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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: Sabiha Akagündüz, A. Tschentscher | |||
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27. Auszug aus dem Urteil vom 23. September 1964 i.S. Gujer gegen Regierungsrat und Verwaltungsgericht des Kantons Zürich. | |
Regeste |
Wirtschaftsgewerbe. Eigentumsgarantie. Handels- und Gewerbefreiheit. Willkür. |
- Die Anwendung der Bestimmung auf Betriebe mit "ehehaften Tavernenrechten" im Kanton Zürich verstösst weder gegen die Eigentumsgarantie (Erw. 3, 4) noch gegen die Handels- und Gewerbefreiheit (Erw. 6). |
- Als Vergrösserung des Betriebs gilt, wie ohne Willkür angenommen werden kann, nicht nur die Erweiterung der Bodenfläche der Wirtschaftsräume, sondern auch ein Umbau, der zu einem vermehrten Alkoholausschank führt, wie z.B. die Einrichtung einer ständig geöffneten Bar in einem bisher nur gelegentlich zum Wirten benutzten Raum (Erw. 5). | |
Sachverhalt | |
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Anlässlich einer Besichtigung der Wirtschaftsräume stellte der Sekretär für das Wirtschaftswesen der Finanzdirektion am 22. Juni 1962 fest, dass vom Saal durch 2 Faltwände abgetrennt ein "Säli" von ca. 53 m2 Bodenfläche besteht, in dem eine Bar eingebaut worden ist. Gujer wurde darauf aufmerksam gemacht, dass gemäss § 44 WG für diese Betriebsintensivierung eine Bewilligung der Finanzdirektion erforderlich sei. Am 27. Juni 1962 ersuchte Gujer um diese Bewilligung. Er führte aus, das in Frage stehende Lokal im 1. Stock diene seit der Erbauung des Gasthofes als Gastlokal; eine Intensivierung des Betriebes liege insofern vor, als dieses Lokal früher nur gelegentlich, heute aber täglich benützt werde; der tägliche Umsatz sei jetzt regelmässiger, dafür aber kleiner als bei den früheren gelegentlichen Saalanlässen.
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Nach einer erneuten Besichtigung am 14. Februar 1963 verweigerte die Finanzdirektion die nachgesuchte Bewilligung zur Einrichtung einer Bar und ordnete die Beseitigung der Bareinrichtung an. Sie begründete diesen Entscheid damit, dass es an einem Bedürfnis nach dieser Betriebsintensivierung fehle, da angesichts der Einwohnerzahl von Nürensdorf bereits eine der fünf vorhandenen Wirtschaften überzählig sei.
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Den hiegegen erhobenen Rekurs wies der Regierungsrat am 28. November 1963 ab.
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C.- Emil Gujer ficht den Entscheid des Verwaltungsgerichts mit staatsrechtlicher Beschwerde an und beantragt, ihn aufzuheben. Er macht Verletzung der Eigentumsgarantie sowie der Art. 4 BV (Rechtsgleichheit) und 31 BV (Handels- und Gewerbefreiheit) geltend.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
1./2. - (Prozessuales)
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3. Das Bundesgericht hat im Urteil vom 29. September 1939 i.S. Genossenschaft Bellevue, Erw. 4 (auszugsweise wiedergegeben in ZBl 40, 559/60) mit eingehender Begründung entschieden, dass § 113 Abs. 2 WG, wonach Tavernenrechte, die während der Dauer von zehn Jahren nicht mehr ausgeübt werden, ohne Entschädigung dahinfallen, nicht gegen die in Art. 4 KV gewährleistete Eigentumsgarantie verstösst. Diese Rechtsprechung, auf die sich das Verwaltungsgericht im angefochtenen Entscheid stützt, wird vom Beschwerdeführer nicht angefochten. Dann kann es aber um so weniger gegen die Eigentumsgarantie verstossen, wenn einem Tavernenberechtigten nicht erlaubt wird, den bisher tatsächlich ausgeübten Umfang seines Rechtes zu erweitern. In §§ 112 und 113 WG kommt die Tendenz des Gesetzes zum Ausdruck, die Tavernenrechte möglichst zu beseitigen, da dies im Interesse einer rationellen Ordnung des Wirtschaftswesens, insbesondere einer gleichmässigen Anwendung der modernen Wirtschaftsgesetzgebung und damit der Allgemeinheit liegt (Urteil i.S. Genossenschaft Bellevue Erw. 2 S. 8). Wenn der entschädigungslose Untergang eines Tavernenrechts, das seit zehn Jahren nicht mehr ausgeübt wurde, vor der Eigentumsgarantie standhält, so kann der Inhaber eines Tavernenrechts auch nicht unter Berufung auf dieses verfassungsmässige Individualrecht beanspruchen, dass er das Tavernenrecht künftig in einem weiteren Umfang ausüben dürfe, als es bisher tatsächlich der Fall war. Ob eine Verletzung der Eigentumsgarantie vorliege, hängt daher von der Frage ab, ob der streitige Barbetrieb ![]() | 9 |
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Der Beschwerdeführer macht demgegenüber geltend, entscheidend sei nicht, dass der betreffende Raum nur gelegentlich zum Wirten benutzt worden sei, sondern dass er ständig für die Bewirtung von Gästen eingerichtet war und zur Verfügung stand. Eine Erweiterung der Ausübung des ehehaften Tavernenrechts lässt sich indes nicht nur in einer Vergrösserung der für den Wirtschaftsbetrieb bereit stehenden Räume erblicken, sondern ohne jede Willkür auch darin, ![]() | 11 |
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Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass auf Grund der in § 37 WG genannten Verhältniszahlen Nürensdorf bereits eine Alkoholwirtschaft zuviel aufweist (5 statt 4). Er tut auch nicht dar, inwiefern eine der Voraussetzungen von § 38 WG für eine Ausnahmebewilligung vorliege und eine solche willkürlich verweigert worden sei. Dazu reicht die Behauptung, der Beschwerdeführer beherberge während der Reisesaison zahlreiche ausländische Gäste, die in den Hotels der Stadt Zürich keine Unterkunft finden und die sich in einem Raum aufzuhalten wünschen, wie sie ihn gewohnt sind, um so weniger aus, als in der Beschwerde nicht bestritten wird, dass der Gasthof "Bären" nur über 5 Fremdenzimmer verfügt.
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Damit erweist sich die Rüge der Verletzung der Eigentumsgarantie bzw. des Art. 4 BV als unbegründet.
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6. Der Beschwerdeführer erblickt in der Verweigerung der Bewilligung der Bar ausserdem eine Verletzung der in Art. 31 BV garantierten Handels- und Gewerbefreiheit. Abs. 2 dieser Verfassungsbestimmung behält indes kantonale Bestimmungen gewerbepolizeilicher Art vor und nach Art. 32 quater BV können die Kantone auf dem Wege der Gesetzgebung die Ausübung des Wirtschaftsgewerbes den durch das öffentliche Wohl geforderten Beschränkungen unterwerfen. Damit wird ihnen zwecks Bekämpfung des Alkoholismus die Befugnis eingeräumt, für die Alkoholwirtschaften die Bedürfnisklausel einzuführen (BGE 82 I 73 Erw. 2). Von dieser Befugnis hat der Kanton Zürich Gebrauch gemacht, indem er in den §§ 36 ff. WG die Erteilung eines Wirtschaftspatentes der Bedürfnisklausel unterstellt ![]() | 16 |
Demnach erkennt das Bundesgericht:
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