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39. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 21. Dezember 1983 i.S. Elisabeth Schulte-Wermeling gegen Kantonsrat Zürich (staatsrechtliche Beschwerde) | |
Regeste |
Art. 85 lit. a OG; Verteilung der Kantonsratsmandate im Kanton Zürich. | |
Sachverhalt | |
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Aus den Erwägungen: | |
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Liste Stimmenzahl Stimmenanteil rechnerischer zugeteilte zugeteilter
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(%) Sitzanspruch Sitze Sitzanteil(%)
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3 62'563 17,24 2,7584 2 12,5
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14/18/19 231'887 63,9 10,224 11 68,75
| 7 |
4/21 68'481 18,86 3,0176 3 18,75
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TOTAL 362'931 100,00 16,000 16 100,00
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Dieser tatsächlich erfolgten Mandatsverteilung stellt sie eine hypothetische Verteilung gegenüber, die dem Stimmenanteil der einzelnen Listen bzw. Listengruppen besser gerecht würde:
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Liste Anteil Sitze Stimmen-pro- Anzahl Sitze Stimmen-pro-Sitz-
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gemäss VO Sitz-Verhältnis (gesetzeskonf.) Verhältnis
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3 2 31'281.5 3 20'854.33
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14/18/19 11 21'080.64 10 23'188.70
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4/21 3 22'827.00 3 22'827.00
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Den grundlegenden Fehler erblickt die Beschwerdeführerin in der Art, wie gemäss § 78 Abs. 2 VV z. WahlG die sogenannte Verteilungszahl ermittelt wird, nämlich durch Teilung der Gesamtstimmenzahl durch die um eins vermehrte Zahl der im Wahlkreis zu wählenden Vertreter, unter Aufrundung des Ergebnisses auf die nächsthöhere ganze Zahl. Sie hält dafür, diese Methode sei für die Mandatszuteilung "im Verhältnis der gültigen Stimmen" ungeeignet; der Quotient müsste vielmehr durch Teilung der Stimmenzahl durch die Sitzzahl selbst (und nicht durch die um eins vermehrte Sitzzahl) erfolgen, um eine dem Stimmenverhältnis möglichst entsprechende Sitzverteilung zu erhalten.
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b) Die Argumentation der Beschwerdeführerin leidet an einem grundsätzlichen Fehler: Die Gesetz- und Verfassungswidrigkeit ![]() | 18 |
c) Die angefochtene Verteilungsart beruht auf dem vom Basler Mathematiker Hagenbach-Bischoff Ende des 19. Jahrhunderts entwickelten System, das auch für die Nationalratswahlen gilt (Bundesgesetz über die politischen Rechte, SR 161.1, Art. 40) und in der weit überwiegenden Zahl der Kantone bei der Bestellung ihrer Parlamente Anwendung findet (vgl. Bericht der Studienkommission zur Prüfung von Reformvorschlägen für die Wahl des Nationalrates und das Stimmrechtsalter, Bern 1972, S. 14 unten). Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin bedeutet die Bestimmung der Verteilungszahl nach dieser Methode, d.h. die Teilung der Gesamtstimmenzahl durch die um eins vermehrte Zahl der zu verteilenden Mandate unter Aufrundung des Ergebnisses auf die nächsthöhere ganze Zahl, verglichen mit dem auf den ersten Blick näher liegenden System der Teilung durch die Mandatszahl selbst, keine Benachteiligung der kleineren Parteien und Parteigruppen gegenüber den stärkeren. Es liegt auf der Hand, dass die Teilung einer gegebenen Zahl (der Gesamtstimmenzahl) durch eine grössere Zahl (Mandatszahl + 1) einen kleineren Quotienten (Verteilungszahl) ergibt als die Teilung durch eine kleinere Zahl (Mandatszahl). Daraus folgt, dass die Chancen kleinerer Parteien und Parteigruppen, schon bei der ersten Verteilungsart ein Mandat zugeteilt zu erhalten (also ein sogenanntes Vollmandat), bei der Methode Hagenbach-Bischoff grösser sind als bei dem von der Beschwerdeführerin vorgeschlagenen System. Die von Hagenbach-Bischoff entwickelte Methode stellt lediglich eine ![]() | 19 |
5. a) Weil die Parlamentsmandate nicht teilbar sind, können die nach der ersten Verteilung noch nicht verteilten Sitze, die sogenannten Restmandate, nicht genau verhältnismässig zugeteilt werden. Das im Kanton Zürich wie in den meisten übrigen Kantonen und im Bund gebräuchliche System nach Hagenbach-Bischoff (Weiterführung des Systems der Division: Stimmenzahl jeder Partei geteilt durch die Zahl der erhaltenen Mandate + 1; das Restmandat fällt jeweils an diejenige Partei, die nach dieser Division den grössten Quotienten aufweist) kann unbestrittenermassen eine gewisse Bevorzugung stärkerer Parteien und Parteienverbindungen gegenüber schwächeren zur Folge haben. Die Beschwerdeführerin beanstandet diese Erscheinung, ohne allerdings darzutun, welches System zu einer gerechteren Sitzverteilung führen würde; die rechnerische Darstellung eines Einzelfalles (Kantonsratswahlen im Wahlkreis Horgen 1983) mit einer dem Verhältnis der ![]() | 20 |
b) Das Bundesgericht hat wiederholt zum Ausdruck gebracht, dass es nicht nur ein zulässiges Verfahren zur Durchführung des Verhältniswahlsystems gebe. Der kantonale Gesetzgeber, dem von der Verfassung das Proportionalwahlverfahren vorgeschrieben ist, kann sich innerhalb dieses Gestaltungsspielraums frei für eine Lösung entscheiden. Dasselbe gilt für den Verordnungsgeber, sofern ihm der Gesetzgeber seine Zuständigkeit zur Regelung der Einzelfragen des Wahlsystems in gültiger Weise delegiert hat, wie dies im Falle des Kantons Zürich zutrifft. Es ist nicht Sache des Bundesgerichts, ein bestimmtes System der Mandatszuteilung an die Stelle desjenigen des kantonalen Gesetz- oder Verordnungsgebers zu setzen. Es schreitet vielmehr nur ein, wenn die getroffene Lösung nicht mehr als ein proportionales Wahlverfahren bezeichnet werden kann und sie damit zur kantonalen Verfassungsvorschrift (eventuell auch, sofern Delegation vorliegt, zur kantonalen Gesetzesvorschrift) in Widerspruch steht (BGE 107 Ia 220 E. 3a; BGE 103 Ia 561 E. 3b; Urteil Geissbühler vom 28. März 1962, veröffentlicht ![]() | 21 |
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