![]() ![]() | |||
| |||
Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: Sabiha Akagündüz, A. Tschentscher | |||
![]() | ![]() |
60. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung |
vom 8. Dezember 1981 |
i.S. Fuchs und Schweizerische Journalisten-Union gegen Regierungsrat und Obergericht des Kantons Nidwalden |
(staatsrechtliche Beschwerde) | |
Regeste |
Art. 4 und 55 BV, Meinungsäusserungsfreiheit, Informationsfreiheit, Grundsatz der Gewaltentrennung; Information der Öffentlichkeit durch Regierung und Verwaltung. |
Bestätigung und Präzisierung der in der Literatur kritisierten Rechtsprechung (BGE 104 Ia 88 ff.), wonach kein allgemeiner und umfassender Anspruch des Bürgers und der Presse auf Information über die gesamte Tätigkeit der Verwaltung besteht (E. 3 und 4). |
Überprüfung der Verfassungsmässigkeit der §§ 3 und 8 des Nidwaldner Reglementes über die Information der Öffentlichkeit durch den Regierungsrat und die Verwaltung vom 10. März 1980 (E. 5 und 6). | |
![]() | |
A.- Der Regierungsrat des Kantons Nidwalden erliess am 10. März 1980 ein "Reglement über die Information der Öffentlichkeit durch den Regierungsrat und die Verwaltung (Informationsreglement)". Am 25. März 1980 erhoben der Journalist Hans Fuchs sowie die Schweizerische Journalisten-Union (SJU), Sektion des VPOD, beim Obergericht des Kantons Nidwalden als Verfassungsgericht Verfassungsbeschwerde. Sie beantragten, das Reglement sei aufzuheben, eventuell seien dessen § 3, § 8 Abs. 1 Ziff. 5, § 9 Abs. 3 und § 12 Abs. 3 aufzuheben. Das Obergericht wies die Beschwerde mit Urteil vom 28. November 1980 ab.
| 1 |
Gegen diesen Entscheid führen Hans Fuchs und die SJU staatsrechtliche Beschwerde mit den Anträgen, er sei aufzuheben; ferner sei das Informationsreglement aufzuheben, eventuell bloss hinsichtlich der vorstehend genannten Bestimmungen.
| 2 |
Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es auf sie eintreten konnte.
| 3 |
Auszug aus den Erwägungen: | |
Aus den Erwägungen:
| 4 |
Erwägung 3 | |
5 | |
Die Informationsfreiheit gewährleiste als Bestandteil der Meinungsäusserungsfreiheit und der Pressefreiheit das Recht, Nachrichten und Meinungen ohne Eingriffe der Behörden zu empfangen ![]() ![]() | 6 |
Die Beschwerdeführer gehen bei ihrer Argumentation von diesem Urteil aus, nehmen jedoch die hieran vor allem von JÖRG PAUL MÜLLER (Die staatsrechtliche Rechtsprechung des Bundesgerichtes im Jahre 1978, ZBJV 116/1980, S. 236 f., 238, 244 f. und 251 f.) geäusserte Kritik auf und verlangen erneut die Statuierung eines verfassungsmässigen Anspruchs des Bürgers und insbesondere der Presse auf Information durch die Behörden. Es ist daher erforderlich, diese grundsätzliche Frage zunächst erneut in allgemeiner Form zu erörtern, bevor auf die Rügen der Beschwerdeführer bezüglich einzelner Bestimmungen des angefochtenen Reglementes näher eingetreten wird.
| 7 |
MÜLLER hat zur Frage der Tragweite der Informationsfreiheit ausgeführt, das Bundesgericht habe im erwähnten Urteil den "Bedürfnissen des schweizerischen Gemeinwesens mit seinen einzigartigen direkt-demokratischen Institutionen und dem daraus fliessenden Bedürfnis nach einer gut informierten Bürgerschaft" nicht in ausreichendem Masse Rechnung getragen. Es könne kein Zweifel daran bestehen, "dass die verfassungsmässig gewährleistete freie Meinungsbildung vereitelt würde, wenn eine Regierung einen ganzen Bereich ihrer Tätigkeit oder der übrigen Staatsverwaltung (z.B. der Justiz, der Polizei oder der Strafuntersuchungsbehörden) grundsätzlich und absolut vom Einblick der Öffentlichkeit freihalten wollte. Mitunter lässt sich eine angemessene Information der Öffentlichkeit nicht anders als auf dem Weg der Zuerkennung subjektiver Verfassungsansprüche des die Information suchenden Journalisten realisieren, um die für die Demokratie unerlässliche Kontrolle und Kritik der Behörden sicherzustellen" (a.a.O., S. 251 f.). Mit dem Urteil BGE 104 Ia 88 ff. kritisch auseinandergesetzt hat sich auch DENIS BARRELET (Le droit du journaliste à l'information, in SJZ 75/1979, S. 69 ff.).
