BVerfGE 117, 330 - Ballungsraumzulage |
Zur Frage, ob das Alimentationsprinzip den Besoldungsgesetzgeber verpflichtet, regional unterschiedliche Lebenshaltungskosten auszugleichen. |
Urteil |
des Zweiten Senats vom 6. März 2007 aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 5. Dezember 2006 |
-- 2 BvR 556/04 -- |
in dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde des Herrn S. . . -- Bevollmächtigter: Prof. Dr. Heinrich Amadeus Wolff, Rudolf-Ditzen-Weg 12, 13156 Berlin -- 1. unmittelbar gegen a) den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. Februar 2004 -- BVerwG 2 B 45.03 --, b) den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 18. Juni 2003 -- 3 BV 02. 1374 --, c) das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 16. April 2002 -- M 5 K 01. 3210 --, 2. mittelbar gegen das Unterlassen des Gesetzgebers, einen Ausgleich für amtsrelevante regionale Unterschiede in den Lebenshaltungskosten zu schaffen. |
Entscheidungsformel: |
Die Verfassungsbeschwerde wird zurückgewiesen. |
Gründe: |
A. |
Der Beschwerdeführer, ein Beamter der Besoldungsgruppe A 13, begehrt die Gewährung einer "Ballungsraumzulage" zum Ausgleich der erhöhten Lebenshaltungskosten in München. Da eine gesetzliche Anspruchsgrundlage hierfür nicht besteht, wirft die Verfassungsbeschwerde die Frage auf, ob der Gesetzgeber ver pflichtet ist, bei der Beamtenbesoldung regionale Unterschiede in den Lebenshaltungskosten durch die Gewährung einer Ortszulage oder andere Maßnahmen auszugleichen. |
I. |
Von 1873 bis 1972 wurden regionale Unterschiede in den Lebenshaltungskosten bei der Bemessung der Bezüge berücksichtigt. Durch das Erste Gesetz zur Vereinheitlichung und Neuregelung des Besoldungsrechts in Bund und Ländern -- 1. BesVNG -- vom 18. März 1971 (BGBl. I S. 208) ist die regionale Besoldungsdifferenzierung aufgehoben worden. Seitdem wird den finanziellen Mehrbelastungen örtlicher Sonderlagen im Besoldungsrecht des Bundes nur noch dann Rechnung getragen, wenn der Beamte seinen dienstlichen und tatsächlichen Wohnsitz außerhalb des Bundesgebiets hat (vgl. § 7, § 57 Bundesbesoldungsgesetz -- BBesG --). Örtliche Preisunterschiede innerhalb der Bundesrepublik Deutschland werden nicht mehr berücksichtigt.
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1. Mit Inkrafttreten des Art. I § 4 Abs. 2 des 1. BesVNG wurde bei der Besoldung der Beamten ab dem 1. Januar 1973 einheitlich der -- bis dahin höchste -- Ortszuschlag der Stufe S zu Grunde gelegt. Die bis zu diesem Zeitpunkt praktizierte regionale Differenzierung der Besoldung nach unterschiedlichen Ortsklassen ist damit aufgegeben worden. Der Gesetzgeber ging davon aus, dass sich die Lebenshaltungskosten in Stadt und Land zwischenzeitlich dergestalt angeglichen hätten, dass eine regionale Gehaltsdifferenzierung nicht mehr erforderlich sei (vgl. BRDrucks 72/68, S. 16).
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Obwohl ein Ortszuschlag damit tatsächlich nicht mehr gewährt wurde, hielt auch die Neufassung des Bundesbesoldungsgesetzes aus dem Jahr 1975 an der überkommenen Terminologie fest (vgl. § 39 Abs. 1 BBesG i.d.F. des Gesetzes vom 23. Mai 1975, BGBl. I S. 1183). Für die Bestimmung der Höhe des Ortszuschlags wurde jedoch nicht mehr auf die Ortsklasse Bezug genommen; folgerichtig war in der entsprechenden Anlage eine Ortsklasseneinteilung nicht mehr enthalten. Erst das Gesetz zur Reform des öffentlichen Dienstrechts (Reformgesetz) vom 24. Februar 1997 (BGBl. I S. 322), ersetzte "Ortszuschlag" durch "Familienzuschlag" (vgl. Art. 3 Nr. 13 des Reformgesetzes). In der heute gültigen Fassung lautet § 39 Abs. 1 BBesG: |
Der Familienzuschlag wird nach der Anlage V gewährt. Seine Höhe richtet sich nach der Besoldungsgruppe und der Stufe, die den Familienverhältnissen des Beamten, Richters oder Soldaten entspricht. Für Beamte auf Widerruf im Vorbereitungsdienst (Anwärter) ist die Besoldungsgruppe des Eingangsamtes maßgebend, in das der Anwärter nach Abschluss des Vorbereitungsdienstes unmittelbar eintritt.
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2. Die tatsächliche Entwicklung entsprach im Folgenden jedoch nicht der angenommenen Nivellierung, vielmehr waren bereits in den 80er Jahren deutlich höhere Lebenshaltungskosten in den Ballungsräumen zu verzeichnen. Im Jahr 1990 beantragte die Bundestagsfraktion der SPD daher die Einführung einer Verordnungsermächtigung zur Gewährung einer Ballungsraumzulage. Zur Begründung wurde ausgeführt (BTDrucks 11/6835, S. 53):
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"In den letzten Jahren ist das Mietpreisniveau in örtlichen Sonderlagen, insbesondere in einigen städtischen Gebieten mit höherer Bevölkerungsdichte, weit überdurchschnittlich gestiegen. So liegt z.B. das Mietpreisniveau der Stadt München deutlich um mehr als 25 v.H. über dem Bundesdurchschnitt. Aufgrund dieser Entwicklungen wurde im Bereich des Wohngeldrechts ab 1. Januar 1990 eine neue Mietenstufe VI eingerichtet (BGBl. I S. 2148). . . . Die weit überdurchschnittlichen Wohnkosten im Großraum München, wie auch im Raum Frankfurt, bringen für Beamte und Soldaten, vor allem im unteren und mittleren Einkommensbereich, erhebliche finanzielle Mehrbelastungen. Beträchtliche personalwirtschaftliche Schwierigkeiten sind die Folge. Es ist zunehmend schwieriger geworden, qualifizierte und motivierte Beamte für örtliche Sonderlagen zu gewinnen. In Gebieten mit extrem hohem Mietpreisniveau lässt sich ein ordnungsgemäßer Dienstbetrieb zum Teil nur noch mühsam aufrechterhalten. Leistungsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit des öffentlichen Dienstes müssen aber auch bei schwierigen örtlichen Verhältnissen gewährleistet sein. Der Dienstherr hat, soweit dafür erforderlich, das familiengerechte Wohnen zu sichern. Deshalb ist die Gewährung einer entsprechenden alimentativen Fürsorgeleistung zum Ausgleich der Mehrbelastungen geboten. Auch privaten Arbeitgebern ist es selbstverständlich, sich Personal für schwierige Ortslagen notfalls durch finanzielle Nebenleistungen zu sichern." |
Dieser Antrag hat im Bundestag zwar keine Mehrheit gefunden. Das Fünfte Gesetz zur Änderung besoldungsrechtlicher Vorschriften vom 28. Mai 1990 (BGBl. I S. 967) führte aber in § 74 BBesG die Möglichkeit der Gewährung einer örtlichen Prämie ein. Die Vorschrift ermächtigte -- mit verschiedenen Einschränkungen -- die Bundesregierung und die Landesregierungen, "jeweils für ihren Bereich zum Ausgleich von Mehrbelastungen in Orten mit weit überdurchschnittlichem Mietpreisniveau durch Rechtsverordnung die Gewährung einer örtlichen Prämie" zu regeln. Die Bundesregierung war jedoch der Auffassung, dass der angespannten Lage auf dem Wohnungsmarkt in Ballungsgebieten vorrangig durch Maßnahmen der Wohnungsbauförderung begegnet werden solle. Die Geltung der Regelung wurde daher bis zum 31. Dezember 1993 befristet, um feststellen zu können, inwieweit die eingeleiten Wohnungsbauförderungsmaßnahmen zu einer Entlastung geführt haben (vgl. BTDrucks 11/6542 [neu], S. 19). |
Eine Nachfolgeregelung wurde nicht mehr erlassen. In dem vom Kabinett am 19. Juli 1994 beschlossenen Bericht der Bundesregierung über die Fortentwicklung des öffentlichen Dienstrechts -- Perspektivbericht -- führte die Bundesregierung vielmehr aus, dass das Dienstrecht für eine dauerhafte Lösung der durch die angespannte Wohnraumsituation verursachten Probleme nicht geeignet sei. Eine Ballungsraumzulage für die Angehörigen des öffentlichen Dienstes sei daher -- auch wegen der geringen Entlastungswirkung -- nicht vorgesehen. Abhilfe könne vielmehr in erster Linie durch Fürsorgemaßnahmen der Dienstherren, z.B. im Bereich der Wohnungsfürsorge, geschaffen werden (vgl. Perspektivbericht S. 32 [33 f.]). Darüber hinaus verwies der Bericht auf die praktischen Schwierigkeiten bei der Zuteilung der Orte zu einzelnen Ortsklassen.
