BGE 123 II 402 - Verein gegen Tierfabriken I |
43. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung |
vom 20. August 1997 |
i.S. Verein gegen Tierfabriken |
(VgT) gegen Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG) und "publisuisse SA" sowie Eidgenössisches Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) |
Regeste |
Art. 10 EMRK, Art. 13 EMRK u. 14 EMRK; Art. 55bis BV; Art. 1 Abs. 2 lit. e VwVG u. Art. 25 VwVG; Art. 5 Abs. 3 RTVG u. Art. 18 RTVG; Anspruch auf Zugang zum Werbefernsehen ("Recht auf Antenne"). |
Rechtsnatur des Handelns der SRG bzw. der "publisuisse SA" im Programmbereich (E. 2; Bestätigung von BGE 119 Ib 241 ff.) und im Werbebereich (E. 3). |
Über einen sich allenfalls ausnahmsweise aus Art. 10 in Verbindung mit Art. 14 EMRK ergebenden Anspruch auf Zugang zum Werbefernsehen hat das Bundesamt für Kommunikation in einer Feststellungsverfügung zu entscheiden (E. 4). |
Anspruch im konkreten Fall verneint, bei dem im Interesse des Tierschutzes für eine Reduktion des Fleischkonsums geworben werden soll (E. 5). |
Sachverhalt |
A. |
Der Verein gegen Tierfabriken (VgT) beabsichtigte, im Januar 1994 durch die AG für das Werbefernsehen (AGW; heute: "publisuisse SA") einen Fernsehspot ausstrahlen zu lassen, der auf die "tierquälerische Nutztierhaltung" aufmerksam machen und für eine Reduktion des Fleischkonsums werben sollte. Am 10. Januar 1994 teilte ihm die AG für das Werbefernsehen im Sinne eines "Zwischenbescheides" mit, dass der Spot in der geplanten Form nicht ausgestrahlt werden könne, da er "politischen Charakter" habe. Der Verein gegen Tierfabriken weigerte sich am 14. und 20. Januar 1994, seinen Werbespot zu überarbeiten, und verlangte den Erlass einer anfechtbaren Verfügung. Am 24. Januar 1994 bestätigte die AG für das Werbefernsehen, dass sie die Sequenz in der vorliegenden Form nicht ausstrahlen werde, da diese Art. 14 der Radio- und Fernsehverordnung vom 16. März 1992 (RTVV; SR 784.401) sowie ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen verletze; sie sei nicht verpflichtet, Spots auszustrahlen, die geschäftsschädigend wirkten und ihre Verlegerinteressen tangierten.
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Der Verein gegen Tierfabriken gelangte hiergegen an die Generaldirektion der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG) und an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen (UBI). Diese übermittelte die Eingabe an das Bundesamt für Kommunikation (im weitern auch Bundesamt oder BAKOM) zur Prüfung, ob sie als Anzeige an die konzessionsrechtliche Aufsichtsbehörde entgegenzunehmen sei. Am 25. April 1994 teilte das Bundesamt dem Verein gegen Tierfabriken mit, es sehe keine Veranlassung, gegen die SRG ein Verfahren zu eröffnen. Im Bereich der Werbung könne weder aus der Bundesverfassung noch aus dem Radio- und Fernsehgesetz ein "Recht auf Antenne" abgeleitet werden. Die SRG bzw. die AGW seien im Rahmen der rundfunkrechtlichen Vorschriften bei der Akquisition frei und könnten ihre Vertragspartner - wettbewerbsrechtliche Aspekte vorbehalten - dementsprechend frei auswählen. |
Am 6. Juli 1994 gelangte der Verein gegen Tierfabriken mit einer "Aufsichtsbeschwerde" an das Eidgenössische Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement (im weitern auch Departement). Am 11. Juli 1994 verlangte er vom Bundesamt für Kommunikation den Erlass einer beschwerdefähigen Verfügung. Am 14. Juli 1994 erhob er gegen das Schreiben des BAKOM vom 25. April 1994 beim Bundesgericht Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Dieses trat am 5. Oktober 1994 auf die Beschwerde nicht ein und überwies die Akten zur gesetzlichen Folgegebung an das Eidgenössische Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement.
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Am 8. Mai 1995 ersuchte der Verein gegen Tierfabriken das Eidgenössische Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement, innert Monatsfrist zu entscheiden. Am 15. Mai 1995 teilte dieses mit, eine solche Zusicherung könne nicht gegeben werden. Am 15. April 1996 reichte der Verein beim Bundesgericht Rechtsverzögerungsbeschwerde ein. Diese wurde am 11. Juli 1996 als gegenstandslos abgeschrieben, nachdem das Eidgenössische Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement am 22. Mai 1996 die Verwaltungsbeschwerde abgewiesen hatte, soweit es darauf eingetreten war. Das Departement ging davon aus, das Schreiben des BAKOM bilde einen beschwerdefähigen Nichteintretensentscheid, soweit es dieses abgelehnt habe, in der Sache selber zu entscheiden. Entgegen der Ansicht des Vereins gegen Tierfabriken sei dieser nicht zu beanstanden, da die SRG bei der Werbung nicht hoheitlich, sondern wie ein privates Unternehmen handle und keine beim Bundesamt anfechtbaren Verfügungen erlasse. Aus dem gleichen Grund trat das Departement auf die bei ihm eingereichte Aufsichtsbeschwerde nicht ein. Sei die SRG bei der Akquisition der Werbung grundsätzlich frei, bestehe kein Raum für ein entsprechendes Verfahren.