| 8 |
Schon vor Erlass des Urteils vom 8. März 1978 hatte sich PETER SALADIN in ähnlichem Sinne geäussert wie die beiden vorgenannten Autoren (Grundrechte im Wandel, 2. Aufl., Bern 1975, S. 83 ff.). Schliesslich hat sich auch CHARLES PONCET mit dem erwähnten Entscheid befasst. Er bedauert mit den bereits ![]() ![]() | 9 |
Erwägung 4 | |
10 | |
a) Die erwähnten Autoren unterlassen es, zwischen den verschiedenen Arten staatlicher Tätigkeit zu unterscheiden. Die direkte Demokratie, deren Verwirklichung nach unbestrittener Meinung die Presse- und Informationsfreiheit zu dienen hat, kommt auf dem Gebiete der Gesetzgebung zur Geltung. Hier ist es selbstverständlich, dass die Öffentlichkeit durch rechtzeitige Publikation von Vorlagen der Behörden umfassend informiert wird. Eine Verletzung dieser Informationspflicht könnte durch staatsrechtliche Beschwerde im Sinne von Art. 85 lit. a OG (Stimmrechtsbeschwerde) gerügt werden. Auch soweit die Gesetzgebung endgültig oder unter Vorbehalt des fakultativen Referendums durch die kantonale Legislative ausgeübt wird, hat sich eine ausreichende Information der Presse überall durchgesetzt. Die vorliegende Beschwerde bezieht sich denn auch nicht auf den Bereich der Gesetzgebung, sondern auf denjenigen der Verwaltung. Die Verwaltung, d.h. die konkrete Anwendung der Gesetze auf den Einzelfall, kann aber ![]() ![]() | 11 |
b) Die Beschwerdeführer möchten den Grundsatz der Offenlegung der gesamten Verwaltungstätigkeit statuieren, unter dem Vorbehalt "echter Staatsgeheimnisse" sowie der dem Staat geoffenbarten "wesentlichen Privatgeheimnisse". Demgegenüber geht die herrschende Praxis dahin, die Staatsverwaltung zunächst als eine Summe interner Vorgänge zu verstehen, über welche die Öffentlichkeit dann - und zwar umfassend - zu informieren ist, wenn der betreffende Gegenstand von allgemeinem Interesse ist und keine überwiegenden Interessen des Staates oder Privater entgegenstehen. Diese Praxis findet ihre Grundlage in Art. 320 StGB über den strafrechtlichen Schutz des Amtsgeheimnisses in Verbindung mit den meisten Beamtengesetzen, welche den öffentlichen Funktionären mit unterschiedlichen Formulierungen die Pflicht zur Amtsverschwiegenheit auferlegen (vgl. etwa Art. 27 Abs. 1 des eidgenössischen Beamtengesetzes: "Der Beamte ist zur Verschwiegenheit über dienstliche Angelegenheiten verpflichtet, die nach ihrer Natur oder gemäss besonderer Vorschrift geheim zu halten sind."). Diese gesetzlichen Bestimmungen sprechen für das Gebiet der Verwaltung deutlich zugunsten des Geheimhaltungsprinzips mit Öffentlichkeitsvorbehalt und gegen das Öffentlichkeitsprinzip mit Geheimhaltungsvorbehalt, wie es die Beschwerdeführer postulieren (vgl. zu dieser Problematik Walter Buser, ![]() ![]() | 12 |
13 | |
![]() | 14 |
In seiner mehrfach erwähnten Kritik am Urteil BGE 104 Ia 88 ff. nennt MÜLLER an einer einzigen Stelle konkrete Beispiele aus der Praxis. Er erklärt, die verfassungsmässig gewährleistete freie Meinungsbildung würde vereitelt, wenn eine Regierung einen ganzen Bereich ihrer Tätigkeit oder der Tätigkeit der übrigen Staatsverwaltung, wie z.B. der Justiz, der Polizei oder der Strafuntersuchungsbehörden, grundsätzlich und absolut vom Einblick der Öffentlichkeit fernhalten wollte (a.a.O. S. 251/252). Diese Beispiele sind nicht geeignet, seinen Standpunkt betreffend eine allgemeine Auskunftspflicht der Verwaltung zu stützen. Gerade auf dem Gebiet der Justiz, zu der auch die Tätigkeit der Untersuchungsbehörden und der Kriminalpolizei gehört, gelten besondere Regeln, die eine demokratische Kontrolle ermöglichen. Im Vordergrund steht hier das durch Art. 6 Ziff. 1 EMRK und durch die kantonalen Strafprozessordnungen gewährleistete Recht auf öffentliche Verhandlung in Strafsachen, das mancherorts noch durch öffentliche Beratungen der Gerichte verstärkt wird. Auch bestehen wohl überall geschriebene oder ungeschriebene Regeln über die Information der Presse bei schweren Delikten. Gerade die Praxis auf dem Gebiet der Strafrechtspflege vermag daher einen generellen Informationsanspruch der Bevölkerung und der Presse über die gesamte Verwaltungstätigkeit nicht zu rechtfertigen.