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3. Für den Ballungsraum München, in dem der Beschwerdeführer lebt und arbeitet, kam es zu einer Sonderregelung (vgl. dazu Scheuring, ZTR 1991, S. 53 ff. und Kathke, ZBR 1991, S. 193 ff.). Während die Bayerische Staatsregierung seit Ende der achtziger Jahre bemüht war, eine bundesrechtliche Regelung oder Öffnung im Beamtenbesoldungsrecht für die Gewährung von Ortszuschlägen in München zu erreichen, schloss die Landeshauptstadt München am 22. Juni 1990 "örtliche Vereinbarungen" zur Einführung eines monatlichen Zuschusses für die städtischen Bediensteten ab (Örtliche Vereinbarungen Nrn. A 33 und A 34 vom 22. Juni 1990). Auch auf Landesebene wurde am 4. Juli 1990 ein Zulagen-Tarifvertrag "über eine ergänzende Leistung" für die Angestellten und Arbeiter des Freistaats Bayern erreicht, der einen Sonderzuschlag für die in München Beschäftigten vorsah (vgl. FMBl S. 252). |
Den tarifvertraglichen Regelungen folgend wurde schließlich für den Bereich der Landesbeamten eine Regelung getroffen. Auf Antrag der CSU-Fraktion (LTDrucks 11/17236) wurde durch § 1 Nr. 6a des Elften Gesetzes zur Änderung beamtenrechtlicher Vorschriften vom 24. Juli 1990 (GVBl S. 237) mit Art. 86b des Bayerischen Beamtengesetzes -- BayBG -- eine Vorschrift eingefügt, die die Staatsregierung ermächtigte, durch Rechtsverordnung eine ergänzende Fürsorgeleistung zum Ausgleich der außerordentlich hohen Lebenshaltungskosten in München für Beamte und Richter mit dienstlichem Wohnsitz in München zu regeln. Die Vorschrift lautete:
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Ausgleich für erhöhte Lebenshaltungskosten (1) Die Staatsregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung eine ergänzende Fürsorgeleistung zum Ausgleich der außerordentlich hohen Lebenshaltungskosten in München für Beamte und Richter mit dienstlichem Wohnsitz in München zu regeln. Die Fürsorgeleistung beträgt für Beamte der Besoldungsgruppen A 1 bis A 10 bis zu 150 Deutsche Mark monatlich und für entsprechende Beamte auf Widerruf im Vorbereitungsdienst bis zu 75 Deutsche Mark monatlich. Für jedes zu berücksichtigende Kind erhalten Beamte der Besoldungsgruppen A 1 bis A 13 und C 1, Richter der Besoldungsgruppe R1 bis zur vierten Lebensaltersstufe sowie Beamte auf Widerruf im Vorbereitungsdienst ferner eine Fürsorgeleistung bis zu 40 Deutsche Mark monatlich. (2) Regelungen auf Grund dieser Ermächtigung gelten bis 31. Dezember 1995. |
Hiervon wurde durch die Verordnung über die Gewährung einer ergänzenden Fürsorgeleistung an Beamte und Richter mit dienstlichem Wohnsitz in München vom 20. November 1990 (GVBl S. 501) Gebrauch gemacht. Seit dem Jahr 1990 besteht demnach im Freistaat Bayern eine Rechtsgrundlage, um Beamten und Richtern mit dienstlichem Wohnsitz in München eine "ergänzende Fürsorgeleistung" zum Ausgleich der erhöhten Lebenshaltungskosten zu gewähren (zur Gesetzgebungskompetenz des Landes BVerwG, ZBR 1993, S. 334). Nach der derzeit gültigen Fassung (Gesetz vom 7. Dezember 2004, GVBl S. 488) wird der Zuschlag allerdings nur bis zu dem Grenzbetrag des Grundgehalts von 2. 722, 29 Euro monatlich gewährt (Art. 86b Abs. 3 Satz 1 BayBG), sodass der Beschwerdeführer nicht mehr zum Kreis der Begünstigten zählt. |
II. |
1. Der 1955 geborene Beschwerdeführer steht als Erster Kriminalhauptkommissar (BesGr A 13) mit Dienstort München im Dienst des Freistaats Bayern. Er ist geschieden und Vater von drei Kindern. Die beiden älteren Kinder leben in seinem Haushalt; für das bei der Mutter wohnende jüngste Kind leistet er Barunterhalt. Der Beschwerdeführer stammt aus Bayreuth und absolvierte seine Ausbildung für den mittleren Dienst in der für dieses Gebiet zuständigen Ausbildungsstätte in Nürnberg. Nach Beendigung der Ausbildung wurde er im Jahr 1975 gegen seinen Willen nach München versetzt. Im Oktober 1981 und damit nach knapp sieben Jahren wurde ihm eine Rückkehr in seine Heimat nach Bayreuth ermöglicht. Im Jahr 1985 wechselte er erneut nach München, weil ihm hier die Möglichkeit eines Laufbahnwechsels in den gehobenen Dienst eröffnet wurde. Seine Beförderung in ein Amt der Besoldungsgruppe A 11 erfolgte im Jahr 1992, nach A 12 wurde er im Jahr 1999 befördert, und die gegenwärtige Besoldungsgruppe A 13 erreichte er im Jahr 2003.
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2. Mit Schreiben vom 21. Dezember 2000 beantragte er im Hinblick auf die hohen Lebenshaltungskosten im Ballungsraum München die Gewährung einer höheren Besoldung. Mit der Beförderung in ein Amt der Besol dungsgruppe A 11 im Jahr 1992 habe er die Anspruchsvoraussetzungen für die sogenannte Ballungsraumzulage nach Art. 86b BayBG verloren. Da seine Besoldung seitdem keinerlei regionale Komponente mehr enthalte, könne die Alimentierung nicht mehr als amtsangemessen bewertet werden. |
3. Mit Bescheid vom 10. Januar 2001 lehnte die Bezirksfinanzdirektion Regensburg den Antrag ab, weil die ergänzende Fürsorgeleistung nach Art. 86b Abs. 1 BayBG in Verbindung mit der Fürsorgeverordnung Beamten ab der Besoldungsgruppe A 11 nicht mehr gewährt werden könne und damit eine gesetzliche Grundlage für die begehrte Leistung fehle. Im Übrigen sei in der Rechtsprechung geklärt, dass es nicht gegen den Alimentationsgrundsatz verstoße, wenn die ergänzende Fürsorgeleistung Beamten ab der Besoldungsgruppe A 11 nicht gewährt werde.
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4. Die vom Beschwerdeführer nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobene Klage wies das Bayerische Verwaltungsgericht München ab. Für den geltend gemachten Anspruch fehle es an einer gesetzlichen Grundlage, weil die ergänzende Fürsorgeleistung gemäß Art. 86b BayBG ab einer Eingruppierung in die Besoldungsgruppe A 11 nicht mehr gewährt werden könne. Ein Besoldungsanspruch außerhalb der gesetzlichen Grundlage scheitere bereits an dem in § 2 Abs. 1 BBesG geregelten Gesetzesvorbehalt. Auch ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz oder die Fürsorgepflicht des Dienstherrn liege nicht vor. Die überdurchschnittlich hohen Lebenshaltungskosten im Ballungsraum München träfen zwar alle in diesem Gebiet lebenden Beamten; dem Gesetzgeber sei es auf Grund seiner weiten Gestaltungsfreiheit aber nicht verwehrt, die ergänzende alimentative Fürsorgeleistung auf einzelne Beamtengruppen zu beschränken. Die Entscheidung, nur Beamten der Besoldungsgruppen A 1 bis A 10 ergänzende Fürsorgeleistungen zu gewähren, sei auch sachlich vertretbar, weil diesen Beamtengruppen ein Ausgleich der hohen Lebenshaltungskosten weit weniger leicht möglich sei als Beamten mit höherem Grundgehalt.