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Der Verein gegen Tierfabriken hat am 18. Juni 1996 beim Bundesgericht hiergegen Verwaltungsgerichtsbeschwerde eingereicht. Er beantragt, den angefochtenen Entscheid aufzuheben und die SRG bzw. die "publisuisse SA" anzuweisen, dafür zu sorgen, dass der von ihm erstellte Werbespot mindestens im gleichen Ausmass über die Fernsehsender der SRG ausgestrahlt werden könne wie die Werbung für den Konsum von Schweizer Fleisch; eventuell sei der SRG bzw. der "publisuisse SA" zu untersagen, künftig Werbespots auszustrahlen, die allgemein den Konsum von Schweizer Fleisch fördern sollen. Der angefochtene Entscheid verstosse gegen Art. 10 (Meinungsäusserungsfreiheit) und Art. 14 (Diskriminierungsverbot) EMRK. Ein Werbespot für den Fleischkonsum sei von der "publisuisse SA" ausgestrahlt worden, weshalb auch der umstrittene Gegenspot auszustrahlen sei. Der Verein gegen Tierfabriken habe einen "unabdingbaren Anspruch" darauf, auf denselben Kanälen für seine der Fleischindustrie entgegenstehenden Ideen zu werben, auf denen diese für ihre Idee des Fleischgenusses werbe. Der Begriff der politischen Werbung im Sinne von Art. 14 RTVV (bzw. Art. 18 Abs. 5 des Bundesgesetzes vom 21. Juni 1991 über Radio und Fernsehen; RTVG; SR 784.40) sei eng auszulegen. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt, |
Auszug aus den Erwägungen: |
aus folgenden Erwägungen:
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Erwägung 1 |
bb) Das Eidgenössische Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement trat auf die ihm vom Bundesgericht am 5. Oktober 1994 zuständigkeitshalber überwiesene Verwaltungsbeschwerde ein, soweit es das Bundesamt für Kommunikation abgelehnt hatte, als Beschwerdeinstanz zu entscheiden. Es ging davon aus, dessen Schreiben vom 25. April 1994 stelle einen beschwerdefähigen Nichteintretensentscheid dar, und schützte diesen in Anwendung des Radio- und Fernsehgesetzes (in Verbindung mit Art. 1 Abs. 2 lit. e VwVG). Der angefochtene Entscheid stützt sich somit auf öffentliches Recht des Bundes. Er greift im Sinne von Art. 5 VwVG in die Rechtsstellung des Beschwerdeführers ein. Da überdies kein Ausschlussgrund besteht, ist auf die frist- und formgerecht eingereichte Verwaltungsgerichtsbeschwerde einzutreten.
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b) aa) Auf die Aufsichtsbeschwerde vom 6. Juli 1994 trat das Departement nicht ein, weil die SRG im Bereich der Werbung Privatautonomie geniesse und somit im Rahmen der Gesetzgebung frei sei, ihre Werbeaufträge zu gestalten. Sie unterstehe diesbezüglich - wie etwa im Bereich der Anstellungen - keiner allgemeinen Bundesaufsicht. Das der SRG zuzurechnende Verhalten der "AG für das Werbefernsehen" bzw. der "publisuisse SA" könne deshalb auch nicht aufsichtsrechtlich geprüft werden. |
bb) Gibt eine Aufsichtsbehörde einer Anzeige keine Folge, liegt darin in der Regel nicht eine beschwerdefähige Verfügung, da dem Anzeiger im Aufsichtsverfahren keine Parteirechte zustehen (Art. 71 Abs. 2 VwVG) und er auch keinen Anspruch darauf hat, dass sich die zuständige Behörde mit der angezeigten Angelegenheit befasst (BGE 119 Ib 241 E. 1c S. 244, mit Hinweisen). Etwas anderes gilt nur, wenn der Betroffene einwendet, seine Eingabe sei zu Unrecht als Aufsichtsbeschwerde und nicht als ordentliches Rechtsmittel entgegengenommen worden (BGE 119 Ib 241 E. 1c S. 244; 104 Ib 239 E. 3 S. 242). Wie es sich vorliegend mit der Anfechtbarkeit des aufsichtsrechtlichen Nichteintretensentscheids verhält, kann dahingestellt bleiben: Der Beschwerdeführer beanstandet diesen nicht (vgl. Art. 114 Abs. 1 OG); der Aufsichtsentscheid ist im übrigen logische Folge der Abweisung der Beschwerde gegen den Nichteintretensentscheid des Bundesamts für Kommunikation. Nahm dieses (und mit ihm das Departement) zu Unrecht an, es liege keine anfechtbare Verfügung vor, wird dem aufsichtsrechtlichen Nichteintretensentscheid die Grundlage so oder anders entzogen.
