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13. Auszug aus dem Urteil vom 18. Februar 1966 i.S. Dr. A. Wander AG gegen Werner Bürki und Mitbeteiligte, Staat Bern sowie Appellationshof des Kantons Bern. | |
Regeste |
Verwaltungsgerichtsbeschwerde im Rahmen des Gewässerschutzes, Art. 14 GSchG. |
2. Sie ist auch zulässig, wenn anstatt des anwendbaren GSchG kantonales Recht angewendet wird. | |
Sachverhalt | |
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Acht Grundeigentümer, deren Grundstücke durch das erwähnte Bauverbot betroffen wurden, erhoben vor dem Gerichtspräsidenten von Laupen gegen die Wander AG Klage auf Bezahlung einer gerichtlich festzusetzenden Entschädigung. Sie erblickten in den ihnen auferlegten Beschränkungen eine materielle Enteignung und bezifferten den daraus entstehenden Schaden auf insgesamt Fr. 1'754,515.--. Die Beklagten erhoben die Einreden der sachlichen Unzuständigkeit und der fehlenden Passivlegitimation. Mit Vorentscheid vom 14. April 1965 bejahte der Gerichtspräsident von Laupen seine Zuständigkeit, wies jedoch die Klage mangels Passivlegitimation der Beklagten ab.
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Hiegegen appellierten die Kläger, denen der Staat Bern als Intervenient beitrat, und beantragten Bejahung der Passivlegitimation der Wander AG. Diese bestritt mittels Anschlussappellation erneut die sachliche Zuständigkeit des Gerichtspräsidenten.
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B.- Gegen diesen Entscheid erhebt die Wander AG gleichzeitig Verwaltungsgerichtsbeschwerde betreffend Gewässerschutz und staatsrechtliche Beschwerde wegen Willkür und Verletzung der Eigentumsgarantie.
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Zur Begründung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird zur Hauptsache geltend gemacht, der angefochtene Entscheid verletze die Art. 2-6 GSchG, indem er den darin vorgesehenen Schutz des Wassers davon abhängig mache, dass der Benützer die Grundeigentümer für das Unterlassen der verbotenen Handlungen entschädige; so könnten sie zur Aufgabe des Schutzes und des Wassers gezwungen und der Gewässerschutz praktisch hinfällig werden. Wenn der Kanton, der durch die Erteilung der Konzession über das Grundwasser gegen Entgelt verfüge, die Grundeigentümer für das entschädigen wolle, was sie in der übrigen Schweiz gestützt auf das GSchG als gesetzliche Eigentumsbeschränkung auf sich nehmen müssten, so möge er selbst solche Entschädigungen ausrichten; die Auferlegung der Entschädigungspflicht an die Benützer aber verstosse gegen das GSchG. Im Gegensatz zur formellen Enteignung, bei welcher ein Recht vom Enteigneten auf den Enteigner übergehe, betreffe die materielle Enteignung nur das für den Eingriff verantwortliche Gemeinwesen; ein Privater könne den Eingriff weder verfügen noch aufheben.
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D.- Die Beschwerdegegner Bürki & Cons. beantragen Nichteintreten auf die Beschwerde, in zweiter Linie Abweisung derselben.
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Sie führen aus, der angefochtene Entscheid sei nicht in Anwendung des GSchG ergangen, sondern beruhe wie ihre Klage ausschliesslich auf kantonalem Recht; daher sei die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen ihn nicht zulässig.
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Das auf ihre Grundstücke gelegte absolute Bauverbot stelle eine materielle Enteignung dar, die sowohl nach der Praxis des Bundesgerichts als auch nach Art. 115 WNG die Entschädigungspflicht begründe. Es gehe nicht an, einen so schwerwiegenden Eingriff einfach als entschädigungslose gesetzliche Eigentumsbeschränkung zu erklären; sonst wäre die kantonale Regelung sinnlos. Der Grundsatz des bernischen WNG, dass der Benützer einer Wassernutzungsanlage für deren Kosten aufzukommen habe, gelte auch für die Schutzzonen. Die Schutzzone in der Aumatte sei für die Wasserfassung der Wander AG errichtet worden; also sei diese dafür im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen entschädigungspflichtig.
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E.- Der Staat Bern schliesst auf Nichteintreten, allenfalls auf Abweisung der Beschwerde.
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Er bringt vor, das angefochtene Urteil sei ein Zwischenentscheid gemäss Art. 196 ZPO, der das Verfahren nicht abschliesse; gegen Zwischenverfügungen sei die Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht zulässig. Sie sei gegenüber jenem Urteil auch nicht gegeben, weil es kein Verwaltungsentscheid und nicht auf Grund des GSchG erlassen worden sei; es beruhe vielmehr auf dem kantonalen Expropriationsrecht, so dass eine Verletzung von Bundesrecht nicht in Frage stehe.
