VerfassungsgeschichteVerfassungsvergleichVerfassungsrechtRechtsphilosophie
UebersichtWho-is-WhoBundesgerichtBundesverfassungsgerichtVolltextsuche...

Informationen zum Dokument  BGE 97 I 890  Materielle Begründung
Druckversion | Cache | Rtf-Version

Regeste
1. Die zürcherische Verordnung über die Fähigkeitsprüfung für den Rechtsanwaltsberuf vom 8. Juli 1938 (Prüfungsverordnung) bestimmt in § 4, dass die Bewerber um die Zulassung zur Prüfung sich unter anderem über folgende Zulassungsbedingungen auszuweisen haben:
7. ausreichende Rechtsstudien, in der Hauptsache an schweizerisch ...
8. praktische Tätigkeit während mindestens eines Jahres ...
2. X., geboren 1942, promovierte am 2. Mai 1970 zum Lizentiaten d ...
3. X. führt gegen diesen Entscheid der Verwaltungskommission ...
4. Der Beschwerdeführer wirft dem Obergericht eine willk&uum ...
Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch)  
 
128. Urteil vom 2. November 1971 i.S. X. gegen Verwaltungskommission des Obergerichts des Kantons Zürich.
 
 
Regeste
 
Art. 4 BV; zürcherische Fähigkeitsprüfung für Rechtsanwälte, Anforderungen an die praktische Tätigkeit als Zulassungsbedingung.  
 
BGE 97 I, 890 (890)1. Die zürcherische Verordnung über die Fähigkeitsprüfung für den Rechtsanwaltsberuf vom 8. Juli 1938 (Prüfungsverordnung) bestimmt in § 4, dass die Bewerber um die Zulassung zur Prüfung sich unter anderem über folgende Zulassungsbedingungen auszuweisen haben:
 
"....
1
2
3
4
Am 21. April 1971 ersuchte X. das Obergericht des Kantons Zürich um Zulassung zur Anwaltsprüfung. Mit Schreiben vom 19. Mai 1971 eröffnete ihm die Verwaltungskommission des Obergerichts, dass er zur Prüfung vorderhand nicht zugelassen werden könne, weil es an der vorgeschriebenen praktischen Tätigkeit von mindestens einem Jahr im Sinne von § 4 Ziff. 8 der Prüfungsverordnung fehle. Seine Tätigkeit auf dem zürcherischen BGE 97 I, 890 (891)Anwaltsbüro sowie am Bezirksgericht Dielsdorf in den Jahren 1967 und 1968 könne ihm nämlich nicht angerechnet werden, denn sie falle noch in die Zeit während des Studiums, da ihm nicht die verantwortungsvollen Arbeiten hätten anvertraut werden können, die üblicherweise einem voll ausgebildeten Juristen übertragen würden. Die genannte Bestimmung der Prüfungsverordnung meine offensichtlich eine praktische Tätigkeit als voll ausgebildeter Jurist.
5
6
7
a) § 4 Ziff. 8 der Prüfungsverordnung hält zwar nicht ausdrücklich fest, dass das vorgeschriebene Praktikum nur anzuerkennen ist, soweit der Kandidat dabei bereits über eine volle juristische Ausbildung verfügte. Schon der Wortlaut der Vorschrift lässt jedoch erkennen, dass ein solches Praktikum eine vollständige juristische Ausbildung erfordert, ist dieses doch als Richter, Gerichtsschreiber, Substitut eines Anwalts oder Gerichts, Auditor oder in gleichwertiger Stellung zu absolvieren. Dieser Sinn ergibt sich auch aus der Systematik der Prüfungsverordnung, wonach an erster Stelle von ausreichenden Rechtsstudien und erst darnach von der praktischen Tätigkeit gesprochen wird. Im übrigen liegt es auf der Hand, dass die Tätigkeit in einer solchen Stellung selbst schon umfangreiche und vertiefte juristische Kenntnisse voraussetzt, wie sie BGE 97 I, 890 (892)normalerweise erst in den obern Semestern erworben werden (vgl. GOTTFRIED WEISS, Die Gestaltung des Rechtsstudiums, in ZSR N.F. 68/1949 S. 232 a; GUHL, Die neuen Reglemente über die Fürsprecher und Notariatsprüfungen, in ZBJV 72/1936 S. 375 f.). In diesem Sinne hat auch das Bundesgericht ausgeführt, das Praktikum bei einem Anwalt sei eine Übergangszeit zwischen dem Universitätsstudium und der freien Berufsausübung als Anwalt (BGE 50 I 29). Die beanstandete Auslegung von § 4 Ziff. 8 der Prüfungsverordnung lässt sich mit sachlichen Überlegungen vertreten und widerspricht auch dem Sinn der zürcherischen Vorschriften über die Zulassung zur Anwaltsprüfung nicht. Sie ist daher nicht willkürlich (BGE 96 I 36). Was der Beschwerdeführer dagegen vorbringt, ist unbehelflich.
8
b) Ob es unter dem Gesichtswinkel der Willkür mit § 4 Ziff. 8 der Prüfungsverordnung vereinbar wäre, wenn das Obergericht ganz allgemein und ohne Rücksicht auf die Verhältnisse der einzelnen Kandidaten nur ein nach Abschluss des juristischen Studiums absolviertes Praktikum anerkennen und mithin nur Kandidaten mit Studienabschluss zulassen würde, was aus dem angefochtenen Entscheid geschlossen werden könnte, braucht hier nicht geprüft zu werden. Denn im Falle des Beschwerdeführers ist es jedenfalls nicht unhaltbar, dessen in die Jahre 1967 und 1968 fallende Tätigkeit auf einem Anwaltsbüro sowie als Auditor am Bezirksgericht Dielsdorf von je nur drei Monaten bzw. etwas darüber als vollwertiges Praktikum im oben umschriebenen Sinne anzuerkennen. In den betreffenden Berichten über die Leistungen des Beschwerdeführers wird darauf hingewiesen, dass man ihn entsprechend dem damaligen Stand seiner fachlichen Kenntnisse einsetzte.
9
Demnach erkennt das Bundesgericht:
10
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
11
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR).