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Informationen zum Dokument  BGE 97 I 235  Materielle Begründung
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Regeste
Sachverhalt
Erwägungen:
4. Nach Art. 61 BV sollen die rechtskräftigen Zivilurteile,  ...
5. Art. 61 BV bezieht sich nur auf Zivilurteile. Dass der Beschlu ...
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35. Auszug aus dem Urteil vom 19. Mai 1971 i.S. Werner gegen Kaiser AG und Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt
 
 
Regeste
 
Vollstreckung ausserkantonaler Zivilurteile. Art. 61 BV, 81 Abs. 2 SchKG.  
Als Zivilurteil gilt auch ein in einem Zivilprozess ergangener Kostenentscheid (Erw. 5).  
Erfordernis der Zuständigkeit des Richters, der das Urteil erlassen hat.  
- Die Zuständigkeit bestimmt sich nach dem Recht des Kantons, in dem das Urteil erging (Erw. 5 a).  
- Die Vollstreckung darf nicht verweigert werden, weil der ausserkantonale Richter seine Zuständigkeit nicht geprüft hat, sondern nur wenn er tatsächlich unzuständig war (Erw. 5 b).  
 
Sachverhalt
 
BGE 97 I, 235 (236)A.- Die Firma Kaiser AG in Basel schloss am 10./27. April 1967 mit der in Dussnang (TG) wohnhaften Frau Maria Werner einen Miet-Kauf-Vertrag über zwei Kaffeemaschinen durch Unterzeichnung eines vorgedruckten Formulars, das in Ziff. 14 bestimmt: "Erfüllungsort und Gerichtsstand ist Basel". Aufgrund dieses Vertrages betrieb die Kaiser AG Frau Werner im August 1968 für Fr. 7'908.-- nebst Zinsen und Kosten und verlangte, als Frau Werner Recht vorschlug, provisorische Rechtsöffnung. Diese wurde ihr vom Bezirksgerichtspräsidium Münchwilen mit Entscheid vom 16. Dezember 1968 erteilt. Frau Werner reichte keine Aberkennungsklage ein, bezahlte die Betreibungsforderung auf Pfändung hin und erhob dann im Mai 1969 beim Bezirksgericht Münchwilen für den Betrag von Fr. 2'606.30 nebst 5% Zins seit 1. April 1969 Rückforderungsklage gemäss Art. 86 SchKG gegen die Kaiser AG. Nachdem diese die Klageschrift erhalten hatte, schrieb sie dem Bezirksgerichtspräsidium am 23. Mai 1969, dass Basel als Gerichtsstand vereinbart worden und das Bezirksgericht Münchwilen daher unzuständig sei.
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Am 12. Mai 1970 lud das Bezirksgerichtspräsidium Münchwilen die Parteien auf den 2. Juni 1970 zur Verhandlung vor unter Hinweis auf die in §§ 80-83 thurg. ZPO vorgesehenen Säumnisfolgen. Mit Eingabe vom 14. Mai 1970 teilte die Kaiser AG dem Bezirksgericht mit, dass sie nicht erscheinen werde und das Gericht ersuche, sich als örtlich unzuständig zu erklären oder ihr, sofern diese schriftliche Eingabe nicht genügen sollte, eine beschwerdefähige Verfügung zuzustellen. Mit Verfügung vom 25. Mai 1970 hielt das Bezirksgerichtspräsidium indessen an der erlassenen Vorladung fest mit der Begründung, dass nicht das Gerichtspräsidium, sondern das Gericht anlässlich der Hauptverhandlung über die Frage der Zuständigkeit zu entscheiden habe. An dieser Verhandlung, zu der die Kaiser AG nicht erschien, auferlegte das Bezirksgericht Münchwilen der Kaiser AG wegen unentschuldigten Wegbleibens eine Busse von Fr. 50.- sowie Fr. 94.50 Gerichtskosten und verpflichtete sie, der Klägerin eine Parteientschädigung von Fr. 145.-- zu bezahlen. Dieser Beschluss wurde der Beklagten am 10. Juni 1970 BGE 97 I, 235 (237)zugestellt mit der Bemerkung, dass dagegen innert 10 Tagen Beschwerde beim Obergericht des Kantons Thurgau erhoben werden könne.
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B.- Gestützt auf den Beschluss des Bezirksgerichts Münchwilen vom 2. Juni 1970 betrieb Frau Werner am 2. Juli 1970 die Kaiser AG in Basel für die Parteientschädigung von Fr. 145.--. Die Kaiser AG erhob Rechtsvorschlag und beantragte, als Frau Werner definitive Rechtsöffnung verlangte, Verweigerung derselben wegen Unzuständigkeit des thurgauischen Gerichts.
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Der Zivilgerichtspräsident Basel-Stadt bewilligte die definitive Rechtsöffnung mit Urteil vom 25. August 1970 in der Annahme, bei einer Rückforderungsklage gemäss Art. 86 SchKG sei eine Gerichtsstandsvereinbarung sowohl nach dieser Bestimmung als auch nach § 9 thurg. ZPO unzulässig.
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Die Kaiser AG focht diesen Entscheid mit einer Willkürbeschwerde im Sinne von § 242 Abs. 2 basel-städt. ZPO an. Der Ausschuss des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt hiess diese Beschwerde dahin gut, dass er das Urteil des Zivilgerichtspräsidenten vom 25. August 1970 aufhob und das Rechtsöffnungsbegehren abwies. Zur Begründung führte er aus: Die Kaiser AG habe vorerst davon ausgehen dürfen, dass die Gerichtsstandsklausel gültig sei, und sei auch nicht gehalten gewesen, irgendwelche Prozessvorkehren zu treffen oder die Einrede der Unzuständigkeit in der vom thurgauischen Prozessrecht vorgeschriebenen Form geltend zu machen (BGE 34 I 267). Sie sei somit nicht verpflichtet gewesen, zur Bestreitung der Zuständigkeit vor dem als unzuständig betrachteten Gericht zu erscheinen. Dieses hätte den Entscheid über die Zuständigkeit ohne Anwesenheit der Kaiser AG treffen können und auch sollen. Es habe indes seine Kompetenz überhaupt nicht geprüft, sondern die Kaiser AG wegen ihres Nichterscheinens mit Busse und Kosten bedacht. Insofern handle es sich um eine Frage der Kompetenz, die vom Rechtsöffnungsrichter zu prüfen sei (Art. 81 Abs. 2 SchKG). Die Annahme des Zivilgerichtspräsidenten, der Thurgauer Richter sei zu diesem Kostenentscheid kompetent gewesen, sei nicht haltbar, da damit gegen ein fundamentales Recht einer Partei verstossen werde, welche die Einrede der Unzuständigkeit erhoben habe. Die Frage, ob die Gerichtsstandsklausel gültig oder ob eine solche bei Art. 86 SchKG zulässig sei, brauche der Rechtsöffnungsrichter BGE 97 I, 235 (238)nicht zu entscheiden, da auch der Thurgauer Richter zu dieser Klausel nicht Stellung genommen, ja seine Kompetenz überhaupt nicht geprüft habe.
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C.- Gegen dieses Urteil des Appellationsgerichtsausschusses hat Frau Maria Werner staatsrechtliche Beschwerde erhoben. Sie macht Verletzung der Art. 4, 59 und 61 BV geltend.
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D.- Das Appellationsgericht Basel-Stadt beantragt unter Hinweis auf sein motiviertes Urteil Abweisung der Beschwerde. Die Kaiser AG beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit auf sie einzutreten sei.
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Das Bundesgericht hebt das angefochtene Urteil wegen Verletzung des Art. 61 BV auf aus folgenden
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Erwägungen:
 
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Bei Beschwerden wegen Verweigerung der Rechtsöffnung für ein ausserkantonales Zivilurteil prüft das Bundesgericht alle Voraussetzungen der VOIlstreckbarkeit frei, und es genügt zur Gutheissung der Beschwerde, dass eine auch nur unrichtige Auslegung oder Anwendung der Art. 80 und 81 SchKG zur Abweisung des Rechtsöffnungsbegehrens geführt hat (BGE 71 I 24 E. 1 und dort angeführte frühere Urteile; BGE 72 I 88 E. 1, BGE 87 I 50 E. 1 und 293 E. 1)...
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5. Art. 61 BV bezieht sich nur auf Zivilurteile. Dass der Beschluss des Bezirksgerichts Münchwilen vom 2. Juni 1970, durch den die Beschwerdegegnerin zur Bezahlung einer Parteientschädigung an die Beschwerdeführerin verurteilt wurde, ein solches Urteil ist, hat die Beschwerdegegnerin mit Recht nicht bestritten, denn als Zivilurteile gelten auch Kostenentscheide, die in einem Verfahren zur Geltendmachung zivilrechtlicher Ansprüche ergangen sind (BGE 36 I 611 E. 2 und 615 E. 1, BGE 54 I 172 E. 4, nicht veröffentlichtes Urteil vom 12. Februar 1971 i.S. Kanton Waadt c. Celato). Ferner ist unbestritten, dass der Beschluss rechtskräftig geworden ist. Die dem Zivilgerichtspräsidenten Basel-Stadt vorgelegte Ausfertigung des Beschlusses war mit einer Rechtskraftbescheinigung versehen, und die BGE 97 I, 235 (239)Beschwerdegegnerin hat nie behauptet, die gegen den Beschluss zulässige Beschwerde an das Obergericht des Kantons Thurgau erhoben zu haben. Die basel-städtischen Gerichte dürfen daher die definitive Rechtsöffnung für den Kostenentscheid nur verweigern, wenn eine der nach Art. 81 Abs. 1 und 2 SchKG zulässigen Einreden von der Schuldnerin erhoben worden und begründet ist. Im vorliegenden Falle ist nur streitig, ob das Bezirksgericht Münchwilen örtlich zuständig war, den Beschluss vom 2. Juni 1970 zu fassen.
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a) Die Beschwerdegegnerin ist der Auffassung, der Basler Rechtsöffnungsrichter habe diese Frage nicht nach dem thurgauischen, sondern nach dem basel-städtischen Recht zu beurteilen. Sie beruft sich dafür auf § 258 basel-städt. ZPO, der in der Tat bestimmt, dass das Gericht über Einwendungen gegen die Zuständigkeit auswärtiger Gerichte "nach den Grundsätzen seines eigenen Rechts entscheidet". Diese Ordnung steht indes, was die Vollstreckung von Urteilen anderer Kantone betrifft, im Widerspruch mit der Rechtsprechung des Bundesgerichts zu Art. 61 BV. Danach ist ein ausserkantonales Urteil zu vollstrecken, wenn das Gericht des andern Kantons nach dessen eigener Gesetzgebung in der Sache zuständig war und diese Zuständigkeit ohne Verletzung bundesrechtlicher Gerichtsstandsbestimmungen in Anspruch nehmen konnte (BGE 61 I 262 /3, BGE 71 I 25 E. 3; JAEGER N. 16 zu Art. 81 SchKG). Die von der Beschwerdeführerin nachgesuchte Vollstreckung darf daher von den Basler Gerichten nur verweigert werden, wenn das Bezirksgericht Münchwilen entweder nach thurgauischem Recht unzuständig war, oder wenn es zwar nach thurgauischem Recht zuständig war, dieses Recht aber gegen eine bundesrechtliche Gerichtsstandsbestimmung verstösst.