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Erwägung 2 |
b) aa) Nach Art. 55bis Abs. 2 Satz 1 BV ist der Bund für die Grundversorgung der Bevölkerung mit Beiträgen von Radio und Fernsehen verantwortlich, die der Entfaltung des kulturellen Lebens, der politischen Information und Meinungsbildung sowie der Unterhaltung dienen (MARTIN DUMERMUTH, Rundfunkrecht, in: KOLLER/MÜLLER/RHINOW/ZIMMERLI (Hrsg.), Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht, Basel 1996, Rz. 51; derselbe, Die Programmaufsicht bei Radio und Fernsehen in der Schweiz, Basel u. Frankfurt a.M. 1992, S. 33 ff.; J.P. MÜLLER/F. GROB, in Kommentar BV, Art. 55bis, Rz. 47). Für die flächendeckende Grundversorgung erklärt das Radio- und Fernsehgesetz auf nationaler und sprachregionaler Ebene in erster Linie die SRG zuständig (vgl. Art. 27 RTVG; FRANZISKA BARBARA GROB, Die Programmautonomie von Radio und Fernsehen in der Schweiz, Zürich 1994, S. 65). Nach Art. 3 der Konzession vom 18. November 1992 (BBl 1992 VI 567 ff., Konzession SRG) erfüllt diese ihren Auftrag durch die Gesamtheit ihrer Radio- und Fernsehprogramme in allen Amtssprachen mit gleichwertigen Programmen. Darin fördert sie das gegenseitige Verständnis und den Austausch zwischen den Landesteilen, Sprachgemeinschaften und Kulturen, berücksichtigt die Ausländer in der Schweiz, unterstützt den Kontakt zu den Auslandschweizern und begünstigt im Ausland die Präsenz der Schweiz und das Verständnis für deren Anliegen. Durch eine allgemeine, vielfältige und sachgerechte Information soll sie zur Meinungsbildung des Publikums beitragen und dabei das Verständnis für politische, wirtschaftliche und soziale Zusammenhänge fördern (Art. 3 Abs. 2 lit. a Konzession SRG), die kulturellen Werte des Landes stärken, das Kulturschaffen anregen und zur kulturellen Entfaltung des Publikums beitragen (Art. 3 Abs. 2 lit. b Konzession SRG); zudem soll sie bildende Inhalte vermitteln (Art. 3 Abs. 2 lit. c Konzession SRG) und Unterhaltung anbieten (Art. 3 Abs. 2 lit. d Konzession SRG). |
bb) Die SRG geniesst heute zwar kein Monopol mehr (SCHÜRMANN/NOBEL, Medienrecht, 2. Aufl., Bern 1993, S. 153; DUMERMUTH, Rundfunkrecht, a.a.O., Rz. 230), und sie sieht sich auch zusehends ausländischer Konkurrenz ausgesetzt; dies ändert aber nichts daran, dass sie nach dem geltenden Recht im Programmbereich nach wie vor im Rahmen ihr übertragener öffentlichrechtlicher Aufgaben handelt. Sie erfüllt einen "service public" (Klammer- und Integrationsfunktion; vgl. SCHÜRMANN/NOBEL, a.a.O., S. 145) und verfügt hierfür über eine besondere Stellung (vgl. BGE 122 II 471 E. 4b S. 479, 121 II 81 E. 4b S. 85; GROB, a.a.O., S. 65; SCHÜRMANN/NOBEL, a.a.O., S. 327 ff.; DENIS BARRELET, Les activités de la SSR dans le domaine de la presse écrite périodique, in Medialex 1996 S. 27 FN 6): Das Gesetz selber räumt ihr eine Konzession für die Veranstaltung nationaler und sprachregionaler Programme ein (Art. 26 Abs. 1 RTVG). Andere Interessenten sind hierzu nur zugelassen, soweit sie "die Möglichkeiten der SRG sowie der lokalen und regionalen Veranstalter, ihre konzessionsgemässen Leistungen zu erbringen", nicht wesentlich beeinträchtigen (Art. 31 Abs. 1 lit. b RTVG). Die SRG erhält für die ihr vom Bund übertragenen Aufgaben den Grossteil der von den PTT-Betrieben erhobenen Empfangsgebühren (BGE 121 II 183 ff.). Das Gesetz sieht für sie besondere Anforderungen über die Organisation und die Mitwirkungsrechte der Behörden bei der Bestellung der Organe und dem Erlass der Statuten vor (Art. 29 RTVG). Die SRG ist deshalb, soweit sie vom Radio- und Fernsehgesetz und von der Konzession her verpflichtet ist, ihr übertragene Aufgaben zu erfüllen, nach wie vor eine Organisation im Sinne von Art. 1 Abs. 2 lit. e VwVG. |
cc) Was in der Doktrin hiergegen eingewendet wird (vgl. etwa MARTIN DUMERMUTH, Rundfunkrecht, a.a.O., Rz. 121 ff. insbesondere Rz. 124; SCHÜRMANN/NOBEL, a.a.O., S. 153), überzeugt nicht: Daraus, dass die SRG gestützt auf Art. 103 lit. a OG legitimiert ist, beim Bundesgericht Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu führen, lässt sich nichts ableiten. Die Beschwerdelegitimation steht ihr wie einem Privaten zu, um im Verhältnis zum Konzedenten ihre institutionelle Autonomie zu verteidigen (Art. 55bis Abs. 3 BV). Die Kritik, die Praxis des Bundesgerichts zum "Recht auf Antenne" führe im Programmbereich dazu, dass eine angebliche Verletzung der Programmbestimmungen auf Beschwerde hin erstinstanzlich durch das Departement, d.h. die Bundesverwaltung, beurteilt werde, was mit dem Aufsichtssystem des Radio- und Fernsehgesetzes nicht vereinbar sei, verkennt, dass Art. 58 Abs. 2 RTVG die