BGE 143 I 241 | |||
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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
22. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. A. und B. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern (Beschwerde in Strafsachen) |
1B_34/2017 vom 18. April 2017 | |
Regeste |
Art. 10 Abs. 2, Art. 14, Art. 32 Abs. 1 sowie Art. 36 Abs. 1, 2, 3 und 4 BV; Art. 78 Abs. 1, Art. 80, Art. 81 Abs. 1 und Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG; Art. 220 Abs. 2, Art. 235 Abs. 1, 2 und 5 sowie Art. 236 Abs. 1 und 4 StPO; Besuchsrecht unter strafprozessual inhaftierten Lebenspartnern. | |
Sachverhalt | |
A. Gemäss den vor dem Kriminalgericht Luzern hängigen Anklagen vom 29. September 2016 werden A. und B. unter anderem beschuldigt, gemeinsam mehrere qualifizierte Raubüberfälle begangen zu haben. Für den Beschuldigten A. hat die Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern eine Freiheitsstrafe von 18 Jahren beantragt, für die Beschuldigte B. eine solche von 15 Jahren. Der Beschuldigte befindet sich seit dem 25. Juli 2015 in Untersuchungs- bzw. Sicherheitshaft; die Beschuldigte war ab 25. Juli 2015 in Untersuchungshaft, seit dem 18. April 2016 befindet sie sich im vorzeitigen Strafvollzug. Die Beschuldigten sind seit mehr als 15 Jahren (unverheiratete) Lebenspartner.
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B. Am 14. Oktober 2016 stellte der Beschuldigte beim Kriminalgericht ein Gesuch betreffend "Besuchswunsch und Telefonate". Er wolle die separat inhaftierte Beschuldigte wieder einmal sehen und mit ihr regelmässigen telefonischen Kontakt pflegen können. Mit Verfügung vom 26. Oktober 2016 wies das Kriminalgericht, Abteilung 1, Präsident, das Gesuch des Beschuldigten in Bezug auf die beantragte Besuchsmöglichkeit (in Anwendung von Art. 235 Abs. 2 StPO) ab. Eine vom Beschuldigten dagegen erhobene Beschwerde wies das Luzerner Kantonsgericht, 1. Abteilung, Präsident, mit Beschluss vom 6. Dezember 2016 ab, soweit es darauf eintrat.
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C. Am 26. Oktober 2016 stellte auch die Beschuldigte beim Kriminalgericht ein Gesuch um Bewilligung von Besuchen zwischen ihr und dem Beschuldigten. Sie wolle ihren langjährigen Lebenspartner zumindest einmal im Monat sehen. Mit Verfügung vom 2. November 2016 wies das Kriminalgericht, Abteilung 1, Präsident, auch das Gesuch der Beschuldigten ab. Eine von ihr gegen diese Verfügung erhobene Beschwerde vereinigte das Luzerner Kantonsgericht, 1. Abteilung, Präsident, mit der oben genannten Haftvollzugsbeschwerde des Beschuldigten. Mit Beschluss vom 6. Dezember 2016 wies das Kantonsgericht auch die Beschwerde der Beschuldigten ab, soweit es darauf eintrat.
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D. Gegen den Beschluss vom 6. Dezember 2016 des Kantonsgerichtes gelangten die beiden Beschuldigten mit gemeinsamer Beschwerdeeingabe vom 27. Januar 2017 an das Bundesgericht. Sie beantragen die Aufhebung des angefochtenen Entscheides und die Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur Neubeurteilung. Die kantonalen Behörden hätten ihnen zu ermöglichen, sich zumindest einmal monatlich besuchen zu können.
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Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut.
