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7. Urteil der I. Zivilabteilung vom 7. März 1957 i.S. Waggoner und Rowley gegen Eidgenössisches Amt für geistiges Eigentum. | |
Regeste |
Art. 2 Ziff. 4 aPatG, Art. 111 PatG. |
b) Wann ist die Herstellung der synthetischen Textilfaser beendet, wann beginnt ihre Veredlung? (Erw. 3, 4). |
c) Wann kommt die Erfindung "für die Textilindustrie in Betracht"? (Erw. 5). | |
Sachverhalt | |
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Das Gesuch wurde vom Amte beanstandet, weil die Erfindung eine nicht rein mechanische Veredlung von Textilfasern betreffe und daher, soweit sie für die Textilindustrie in Betracht komme, gemäss Art. 2 Ziff. 3 aPatG nicht patentiert werden könne.
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Dem hielten die Gesuchsteller zunächst entgegen, unter ![]() | 3 |
B.- Am 31. Oktober 1956 wies das Eidgenössische Amt für geistiges Eigentum das Gesuch auf Grund des Art. 111 PatG zurück.
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C.- Die Gesuchsteller führen gemäss Art. 97 ff. OG Beschwerde mit dem Antrag, dieser Entscheid sei aufzuheben und das Amt anzuweisen, die Prüfung des Gesuches auf Grund des Art. 13 Abs. 2 VollzVo. PatG fortzusetzen.
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Das Amt beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
1. "Erfindungen von Erzeugnissen, welche durch Anwendung nicht rein mechanischer Verfahren zur Veredlung von rohen oder verarbeiteten Textilfasern jeder Art erhalten werden, sowie von derartigen Veredlungsverfahren, ![]() | 7 |
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3. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts zu Art. 2 Ziff. 4 aPatG (BGE 79 II 224ff.) ist die synthetische Textilfaser nicht schon hergestellt, wenn der Faden aus der Spinndüse austritt, sondern erst, wenn er die aus chemisch-technischen und betriebswirtschaftlichen Gründen mit seiner Bildung in den nämlichen fortlaufenden Arbeitsgang verlegte weitere Behandlung erfahren hat, so dass er von den Zweigen der Textilindustrie übernommen zu werden pflegt. Die Behandlungen, die nach hergebrachter Anschauung von diesen Zweigen besorgt werden, z.B. Färben, Schlichten, Mattieren und Konditionnieren, gehören zur Veredlung der Faser, auch wenn sie ausnahmsweise vom Hersteller besorgt werden, und anderseits gibt es Behandlungen, die an sich auch in einem Betrieb der Textilindustrie erfolgen können, aber üblicherweise in den der Herstellung ![]() | 9 |
Diese Auslegung von Art. 2 Ziff. 4 aPatG trifft auch auf Art. 111 PatG zu, der die bis zur Einführung der amtlichen Vorprüfung von der Patentierung ausgeschlossenen Erfindungen wörtlich gleich umschreibt wie jene Bestimmung. Die Beschwerdeführer selbst setzen sich dafür ein, dass nach den Grundsätzen der erwähnten Rechtsprechung entschieden werde, ob ihre Erfindung der Herstellung oder vielmehr der Veredlung der Textilfaser dient.
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4. Dass die Textilindustrie Glasfasern verwendet, ist nicht neu. Schon A. HAUSSENER, Professor an der Technischen Hochschule in Brünn, wies in seinen im Jahre 1907 erschienenen "Vorlesungen über mechanische Technologie der Faserstoffe" darauf hin, dass Glasfäden zu Phantasiezwecken benützt würden (S. 244). BERNARD KOZLIK sodann führte im Jahre 1920 in der "Materialkunde der Textilindustrie" aus, Glasfäden würden in vereinzelten Fällen in der Textilindustrie verwendet, wenn auch wegen ihrer Sprödigkeit nur als Schussmaterial in Seidenstoffe zu Dekorationszwecken (S. 32). Professor P. A. KOCH in Netstal (Glarus) spricht sich im Abschnitt über "die Eigenschaften der Textil-Glasfäden" des im Jahre 1953 von Professor R. PUMMERER herausgegebenen Buches "Chemische Textilfasern, Filme und Folien" dahin aus, es sei 1931 gelungen, Glasfasern, später auch Glasseide als Garn, in solcher Feinheit herzustellen, dass ihre textile Weiterverarbeitung sowie die Fertigung entsprechend feiner Gewebe, Bänder und Litzen aus ihnen möglich geworden sei, womit diese Textil-Glasfäden als Faserstoff Eingang in die Textilindustrie gefunden hätten (S. 1023). Er bezeichnet die Textil-Glasfäden als das feinste Textilmaterial (S. 1028) und führt aus, sie seien dort, wo eine Dehnung von wenigen Prozent ausreiche und die fehlende Geschmeidigkeit der Ware keinen Mangel darstelle, den übrigen Faserstoffen überlegen, zumal sie mit anderen Eigenschaften, wie Unbrennbarkeit, ![]() | 11 |
Die Glasfaser wird also nicht erst durch die zur Patentierung angemeldete Erfindung in die Textilindustrie eindringen können. Die Behauptung der Beschwerdeführer, bevor die Erzeugnisse aus Glas das erfundene Verfahren durchlaufen hätten, würden sie weder von der verarbeitenden noch von der ausrüstenden Textilindustrie, sondern nur von Spezialbetrieben für technische Zwecke (Herstellung von Isolationsmatten, Filtern und dgl.) gekauft, stimmt nicht. Dass die erwähnten Äusserungen in ausländischen Werken stehen, die den Besonderheiten des schweizerischen Patentrechts nicht Rechnung trügen, wie die Beschwerdeführer geltend machen, ist unerheblich. Sie betreffen nicht Fragen des Patentrechts, sondern technische und betriebswirtschaftliche Fragen, die für die schweizerische Textilindustrie nicht anders zu beantworten sind als für die ausländische, ganz abgesehen davon, dass Prof. Koch als in der Schweiz wohnender Fachmann auch mit den schweizerischen Verhältnissen vertraut ist.
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Übrigens haben die Beschwerdeführer in ihrer Patentbeschreibung selber auf die bisherige Verwendung von Glasfasern zur Herstellung von Wandbehängen, Überwürfen und Vorhängen, also von Erzeugnissen der Textilindustrie hingewiesen und in der ursprünglichen Fassung des Patentanspruches und der Patentbeschreibung die im erfundenen Verfahren zu behandelnde Ware als "Textilgut" bezeichnet. Die nachträgliche Ausmerzung dieses Ausdrucks ändert an der Sache nichts.
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Aus der Beschreibung des Patentes ergibt sich ferner, ![]() | 14 |
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Darauf kommt nichts an. Für die Textilindustrie kommt eine Erfindung nicht nur dann "in Betracht", wenn sie in eigenen Betrieben ausgeführt wird, sondern schon dann, wenn sie für die Textilindustrie von wirtschaftlicher Bedeutung ![]() | 16 |
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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