Beschwerde an die Unabhängige Beschwerdeinstanz ausdrücklich nur gegen ausgestrahlte Radio- und Fernsehsendungen zulässt. Entscheidet das Departement über eine Beschwerde im Zusammenhang mit dem "Recht auf Antenne", nimmt es im übrigen keine eigentliche präventive Programmaufsicht vor, sondern grenzt den Geltungsbereich verschiedener Grundrechtspositionen gegeneinander ab. Der entsprechende Entscheid ist zur Wahrung der Programmautonomie - wie ein Entscheid der Unabhängigen Beschwerdeinstanz über einen ausgestrahlten Beitrag - mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht anfechtbar, womit ein hinreichender Schutz der Unabhängigkeit des Veranstalters sichergestellt ist. Die Programmautonomie gilt nicht absolut, sondern nur im Rahmen der verfassungs- und gesetzmässigen Ordnung. Die Realisierung einer pluralistischen Information im Sinne von Art. 10 EMRK kann unter den Voraussetzungen von Art. 10 Ziff. 2 EMRK eine staatliche Intervention rechtfertigen oder geradezu gebieten, auch wenn dadurch unter die Informationsfreiheit fallende Interessen eines Einzelnen berührt werden sollten (BGE 122 II 471 E. 4b S. 479, im Zusammenhang mit der Presseförderung: BGE 120 Ib 142 E. 4b S. 148 f.). Wie das Bundesgericht festgestellt hat, muss ein "Recht auf Antenne" im allgemeinen verneint werden und kann sich die Frage nur ganz ausnahmsweise - namentlich unter dem Gesichtswinkel von Art. 10 EMRK in Verbindung mit Art. 14 EMRK - überhaupt stellen (BGE 119 Ib 241 E. 3e S. 248); insofern darf die Problematik der präventiven Programmkontrolle auch nicht überbewertet werden. Die Öffnung des Rechtswegs über das Departement garantiert in diesen Fällen lediglich den für die Geltendmachung allfälliger Beeinträchtigungen von Art. 10 EMRK erforderlichen nationalen Beschwerdeweg (Art. 13 EMRK). |
Erwägung 3 |
b) Das Radio- und Fernsehgesetz regelt die Veranstaltung, die Weiterverbreitung und den Empfang von Radio- und Fernsehprogrammen, einschliesslich Darbietungen und Informationen, die in gleicher Weise aufgearbeitet sind (Art. 1 Abs. 1 RTVG). Nicht zum eigentlichen Programm zählt die Werbung (vgl. FRANZISKA BARBARA GROB, a.a.O., S. 96, mit Hinweisen). Der Programmbegriff setzt ein redaktionelles Aufarbeiten von Information zu einer Sendung und deren Ausstrahlung seitens des Veranstalters voraus. Allein diese Tätigkeit wird durch die Programmgrundsätze von Art. 55bis Abs. 2 BV und Art. 4 RTVG erfasst. Der Veranstalter soll nicht durch einseitige, unsachgerechte oder die Vielfalt der Ereignisse und Ansichten nicht hinreichend zum Ausdruck bringende redaktionelle Beiträge die Meinungs- und Willensbildung des Zuschauers in Missachtung journalistischer Sorgfaltspflichten beeinflussen. Art. 10 RTVV definiert als Werbung dagegen "jede öffentliche Äusserung zur Förderung des Abschlusses von Rechtsgeschäften über Waren oder Dienstleistungen, zur Unterstützung einer Sache oder Idee oder zur Erzielung einer anderen vom Werbetreibenden gewünschten Wirkung", wofür diesem gegen Bezahlung oder eine ähnliche Gegenleistung Sendezeit zur Verfügung gestellt wird. Die Werbung ist naturgemäss einseitig, da sie im Interesse des Anbieters steht. Sie verschliesst sich bereits von der Sache her einer kritischen redaktionellen Hinterfragung, weshalb sie nach Art. 18 Abs. 1 RTVG vom Programm deutlich zu trennen und als Werbung zu kennzeichnen ist. Nur ausgestrahlte Werbespots können programm- oder organisationsrechtlich bedeutsam werden (vgl. BGE 118 Ib 356 E. 3 S. 360 f.). Eine Reklame ist nicht etwa deshalb bereits gestützt auf das programmrechtliche Sachgerechtigkeits- und Vielfaltsgebot auszustrahlen, weil ein Konkurrent mit seinem Beitrag zugelassen wurde. Es besteht insofern kein irgendwie gearteter programmrechtlicher "Anspruch auf Antenne". Es gilt grundsätzlich auch hier, dass das Radio- und Fernsehgesetz niemandem einen Anspruch auf die Verbreitung bestimmter Darbietungen und Informationen durch einen Veranstalter einräumt (Art. 5 Abs. 3 RTVG). |
