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76. Auszug aus dem Urteil vom 29. September 1967 i.S. Laager gegen Regierungsrat des Kantons Aargau. | |
Regeste |
Art. 105 OG. |
Sperrfrist für die Weiterveräusserung landwirtschaftlicher Grundstücke. Art. 218 ff. OR. |
Mit einer früher gemäss Art. 218bis OR erteilten Bewilligung, ein landwirtschaftliches Grundstück vor Ablauf der Sperrfrist zum Zwecke der Überbauung zu veräussern, ist der Entscheidung darüber, ob das Grundstück nunmehr Bauland im Sinne des Art. 218 Abs. 2 OR sei und daher der Sperre nicht mehr unterstehe, nicht vorgegriffen (Erw. 5). |
Begriff des Baulandes. Bestätigung der in BGE 92 I 338/9 begründeten Rechtsprechnung (Erw. 6). |
Ein Grundstück, dessen Überbauung zur Zeit von der zuständigen kantonalen Behörde mangels einer genügenden Möglichkeit der Abwasserbeseitigung nicht bewilligt wird, ist noch kein Bauland (Erw. 7). |
Unter die Sperrfrist fällt auch die Einräumung eines Kaufsrechtes, das vor Ablauf der Frist ausgeübt werden kann (Erw. 8). |
Wichtige Gründe für eine Abkürzung der Sperrfrist (Art. 218bis OR)? (Erw. 9). | |
Sachverhalt | |
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Die Landwirtschaftsdirektion bewilligte "die beabsichtigte Zweckentfremdung des Grundstücks" unter der Bedingung, dass vor dem Grundbucheintrag die von Bund und Kanton seinerzeit geleisteten Meliorationsbeiträge im Gesamtbetrage von Fr. 599.-- zurückzuerstatten seien; sie genehmigte auch die Erhöhung der Pfandbelastung; ferner gestattete sie gemäss Art. 218bis OR den Verkauf vor Ablauf der Sperrfrist; schliesslich verwies sie auf die vom Tiefbauamt und vom Gewässerschutzamt des Kantons gestellten weiteren, den Strassenanschluss und die Abwasserbeseitigung betreffenden Bedingungen (Verfügung vom 24. November 1960).
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Darauf liessen die Vertragsparteien den Kaufvertrag am 21. März 1961 öffentlich beurkunden und die entsprechenden Eintragungen im Grundbuch vornehmen.
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B.- Durch öffentlich beurkundeten Vertrag vom 4. Juli 1966 räumte Hans Laager dem Architekten Ernst Kreiner in Zollikerberg an dem oben erwähnten Grundstück ein bis zum 31. Dezember befristetes, veräusserliches Kaufrecht ein. Der Preis wurde auf Fr. 35.- je m2 nebst Zins vom 1. Juli 1966 bis zur Ausübung des Kaufrechtes festgesetzt. Hans Laager und Ernst ![]() | 4 |
Die Landwirtschaftsdirektion erklärte indessen durch Verfügung vom 12. Oktober 1966 den Kaufrechtsvertrag gemäss Art. 218ter OR als nichtig. Sie nahm an, das Grundstück sei für eine Überbauung nicht genügend erschlossen. Es sei daher kein Bauland im Sinne des Art. 218 Abs. 2 OR, weshalb nach Abs. 1 daselbst die Sperrfrist anwendbar sei. Der abgeschlossene Kaufrechtsvertrag bezwecke eine Umgehung der Sperrfrist.
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Gegen diese Verfügung erhoben Hans Laager und Ernst Kreiner Beschwerde beim Regierungsrat des Kantons Aargau. Dieser wies die Beschwerde am 16. Februar 1967 ab. Er führte aus, ein Grundstück könne als Bauland im Sinne des Art. 218 Abs. 2 OR nur dann anerkannt werden, wenn es objektiv zur Überbauung geeignet, d.h. in bezug auf Kanalisation, Wasser, Elektrizität und Strassenzufahrt erschlossen sei und wenn der Erwerber die unmittelbare Überbauung beabsichtige. Im vorliegenden Fall fehle die Kanalisation. Das Grundstück Laagers liege zwar im Bereich des generellen Kanalisationsprojektes der Gemeinde Jonen, doch bestehe keine Entwässerungsmöglichkeit. Wohl sei in der Nähe wegen eines Neubaues eine Kanalisationsleitung erstellt worden; es handle sich aber um Stückwerk, das für die Beseitigung des Abwassers aus dem Grundstück Laagers nicht benützt werden könne. Die Hauptstränge der Kanalisation seien noch nicht gebaut, und die Kläranlage, welcher sie zugeführt werden sollen, befinde sich erst im Stadium der Projektierung. Stelle somit das Grundstück objektiv noch kein Bauland dar, so erübrige sich die Abklärung des Baulandcharakters in subjektiver Hinsicht. Mit Recht habe die Landwirtschaftsdirektion die Sperrfrist des Art. 218 OR angewendet und das Gesuch der Beschwerdeführer abgewiesen.