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5. Mit der vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Berufung begehrte der Beschwerdeführer nur noch die Verpflichtung des Freistaats Bayern, ihm ab dem Jahr 1999 einen Ortszuschlag zu gewähren. Der Bayerische Verwal tungsgerichtshof wies die Berufung zurück. Die gegen den Freistaat Bayern gerichtete Klage gehe schon deshalb fehl, weil die Länder zum Erlass besoldungsrechtlicher Vorschriften gemäß § 1 Abs. 4 BBesG nur befugt seien, soweit dies bundesgesetzlich ausdrücklich angeordnet sei. Dies sei bezüglich eines Ortszuschlags jedoch nicht der Fall. Die damit abschließenden bundesrechtlichen Regelungen des Besoldungsrechts seien auch nicht deshalb verfassungswidrig lückenhaft, weil ein regional gestaffelter Ortszuschlag fehle. Gravierende regionale Unterschiede, die aus verfassungsrechtlichen Gründen zu der begehrten Differenzierung zwingen könnten, seien nicht ersichtlich. Insbesondere bestehe kein durchgreifender Grund für die Annahme, die in Ballungsräumen tätigen Beamten seien von einer progressiven Wirtschafts- und Einkommensentwicklung ausgeschlossen. |
6. Die gegen die Nichtzulassung der Revision erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht zurück, weil es auf die als klärungsbedürftig bezeichneten Rechtsfragen im vorliegenden Rechtsstreit nicht ankomme. Wegen der in § 2 Abs. 1 BBesG angeordneten Gesetzesbindung der Besoldung könne der begehrte Ortszuschlag mangels besoldungsrechtlicher Norm nicht gewährt werden.
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III. |
Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung seiner Rechte aus Art. 3 Abs. 1, Art. 33 Abs. 5 und Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG.
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1. Der Beschwerdeführer ist der Auffassung, die Nichtberücksichtigung der höheren Lebenshaltungskosten im Ballungsraum München verletze den Alimentationsgrundsatz und damit Art. 33 Abs. 5 GG. Aus der als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums gewährleisteten Amtsangemessenheit der Besoldung folge, dass der Gesetzgeber zur Anhebung der Alimentation verpflichtet sei, falls sie durch eine Veränderung der Umstände vollständig oder teilweise amtsunangemessen geworden sei. Bereits diese absolute Grenze des Kerngehalts der Alimentation sei angesichts der in München herrschenden hohen Lebenshaltungskosten unterschritten. Zwar müsse auch der Beschwerdeführer nicht verhungern oder Armut leiden; allein hieraus folge jedoch nicht, dass die ihm gewährte Alimentation den verfassungsrechtlichen Vorgaben noch genüge. Über die bloße Bedarfsdeckung hinaus setze die verfassungsrechtlich garantierte Alimentation vielmehr die Möglichkeit einer amtsangemessenen Lebensführung voraus. Angesichts der exorbitant hohen Lebenshaltungskosten in München werde er aber nicht mehr angemessen im Sinne seines Amtes nach der Besoldungsgruppe A 13 alimentiert. |
Dies ergebe sich im Übrigen bereits aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Alimentierung kinderreicher Beamter. Dort habe das Gericht eine Überalimentierung von Beamten mit ein und zwei Kindern ausgeschlossen. Berücksichtige man die Mehrbelastung von über 20 v.H. durch die erhöhten Lebenshaltungskosten in München, so sei die verfassungsrechtlich vorgegebene Mindestschwelle unterschritten. Dies gelte um so mehr, als seit den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zur Alimentierung kinderreicher Beamter durch weitere Einsparungen das Einkommensniveau der Beamten weiter abgesenkt worden sei. Hiervon seien gerade die Ämter der höheren Besoldungsgruppe in besonderer Weise betroffen, weil ihnen bei den Einsparungsmaßnahmen wiederholt eine stärkere Belastung zugemutet worden sei.
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2. Unabhängig davon erweise sich das Fehlen einer Ortszulage für Beamte ab der Besoldungsgruppe A 11 auch deshalb als verfassungswidrig, weil hierdurch Amtsunterschiede nivelliert würden und so dem Leistungsgrundsatz nicht mehr angemessen Rechnung getragen werde. Eine Beförderung in die Besoldungsgruppe A 11 mit einhergehender Versetzung in den Ballungsraum München könne in finanzieller Hinsicht sogar eine Herabstufung bewirken. Durchschnittlich unterscheide sich das Gehalt der einzelnen Stufen innerhalb der A-Besoldungsgruppen um rund 10 v.H. Bei einer Versetzung an einen Ort, in dem die Lebenshaltungskosten um über 20 v.H. erhöht seien, müsse sich ein betroffener Beamter in seiner Lebensführung daher trotz der Beförderung in ein höherwertiges Amt einschränken. Dies gelte auch für den Beschwerdeführer. Eine Ausweichmöglichkeit bestehe schon wegen der in Bayern geltenden Residenzpflicht für Beamte nicht. Hierdurch werde aber das Ämtergefüge, das ein prägendes Strukturprinzip des Berufsbeamtentums sei, verschoben. Auch das Bundesverfassungsgericht habe bei seiner Entscheidung zur Alimentierung kinderreicher Beamter auf eine Abweichung von 15 v.H. abgestellt und so deutlich gemacht, dass ab dieser Marke ein qualitativ bedeutsamer Sprung erreicht werde. Jedenfalls dann, wenn eine Abweichung der Lebenshaltungskosten um mehr als 15 v.H. zu verzeichnen sei, müsse der Gesetzgeber handeln. |
3. Das Fehlen eines Ausgleichs für die höheren Lebenshaltungskosten in Ballungsräumen erweise sich überdies als systemwidrig. Der Besoldungsgesetzgeber berücksichtige Unterschiede und Veränderungen in den Lebenshaltungskosten in beinahe allen Bereichen, nur in regionaler Hinsicht sei eine Differenzierung nicht mehr -- oder jedenfalls nur zu Lasten des Beamten ("Ostbesoldung") -- vorgesehen. Dabei habe sich die Sachlage seit der Abschaffung des Ortzuschlags im Jahr 1973 maßgeblich verändert. Die der Gesetzgebung zu Grunde liegende Überzeugung, die Gehaltsdifferenzierungen seien auf Grund der zwischenzeitlich weitgehend übereinstimmenden Lebenshaltungskosten in Stadt und Land nicht mehr zu rechtfertigen, habe sich nicht bestätigt. Vielmehr seien die Lebenshaltungskosten in den letzten 30 Jahren erheblich auseinandergedriftet. Ausweislich der Studie des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Technologie vom Juli 2003 über die reale Kaufkraft in Bayern 2002 lägen die Lebenshaltungskosten in München um mindestens 20 v.H. über denen in anderen bayerischen Städten, Verdichtungsräumen und ländlichen Gebieten. Hierbei seien die im Raum München exorbitanten Immobilienkosten nicht einmal eingerechnet. Angesichts des damit zu konstatierenden Kaufkraftunterschieds von über 20 v.H. werde deutlich, dass der Beschwerdeführer, verglichen mit einem Kollegen in einem niedrigeren Amt an einem anderen Dienstort, nicht mehr amtsangemessen besoldet werde. Da die beschriebene regionale Differenzierung auch für die in der Privatwirtschaft ausbezahlten Löhne und Gehälter gelte, ergebe sich dies ebenso im Hinblick auf die dort Beschäftigten mit vergleichbarer Ausbildung.