c) aa) Die Werbung wird aber auch in anderer Beziehung nicht vom Programmauftrag erfasst: Der Gesetzgeber hat sie ausdrücklich nicht im Zusammenhang mit den Bestimmungen über den Programminhalt, sondern im Abschnitt über die Finanzierung geregelt. Diese erfolgt bei der SRG mittels Empfangsgebühren, Werbeeinnahmen und übrigen Betriebsbeiträgen (Art. 17 ff. RTVG). Weder gestützt auf Art. 55bis BV noch gestützt auf das Radio- und Fernsehgesetz oder die Konzession ist die SRG verpflichtet, von der Finanzierungsmöglichkeit der Werbung Gebrauch zu machen. Bis 1964 war diese an Radio und Fernsehen gänzlich untersagt. In der Folge wurde sie am Fernsehen zugelassen, im Interesse einer optimalen Wahrnehmung des Programmauftrags und zum Schutz anderer gewichtiger öffentlicher Interessen (Jugend, Gesundheit, Pressevielfalt) jedoch Beschränkungen unterworfen. Art. 18 RTVG geht heute von der grundsätzlichen Zulässigkeit der Werbung aus, behält aber gewisse Einschränkungen vor. So verbietet Art. 18 Abs. 5 RTVG religiöse und politische Werbung sowie solche für alkoholische Getränke, Tabak und Heilmittel. Zum Schutz der Jugend und der Umwelt kann der Bundesrat weitere Werbeverbote erlassen. Der Bundesrat regelt im übrigen die höchstzulässige Werbezeit, wobei er die Aufgabe und Stellung der anderen Kommunikationsmittel, vor allem der Presse, sowie die internationalen Werberegelungen berücksichtigt (Art. 18 Abs. 3 RTVG). Gestützt hierauf ist Art. 18 RTVG in den Art. 10 ff. RTVV konkretisiert worden. Die entsprechenden Bestimmungen enthalten keinerlei Verpflichtung, Werbung auszustrahlen, und bezeichnen diese auch nicht als öffentlichrechtliche Aufgabe des Veranstalters. |
bb) Nach Art. 2 Abs. 2 RTVV können in der Konzession Auflagen in bezug auf die Art und den zeitlichen Umfang der zu erbringenden Programmleistungen, die Organisation sowie die Finanzierung des Veranstalters gemacht werden, um die Einhaltung des Radio- und Fernsehgesetzes und seiner Ausführungsbestimmungen zu sichern. Der Bundesrat hat für die Fernsehwerbung in der geltenden Konzession von solchen Auflagen abgesehen: Art. 11 verbietet die Werbung in den Radioprogrammen; Art. 14 verpflichtet die SRG beim Fernsehen lediglich, das Departement über die Brutto-Werbeeinnahmen zu informieren; zudem hat sie ihm "nötigenfalls" Einsicht in die Belege Dritter zu verschaffen, die mit der Akquisition betraut sind. Diese Regelung unterscheidet sich deutlich von der bis zum Inkrafttreten des Radio- und Fernsehgesetzes geltenden: Die Konzession SRG vom 5. Oktober 1987 (BBl 1987 III 813 ff.) erlaubte in Art. 15 Abs. 2 die Fernsehwerbung gemäss den entsprechenden bundesrätlichen Weisungen vom 15. Februar 1984 (BBl 1984 I 364 ff.), welche die Aktiengesellschaft für das Werbefernsehen damit betrauten. Der Bundesrat übertrug dieser das ausschliessliche Recht, Werbeaufträge für die SRG zu beschaffen und entgegenzunehmen. Ihre Statuten bedurften seiner Genehmigung (Art. 2 und Art. 10 der Weisungen). Für die Zuteilung der Werbezeit sah Art. 11 vor, dass die AGW diese auf die verschiedenen Auftraggeber verteilen müsse, wobei sie objektiv und unparteilich zu verfahren und alle Interessenten im Rahmen von allgemeinen Geschäftsbedingungen gleich zu behandeln habe (vgl. PETER SALADIN, Das Recht auf Werbung und seine öffentlich-rechtlichen Schranken, Diss. Bern 1969, S. 324 ff. insbesondere S. 339). Solche Bestimmungen bestehen heute indessen nicht mehr. Mit dem durch das Radio- und Fernsehgesetz eingeführten Drei-Ebenen-Modell bestehen hinreichende - auch rundfunkrechtliche - Werbemöglichkeiten, so dass sich solche Eingriffe in die Handels- und Gewerbefreiheit der Veranstalter grundsätzlich nicht mehr rechtfertigen (vertikale Konkurrenz zwischen Veranstaltern auf lokaler, sprachregionaler/nationaler und internationaler Ebene). Die SRG steht auf dem Werbemarkt in Konkurrenz zu den lokalen Anbietern, die durch Werbepools ihre Position auch auf die nationale/sprachregionale Ebene ausdehnen (vgl. DUMERMUTH, Rundfunkrecht, a.a.O., Rz. 230; TeleCombi Schweiz [TeleZüri, TeleBärn, Tele M1 und Tele Tell]), und zu den internationalen Veranstaltern, welche die Schweiz teilweise mit speziellen Werbefenstern über Satelliten und Kabelnetze bedienen (RTL, Pro 7 und SAT 1). |
cc) Zusammenfassend ergibt sich, dass die SRG bei der Akquisition und Ausstrahlung von Werbung nach dem Gesagten nicht im Rahmen des Programmauftrags öffentlichrechtlich, sondern grundsätzlich privatrechtlich handelt. Auch in der Doktrin wird mehrheitlich ausdrücklich oder konkludent angenommen, dass die Nichtzulassung zu einer Werbesendung in erster Linie ein kartell- bzw. zivilrechtliches Problem sei (vgl. ULRIKE PREISSLER, Die Zulässigkeit ideeller Werbung im Fernsehen, Diss. Bonn 1994, S. 113 ff; DUMERMUTH, Rundfunkrecht, a.a.O., Rz. 126; ROLF H. WEBER, Rechtliche Grundlagen für Werbung und Sponsoring, in: SMI 1993, S. 213 ff. insbesondere S. 226 FN 58; anderer Meinung wohl: MICHAEL DÜRINGER, Radio- und Fernsehwerbung, Diss. ZH 1994, S. 33). Da die SRG (bzw. "publisuisse SA") damit nicht im Rahmen einer ihr übertragenen öffentlichrechtlichen Aufgabe gehandelt hat (vgl. Art. 1 Abs. 2 lit. e VwVG), war sie bundesrechtlich auch nicht verpflichtet, über die (Nicht-)Zulassung des Werbespots des Beschwerdeführers förmlich zu verfügen.