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C.- Hans Laager erhebt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit den Anträgen:
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"1. Der angefochtene Entscheid des Regierungsrates des Kantons Aargau sei aufzuheben.
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2. Die Vorinstanz sei anzuweisen,
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a) festzustellen, dass das Kaufsobjekt Bauland im Sinne des Art. 218 OR darstelle;
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b) festzustellen, dass der Kaufrechtsvertrag keiner Genehmigung bedürfe, eventuell..., dass der Kaufrechtsvertrag im Sinne des Art. 218 Abs. 2 OR als genehmigt gelte;
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c) festzustellen, dass von einer Gesetzesumgehung nicht gesprochen werden könne..."
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Zudem handle es sich hier nicht um eine Veräusserung im Sinne des Art. 218 Abs. 1 OR, sondern um einen Kaufrechtsvertrag. Eine Umgehung des Gesetzes liege nicht vor. Der Regierungsrat habe die gegenteilige Auffassung der Landwirtschaftsdirektion überhaupt nicht überprüft, wiewohl die bei ihm erhobene Beschwerde eine längere Abhandlung hierüber enthalte ...
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D.- Der Regierungsrat des Kantons Aargau und das Eidg. Justiz- und Polizeidepartement beantragen die Abweisung der Beschwerde.
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Das Bundesgericht folgt diesem Antrag.
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Aus den Erwägungen: | |
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5. Der Einwand des Beschwerdeführers, er habe sich auf Grund der Verfügung der Landwirtschaftsdirektion vom 24. November 1960 darauf verlassen dürfen, dass das Grundstück Bauland im Sinne des Art. 218 Abs. 2 OR sei, ist unbegründet. Wohl hatten die Nowo Immobilien AG und Hans Laager die Landwirtschaftsdirektion ![]() | 18 |
Anders wäre es allenfalls, wenn die kantonale Behörde im Jahre 1960 durch förmlichen Entscheid festgestellt hätte, dass das Entschuldungsgesetz auf das Grundstück nicht anwendbar sei (vgl. Art. 4 LEG). Einen solchen Entscheid hat sie jedoch nicht getroffen. Durch die Verfügung vom 24. November 1960 ist die Umwandlung des bisher landwirtschaftlichen Grundstücks in Bauland zwar erlaubt, aber nicht vollzogen worden. Die Verfügung beruht auf der Voraussetzung, dass das Grundstück damals ein landwirtschaftliches Grundstück war.
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6. "Bauland" im Sinne des Art. 218 Abs. 2 OR ist ein Begriff des Bundesrechts, der jedoch in der Bundesgesetzgebung ![]() | 20 |
Man kann sich fragen, ob der Baulandbegriff etwas weiter zu umschreiben sei, in dem Sinne, dass darauf abgestellt würde, ob das Grundstück in naher Zukunft überbaut werden kann oder nicht. In zahlreichen Fällen werden Grundstücke zum Zwecke der baldigen Überbauung gekauft, obwohl sie noch nicht voll erschlossen sind, insbesondere noch nicht an eine Kanalisation angeschlossen werden können, und obwohl der Käufer weiss, dass die Überbauung erst nach der vollen Erschliessung oder auf deren Zeitpunkt hin bewilligt werden wird. In den Augen der Vertragsparteien und auch nach dem allgemeinen Sprachgebrauch ![]() | 21 |
Das ist jedoch nicht der Fall. Es geht kaum an und es ist auch nicht damit zu rechnen, dass in einer Gemeinde schlechthin jede neue Baute untersagt wird, bevor das betreffende Grundstück voll erschlossen ist. Gewiss darf in einem Teil der Gemeinde, für den vorläufig noch keine Kanalisation erstellt ist, aus polizeilichen Gründen - zum Schutz der Gewässer gegen Verunreinigung - die Errichtung von Neubauten untersagt werden (BGE 79 I 234), wie es auch zulässig ist, zur Bekämpfung der Streubauweise die Zuleitung von Wasser und Strom zu beschränken (BGE 92 I 379). Fehlen solche Gründe für eine Ablehnung des Baugesuches, so hat aber der Grundeigentümer im Rahmen der Baugesetzgebung Anspruch auf eine Bewilligung. Wie das Bundesgericht in BGE 92 I 339 f. festgestellt hat, kann jeder Grundeigentümer kraft Bundesrechts verlangen, dass die für die Erteilung von Baubewilligungen zuständige kantonale Behörde einen förmlichen weiterziehbaren Entscheid darüber trifft, ob sein Grundstück sofort überbaut werden kann oder nicht. Nach dieser Rechtsprechung ist es für den Baulandcharakter nicht entscheidend, ob das Grundstück an eine Kanalisation angeschlossen und in diesem Sinne voll erschlossen ist, sondern ob der Eigentümer Anspruch auf eine Baubewilligung hat. Allerdings kann das Fehlen einer Kanalisation ein Grund sein, dass die zuständige Behörde die Baubewilligung zunächst verweigert. Wo die Baubewilligung zugesichert ist oder verlangt werden kann, ohne dass ein Kanalisationsanschluss gefordert wird, kann aber auch ein nicht an eine Kanalisation angeschlossenes Grundstück als voll baureif betrachtet werden und damit Bauland im Sinne des Art. 218 Abs. 2 OR sein.