| 15 |
d) Gegen die Öffnung aller nicht ausdrücklich als geheim bezeichneten Verwaltungsakten für Presse und Publikum spricht schliesslich auch das Verfahren, das zur Willensbildung der leitenden Exekutivbehörden führt. Diese sind auf Berichte ihrer Fachorgane angewiesen, bei denen es sich um Einzelpersonen oder um Expertenkommissionen handeln kann. Je offener jeder einzelne dieser Fachleute seine Meinung bekanntgibt, desto umfassender ![]() ![]() | 16 |
Ausnahmen sind allerdings durchaus denkbar, ja nach moderner Anschauung sogar wünschenswert (etwa die sogenannte "offene Planung" im Städtebau). Auch ist den Beschwerdeführern darin beizupflichten, wenn sie ausführen, unter Umständen sei für die Ausübung des verfassungsmässigen Volksrechtes der Initiative eine vorherige Einsicht in behördliche Akten notwendig (sie erwähnen konkret das Beispiel einer Initiative betreffend Seeufer-Gestaltung). In solchen Fällen steht den an der Vorbereitung der Initiative beteiligten Bürgern und gegebenenfalls auch der Presse ohne weiteres die Möglichkeit offen, ein Gesuch um Einsichtnahme in die Akten über bestimmte Verwaltungsvorgänge zu stellen und zu begründen. Die Verwaltung ist gehalten, ein solches Gesuch sorgfältig zu prüfen, eine Interessenabwägung vorzunehmen und darüber zu entscheiden. Gegen die Ablehnung eines Gesuches bleibt - vorbehältlich eines allenfalls möglichen innerkantonalen Weiterzuges - das Recht auf staatsrechtliche Beschwerde gewahrt, sei es wegen Verletzung des Art. 4 BV, sei es allenfalls wegen Beeinträchtigung in der politischen Stimmberechtigung. Ein ausreichender Grund, um im Sinne der Auffassung der Beschwerdeführer jedem Bürger und im besonderen der Presse ein allgemeines und umfassendes Recht auf Information zu geben, d.h. die Verwaltung generell zur Auskunftserteilung zu verpflichten, kann jedoch aus diesem Sonderfall nicht abgeleitet werden.
| 17 |
Demnach fällt eine Aufhebung des gesamten angefochtenen Reglementes wegen Verletzung eines verfassungsmässigen Informationsanspruchs ausser Betracht.
| 18 |
Erwägung 5 | |
5.- Im einzelnen beanstanden die Beschwerdeführer ![]() ![]() | 19 |
"Als Informationsempfänger kommen Journalisten in Frage, die für ein Informationsmedium (Zeitung, Agentur, Pressedienst, Radio, Fernsehen usw.) arbeiten und regelmässig über die Tätigkeit des Regierungsrates und der Kantonsverwaltung berichten."
| 20 |
Die Beschwerdeführer erblicken in dieser Vorschrift eine unzulässige Einschränkung der Tätigkeit solcher Journalisten, die nicht regelmässig über Vorgänge im Kanton Nidwalden berichten, sondern dies nur gelegentlich tun möchten. Die SJU, welche vorwiegend Journalisten vertritt, die keine besondere Beziehung zum Kanton Nidwalden aufweisen, ist berechtigt, diese Rüge geltend zu machen.
