischen und sonstigen innerdienstlichen Bedingungen zeitgerecht schaffen können. Die im Schleswig-Holsteinischen Mitbestimmungsgesetz vorgesehenen straffen Fristen, ihre Abkürzungsmöglichkeiten (§ 52 Abs. 2 Satz 4, Abs. 4 Satz 3, Abs. 6 Satz 3 und Abs. 7 MBG Schl.-H.) und die Möglichkeit von vorläufigen Regelungen und Eilentscheidungen (§ 52 Abs. 8 bis 10 MBG Schl.-H.) können als ausreichend angesehen werden, solange die damit verbundenen Erwartungen eines wirkungsvollen Handelns der Amtsträger in gouvernementaler und parlamentarischer Verantwortlichkeit nicht durch gegenteilige Erfahrungen erschüttert werden. Der Gesetzgeber ist daher verpflichtet, zu beobachten, welche Auswirkungen die bei der Beteiligung von Personal vertretungen einzuhaltenden Verfahrensregelungen auf die zügige Verwirklichung des Amtsauftrages haben, und korrigierend einzugreifen, wenn sich wesentliche Erschwerungen ergeben. |
2. Da § 104 Satz 1 BPersVG verlangt, auch in den Ländern die Personalvertretung in innerdienstlichen, sozialen und personellen Angelegenheiten der Beschäftigten zu beteiligen, ist es geboten, im Wege einer Anordnung nach § 35 BVerfGG übergangsweise unter größtmöglicher Schonung des aktuellen gesetzgeberischen Willens eine den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügende Mitbestimmungsregelung zu treffen. Dem entspricht es anzuordnen, daß den Beschlüssen der Einigungsstelle nur die Bedeutung einer Empfehlung zukommt, so daß die Letztentscheidung nur durch die oberste Dienstbehörde getroffen werden kann. Die Erfordernisse einer demokratisch legitimierten und parlamentarisch verantwortlichen Regierung und Verwaltung werden dadurch für die betroffenen Maßnahmen gewahrt.
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F. |
Diese Entscheidung ist einstimmig ergangen.
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Limbach, Böckenförde, Klein, Graßhof Kruis, Kirchhof, Winter, Sommer |