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32. Urteil des Kassationshofes vom 4. Juli 1986 i.S. R. gegen Rekurskommission des Kantons Bern für Massnahmen gegenüber Fahrzeugführern (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) | |
Regeste |
Art. 17 Abs. 3 SVG. | |
Sachverhalt | |
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"2. Dauer des Entzugs: unbestimmte Zeit, mindestens jedoch 30 Monate."
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"6. Die Wiedererteilung des Führerausweises, frühestens nach Ablauf
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von 30 Monaten, wird auf Gesuch hin geprüft und davon abhängig gemacht,
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..." (Es folgen verschiedene Auflagen.)
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Am 18. Dezember 1985 bestätigte die Rekurskommission des Kantons Bern für Massnahmen gegenüber Fahrzeugführern die erstinstanzliche Verfügung. Diesen Entscheid ficht R. mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht an. Er beantragt u.a., die in Ziff. 6 der Verfügung angesetzte Frist von 30 Monaten bis zur frühestmöglichen Wiedererteilung des Führerausweises sei aufzuheben, evtl. zu verkürzen.
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Aus den Erwägungen: | |
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Die Rekurskommission hält dieser Argumentation entgegen, Art. 17 Abs. 3 SVG setze eine absolute Minimaldauer fest, die im Einzelfall von der Entzugsbehörde verlängert werden könne; vor ![]() | 8 |
Das Bundesamt für Polizeiwesen erachtet die vorinstanzliche Auslegung von Art. 17 Abs. 3 SVG und Art. 33 Abs. 1 VZV als gesetzwidrig. Es hält dafür, dass dem betroffenen Fahrzeugführer auch bei einem Sicherungsentzug grundsätzlich die Möglichkeit offenstehe, bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen nach sechs Monaten Führerausweisentzug die bedingte Wiederaushändigung des Ausweises zu verlangen.
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b) Zu Recht blieb vorliegend unbestritten, dass Art. 17 Abs. 3 SVG nicht bloss auf Warnungs-, sondern auch auf Sicherungsentzüge Anwendung findet. Sicherungsentzüge sind keine Strafen, sondern Administrativmassnahmen, welche die Sicherheit im Strassenverkehr bezwecken. Sie sollen deshalb grundsätzlich nur so lange aufrechterhalten bleiben, als der Fahrzeugführer eine Gefahr für die Verkehrssicherheit darstellt. Die Einhaltung dieses Grundsatzes bietet dann keine Schwierigkeiten, wenn der Entzug aufgrund eines Ausschlussgrundes erfolgte, dessen Behebung jederzeit einwandfrei festgestellt werden kann (z.B. medizinische Eignungsmängel; Art. 14 Abs. 1 lit. b SVG). Anders verhält es sich bei der Trunksucht und anderen Süchten, wo der Nachweis einer "Heilung" u.a. nur durch ein längeres Wohlverhalten erbracht werden kann und deshalb eine Bewährungsfrist angeordnet wird (Art. 33 Abs. 1 VZV). Hier muss entsprechend dem Sinn und Zweck des Sicherungsentzuges dem Betroffenen die Möglichkeit offenstehen, nach einer gewissen Mindestentzugsdauer nachzuweisen, dass besondere Umstände vorliegen, welche die begründete Annahme rechtfertigen, die Massnahme habe ihren Zweck - früher als bei Anordnung der Bewährungsfrist ursprünglich angenommen - erfüllt. In solchen Fällen erscheint eine vorzeitige bedingte Wiederaushändigung des Ausweises gemäss Art. 17 Abs. 3 SVG gerechtfertigt. (Für eine Anwendung der Bestimmung auf Sicherungsentzüge: MICHEL PERRIN, Délivrance et retrait du permis de conduire, S. 187/201/202; PETER STAUFFER, Der Entzug des Führerausweises, Diss. 1966, S. 84; HANS SCHULTZ, Rechtsprechung und Praxis zum Strassenverkehrsrecht in den Jahren 1973-1977, S. 116; vgl. auch BGE 107 Ib 32.)
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c) In diesem Lichte hält die von der Vorinstanz vertretene Auffassung, die in Art. 17 Abs. 3 SVG angegebene Minimaldauer von sechs Monaten könne von den Administrativbehörden im ![]() | 11 |
Für diese Auslegung von Art. 17 Abs. 3 SVG spricht auch die Entstehungsgeschichte. Während der Ständerat die bedingte Wiedererteilung nach Ablauf eines Jahres bzw. eines Drittels der Entzugsdauer gewähren wollte (Sten.Bull. SR 1958, S. 93), verlangte der Nationalrat, dass der Führerausweis während mindestens sechs Monaten entzogen gewesen sei. Der Berichterstatter begründete die Herabsetzung auf sechs Monate wie folgt: "An der ständerätlichen Fassung ist mit Recht kritisiert worden, dass die beiden vorgesehenen Minima stark differieren können und dass daraus nicht klar hervorgeht, ob die beiden Minima alternativ oder kumulativ zu verstehen sind (Sten.Bull. NR 1958, S. 465/466)." Der Schluss liegt deshalb nahe, dass der Gesetzgeber die Frist für die bedingte Wiedererteilung des Ausweises für Fälle aller Art auf sechs Monate festgesetzt und den Administrativbehörden keinen Raum für die Anordnung längerer "Sperrfristen" im Einzelfall gelassen hat (vgl. auch BGE 107 Ib 32).
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d) Da nach dem Gesagten Art. 17 Abs. 3 SVG eine Prüfung der bedingten Wiederaushändigung des Ausweises schon nach sechs Monaten ermöglicht, erscheint die vorinstanzliche Auslegung dieser ![]() | 13 |
e) Soweit die Vorinstanz mit der Ziff. 6 der Verfügung vom 18. September 1985 zum Ausdruck bringen wollte, das vor Ablauf der Bewährungsfrist von 30 Monaten eine Wiederaushändigung des Führerausweises unter keinen Umständen geprüft werden könne, verletzt der angefochtene Entscheid somit Bundesrecht.
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