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Auch bei Berücksichtigung des dem Gesetzgeber zuzubilligenden Spielraums sei eine weitere Untätigkeit nicht mehr zu vertreten. Jedenfalls beim Überschreiten des qualitativen Sprungs von 15 v.H. sei der Besoldungsgesetzgeber zu einer Korrektur verpflichtet. Dies müsse nicht unbedingt in Form eines Ortszuschlags geschehen, vielmehr seien auch andere Entlastungen -- wie etwa Maßnahmen der Wohnungsfürsorge -- denkbar. Tatsächlich nehme die Bedeutung der Wohnungsfürsorge als ergänzende Leistung des Dienstherrn jedoch ab, weil der Wohnungsbestand der öffentlichen Hand laufend reduziert werde. |
4. Die in den angegriffenen Entscheidungen aufgestellte Behauptung, die Nivellierung des Besoldungsgefüges habe noch kein Ausmaß erreicht, das gesetzgeberisches Handeln erfordere, sei daher unzutreffend und könne nicht auf eine ausreichende Tatsachengrundlage gestützt werden. Insoweit hätten die Verwaltungsgerichte auch ihrer Aufklärungspflicht nicht genügt. Daraus ergebe sich zugleich eine Verletzung der Rechte aus Art. 3 Abs. 1 GG. Das allgemeine Willkürverbot richte sich hier in der Sache nach den gleichen Kriterien wie die aus Art. 33 Abs. 5 GG folgenden Maßstäbe.
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Schließlich liege eine Verletzung des Anspruchs auf den gesetzlichen Richter nach Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG vor, weil eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 1 GG in willkürlicher Weise unterlassen worden sei.
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5. Der Beschwerdeführer stützt seine tatsächlichen Ausführungen zu den erhöhten Lebenshaltungskosten in München maßgeblich auf die von ihm vorgelegte Studie des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Technologie vom Juli 2003 "Die reale Kaufkraft in Bayern -- Zwischenörtliche bzw. regionale Preis- und Einkommensunterschiede" (Kaufkraftstudie).
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Danach ergibt sich eine Abweichung der Lebenshaltungskosten in München vom Durchschnitt der in die Untersuchung einbezogenen bayerischen Gebiete im Verhältnis 100:76, 6. Die Unterschiede sind dabei nicht auf die Wohnungsmieten beschränkt; für den Bereich der Lebensmittel etwa weist die Kaufkraftstudie eine Abweichung des Kostenniveaus in München zum Durchschnitt der bayerischen Städte von 18, 5 Prozentpunkten auf; Ähnliches gilt für den Bereich der Dienstleistungen (13, 7 Prozentpunkte) oder die Verbraucherkosten für Freizeit, Unterhaltung und Kultur (16, 9 Prozentpunkte). Ein Vergleich der Gesamtlebenshaltungskosten, bei dem Wohnungskosten nicht berücksichtigt sind, ergibt, gemessen am Durchschnittswert, für München noch immer eine Abweichung von 11, 9 Prozentpunkten. Den höheren Lebenshaltungskosten steht nach dem Ergebnis der Studie ein fast spiegelbildlich gesteigertes Netto-Einkommensniveau gegenüber: das Verhältnis von München zum Landesdurchschnitt beträgt hier 100:78, 9. |
IV. |
Zu der Verfassungsbeschwerde haben die Bundesregierung, der Freistaat Bayern und das Bundesverwaltungsgericht Stellung genommen.
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1. Für die Bundesregierung führte das Bundesministerium des Innern aus, die Verfassungsbeschwerde sei unbegründet.
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a) Bei der Bestimmung des amtsangemessenen Lebensunterhalts seien die allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse sowie der allgemeine Lebensstandard zu berücksichtigen. Ein Anknüpfungspunkt könne sich dabei auch durch regionale Unterschiede der Wohnungskosten ergeben. Dementsprechend habe der Besoldungsgesetzgeber in der Vergangenheit wiederholt besoldungsrechtliche Instrumente wie den Ortszuschlag oder eine so genannte Ballungsraumzulage eingeführt; derartige Instrumente seien zwischenzeitlich allerdings wieder aufgegeben worden. Eine regionale Differenzierung sei verfassungsrechtlich nur dann geboten, wenn die regionalen Unterschiede bei den Wohnungskosten so groß seien, dass sich ein bundeseinheitliches Besoldungsniveau vor Art. 33 Abs. 5 GG und Art. 3 Abs. 1 GG nicht mehr rechtfertigen ließe. Dies sei jedoch nicht der Fall. Die Wohnungsmieten seien zwar in Ballungsräumen wie München, Frankfurt, Stuttgart oder Düsseldorf deutlich höher als in anderen Gebieten. Die allgemeinen Lebenshaltungskosten für Nahrung, Kleidung, Haushaltsgeräte, Energiekosten, laufende Haushaltsko sten oder Versicherungen seien im gesamten Bundesgebiet jedoch annähernd gleich. |
b) Allein aus überdurchschnittlichen Wohnkosten könne keine Verpflichtung des Besoldungsgesetzgebers auf ergänzende Zahlungen abgeleitet werden. Die individuell sehr unterschiedlichen Vorstellungen und Erwartungen an eine Wohnung seien kein maßgebliches Kriterium für die Bemessung der Besoldung. Vielmehr könne dies nur allgemein und typisierend berücksichtigt werden. Dies werde auch daran deutlich, dass der Gesetzgeber bereits im Jahr 1973 das System der Besoldung nach Ortsklassen abgeschafft habe. Auch der "Perspektivbericht" der Bundesregierung zum besoldungsrechtlichen Ausgleich erhöhter Mietkosten in Ballungsräumen vom 19. Juli 1994 sei zu dem Ergebnis gelangt, dass das dienstrechtliche Instrumentarium zu einer dauerhaften und flächendeckenden Lösung der durch die angespannte Wohnraumsituation verursachten Probleme nicht geeignet sei, weil es lediglich die finanzielle Entlastung der Beamten und Arbeitnehmer regeln könne. Abhilfe sei vielmehr in erster Linie durch Maßnahmen der Dienstherrn im Bereich der Wohnungsfürsorge möglich.
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c) Der Verweis auf das nach oben angepasste Lohnniveau in der freien Wirtschaft gehe fehl, weil diese Löhne auf Engpässe bei der Personalgewinnung reagierten und nicht am Bedarf des Arbeitnehmers für einen bestimmten Lebensstandard ausgerichtet seien. Schließlich ergebe sich aus Art. 33 Abs. 5 GG die Forderung der Einheitlichkeit der Besoldung; für das gleiche statusrechtliche Amt müsse deshalb die gleiche Besoldung gewährt werden. Daher habe sich der Gesetzgeber auch zu einer Angleichung der "Ostbesoldung" auf 100 v.H. der "Westbesoldung" entschieden, obwohl die wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse in den neuen Ländern noch immer deutlich von denen in den alten Ländern abwichen.
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2. Für den Freistaat Bayern nahm das Bayerische Staatsministerium des Innern in Abstimmung mit dem Bayerischen Staatsministerium der Finanzen Stellung und führte aus, die Verfassungsbeschwerde sei jedenfalls unbegründet.
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Die abschließenden bundesrechtlichen Regelungen des Besoldungsrechts seien nicht deshalb verfassungswidrig, weil ein regional gestaffelter "Ortszuschlag" nicht enthalten sei. Der weite Beurteilungsspielraum des Besol dungsgesetzgebers sei nicht überschritten, weil auch in Anbetracht der in München vorherrschenden Lebenshaltungskosten den dort ansässigen Beamten eine angemessene Teilnahme am allgemeinen Lebensstandard möglich sei. Das Bundesverfassungsgericht habe in seiner Entscheidung zur amtsangemessenen Alimentation von Beamten mit mehr als zwei unterhaltsberechtigten Kindern aus dem Jahr 1998 ein Unterschreiten der amtsangemessenen Alimentation und damit die Notwendigkeit der Neubestimmung für Beamtenfamilien mit bis zu zwei Kindern abgelehnt. Dafür, dass die Einkommensentwicklung seit 1998 wesentlich hinter der Preisentwicklung zurückgeblieben sei, gebe es keine Anhaltspunkte. Auch bei Berücksichtigung der Kaufkraftstudie könne von einer verfassungsrechtlichen Notwendigkeit der regionalen Differenzierung angesichts des Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers nicht ausgegangen werden. Vor allem sei nicht ersichtlich, warum der Bundesgesetzgeber bei seiner Entscheidung gerade die reale Kaufkraft in Bayern zu Grunde legen müsse. Insgesamt erweise sich der Verzicht auf einen Ortszuschlag nicht als willkürliche Gleichbehandlung wesentlich ungleicher Sachverhalte, vielmehr sei diese Entscheidung als typisierende und pauschalierende Regelung rechtlich vertretbar. Eine Einengung des Gestaltungs- und Ermessensspielraums des Gesetzgebers könne erst bei gravierenden regionalen Unterschieden angenommen werden, für die keine ausreichenden Anhaltspunkte ersichtlich seien. |
3. Der Präsident des Bundesverwaltungsgerichts teilte mit, die Frage, ob Art. 33 Abs. 5 und Art. 3 Abs. 1 GG eine zusätzliche Besoldungsleistung in Ballungsräumen gebiete, sei bisher nicht Gegenstand eines anhängigen Verfahrens gewesen.