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Richtig sei, dass auf Grund von Art. 2 ff. GSchG verfügte Massnahmen keine Entschädigungspflicht zugunsten der Grundeigentümer begründeten. Das angefochtene Urteil bejahe indessen eine solche Pflicht keineswegs und verletze deshalb das GSchG nicht. Es nehme lediglich an, im Falle des Bestehens einer Entschädigungspflicht treffe diese die Beschwerdeführerin und nicht den Kanton Bern, wofür es sich auf Vorschriften des ![]() | 13 |
F.- In der Replik macht die Beschwerdeführerin noch geltend, die Schutzzone diene nicht nur ihr, sondern auch der Gemeinde Neuenegg. Das Grundwasser hätte auch ohne ihren Antrag von Gesetzes wegen den nötigen Schutz der kantonalen Behörden erhalten. Gegenstand der Beschwerde bilde die Nichtanwendung des GSchG. Durch das angefochtene Urteil werde über die Passivlegitimation endgültig entschieden.
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Das Bundesgericht hat die Beschwerde abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden konnte.
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Aus den Erwägungen: | |
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Der Gerichtspräsident von Laupen beschränkte - gestützt auf Art 196 ZPO - das Verfahren zunächst auf die Fragen der sachlichen Zuständigkeit und der Passivlegitimation. Hätte er die erstere verneint oder wäre es bei einer Verneinung der Passivlegitimation geblieben, so hätte hierin ein Endurteil gelegen. Nachdem aber der Appellationshof sowohl die Zuständigkeit als auch die Passivlegitimation bejaht und die Sache zu materieller Beurteilung an die Vorinstanz zurückgewiesen hat, liegt lediglich ein Zwischenentscheid der letzten kantonalen Instanz vor.
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Während gemäss Art. 87 OG die staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 BV erst gegen letztinstanzliche Endentscheide zulässig ist, gegen letztinstanzliche Zwischenentscheide nur, wenn sie für den Betroffenen einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil zur Folge haben, besteht mit Bezug auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde keine solche Bestimmung. Der Staat Bern beruft sich für seine Auffassung auf BIRCHMEIER, Bundesrechtspflege, S. 418, wonach Zwischenverfügungen der Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht unterliegen. Diese Stelle und die darin zitierten Urteile des Bundesgerichts beziehen sich jedoch auf blosse Verfügungen (Beanstandung von Eintragungsgesuchen für Handelsmarken, Fristansetzungen), ![]() | 18 |
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Art. 14 GSchG erklärt sie als zulässig gegen Entscheide der letzten kantonalen Instanz, "die in Anwendung dieses Gesetzes ergehen". Der Beschluss des Regierungsrates vom 25. Februar 1964 über die Errichtung der Schutzzone stützte sich einerseits auf Art. 2 Abs. 1 und Art. 6 GSchG und anderseits auf Art. 115 des kantonalen WNG. Gegen ihn hätte somit den heutigen Klägern und Beschwerdegegnern die Verwaltungsgerichtsbeschwerde offen gestanden. Sie haben diese jedoch nicht ergriffen - offenbar weil sie nicht die Schutzzone als solche anfechten, sondern nur eine Entschädigung für die ihnen damit auferlegten Eigentumsbeschränkungen verlangen wollten, wofür ihnen das GSchG keine Handhabe bot, während ihnen nach ihrer Auffassung das kantonale Recht die Klage auf Entschädigung für materielle Enteignung zur Verfügung stellte. Sie leiteten deshalb die Klage gegen die Wander AG ein, die sie auf Art. 115 WNG und das kantonale Enteignungsgesetz gründeten. Zwar erwähnte Art. 115 WNG in der damals noch gültigen ursprünglichen ![]() | 20 |
Die Beschwerdeführerin macht jedoch geltend, der Appellationshof hätte auch Art. 2-6 GSchG anwenden, nämlich berücksichtigen müssen, dass die Behörden die mit der Schutzzone verfügten Massnahmen zum Schutze des Grundwassers auch ohne ihr Gesuch von Amtes wegen und ohne Entschädigung hätten anordnen müssen; indem er sie von der Entschädigung abhängig mache, durchkreuze er den Gewässerschutz und verletze damit jene Bestimmungen des GSchG. In der Tat kann ein Gesetz nicht nur durch unrichtige Anwendung verletzt werden, sondern auch dadurch, dass es nicht angewendet wird, obwohl es angewendet werden sollte - namentlich dann, wenn statt seiner ein anderes, ihm zuwiderlaufendes Recht zur Anwendung gelangt. So kann insbesondere eine Verletzung von Bundesrecht daran liegen, dass anstatt des anwendbaren eidgenössischen Rechtes kantonales Recht angewendet wird (vgl. dazu BIRCHMEIER, a.a.O., S. 87). Es liegt auf der Hand, dass auch eine solche Verletzung des GSchG durch Verwaltungsgerichtsbeschwerde muss angefochten werden können. Sein Art. 14, wonach sie gegen "in Anwendung dieses Gesetzes" ergangene Entscheide offen steht, ist daher nicht in dem engen buchstäblichen Sinne auszulegen, dass sich der betreffende Entscheid ausdrücklich darauf stützen muss, sondern umfasst sinngemäss auch Entscheide, in denen es hätte angewendet werden sollen, aber nicht angewendet worden ist. Da die Beschwerdeführerin gerade das geltend macht, ist auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde einzutreten. Ob die behauptete Verletzung wirklich vorliegt, ist eine Frage nicht des Eintretens, sondern der materiellen Beurteilung.
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