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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server, A. Tschentscher | |||
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7. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung |
vom 1. Februar 1980 |
i.S. Nievergelt gegen Hochschulrat der Hochschule St. Gallen für Wirtschaft und Sozialwissenschaften und Regierungsrat des Kantons St. Gallen |
(staatsrechtliche Beschwerde) | |
Regeste |
Art. 45 BV ( Niederlassungsfreiheit); Wohnsitzpflicht der Beamten. |
Die Wohnsitzpflicht der Professoren der Hochschule St. Gallen weist eine genügende gesetzliche Grundlage auf (E. 2a), liegt zudem im öffentlichen Interesse (E. 2b) und entspricht im vorliegenden Fall dem Gebot der Verhältnismässigkeit (E. 2c). | |
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A. | |
Am 21. Dezember 1970 beschloss der Hochschulrat der Hochschule St. Gallen, Dr. Erwin Nievergelt auf den 1. April 1971 als ordentlichen Professor für Betriebswirtschaftslehre zu wählen. Dieser zog in der Folge mit seiner Familie nach St. Gallen. Das Haus in Uitikon (ZH), das er seinen Bedürfnissen entsprechend bauen liess und bisher bewohnt hatte, vermietete er. Auf den 1. April 1979 war Prof. Nievergelt neu zu wählen. Im Vorfeld der Erneuerungswahl verlangte Prof. Nievergelt, in den Anstellungsbedingungen sei die Residenzpflicht im Kanton St. Gallen zu streichen. Er begründete das damit, dass ![]() ![]() | 1 |
Auszug aus den Erwägungen: | |
Aus den Erwägungen:
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Erwägung 2 | |
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a) Der Beschwerdeführer macht geltend, der Residenzpflicht von Professoren der Hochschule St. Gallen fehle die gesetzliche Grundlage. Gemäss Art. 1 Abs. 2 des Gesetzes über die Handels-Hochschule vom 1. Januar 1955 ist die Handels-Hochschule St. Gallen eine öffentlichrechtliche Anstalt mit eigener Rechtspersönlichkeit. Oberste Verwaltungsbehörde der Hochschule ist der Hochschulrat. Er wählt u.a. die Professoren unter Vorbehalt der Genehmigung durch den Regierungsrat (Art. 4 und 7). Gemäss Art. 6 des Gesetzes enthält das vom Hochschulrat zu erlassende und vom Regierungsrat zu genehmigende Hochschulstatut die näheren Vorschriften über die Organisation und die Leitung der Hochschule, und es regelt die Rechte und Pflichten des Lehrkörpers und der Studierenden. Die Art. 31-51 des Hochschulstatuts vom 18. September 1975 regeln die Rechtsstellung der Dozenten. Art. 50 Abs. 1 bestimmt, dass der Regierungsrat die Vorschriften über die Besoldungen und die Statuten der Versicherungskasse der Dozenten zu erlassen habe. Im übrigen ordnet nach Art. 50 Abs. 2 des Hochschulstatuts der Hochschulrat das Dienst- und das Auftragsverhältnis im Einvernehmen mit dem Dozenten. Gemäss ![]() ![]() | 4 |
Das Hochschulgesetz enthält selber keine Regel, die die Wohnsitznahme mindestens der ordentlichen Professoren im Kanton vorschreiben würde. Es überträgt aber dem Hochschulrat weitgehende Befugnisse zur Ordnung der Verhältnisse im Hochschulstatut, und zwar auch hinsichtlich der näheren Ausgestaltung des Dienstverhältnisses der Professoren. Indessen enthält auch das Hochschulstatut keine Bestimmung über die Residenzpflicht der ordentlichen Professoren, obwohl der Hochschulrat eine entsprechende Regel im Statut hätte aufnehmen können. Auch das frühere, bei der erstmaligen Wahl des Beschwerdeführers geltende Statut enthielt keine entsprechende Bestimmung. Hingegen gibt das Hochschulstatut dem Hochschulrat die Ermächtigung, das Dienst- oder Auftragsverhältnis im Einvernehmen mit den Dozenten zu regeln. Die kantonale gesetzliche Ordnung schreibt daher die Residenzpflicht der Dozenten nicht vor, sie verbietet sie aber auch nicht. Die Wohnsitzpflicht im Kanton ist daher aufgrund des Handels-Hochschulgesetzes und des Hochschulstatuts zulässig, sofern die übrigen Voraussetzungen für einen Eingriff in die Niederlassungsfreiheit, insbesondere das Erfordernis des genügenden öffentlichen Interesses und der Verhältnismässigkeit des Eingriffs gegeben sind und alle Betroffenen rechtsgleich behandelt werden. ![]() | 5 |
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c) Unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismässigkeit des Eingriffs ist zu prüfen, ob das private Interesse des Beschwerdeführers an einem Wohnsitzwechsel das öffentliche Interesse an der Residenzpflicht überwiegt. Das Gebot der Verhältnismässigkeit gebietet, dass das kantonale Recht begründete Ausnahmen von der allgemeinen Residenzpflicht zulässt (vgl. ZBl 79/1978, 113). Vorliegend bestehen indessen keine schwerwiegenden Gründe, die die Verlegung des Wohnsitzes notwendig erscheinen liessen und die das Übergewicht über die von der Hochschule vorgebrachten Gründe hätten. Vorwiegend finanzielle Gründe bestimmen ihn dazu, seinen Wohnsitz nach Uitikon zu verlegen. Es mag zutreffen, dass ein Haus, besonders wenn es speziell auf die Bedürfnisse des Erbauers hin, z.B. hinsichtlich der Einrichtungen für das häusliche Musizieren, wie der Beschwerdeführer angibt, ausgebaut worden ist, nicht zu einem Zins vermietet werden kann, der die Lasten deckt und eine angemessene Verzinsung des investierten Kapitals gestattet. Allein, solche Überlegungen vermögen gegen die Gründe, die für die Anordnung der Residenzpflicht sprechen, nicht aufzukommen. Auch die andern, eher zweitrangigen Gründe vermögen eine Ausnahme nicht zu rechtfertigen. Die Niederlassungsfreiheit des Beschwerdeführers ist aus diesen Gründen nicht verletzt. ![]() | 7 |
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