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Erwägung 4 |
4.- a) Dies schliesst nun aber nicht aus, dass das Bundesamt für Kommunikation seinerseits sich mit den Einwänden des Beschwerdeführers in einem formellen Entscheid hätte auseinandersetzen müssen. Der Beschwerdeführer hat geltend gemacht, ihm stehe gestützt auf Art. 10 EMRK ein Recht auf Ausstrahlung seines Spots für weniger Fleischkonsum zu, nachdem die SRG eine Imagewerbung für vermehrten Fleischkonsum zugelassen habe (Art. 10 in Verbindung mit Art. 14 EMRK). Er hat vor dem Bundesamt ausdrücklich um Erlass einer entsprechenden Feststellungsverfügung ersucht. Sein Spot sei keine politische Werbung. Im übrigen gehe das Werbeverbot für politische Spots zu weit und sei deshalb konventionswidrig. |
b) aa) Nach Art. 13 EMRK hat, wer sich in den durch die Konvention garantierten Rechten und Freiheiten für beeinträchtigt hält, Anspruch darauf, bei einer nationalen Instanz eine wirksame Beschwerde einlegen zu können. Dies bedeutet nicht unbedingt, dass ein Rechtsmittel an ein Gericht zur Verfügung stehen muss. Eine Beschwerdemöglichkeit an eine hinreichend unabhängige Verwaltungsbehörde kann genügen. Hingegen ist erforderlich, dass der Beschwerdeführer seine Sache bei einer Behörde vorbringen und diese in geeigneter Weise Abhilfe schaffen kann. Ausserdem müssen die rechtsstaatlich notwendigen minimalen Verfahrensrechte gewährleistet sein, namentlich der Anspruch auf rechtliches Gehör und auf Begründung des Entscheids (118 Ib 277 E. 5b S. 283). Die Aufsichtsbeschwerde genügt diesen Anforderungen im allgemeinen nicht und stellt daher auch kein wirksames Rechtsmittel im Sinne von Art. 13 EMRK dar (BGE 121 I 87 E. 1b S. 91). Unter diesen Umständen hätte das Bundesamt zur Verweigerung des "Rechts auf Antenne" im Werbebereich gestützt auf Art. 25 VwVG Stellung nehmen müssen (vgl. zur direkten Anwendbarkeit von Art. 13 EMRK: BGE 111 Ib 68 E. 3 S. 72). Danach muss die in der Sache zuständige Behörde über den Bestand, den Nichtbestand oder den Umfang öffentlichrechtlicher Rechte oder Pflichten eine Feststellungsverfügung treffen, wenn der Gesuchsteller ein schutzwürdiges rechtliches oder tatsächliches Interesse nachweist, das nicht durch eine rechtsgestaltende Verfügung gewahrt werden kann (BGE 114 V 201 ff.). Strittig war im vorliegenden Fall gerade die Frage, ob im Werbebereich der SRG, der an sich ein privatrechtliches Handeln darstellt, ausnahmsweise gestützt auf die besonderen Einwände des Beschwerdeführers und die spezifischen Umstände des Einzelfalls (vgl. im Programmbereich: BGE 119 Ib 241 E. 3 u. 4) ein konventionsgeschützter öffentlichrechtlicher Anspruch auf Zugang zum Werbefernsehen bestand. Das schutzwürdige Interesse im Sinne von Art. 25 VwVG ergab sich direkt aus Art. 13 EMRK (vgl. dazu BGE 121 I 87 E. 1b S. 91), weshalb dahingestellt bleiben kann, ob nicht generell ein solches bereits dann zu bejahen ist, wenn der politische Inhalt eines nichtausgestrahlten Werbespots umstritten erscheint. Das Bundesamt für Kommunikation hätte jedenfalls vorliegend dem Gesuch um Erlass einer Feststellungsverfügung entsprechen und damit den Beschwerdeweg in der Sache öffnen müssen.
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bb) Eine Gutheissung der Beschwerde und Rückweisung zu neuem Entscheid - soweit dies im vorliegenden Verfahren überhaupt möglich wäre, nachdem über das Begehren um Erlass einer Feststellungsverfügung durch das BAKOM gar nicht förmlich entschieden worden ist - rechtfertigt sich indessen nicht: Die Verfahrensbeteiligten haben sich in einem doppelten Schriftenwechsel zur Sachproblematik eingehend geäussert, weshalb das Bundesgericht direkt entscheiden kann (vgl. Art. 114 Abs. 2 OG und BGE 119 Ib 241 ff.). Eine allfällige Rückweisung scheint auch wenig zweckmässig, nachdem sich der Beschwerdeführer 1994 um die Ausstrahlung seines Spots bemüht hat und der Fall inzwischen auch bei der Europäischen Kommission für Menschenrechte hängig ist. |
Erwägung 5 |
5.- a) Wie das Bundesgericht für den Programmbereich festgestellt hat, ergibt sich weder aus Art. 55bis BV noch aus den gesetzlichen Bestimmungen ein "Recht auf Antenne". Die Meinungsäusserungs- und die Informationsfreiheit nach Art. 10 EMRK gewähren ihrerseits grundsätzlich ebenfalls kein Recht auf Inanspruchnahme eines Senders für die Verbreitung von Ideen (BGE 119 Ib 241 E. 4 S. 249, mit Hinweisen; DUMERMUTH, Rundfunkrecht, a.a.O., Rz. 122). Zwar fallen unter Umständen auch Werbebotschaften in den Anwendungsbereich von Art. 10 EMRK (BGE 120 Ib 142 E. 4a S. 148; IRENE LAEUCHLI BOSSHARD, Die Meinungsäusserungsfreiheit gemäss Art. 10 EMRK, Diss. Basel 1989, S. 19 ff.). Werbeverbote sind jedoch - zumindest im Rahmen der Voraussetzungen von Art. 10 Ziff. 2 EMRK - zulässig (FROWEIN/PEUKERT, Europäische Menschenrechtskonvention, 2. Aufl., Strassburg/Arlington 1996, Art. 10, Rz. 20; vgl. WOLFGANG STRASSER, Rechtsprechungsbericht über unzulässige Beschwerden: 7 Radio- und Fernseh-Fälle, in: EuGRZ 1994 S. 552 ff., insbesondere S. 554 f.): Das Verbot politischer Werbung ist in Art. 18 Abs. 5 RTVG ausdrücklich und für das Bundesgericht an sich verbindlich (vgl. Art. 114bis Abs. 3 BV) vorgesehen. Es soll verhindern, dass finanzkräftige Gruppen einen politischen Wettbewerbsvorteil