| 21 |
22 | |
b) Der Regierungsrat hat schon gegenüber dem Obergericht und dann wiederum in seiner Vernehmlassung an das Bundesgericht betont, er beabsichtige, den Begriff der "Regelmässigkeit" grosszügig auszulegen; jedenfalls gehe es nicht darum, dass nur die Vertreter der beiden im Kanton Nidwalden erscheinenden Zeitungen ![]() ![]() | 23 |
Es ist anzuerkennen, dass der hier angefochtene Text nicht voll zu befriedigen vermag. Er kann den Eindruck erwecken, dass auswärtige Journalisten, die sich nur gelegentlich mit Vorgängen im Kanton Nidwalden befassen können oder wollen, vom Zugang zu amtlichen Informationen ausgeschlossen seien. Eine solche Praxis wäre offensichtlich weder mit der Pressefreiheit noch mit dem Gleichheitssatz vereinbar (vgl. dazu BGE 104 Ia 378 E. 2; Urteil vom 24. September 1980, veröffentlicht in ZBl 82/1981, S. 35 ff., E. 3a). Indessen hebt das Bundesgericht im Rahmen der abstrakten Normenkontrolle eine kantonale Vorschrift nur auf, wenn sie sich jeder verfassungskonformen Auslegung entzieht, nicht jedoch, wenn sie einer solchen in vertretbarer Weise zugänglich ist (BGE 106 Ia 137 E. 3a; 104 Ia 100 E. 9). In diesem Sinne ist von der Erklärung des Regierungsrates, er werde den Begriff "regelmässig" in entgegenkommender Weise auslegen, Vormerk zu nehmen. Damit bleibt nur noch solchen Journalisten die Aufnahme in das Verzeichnis der akkreditierten Informationsempfänger versagt, die nur ganz ausnahmsweise über Ereignisse im Kanton Nidwalden berichten möchten. Wie dargetan, ist auch ihnen der Zugang zu denjenigen Informationen zu gewährleisten, die hinsichtlich des betreffenden Ereignisses den akkreditierten Journalisten zustehen. Dieses Recht wird im angefochtenen Reglement nirgends verneint. Indessen können nicht sämtliche Journalisten der Schweiz oder auch nur sämtliche Mitglieder des beschwerdeführenden Vereins verlangen, gewissermassen "auf Vorrat" in die Liste der beim Regierungsrat des Kantons Nidwalden akkreditierten Journalisten eingetragen und demgemäss regelmässig mit sämtlichen Informationen bedient zu werden, welche die Standeskanzlei oder die Departemente herausgeben. Ein solcher Aufwand wäre klarerweise unverhältnismässig. § 3 des angefochtenen Reglementes lässt sich somit bei verfassungskonformer Auslegung sowohl mit der Pressefreiheit als auch mit dem Gleichheitssatz vereinbaren. Sollten ![]() ![]() | 24 |
Erwägung 6 | |
25 | |
"Wenn ein akkreditierter Informationsempfänger vertrauliche oder geheime Informationen, welche ihm gegenüber als solche gekennzeichnet wurden, in einem Informationsmedium verbreitet, kann ihm die Standeskanzlei die Akkreditierung entziehen und ihn im Verzeichnis der akkreditierten Informationsempfänger streichen. Das gleiche gilt, wenn:
| 26 |
1. mit einer Sperrfrist versehene Informationen vor dem Ablauf der Sperrfrist in einem Informationsmedium verbreitet werden;
| 27 |
2. unter Umgehung der Bestimmungen dieses Reglementes Informationen erschlichen werden;
| 28 |
3. erhaltene Informationen missbräuchlich oder zum Nachteil schutzwürdiger privater Interessen verwendet werden;
| 29 |
4. die Wahrheitspflicht bei der Berichterstattung vorsätzlich oder grobfahrlässig verletzt wird;
| 30 |
5. der Berichtigungspflicht nicht nachgekommen wird.
| 31 |
In leichteren Fällen kann eine Warnung oder befristete Suspendierung ausgesprochen werden.
| 32 |
Der Informationsempfänger, gegen den eine Massnahme ergriffen werden soll, hat Anspruch auf rechtliches Gehör."
| 33 |
Die Beschwerdeführer beanstanden diese Bestimmung als Ganzes und betrachten die Verhängung von Sanktionen durch die Verwaltung, namentlich den Ausschluss von der Liste der Informationsempfänger, als unzulässig; sodann kritisieren sie im besonderen die Ziffern 4 und 5.
