![]() ![]() | |||
| |||
Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
![]() | ![]() |
18. Auszug aus dem Urteil vom 11. Juli 1978 i.S. Kobel gegen Regierungsrat des Kantons Zürich | |
Regeste |
Entzug des Führerausweises: Gesichtspunkte, nach denen die Frage des "leichten Falles" im Sinne des zweiten Satzes von Art. 16 Abs. 2 SVG zu beurteilen ist. | |
Sachverhalt | |
![]() | 1 |
Aus den Erwägungen: | |
1. ... Da Kobel durch Verletzung dieser Verkehrsregeln (Art. 31 Abs. 1 und 51 Abs. 1 SVG) den Verkehr gefährdet hat, sind die Voraussetzungen für eine Administrativmassnahme nach Art. 16 Abs. 2 SVG erfüllt. Freilich scheint es nicht, dass er durch sein Fehlverhalten andere Verkehrsteilnehmer einer ![]() | 2 |
3 | |
b) Im vorliegenden Fall ergibt sich aus den Gesamtumständen, dass die kantonalen Behörden dem Beschwerdeführer nicht eine schwere Verkehrsgefährdung im Sinne von Art. 16 Abs. 3 lit. a SVG vorwerfen. Andernfalls hätten sie ihm nach Art. 17 Abs. 1 lit. c SVG den Führerausweis mindestens für die Dauer von sechs Monaten entziehen müssen; denn am 29. Dezember 1975 waren seit dem Ablauf des letzten Entzuges, den die Polizeidirektion Zürich am 7. Februar 1974 für die Dauer von sieben Monaten mit Wirkung ab 26. November 1973 verfügt hatte, noch nicht zwei Jahre verstrichen. Die Dauer des neuen Entzuges wurde auf das in Art. 17 Abs. 1 lit. a SVG vorgesehene Mindestmass von einem Monat festgesetzt, was auf einen fakultativen Entzug im Sinne des ersten Satzes in Art. 16 Abs. 2 SVG schliessen lässt. Von dieser Auffassung hat auch das Bundesgericht auszugehen. Es hat nicht zu untersuchen, ob eine schwere Verkehrsgefährdung gemäss Art. 16 Abs. 3 lit. a SVG vorliege; denn falls es diese Frage bejahte, könnte es die daraus nach Gesetz folgende Erhöhung der Entzugsdauer doch nicht anordnen, da ein dahingehender Antrag nicht gestellt worden ist (Art. 114 Abs. 1 OG).
| 4 |
c) Dagegen hat das Gericht zu prüfen, ob der Fall als "leicht" im Sinne des zweiten Satzes von Art. 16 Abs. 2 SVG zu qualifizieren sei, wie der Beschwerdeführer dies geltend macht.
| 5 |
Das Gesetz sagt nicht, nach welchen Gesichtspunkten diese Frage zu beurteilen ist. Ohne Zweifel sind die objektiven Tatumstände und das Verschulden des Fehlbaren in Betracht zu ziehen. Fraglich kann nur sein, ob auch sein Vorleben als Motorfahrzeugführer zu berücksichtigen sei.
| 6 |
![]() | 7 |
Das Bundesgericht hatte indes im nicht publizierten Urteil Portugalli vom 18. Mai 1973 angenommen, das automobilistische Vorleben des Fehlbaren falle bei der Prüfung, ob ein leichter Fall im Sinne des Art. 16 Abs. 2 SVG vorliege, nicht ins Gewicht, sondern sei erst bei der Bemessung der Dauer eines allfälligen Entzuges zu berücksichtigen. In einem späteren Entscheid konnte das Gericht die Frage offenlassen, weil der damals beurteilte Fall ohnehin nicht als leicht anzusehen war (BGE 103 Ib 41 E. 5). Im vorliegenden Fall ist die Auffassung, die das Gericht im Urteil Portugalli vertreten hat, zu überprüfen. Damit stellt sich zugleich die Frage, ob Art. 31 Abs. 2 VZV gesetzmässig sei.
| 8 |
d) Ein wegen Verletzung von Verkehrsregeln verfügter - fakultativer oder obligatorischer - Führerausweisentzug dient der Besserung des Führers und der Bekämpfung von Rückfällen (Warnungsentzug, Art. 30 Abs. 2 VZV). Auch er soll, wie der Entzug des Ausweises eines unfähigen Führers (Sicherungsentzug, Art. 30 Abs. 1 VZV), zur Sicherung des Strassenverkehrs beitragen (BGE 102 Ib 60 f.; 96 I 772). Die Verwarnung, die in leichten Fällen anstelle des fakultativen Warnungsentzuges angeordnet werden kann, hat den gleichen Zweck wie dieser. Die eine wie die andere Massnahme muss Gewähr dafür bieten, dass ihr Zweck erreicht werden kann. Bei der Bemessung der Dauer eines Warnungsentzugs ist daher Rücksicht darauf zu nehmen, wie der Fehlbare sich bisher im Strassenverkehr verhalten hat; ist sein Leumund in dieser Beziehung getrübt, so muss daraus unter Umständen geschlossen werden, er ![]() | 9 |
e) Der Beschwerdeführer hat am 29. Dezember 1975 durch sein vorschriftswidriges Verhalten eine ernstliche Gefahr für die Sicherheit anderer Verkehrsteilnehmer geschaffen. Sein Verschulden, das von der Vorinstanz als "verhältnismässig leicht" gewertet wird, kann jedenfalls nicht als ganz geringfügig betrachtet werden. Dazu kommt, dass er am 25. November 1973, wie auch schon neun Jahre vorher, in angetrunkenem Zustand gefahren war; wegen des zweiten Vorkommnisses war ihm durch Verfügung der Polizeidirektion Zürich vom 7. Februar 1974 der Führerausweis für die Dauer von sieben Monaten entzogen worden. Daraus durfte die Vorinstanz schliessen, es sei nicht zu erwarten, dass er durch eine blosse Verwarnung wegen des Vorfalls vom 29. Dezember 1975 dazu gebracht werden könne, sich künftig im Strassenverkehr wohl zu verhalten. Werden alle Umstände berücksichtigt, so kann dieser Fall nicht als leicht im Sinne des Art. 16 Abs. 2 SVG qualifiziert werden. Der angefochtene Führerausweisentzug für die Dauer eines Monats ist nicht zu beanstanden.
| 10 |
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR). |