erhalten. Im Interesse des demokratischen Prozesses will es die politische Meinungsbildung vor allzu starker wirtschaftlicher Einflussnahme schützen und für eine gewisse Chancengleichheit unter den verschiedenen gesellschaftlichen Kräften sorgen. Das Verbot trägt zur Unabhängigkeit der Radio- und Fernsehveranstalter im redaktionellen Bereich bei, die durch mächtige politische Werbeauftraggeber gefährdet werden könnte. Nach dem schweizerischen Kommunikationsrecht bildet nach wie vor die Presse das wichtigste Medium für die bezahlte politische Werbung. Finanzkräftige Gruppen können sich für ihre Anliegen bereits dort mehr Raum sichern; die Zulassung politischer Werbung an Radio und Fernsehen würde diese Tendenz verstärken und den demokratischen Meinungsbildungsprozess um so nachhaltiger beeinflussen, als das Fernsehen durch seine Verbreitung und seine Unmittelbarkeit erwiesenermassen eine grössere Wirkung auf das Publikum hat als die andern Kommunikationsmittel (vgl. DUMERMUTH, Rundfunkrecht, a.a.O., Rz. 284; BBl 1987 III 734; Entscheid der Unabhängigen Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen vom 4. Oktober 1991 in VPB 57/1993 Nr. 49 S. 416). Der Vorbehalt der politischen Werbung zugunsten der Printmedien sichert diesen einen gewissen Teil des Werbemarkts und trägt damit zu ihrer Finanzierung bei, was einer unerwünschten Pressekonzentration entgegenwirkt und damit indirekt wieder zu dem von Art. 10 EMRK gebotenen pluralistischen Mediensystem beiträgt (vgl. SCHÜRMANN/NOBEL, a.a.O., S. 91). Art. 55bis Abs. 4 BV sieht ausdrücklich vor, dass bei der Gesetzgebung über Radio und Fernsehen "auf Stellung und Aufgabe anderer Kommunikationsmittel, vor allem der Presse", Rücksicht zu nehmen ist (vgl. zu diesen Punkten die Antwort des Bundesrats auf eine Interpellation Reimann betreffend die politische Werbung in elektronischen Medien: Amtl. Bull. 1995 N 2246 f.). |
b) In der Doktrin wird die Zulässigkeit des Verbots politischer Werbung mit Blick auf Art. 10 EMRK teilweise in Frage gestellt (PIERRE-AMI CHEVALIER, L'interdiction de la "propagande politique" à la radio-TV: Un casse-tête, in: Medialex 1996, S. 62; G9RARD COHEN-JONATHAN, Art. 10 EMRK, in: PETTITI/DECAUX/IMBERT (Hrsg.), La Convention européenne des droits de l'homme, Paris 1995, S. 376 f.; LAURENCE BOISSON DE CHAZOURNES, Publicité commerciale et liberté d'expression, in: Revue générale de droit international public 1988, S. 929 ff., insbesondere S. 949). Dabei geht es in erster Linie aber um das Problem, ob Werbeverbote ihre Rechtfertigung bereits in Art. 10 Ziff. 1 Satz 3 EMRK finden (wonach der Anspruch auf freie Meinungsäusserung nicht ausschliesst, "dass die Staaten Rundfunk-, Lichtspiel- oder Fernsehunternehmen einem Genehmigungsverfahren unterwerfen") oder einer zusätzlichen Begründung in Anlehnung an Art. 10 Ziff. 2 EMRK bedürfen (vgl. FROWEIN/PEUKERT, a.a.O., Art. 10, Rz. 19 ff.). In der Sache gehen die entsprechenden Autoren nicht weiter und nehmen insbesondere auch keinen Bezug auf die spezifisch schweizerischen Verhältnisse. In einem älteren Entscheid betreffend die politische Werbung ging die Europäische Kommission für Menschenrechte davon aus, dass mit der Befugnis der Konzessionierung Radio und Fernsehen gewissen Kontrollen unterworfen werden dürften. Die Praxis der verschiedenen Staaten im Zusammenhang mit der Werbung sei sehr unterschiedlich. Einige schlössen sie gänzlich aus, andere liessen sie an sich zu, unterschieden aber nach Werbetypen. Art. 10 Ziff. 1 EMRK sei unter diesen Umständen so zu verstehen, dass der konzessionierende Staat spezifische Kategorien von Werbungen ohne weitere Begründung ausschliessen könne (Association X. c. Suède in: DR 28 S. 208; vgl. G9RARD COHEN-JONATHAN, a.a.O., S. 377). Ob diese Rechtsprechung heute als überholt zu gelten hat, kann dahingestellt bleiben; das Verbot der politischen Werbung genügt jedenfalls, wie dargelegt (vgl. E. 5a), den Eingriffsvoraussetzungen von Art. 10 EMRK (vgl. den Entscheid des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte i.S. Informationsverein Lentia, in: EuGRZ 1994 S. 549 ff.). |
c) aa) Die Weigerung eines Veranstalters, einer oder mehreren Gruppierungen Sendezeit zu gewähren, kann ausnahmsweise Probleme unter dem Gesichtswinkel von Art. 10 in Verbindung mit Art. 14 EMRK stellen. Dies etwa, wenn eine Gruppierung vor Wahlen oder Abstimmungen von jeglicher Sendemöglichkeit ausgeschlossen wird, während eine andere von gleicher Bedeutung Sendezeit zugesprochen erhält (BGE 119 Ib 241 E. 4 S. 249). Ob sich diese Rechtsprechung ohne weiteres auf die Reklame - bei der die politische Werbung gerade ausgeschlossen ist - übertragen lässt, erscheint fraglich. Das Problem braucht aber nicht vertieft zu werden, da der Beschwerdeführer so oder anders keine besonderen Umstände geltend zu machen vermag, die ihm gestützt auf Art. 10 EMRK ausnahmsweise einen Anspruch auf Zugang zum Werbefernsehen einräumen würden: Dem Beschwerdeführer standen zur Mitteilung seiner Ideen alternative Verbreitungsmöglichkeiten offen. Gibt es solche, stellt die Verweigerung der Ausstrahlung einer Botschaft über das Fernsehen nach der Praxis der Europäischen Kommission für Menschenrechte regelmässig keinen staatlichen Eingriff in das von Art. 10 EMRK geschützte Recht dar (vgl. Özkan