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V. |
In der mündlichen Verhandlung haben der Beschwerdeführer, die Bundesregierung und der Freistaat Bayern ihr schriftsätzliches Vorbringen wiederholt und vertieft. Als sachverständige Aus kunftspersonen haben sich Prof. Dr. von der Lippe von der Universität Essen sowie der Geschäftsführer der Gesellschaft für Konsum-, Markt- und Absatzforschung Dr. Stegner zur Ermittlung und Bewertung regional unterschiedlicher Lebenshaltungskosten und Prof. Dr. Pechstein von der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt/Oder zu Hintergründen und Anforderungen des Alimentationsprinzips geäußert. |
B. |
Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist unbegründet. Ein Ortszulagensystem der Beamtenbesoldung ist nicht gemäß Art. 33 Abs. 5 GG in der hier maßgeblichen Ursprungsfassung als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums geschützt (I.). Das Alimentationsprinzip verpflichtet den Besoldungsgesetzgeber in der gegenwärtigen Lage nicht, den erhöhten Lebenshaltungskosten in München durch einen spezifischen Ausgleich Rechnung zu tragen (II.). Eine derartige Handlungspflicht folgt auch nicht aus dem Leistungsgrundsatz (III.). Die Vorlagepflicht gemäß Art. 100 Abs. 1 GG ist nicht verletzt (IV.).
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I. |
Dass die Bezüge der Beamten keine regional differenzierte Komponente enthalten, begegnet hinsichtlich Art. 33 Abs. 5 GG keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Es existiert kein hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums, der den Gesetzgeber verpflichtete, bei der Festsetzung der Bezüge einen spezifischen Ausgleich für regional erhöhte Lebenshaltungskosten zu gewähren.
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1. Art. 33 Abs. 5 GG ist unmittelbar geltendes Recht und enthält einen Regelungsauftrag an den Gesetzgeber sowie eine institutionelle Garantie des Berufsbeamtentums. Darüber hinaus begründet die Norm ein grundrechtsgleiches Recht der Beamten, soweit ein hergebrachter Grundsatz deren persönliche Rechtsstellung betrifft. Mit den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums im Sinne des Art. 33 Abs. 5 GG ist der Kernbestand von Strukturprinzipien gemeint, die allgemein oder doch ganz über wiegend während eines längeren, traditionsbildenden Zeitraums, mindestens unter der Reichsverfassung von Weimar, als verbindlich anerkannt und gewahrt worden sind (vgl. BVerfGE 106, 225 [232]; stRspr). Ein Ausgleichssystem für örtlich bedingte Mehrkosten gerade in Form von Zulagen gehört hierzu nicht. |
2. Allerdings kannte das Beamtenrecht der Weimarer Zeit ein Ortszulagensystem, das den örtlichen Lebenshaltungskosten Rechnung trug.
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a) Erstmals wurde ein typisierender Ausgleich für die erhöhten Unterhaltsbelastungen durch das Gesetz betreffend die Bewilligung von Wohngeldzuschüssen an die Offiziere und Ärzte des Reichsheeres und der Kaiserlichen Marine, sowie an die Reichsbeamten vom 30. Juni 1873 (RGBl S. 166) gewährt. Da die Beamten infolge der Residenzpflicht ihren dienstlichen Wohnsitz nicht selbst wählen konnten, sollte im Fall der Versetzung an einen Dienstort mit einem anderen Niveau der Mieten und der Lebenshaltungskosten wenigstens ein Ausgleich der Kaufkraftunterschiede erfolgen. Denn die Preisverhältnisse insbesondere bei den Mieten differierten teilweise erheblich (vgl. dazu Heer, Beamtenbesoldung in der Bundesrepublik Deutschland, 1975, S. 6 und 27, sowie Günther, Die Anpassung der Beamtenbesoldung an die allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse, 1987, S. 25). Mit Wirkung vom 1. Januar 1873 wurde deshalb ein an den dienstlichen Wohnsitz des Beamten anknüpfender Wohngeldzuschuss bewilligt, dessen Höhe durch eine Einteilung in sechs Ortsklassen bestimmt war.
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Die Ortsklasseneinteilung wurde im Folgenden wiederholt geändert, am System einer Besoldung mit örtlich bestimmtem Anteil änderte sich jedoch nichts. Der Gesetzgeber ließ sich von der Überzeugung leiten, dass es nicht "angängig" erscheine, "den Beamten in der billigsten Kleinstadt in seinen Gesamtbezügen ebenso zu stellen wie den Beamten in der teuersten Großstadt" (Begründung zum Entwurf eines Besoldungsgesetzes vom 26. März 1920, RTDrucks Bd. 342, Nr. 2471, S. 2).
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b) Durch das Besoldungsgesetz vom 30. April 1920 (RGBl S. 805) wurde der Wohngeldzuschuss durch einen Ortszuschlag ersetzt. Mit diesem regional gestaffelten Besoldungsanteil sollten die Unterschiede der Lebenshaltungskosten insgesamt an den einzelnen Orten berücksichtigt werden. Hintergrund waren die Ergebnisse einer Erhebung des Statistischen Reichsamts, die den Gesetzgeber zu der Einschätzung veranlassten, dass "auch der Aufwand für die sonstige Lebenshaltung, insbesondere für die Nahrung, an den einzelnen Orten ein durchaus verschiedener" ist (Begründung zum Entwurf eines Besoldungsgesetzes vom 26. März 1920, RTDrucks Bd. 342, Nr. 2471, S. 6). Neben den Wohnungsmieten wurde bei der Festsetzung daher auch den sonstigen örtlichen Teuerungsverhältnissen Rechnung getragen. |
Darüber hinaus führte das Reformgesetz einen Kinderzuschlag ein. Die Notlage der kinderreichen Beamtenfamilien während des Ersten Weltkriegs hatte deutlich gemacht, dass die bis dahin praktizierte unterschiedslose Besoldung Lediger, Verheirateter und kinderreicher Familien mit den sozial- und bevölkerungspolitischen Vorstellungen nicht mehr vereinbar war. Die Pflicht des Dienstherrn, dem Beamten einen "standesgemäßen" Unterhalt zu bezahlen, implizierte damit nicht mehr nur die Staffelung der Einkommen nach dem sozialen Rang; vielmehr wurde die Alimentierungspflicht dahingehend interpretiert, dass die Besoldung am typischerweise abzudeckenden Bedarf bemessen sein müsse und daher auch die familien- und kinderbedingten Unterschiede zu berücksichtigen habe (vgl. dazu Günther, Die Anpassung der Beamtenbesoldung an die allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse, 1987, S. 34 ff.).
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c) Angesichts der turbulenten Wirtschaftsentwicklung in den Jahren 1920 bis 1924 kehrte das Besoldungsrecht mit der Verordnung über die Achtzehnte Ergänzung des Besoldungsgesetzes vom 23. Oktober 1924 (RBesBl S. 289) wieder zum Wohngeldzuschuss zurück, weil sich die Berücksichtigung der gesamten örtlichen Teuerungsverhältnisse als schwer erfassbar erwiesen hatte (vgl. Schwegmann/Summer, Bundesbesoldungsgesetz, Stand: April 2005, Einführung vor § 39 BBesG, Rn. 2). Das Ortsklassenverzeichnis basierte daher im Folgenden auf den durchschnittlichen Wohnraummieten in den einzelnen Orten.