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7. Der Regierungsrat nimmt im angefochtenen Entscheide an, das umstrittene Grundstück sei (noch) kein Bauland, weil zur Zeit mangels einer genügenden Kanalisation eine einwandfreie ![]() | 23 |
Das Bundesgericht ist an die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Entscheides nicht gebunden. Es "kann" sie nach Art. 105 OG überprüfen; es kann also Erhebungen über den Sachverhalt durchführen oder anordnen, wenn es nach pflichtgemässem Ermessen findet, dass dazu Anlass besteht.
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Der Regierungsrat erklärt, die Hauptstränge der Kanalisation der Gemeinde Jonen seien noch nicht gebaut, und die Kläranlage, an die sie angeschlossen werden sollen, befinde sich erst im Stadium der Projektierung. Die in der Beschwerde als Kanalisation bezeichnete Leitung sei "Stückwerk"; sie könne für die Beseitigung des Abwassers, das im streitigen Grundstück nach der Überbauung anfallen würde, nicht benützt werden. Demgegenüber wird in der Beschwerde lediglich vorgebracht, das vorhandene "Zwischenstück" münde vorläufig in den Jonenbach und genüge als Kanalisationsbehelf. Damit sind aber jene Feststellungen des Regierungsrates keineswegs widerlegt. Die Beschwerde enthält keinerlei Ausführungen über die Eignung des Jonenbaches als Vorfluter für die Ableitung ungeklärter Abwässer. Es wird nicht einmal behauptet, dass eine solche Ableitung sich ohne Verstoss gegen das Gewässerschutzgesetz durchführen liesse. Es fehlen alle Angaben über die durch den Jonenbach ganzjährig abfliessende Wassermenge und das Gefälle wie auch darüber, dass die Einleitung der Abwässer aus dem überbauten Grundstück auch bei niederem Wasserstand und während längerer Trockenperioden möglich wäre.
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Unter diesen Umständen darf aber die Feststellung des Regierungsrates, dass keine genügende Möglichkeit der Abwasserbeseitigung bestehe, ohne weiteres dem Urteil zugrunde gelegt werden. Ist diese Feststellung als richtig zu erachten, so kann auch die vom Regierungsrat daraus gezogene Folgerung, dass das Grundstück nicht sofort überbaut werden dürfe und daher (noch) kein Bauland im Sinne des Art. 218 Abs. 2 OR sei, nicht beanstandet werden.
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Hieran ändert die Rüge der rechtsungleichen Behandlung, welche in diesem Zusammenhang erhoben wird, nichts. In der Beschwerde wird geltend gemacht, dass in Jonen und an anderen Orten unter gleichen oder ähnlichen Verhältnissen Baubewilligungen erteilt worden seien. Ob das zutreffe, braucht nicht untersucht ![]() | 27 |
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Art. 218 Abs. 1 OR unterstellt aber der Sperre allgemein die "Veräusserung" landwirtschaftlicher Grundstücke. Der Regierungsrat hat mit Recht angenommen, dass es sich hier um eine Veräusserung handle. Das Kaufsrecht, das der Beschwerdeführer dem Vertragspartner eingeräumt hat, ermächtigt diesen, das Grundstück bis zum 31. Dezember 1967 ganz oder in Stücken zu kaufen oder durch Dritte kaufen zu lassen. Dieses Recht kann vom Berechtigten durch einseitige Willenserklärung ausgeübt werden, in dem Sinne, dass der Beschwerdeführer ihm das Grundstück ganz oder teilweise verkaufen muss, und zwar vor dem Ablauf der Sperrfrist. Mit dem Kaufrechtsvertrag hat daher der Beschwerdeführer die Verfügung über das Grundstück auf den Vertragspartner übertragen. Das aber ist, wie in BGE 92 I 337 Erw. 3 dargelegt wurde, eine Veräusserung im Sinne des Art. 218 Abs. 1 OR. Wenn dem nicht so wäre, könnte diese Bestimmung durch die Einräumung von Kaufsrechten umgangen werden, so dass der Zweck der Sperre, die Spekulation mit landwirtschaftlichen Grundstücken zu beschränken, in vielen Fällen nicht erreicht würde. Das zeigt übrigens gerade der vorliegende Fall: Hans Laager würde für das Grundstück, das er im Jahre 1961 für Fr. 50 000.-- erworben hat, nunmehr - abgesehen von den Zinsen - Fr. 214 725.-- einnehmen.
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Unter diesen Umständen ist es unnötig, auf die Ausführungen des Beschwerdeführers über das Wesen der Gesetzesumgehung näher einzugehen. Auch der Regierungsrat brauchte sich damit nicht zu befassen.
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