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b) Wie es sich damit verhält, hat das Appellationsgericht nicht geprüft. Es hat zwar die Annahme des Zivilgerichtspräsidenten, der Thurgauer Richter sei zum Kostenentscheid zuständig gewesen, als "nicht haltbar" bezeichnet. In Wirklichkeit hat es aber, wie sich aus seinen weiteren Ausführungen ergibt, die Rechtsöffnung deshalb verweigert, weil das Bezirksgericht Münchwilen seine Zuständigkeit nicht geprüft habe, obwohl es dies ohne Anwesenheit der Beklagten hätte tun können und auch sollen. Das ist jedoch kein Grund zur Verweigerung der Rechtsöffnung. Man kann sich fragen, ob das Bezirksgericht, von dem die Beschwerdegegnerin ausdrücklich einen beschwerdefähigen BGE 97 I, 235 (240)Entscheid verlangt hatte, nicht dadurch, dass es den mit Beschwerde anfechtbaren Beschluss vom 2. Juni 1970 fasste, sich zum mindesten als vorläufig zuständig erklärt hat. Davon abgesehen darf nach Art. 61 BV in Verbindung mit Art. 81 Abs. 2 SchKG die definitive Rechtsöffnung für einen Entscheid nicht schon dann verweigert werden, wenn der ausserkantonale Richter seine Zuständigkeit ungenügend oder überhaupt nicht geprüft hat, sondern nur dann, wenn er tatsächlich unzuständig war. Die Berufung des Appellationsgerichts auf BGE 34 I 267 geht fehl. Das Bundesgericht hat in diesem Urteil wie schon in BGE 34 I 56 allerdings ausgeführt, dass der vor einem unzuständigen Richter Belangte nicht gehalten sei, vor diesem Richter zu erscheinen und die Unzuständigkeitseinrede nach Massgabe der dortigen Prozessgesetzgebung zu erheben. Es hat die dort angefochtenen Entscheide indessen nicht deshalb aufgehoben, weil der Beklagte der Vorladung nicht Folge zu leisten brauchte, sondern deshalb, weil die Gerichte, welche die Entscheide gefällt hatten, nach Art. 59 BV unzuständig gewesen waren. Im vorliegenden Falle hat es die Beschwerdegegnerin unterlassen, den Entscheid des Bezirksgerichts Münchwilen mit einem kantonalen Rechtsmittel oder mit staatsrechtlicher Beschwerde anzufechten. Das schadet ihr insofern nicht, als die Einrede der Unzuständigkeit nach Art. 81 Abs. 2 SchKG auch noch im Rechtsöffnungsverfahren erhoben werden kann (vgl. BGE 87 I 50 E. 2 und 129). Dagegen darf die Rechtsöffnung für den Entscheid des Bezirksgerichts Münchwilen nach dem Gesagten nur verweigert werden, wenn dieses Gericht nach Massgabe des thurgauischen Rechtes oder nach Bundesrecht örtlich unzuständig war, weshalb das angefochtene Urteil, in dem diese Frage nicht geprüft worden ist, wegen Verletzung des Art. 61 BV aufzuheben ist.
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Nach der ausdrücklichen Vorschrift in Art. 86 Abs. 2 SchKG kann die Rückforderungsklage auch beim Gericht des Betreibungsortes angehoben werden. Diese in einem Bundesgesetz enthaltene Zuständigkeitsnorm ist verbindlich ohne Rücksicht darauf, ob sie von einer Verfassungsnorm abweicht (nicht veröffentlichtes Urteil vom 9. Februar 1955 i.S. Moeschler c. Friedensrichter des Kreises Zofingen; vgl. BGE 72 I 176 E. 3, BGE 76 I 48 E. 2 am Ende), weshalb die Zuständigkeit des Bezirksgerichts Münchwilen jedenfalls nicht aufgrund des Art. 59 BV verneint werden kann. Es kann sich nur fragen, ob dieses Gericht BGE 97 I, 235 (241)deshalb unzuständig ist, weil nach thurgauischem Prozessrecht Gerichtsstandsvereinbarungen auch bei Rückforderungsklagen zulässig sind und die im Vertrag vom 10./27. April 1967 enthaltene Gerichtsstandsklausel entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin gültig ist und sich auch auf die Rückforderung bezieht. Das Appellationsgericht hat diese im angefochtenen Entscheid offen gelassene Frage nun zu entscheiden. Sollte es dabei zum Schlusse kommen, dass das Bezirksgericht Münchwilen unzuständig sei, und die Rechtsöffnung nochmals verweigern, so könnte dieser Entscheid von der Beschwerdeführerin wiederum mit staatsrechtlicher Beschwerde wegen Verletzung von Art. 61 BV angefochten werden.
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