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d) Das Bundesbesoldungsgesetz vom 27. Juli 1957 (BGBl. I S. 993) ersetzte den Wohngeldzuschuss wieder durch einen Ortszuschlag. Dem lag die Überzeugung zugrunde, dass sich durch den Wiederaufbau der zerstörten und den Bau neuer Wohnungen zwischenzeitlich eine Annäherung der Mietpreise ergeben habe. Zur Erfassung der unterschiedlichen Lebenshaltungskosten sei daher der alleinige Rückgriff auf die Wohnungskosten nicht mehr geeignet (vgl. BTDrucks 2/3638). Der Berechnungsmaßstab zur Bemessung des Ortzuschlages erfasste über die Durchschnittsraummiete hinaus auch die Einwohnerzahl der Orte sowie weitere lokale Besonderheiten. Insgesamt wurden drei Ortsklassen (S, A und B) ausgewiesen (Anlage II BBesG 1957); die Zuteilung der Orte erfolgte durch die Verordnung über die Aufstellung des Ortsklassenverzeichnisses vom 1. Oktober 1957 (BGBl. II S. 1445). |
e) Nachdem bereits § 4 des Vierten Gesetzes über die Erhöhung von Dienst- und Versorgungsbezügen (Viertes Besoldungserhöhungsgesetz) vom 13. August 1964 (BGBl. I S. 617) den Wegfall der Ortsklasse B und damit eine Reduktion der bestehenden Ortsklasseneinteilung gebracht hatte, wurde die regionale Differenzierung des Ortszuschlages zum 1. Januar 1973 gänzlich aufgegeben. Mit Art. I § 4 Abs. 2 des Ersten Gesetzes zur Vereinheitlichung und Neuregelung des Besoldungsrechts in Bund und Ländern (1. BesVNG) vom 18. März 1971 (BGBl. I S. 208) wurde auch die Ortsklasse A gestrichen und damit nur noch der einheitliche Ortszuschlag der Stufe S gewährt.
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Der Gesetzgeber ging davon aus, dass sich die Lebenshaltungskosten in Stadt und Land zwischenzeitlich dergestalt angeglichen hätten, dass eine regionale Gehaltsdifferenzierung nicht mehr erforderlich sei. In der Gesetzesbegründung wurde ausgeführt (BRDrucks 72/68, S. 16):
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"An dem wiederholt ins Auge gefassten Vorhaben, die Gehaltsunterschiede nach Ortsklassen zu beseitigen, soll festgehalten werden. Die Lebenshaltungskosten in Stadt und Land haben sich allgemein so angeglichen, dass Gehaltsdifferenzierungen unter diesem Gesichtspunkt sachfremd wären. Allein bei den Wohnungsmieten sind noch Unterschiede feststellbar. Hierfür lassen sich aber keine zuverlässigen Ab grenzungsmerkmale mehr aufstellen, zumal Beamte mit dienstlichem Wohnsitz in einer Großstadt heute zunehmend in ländlichen Randgebieten wohnen. Gesichtspunkte der Raumordnung sprechen darüber hinaus gegen eine höhere Besoldung in Verdichtungs-(Ballungs-)gebieten." |
Obwohl ein Ortszuschlag damit tatsächlich nicht mehr gewährt wurde, hat auch der Gesetzgeber bei der Neuregelung des Besoldungsrechts im Jahr 1971 nicht mit der Vorstellung eines regionalen Ausgleichssystems gebrochen. Er ging vielmehr davon aus, dass hierfür in Anbetracht weitgehender zwischenörtlicher Preisangleichungen kein Bedürfnis mehr bestehe.
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3. Selbst wenn danach Ortszulagen in der Beamtenbesoldung als hergebracht angesehen werden können, unterfallen sie nicht dem Schutz des Art. 33 Abs. 5 GG. Dieser umfasst nicht jede einfachgesetzliche Ausgestaltung des Beamtenverhältnisses, sondern nur den überlieferten Kernbestand von Strukturprinzipien (vgl. BVerfGE 43, 242 [278]; 106, 225 [232]; stRspr). Die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers wird daher nur durch solche hergebrachten Regelungen beschränkt, die das Bild des Beamtentums in seiner überkommenen Gestalt und Funktion so prägen, dass ihre Beseitigung auch das Wesen des Beamtentums antasten würde (vgl. BVerfGE 114, 258 [286]). Hierzu gehören zwar das Alimentationsprinzip und die Fürsorgepflicht, die dem Beamten einen angemessenen Unterhalt auch in besonderen Lebenslagen garantieren (vgl. BVerfGE 106, 225 [232]), nicht aber die Gewährung von Ortszulagen.
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a) Die hergebrachten Grundsätze, und mithin die Institution des deutschen Berufsbeamtentums, werden durch Art. 33 Abs. 5 GG nicht um ihrer selbst willen geschützt. In der Formulierung "Berücksichtigung" ist vielmehr eine Entwicklungsoffenheit angelegt, die den Gesetzgeber in die Lage versetzt, die Ausgestaltung des Dienstrechts den jeweiligen Entwicklungen der Staatlichkeit anzupassen und das Beamtenrecht damit "in die Zeit zu stellen". Die Strukturentscheidung des Art. 33 Abs. 5 GG belässt daher ausreichend Raum, die geschichtlich gewachsene Institution in den Rahmen unseres heutigen Staatslebens einzufügen (vgl. BVerfGE 3, 58 [137]; 62, 374 [382]; 70, 69 [79]) und den Funktionen anzupassen, die das Grundgesetz dem öffentlichen Dienst in der freiheitlichen, rechts- und sozialstaatlichen Demokratie zuschreibt (vgl. BVerfGE 7, 155 [162]; 8, 1 [16]; 9, 268 [286], 15, 167 [195]). Veränderungen verstoßen daher nur dann gegen Art. 33 Abs. 5 GG, wenn sie nicht als Fortentwicklung des Beamtenrechts eingestuft werden können, sondern in einen Kernbestand von Strukturprinzipien eingreifen (vgl. dazu bereits Jüsgen, DÖV 1951, S. 474). Das Grundgesetz erlaubt damit eine stete Fortentwicklung, die das Beamtenrecht in seinen einzelnen Ausprägungen den veränderten Umständen anpasst (BVerfGE 97, 350 [376 f.]; vgl. auch BVerfGE 43, 154 [168]; 67, 1 [14]). |
Überdies wird nicht jede Regelung des früheren Beamtenrechts, die sich als hergebracht erweist, von der institutionellen Garantie erfasst. Bezugspunkt des Art. 33 Abs. 5 GG ist nicht das gewachsene Berufsbeamtenrecht, sondern das Berufsbeamtentum (vgl. hierzu Thieme, in: Studienkommission für die Reform des öffentlichen Dienstrechts, Bd. 5, 1970, S. 301 [320]). Geschützt sind daher nur diejenigen Regelungen, die das Bild des Beamtentums in seiner überkommenen Gestalt maßgeblich prägen, sodass ihre Beseitigung auch das Wesen des Beamtentums antasten würde (vgl. BVerfGE 43, 177 [185]; 114, 258 [286]). Dies ergibt sich bereits aus dem Wesen einer Einrichtungsgarantie, deren Sinn gerade darin liegt, den Kernbestand der Strukturprinzipien -- mithin die Grundsätze, die nicht hinweggedacht werden können, ohne dass damit zugleich die Einrichtung selbst verändert würde -- dem gestaltenden Gesetzgeber verbindlich als Rahmen vorzugeben (vgl. Lecheler, AöR 103 [1978], S. 349 [363]). Das Bundesverfassungsgericht hat dies mit der Formulierung zum Ausdruck gebracht, dass Art. 33 Abs. 5 GG bei diesen Grundsätzen nicht nur "Berücksichtigung", sondern auch "Beachtung" verlangt (vgl. BVerfGE 8, 1 [16 f.]; 11, 203 [210]; 61, 43 [57 f.] sowie Merten, ZBR 1996, S. 353 [355]). Zu diesem Kernbestand von Strukturprinzipien gehören u.a. das Alimentationsprinzip (vgl. BVerfGE 106, 225 [232]) und der Leistungsgrundsatz (vgl. BVerfGE 62, 374 [383]; 64, 323 [351]; 70, 251 [266]; 71, 255 [268]).