| 34 |
a) Die Beschwerdeführer erblicken in § 8 des Informationsreglementes eine Bestimmung polizeilicher Natur, die nach dem verfassungsmässigen Grundsatz der Gewaltentrennung nur von der gesetzgebenden Behörde hätte erlassen werden dürfen. Dem kann nicht beigepflichtet werden. Das angefochtene Reglement wurde in Ausführung von § 7 Abs. 2 der vom Landrat am 21. April 1978 angenommenen "Verordnung über die Organisation und die Geschäftsführung des Regierungsrates und der Kantonsverwaltung (Regierungsratsverordnung)" erlassen. Diese Bestimmung ermächtigt den Regierungsrat, das Informationswesen für ihn und die Departemente in einem Reglement zu ordnen. § 8 des hier in Frage stehenden Informationsreglementes wird von der Delegationsnorm ebenso gedeckt wie der übrige Inhalt des Reglementes. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer handelt es sich bei ![]() ![]() | 35 |
36 | |
Die Beschwerdeführer verkennen den grundlegenden Unterschied zwischen Information und Meinungsäusserung. Auf dem Gebiet der Meinungsäusserung gilt die Pressefreiheit (einschliesslich derjenigen zur Kritik an behördlichen Massnahmen) unter ![]() ![]() | 37 |
Dem ist einzig beizufügen, dass die Behauptung der Beschwerdeführer, die Wahrheit lasse sich nicht feststellen, in dieser absoluten Form unrichtig ist. Es gibt zahlreiche Vorgänge, die sich auf eine ganz bestimmte Art abgespielt haben und die auch ohne grosse Schwierigkeiten richtig erkennbar sind. Auf die Anführung von Beispielen kann hier verzichtet werden. Wer über solche Vorgänge in der Presse falsch informiert, verstösst nicht nur gegen ein ethisches Gebot, sondern, wie dargelegt, auch gegen eine sich aus der Pressefreiheit mittelbar ergebende Pflicht. Den Beschwerdeführern ist dagegen insoweit beizupflichten, dass aus der Wahrheitspflicht keine Einschränkung des Rechtes auf Kritik hergeleitet werden darf. Wer eine Tatsache - und zu diesen gehören auch amtliche Informationen - zwar richtig wiedergibt, jedoch anschliessend einer vielleicht scharfen Kritik unterzieht, verstösst nicht gegen das Gebot der Wahrheit und darf demgemäss keinesfalls mit Sanktionen belegt werden. Aus der Vernehmlassung des Regierungsrates ergibt sich, dass dies auch nicht beabsichtigt ist. Zu beachten bleibt ferner, dass der Journalist darauf angewiesen ist, seine Tätigkeit rasch auszuüben, woraus sich eine zusätzliche, kaum vermeidbare Fehlerquelle ergibt (vgl. BARRELET, a.a.O., S. 156). Es ist selbstverständlich, dass ein Journalist, dem aus diesem Grunde ein Versehen unterläuft, nur zu einer Richtigstellung ![]() ![]() | 38 |
Zusammenfassend lässt sich zu diesem Punkte feststellen, dass der sorgfältige Journalist, der nach den Regeln seines Berufes Information und kritische Würdigung auseinanderzuhalten versteht, durch die in § 8 Ziff. 4 des angefochtenen Reglementes statuierte Wahrheitspflicht in seiner Berufstätigkeit nicht eingeschränkt wird.
| 39 |
c) In denselben Zusammenhang gehört die gegen § 8 Ziff. 5 des Reglementes gerichtete Rüge, wonach der Staat keinen Anspruch auf Berichtigung geltend machen könne, und zwar auch nicht mittelbar durch Statuierung einer Sanktion für unterlassene Berichtigung. Wendet man die vorstehend dargelegten Grundsätze über die Bedeutung einer im objektivierbaren Bereich wahrheitsgemässen Berichterstattung sinngemäss auch auf diesen Punkt an, so lässt sich nicht beanstanden, dass der Regierungsrat insoweit eine Berichtigungspflicht statuiert. Ein Journalist, der sich weigern würde, eine offensichtlich falsche Tatsachendarstellung zu berichtigen, verstiesse wiederum zugleich gegen ein sittliches Gebot und gegen seine Pflicht als Mittler zwischen Behörde und Öffentlichkeit. Auch hier ist allerdings wieder eine einschränkende Auslegung am Platze: Ist eine Darstellung nicht offensichtlich falsch, sondern ist der fragliche Vorgang auch einer abweichenden Betrachtungsweise zugänglich, so kann keine Berichtigung im strengen Sinne dieses Wortes, sondern allenfalls höchstens ein Recht auf Gegendarstellung gefordert werden. Mit einer solchen nimmt die Verwaltung nicht für sich in Anspruch, allein die Wahrheit zu vertreten, sondern sie überlässt die Meinungsbildung der Öffentlichkeit, wie dies auch von den Beschwerdeführern gewünscht wird (vgl. dazu BARRELET, a.a.O., Fussnoten auf S. 155; ferner auch die Stellungnahme des Bundesrates zur parlamentarischen Initiative betreffend Presseförderung, BBl 1981, Bd. III, S. 987 f.). Der Vernehmlassung des Regierungsrates ist zu entnehmen, dass er die beanstandete Bestimmung nicht in einem weitergehenden Sinne versteht. Die Beschwerde ist daher auch in diesem Punkt unbegründet. ![]() | 40 |
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR). |