c. Türkei, DR 81-A S. 98 ff.; Association mondiale pour L'Ecole Instrument de Paix c. Schweiz, VPB 59/1995 Nr. 144). Bestehen sinnvolle Alternativen zur rundfunkmässigen Verbreitung einer Meinung, trifft den Staat gestützt auf Art. 10 EMRK keine positive Pflicht, über diese Möglichkeiten hinaus zur Realisierung der Konventionsrechte allenfalls in Grundrechtspositionen Dritter - hier der SRG - einzugreifen. Der Beschwerdeführer hatte die Möglichkeit, seine Werbung im Lokalfernsehen und -radio (falls es sich nicht um politische Werbung handelte), in ausländischen Sendern (mit oder ohne Schweizer Werbefenster), im Kino oder in der Presse zu publizieren. Im übrigen standen ihm alle andern traditionellen Werbemöglichkeiten offen (Flugblätter, Informationsveranstaltungen usw.). Auch das schweizerische Werbefernsehen war ihm nicht gänzlich verschlossen: Die AG für das Werbefernsehen teilte ihm am 10. Januar 1994 mit, dass der Spot in der vorliegenden Form nicht ausgestrahlt werden könne, da sie davon ausgehen müsse, er falle unter das Verbot für politische Werbung. Hingegen dürfe das Schwergewicht auf die artgerechte Tierhaltung gelegt und der Zuschauer darauf aufmerksam gemacht werden, dass er sich nach der Herkunft des Fleischs, das er kaufe, erkundigen könne. Am 13. Januar 1994 schlug sie dem Beschwerdeführer eine Gesprächsrunde im Beisein eines Vertreters des Rechtsdienstes der SRG vor, "um die anstehenden Grundsatzfragen im Zusammenhang mit dem von Ihnen eingereichten Werbespot sowie ihre allfällige Umsetzung in einen zulässigen Spot lösen zu können". Dies lehnte der Beschwerdeführer indessen kategorisch ab, womit er sich selber der Möglichkeit begab, seine Idee im Werbefernsehen - allenfalls in einer etwas modifizierten Form - ausstrahlen zu lassen. |
bb) Der Beschwerdeführer vermag schliesslich nichts daraus abzuleiten, dass die SRG den Werbespot der Fleischwirtschaft ausgestrahlt hat. Sollte sie damit rundfunkrechtliche Regeln verletzt haben, hätte der Beschwerdeführer hiergegen an das Departement bzw. die Unabhängige Beschwerdeinstanz gelangen müssen. Ein Recht auf Zugang zum Werbefernsehen ergab sich für ihn hieraus nicht. Art. 10 EMRK in Verbindung mit Art. 14 EMRK verschafft keinen Anspruch auf eine rechtsgleiche Behandlung im Zusammenhang mit der allfälligen Nichtbeachtung einer mit Art. 10 EMRK vereinbaren rundfunkrechtlichen Werbebeschränkung durch einen Veranstalter. Art. 10 in Verbindung mit Art. 14 EMRK verpflichtet die Vertragsstaaten nicht, alle berechtigten Personen unterschiedslos gleich zu behandeln. Eine Massnahme oder Regelung ist nur dann diskriminatorisch, wenn sie hinsichtlich der Gewährleistung des Genusses eines Konventionsrechts zwischen Personen oder Personengruppen unterscheidet, die sich in vergleichbarer Situation befinden, die Unterscheidung eines objektiven und angemessenen Rechtfertigungsgrunds entbehrt oder wenn zwischen den eingesetzten Mitteln und dem angestrebten Ziel kein angemessenes Verhältnis besteht. Art. 14 EMRK geht damit nicht über das allgemeine Rechtsgleichheitsgebot von Art. 4 BV hinaus (BGE 118 Ia 341 E. 4a S. 351). Die umstrittenen Werbungen waren vorliegend nicht vergleichbar: Die Fleischindustrie warb für den Konsum ihrer Produkte. Der Spot war damit wirtschaftlicher Natur und zielte auf eine Steigerung der Umsätze ab. Die Werbung hatte keinerlei Bezug zu tierschützerischen Anliegen oder zu in diesem Zusammenhang stehenden politischen Vorstössen. Der Werbespot des Beschwerdeführers dagegen wandte sich in erster Linie (mit teilweise schockierenden Bildern - so der Beschwerdeführer) gegen die industrielle Tierhaltung und empfahl im Hinblick hierauf, weniger Fleisch zu essen. Die Fleischproduzenten und der Beschwerdeführer versuchten damit aber, mit unterschiedlichen Werbebotschaften an das Publikum zu gelangen. Wenn die SRG den Spot des Beschwerdeführers (Tierhaltung und Durchsetzung der entsprechenden gesetzlichen Verpflichtungen) im Hinblick auf das Verbot politischer Werbung als "heikel" beurteilte, jenen der Fleischproduzenten hingegen nicht, war dies sachlich vertretbar. Der "Verein gegen Tierfabriken" ist zur Durchsetzung seines ideellen Zwecks wiederholt medienwirksam aktiv geworden. Anfangs 1994 bildete der Tierschutz in der Fleischproduktion ein Politikum: 1992 hatte die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrats eine Aufsichtseingabe des Beschwerdeführers in diesem Zusammenhang behandelt (BBl 1993 II 336 ff.). Die Geschäftsprüfungskommission des Ständerats verabschiedete ihren Bericht am 5. November 1993 (BBl 1994 I 618 ff.); der Bundesrat seinerseits nahm am 26. Januar 1994 Stellung (BBl 1994 I 646 ff.). Unabhängig von der Frage, ob der Spot bei einer Ausstrahlung tatsächlich das Verbot der politischen Werbung verletzt hätte, bestanden für die SRG damit zumindest hinreichende sachliche Gründe, diesen anders zu beurteilen als jenen des Metzgermeisterverbands. Der Londoner Court of Appeal erklärte am 17. Dezember 1996 eine Beschränkung der Radio-Reklame für Amnesty International als mit Art. 10 EMRK vereinbar und wertete einen Spot als unzulässige politische Werbung, obwohl die Organisation darin (lediglich) die Beachtung der Menschenrechte propagieren und damit die Beachtung des Rechts fördern wollte (vgl. EuGRZ 1997 S. 106 f.). |