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Bei der Ausgestaltung der Zulagen zur Beamtenbesoldung handelt es sich um eine Detailregelung, die keinen zwingenden Bezug zur Angemessenheit der Alimentation aufweist. Für diese sind vielmehr die Nettobezüge maßgeblich (vgl. BVerfGE 44, 249 [266]; 81, 363 [376]; 99, 300 [315]), mithin das, was sich der Beamte von seinem Gehalt tatsächlich leisten kann (vgl. BVerfGE 44, 249 [266 f.]; 56, 353 [361 f.]; 81, 363 [376]; 99, 300 [314 f.]; 114, 258 [286]). Hierfür ist nicht entscheidend, ob die Bezüge aus dem Grundgehalt, aus Grundgehalt und Ortszulage oder aus anderen Komponenten bestehen. Sieht der Gesetzgeber keinen gesonderten Ausgleich für die örtlich bedingten Lebenshaltungskosten vor, so kann dies im Hinblick auf die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums nicht missbilligt werden, wenn sich die Bezüge gleichwohl auch in Ballungsräumen noch als angemessen erweisen. Die Entscheidung des Gesetzgebers im Jahre 1971, allen Beamten einheitlich die höchste Stufe S des bestehenden Ortszuschlagsystems zu gewähren, ist daher nicht zu beanstanden.
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Es gibt keinen Grundsatz im Sinne des Art. 33 Abs. 5 GG, wonach sich die Besoldung des Beamten aus Grundgehalt, Kinderzuschlag und Ortszuschlag zusammensetzen müsste (vgl. BVerfGE 44, 249 [263]; 49, 260 [272]). Der Gesetzgeber kann die Struktur der Beamtenbesoldung und die Zahlungsmodalitäten pro futuro ändern, solange dies nicht die verfassungsrechtlich garantierte Alimentierungspflicht und die hierdurch gesicherte Untergrenze einer amtsangemessenen Besoldung verletzt.
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II. |
Der Besoldungsgesetzgeber ist durch das Alimentationsprinzip nicht verpflichtet, die erhöhten Lebenshaltungskosten in München durch einen spezifischen Ausgleich abzufedern. Er überschreitet gegenwärtig nicht die Grenzen des ihm bei der Ausgestaltung der Beamtenbesoldung zukommenden Gestaltungsspielraums.
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1. a) Die verfassungsrechtliche Basis der Beamtenbesoldung bil det das Alimentationsprinzip. Es gehört zu den von Art. 33 Abs. 5 GG gewährleisteten hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums, die der Gesetzgeber angesichts des grundlegenden und strukturprägenden Charakters nicht nur berücksichtigen muss, sondern zu beachten hat (vgl. BVerfGE 8, 1 [16]; 11, 203 [210]; 61, 43 [57 f.]; stRspr). Es verpflichtet den Dienstherrn, den Beamten und seine Familie lebenslang angemessen zu alimentieren und ihm nach seinem Dienstrang, nach der mit seinem Amt verbundenen Verantwortung und nach der Bedeutung des Berufsbeamtentums für die Allgemeinheit entsprechend der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse und des allgemeinen Lebensstandards einen angemessenen Lebensunterhalt zu gewähren. Der Beamte muss über ein Nettoeinkommen verfügen, das seine rechtliche und wirtschaftliche Sicherheit und Unabhängigkeit gewährleistet und ihm über die Befriedigung der Grundbedürfnisse hinaus einen seinem Amt angemessenen Lebenskomfort ermöglicht (vgl. BVerfGE 8, 1 [14]; 114, 258 [287 f.]; stRspr). |
Dabei können Unterschiede in der Belastung von Bedeutung sein. So sind die den Beamten treffenden Unterhaltslasten realitätsgerecht zu berücksichtigen (vgl. BVerfGE 99, 300 [Leitsatz 1, 314 f.]). Im Hinblick auf den familiär bedingten Unterhaltsbedarf hat das Bundesverfassungsgericht aus Art. 33 Abs. 5 GG die Verpflichtung entnommen, die Bezüge so zu bemessen, dass Beamte der gleichen Besoldungsstufe sich in der Lebenswirklichkeit ohne Rücksicht auf die Größe ihrer Familie annähernd das Gleiche leisten können (vgl. BVerfGE 44, 249 [267, 273 f.]; 81, 363 [376]). Was demnach dem Beamten an Alimentierung verfassungskräftig zusteht, hängt bei der Bemessung auch von der Größe der Familie und dem damit verbundenen höheren Aufwand für den Unterhalt der Familie ab (vgl. BVerfGE 44, 249 [267]). Der Gesetzgeber überschreitet seinen Gestaltungsspielraum, wenn die Höhe der Bezüge den tatsächlichen Unterhaltskosten nicht mehr entspricht und der Beamte so mit wachsender Kinderzahl den ihm zukommenden Lebenszuschnitt nicht mehr erreichen kann (vgl. BVerfGE 99, 300 [316]). Das Prinzip amtsangemessener Alimentation verlangt in einem solchen Fall zusätzliche Leistungen, um die Auszehrung der allgemeinen Gehaltsbestandteile durch Unterhaltsleistungen zu verhindern (vgl. BVerfGE 44, 249 [275]). |
b) Die Höhe der tatsächlich anfallenden Lebenshaltungskosten kann auch in regionaler Hinsicht differieren. Die wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse unterscheiden sich regional teilweise erheblich, sodass unterschiedliche Nettobeträge erforderlich sein können, damit die Beamten in der Lage sind, sich in der Lebenswirklichkeit annähernd das Gleiche zu leisten. Es verletzt das Alimentationsprinzip daher nicht, sondern steht mit ihm im Einklang, wenn bei der Bemessung der Bezüge von Beamten, die das gleiche Amt innehaben, an Wohnsitz oder Dienstort anknüpfende Abstufungen vorgesehen werden, sofern sich solche regionalen Unterscheidungen nach Anlass und Ausmaß der Differenzierung vor Art. 3 Abs. 1 GG rechtfertigen lassen (vgl. BVerfGE 107, 218 [238]). Welche Alimentation angemessen ist, bedarf allerdings der Konkretisierung durch den Gesetzgeber und ist von den jeweiligen Verhältnissen abhängig. Bei der Bestimmung der Höhe der amtsangemessenen Besoldung hat sich der Besoldungsgesetzgeber an der Entwicklung der wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse sowie dem allgemeinen Lebensstandard zu orientieren.
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2. Der Besoldungsgesetzgeber ist zu einer regionalen Differenzierung der Besoldung gegenwärtig -- auch im Hinblick auf die Gegebenheiten im Ballungsraum München -- nicht verpflichtet.
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a) Wie unter der Geltung des aus Art. 129 Abs. 1 Satz 3 Weimarer Reichsverfassung abgeleiteten Prinzips des "standesgemäßen" Unterhalts ist auch heute die Höhe der Bezüge der Verfassung nicht unmittelbar zu entnehmen. Die in Art. 33 Abs. 5 GG enthaltene Garantie eines "amtsangemessenen" Unterhalts stellt lediglich eine den Besoldungsgesetzgeber in die Pflicht nehmende verfassungsrechtliche Gestaltungsdirektive dar.
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Bei der Konkretisierung der aus Art. 33 Abs. 5 GG resultierenden Pflicht zur amtsangemessenen Alimentierung hat der Gesetzgeber einen verhältnismäßig weiten Entscheidungsspielraum (vgl. BVerfGE 8, 1 [22 f.]; 110, 353 [364]; 114, 258 [288]; stRspr). Aufgrund des weiten Spielraums politischen Ermessens, innerhalb dessen der Gesetzgeber das Besoldungsrecht den tatsächlichen Notwendigkeiten und der fortschreitenden Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse anpassen und verschiedenartige Gesichtspunkte berücksichtigen darf, hat das Bundesverfassungsgericht nicht zu prüfen, ob der Gesetzgeber die gerechteste, zweckmäßigste und vernünftigste Lösung gewählt hat (vgl. BVerfGE 103, 310 [320]). Unter Gleichheitsaspekten kann das Bundesverfassungsgericht, sofern nicht von der Verfassung selbst getroffene Wertungen entgegenstehen, nur die Überschreitung äußerster Grenzen beanstanden, jenseits derer sich gesetzliche Vorschriften bei der Abgrenzung von Sachverhalten als evident sachwidrig erweisen (vgl. BVerfGE 65, 141 [148 f.]; 110, 353 [364 f.]). Dies gilt zumal dann, wenn vom Gesetzgeber -- wie hier -- zusätzlich Besoldungsdifferenzierungen zugunsten bestimmter Regionen gefordert werden. Dem Gesetzgeber steht es -- im Hinblick sowohl auf Art. 33 Abs. 5 GG als auch auf Art. 3 Abs. 1 GG -- insbesondere frei, aus der Vielzahl der Lebenssachverhalte die Tatbestandsmerkmale auszuwählen, die für die Gleich- oder Ungleichbehandlung maßgebend sein sollen (vgl. BVerfGE 71, 39 [53]; 76, 256 [295, 330]). Ihm muss zugestanden werden, auch das gesamte Besoldungsgefüge und übergreifende Gesichtspunkte in den Blick zu nehmen (vgl. BVerfGE 26, 141 [310]; 103, 310 [320]; 110, 353 [364 f.]). |
b) Hieran gemessen ist nicht zu beanstanden, dass es der Gesetzgeber unterlassen hat, einen spezifischen Ausgleich für in Ballungsräumen erhöhte Lebenshaltungskosten vorzusehen.
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aa) Die in bestimmten Ballungsräumen vergleichsweise hohen Preise spiegeln, wie auch der Sachverständige Dr. Stegner in der mündlichen Verhandlung dargestellt hat, die dortige Lebensqualität wider. Sie bringen unter anderem zum Ausdruck, dass ein Leben in dem betreffenden Standort von einer Vielzahl von Menschen als attraktiv bewertet wird.
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Zwar trifft es zu, dass Bezieher niedriger und mittlerer Einkommen von Teilen dessen, was die Attraktivität des Lebens an Orten mit hohem Preisniveau ausmacht, gerade aus Kostengründen nicht oder nur eingeschränkt profitieren können. Auch wenn berück sichtigt wird, dass etwa Teile des kulturellen Angebots, gehobene Einkaufsmöglichkeiten und innerstädtische Wohnquartiere nur von Personen mit höherem Einkommen intensiv oder überhaupt genutzt werden können, ist aber die Einschätzung nicht offensichtlich verfehlt, dass auch für Bezieher niedrigerer Einkommen den höheren Lebenshaltungskosten Vorteile gegenüberstehen, die dagegen sprechen, die geringere Kaufkraft des Beamtengehalts in diesen Räumen ohne weiteres mit einem entsprechend geringeren Lebensstandard gleichzusetzen. Als Beispiele seien nur die in Ballungsräumen reichhaltigeren Bildungsangebote und medizinischen Versorgungsmöglichkeiten, vielfältigere Freizeit- und Unterhaltungsangebote auch in den niedrigeren Preissegmenten oder ortsspezifische Vorteile wie die Nähe zu attraktiven Erholungsgebieten genannt. Solche Faktoren mögen sich einer präzisen statistischen Erfassung weitgehend entziehen; sie sind darum aber nicht unbeachtlich. Die Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte hält sich im Rahmen des dem Besoldungsgesetzgeber zustehenden Einschätzungsspielraums. |
bb) Hinzu kommt, dass für die Amtsangemessenheit der Besoldung eines Beamten nicht allein der Vergleich zum Lebensstandard von Beamten in kostengünstigeren Regionen ausschlaggebend ist. Die Amtsangemessenheit der Alimentation des Beamten bestimmt sich auch durch ihr Verhältnis zu den Einkommen, die für vergleichbare und auf der Grundlage vergleichbarer Ausbildung erbrachte Tätigkeiten außerhalb des öffentlichen Dienstes erzielt werden (vgl. BVerfGE 114, 258 [293 f.]). Es ist indes nicht dargetan, dass Beamte wie der Beschwerdeführer gegenüber vergleichbaren Erwerbstätigen außerhalb des öffentlichen Dienstes in einem Umfang benachteiligt würden, dass deshalb die Alimentation in München und Umgebung nicht mehr als "standesgemäß" angesehen werden könnte. Allein aus dem Umstand, dass nach der bayerischen Kaufkraftstudie das Einkommensniveau in München deutlich über dem Landesdurchschnitt liegt, ergibt sich dies nicht, denn wie in der Studie selbst ausgeführt wird, handelt es sich dabei um eine Globalbetrachtung, die über die Verteilung der Einkommen und damit auch über die Einkommensverhältnisse der hier in Betracht kommenden Vergleichsgruppen keine Auskunft gibt. |
cc) Zu berücksichtigen sind außerdem die von dem Sachverständigen Prof. Dr. von der Lippe in der mündlichen Verhandlung dargestellten beträchtlichen Schwierigkeiten der Ermittlung zwischenörtlicher Preis- und Kostenunterschiede. Eine hinreichend sichere Tatsachengrundlage für eine umfassende Bewertung der vorhandenen Unterschiede besteht daher gegenwärtig nicht.
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Es ist allerdings Aufgabe des Gesetzgebers, die tatsächliche Entwicklung der Lebenshaltungskosten auf relevante Unterschiede zwischen Stadt und Land zu beobachten, um möglichen Verstößen gegen den Alimentationsgrundsatz angemessen begegnen zu können.
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III. |
Eine Handlungspflicht des Gesetzgebers ergibt sich auch nicht aus dem Leistungsgrundsatz.
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1. Zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums gehört, dass die Bezüge der Beamten -- dem Leistungsgrundsatz des Art. 33 Abs. 2 GG folgend -- entsprechend der unterschiedlichen Wertigkeit der Ämter abgestuft sind (vgl. BVerfGE 56, 146 [163 f.]; 61, 43 [57 f.]; 76, 256 [323 f.]; 114, 258 [293]). Die Angemessenheit der Alimentation bestimmt sich maßgeblich nach innerdienstlichen, unmittelbar auf das Amt bezogenen Kriterien wie dem Dienstrang und der mit dem Amt verbundenen Verantwortung. Die "amts"-angemessene Besoldung ist damit notwendig eine abgestufte Besoldung. Die Organisation der öffentlichen Verwaltung stellt darauf ab, dass in den höher besoldeten Ämtern die für den Dienstherrn wertvolleren Leistungen erbracht werden. Deshalb muss im Hinblick auf das Leistungs- und das Laufbahnprinzip mit der organisationsrechtlichen Gliederung der Ämter eine Staffelung der Gehälter einhergehen. Amtsangemessene Gehälter sind daher so zu bemessen, dass sie dem Beamten eine Lebenshaltung ermöglichen, die der Bedeutung seines jeweiligen Amtes entspricht.
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2. Da die Bezüge so zu bemessen sind, dass sie dem Beamten eine Lebenshaltung ermöglichen, die der Bedeutung seines jeweiligen Amtes entspricht, muss sich die Stufung der Ämter auch in der Realität wieder finden. Dies besagt aber nicht, dass, wie der Beschwerdeführer meint, die realen Lebensverhältnisse eines Beamten der Besoldungsgruppe A 13 in München mit denen eines Beamten der Besoldungsgruppe A 12 oder A 11 an einem anderen Ort zu vergleichen wären. Einem Vergleich zugänglich sind insoweit allein die Beamten der verschiedenen Besoldungsgruppen am selben Ort. Der Gesetzgeber geht -- wie dargelegt, zulässigerweise -- davon aus, dass die Beamten den unterschiedlichen Lebensverhältnissen in München und an Orten außerhalb dieses Ballungsraums durch entsprechende Lebensgestaltung Rechnung tragen. Bereits von daher verbietet sich ein überörtlicher Vergleich, so dass der Stichhaltigkeit des Beschwerdevorbringens im Übrigen nicht nachgegangen werden muss. |
IV. |
Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG ist nicht verletzt. Für die Annahme eines Verstoßes gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG wegen unterlassener Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG genügt es nicht, dass eine Rechtsvorschrift möglicherweise verfassungswidrig ist. Vielmehr muss sich dem Fachgericht die Verfassungswidrigkeit der Norm in einer Weise aufdrängen, dass es willkürlich wäre, von einer Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 1 GG abzusehen. Diese Voraussetzungen liegen offenkundig nicht vor.
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C. |
Diese Entscheidung ist mit sechs gegen zwei Stimmen ergangen.
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Hassemer Broß Osterloh Di Fabio Mellinghoff Lübbe-Wolff Gerhardt Landau |