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(Zusammenfassung)
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Aus den Erwägungen: | |
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Der angefochtene Entscheid schliesst das hängige Strafverfahren nicht ab und ist insoweit als Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG einzustufen. Den Beschwerdeführenden droht im Falle einer Verweigerung des Besuchsrechts ein empfindlicher Eingriff in ihre Grundrechte (Art. 10 Abs. 2, Art. 13 Abs. 1 und Art. 14 BV) und damit ein (auch durch einen späteren Endentscheid in Strafsachen) nicht wiedergutzumachender Rechtsnachteil. Auch die Beschwerdelegitimation (Art. 81 Abs. 1 BGG) ist zu bejahen (vgl. Urteile 1B_369/2013 vom 26. Februar 2014 E. 1, nicht publ. in: BGE 140 I 125; 1B_788/2012 vom 5. Februar 2013 E. 1, nicht publ. in: BGE 139 IV 41; 1B_17/2015 vom 18. März 2015 E. 1; 1B_170/2014 vom 12. Juni 2014 E. 1; 1B_382/2013 vom 18. Dezember 2013 E. 1).
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(...)
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Erwägung 3 | |
3.1 Jede Person hat das Recht auf persönliche Freiheit (insbesondere auf körperliche und geistige Unversehrtheit) sowie auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens (Art. 10 Abs. 2 und Art. 13 Abs. 1 BV). Das Recht auf Familie ist grundrechtlich gewährleistet (Art. 14 BV).
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Einschränkungen von Grundrechten müssen durch ein öffentliches Interesse (oder durch den Schutz von Grundrechten Dritter) gerechtfertigt und verhältnismässig sein (Art. 36 Abs. 2 und Abs. 3 BV). Schwere Eingriffe müssen im Gesetz selbst vorgesehen sein (Art. 36 Abs. 1 Satz 2 BV). Der Kerngehalt der Grundrechte ist unantastbar (Art. 36 Abs. 4 BV).
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3.4 Diese gesetzlichen Regelungen stützen sich auf die langjährige Praxis des Bundesgerichtes. Danach müssen einschränkende Haftbedingungen zur Gewährleistung der gesetzlichen Haftzwecke sachlich notwendig erscheinen. Dabei ist zwischen dem Vollzug von rechtskräftigen Sanktionen und dem strafprozessualen Haftvollzug zu unterscheiden: Letzterer setzt einen dringenden Tatverdacht eines Verbrechens oder Vergehens sowie einen besonderen Haftgrund (Art. 221 StPO) voraus. Auch können sich alle strafprozessualen Häftlinge bis zu ihrer rechtskräftigen Verurteilung auf die Unschuldsvermutung berufen. Je höher im Einzelfall die Flucht-, Kollusions- oder Wiederholungsgefahr erscheint oder je stärker die Ordnung und Sicherheit (namentlich des Gefängnispersonals oder der Mithäftlinge) in der Haftanstalt gefährdet ist, desto restriktiver kann - in den Schranken der Grundrechte - das Regime der strafprozessualen Haft ausfallen (BGE 141 I 141 E. 6.3.4 S. 146 f.; BGE 140 I 125 E. 3.3 S. 133 f.; BGE 123 I 221 E. I/4c S. 228, E. II/3f S. 238 f.; BGE 118 Ia 64 E. 2d S. 73 f.; je mit Hinweisen). Je länger die strafprozessuale Haft allerdings gedauert hat, desto höhere Anforderungen sind an die Bundesrechtskonformität des Haftregimes zu stellen. Bei dieser Prüfung ist der Gesamtheit der Haftbedingungen im konkreten Einzelfall Rechnung zu tragen (BGE 141 I 141 E. 6.3.4 S. 147; BGE 140 I 125 E. 3.3 S. 134; BGE 123 I 221 E. II/1c/cc S. 233; BGE 118 Ia 64 E. 2d S. 73 f.). In diesem Bereich gehen die Garantien der EMRK über diejenigen der Bundesverfassung und des übrigen Bundesrechtes nicht hinaus (BGE 141 I 141 E. 6.3.4 S. 147; BGE 140 I 125 E. 3.3 S. 133; BGE 118 Ia 64 E. 2d S. 73; je mit Hinweisen).
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3.5 Beim vorzeitigen Sanktionsvollzug (Art. 236 StPO) handelt es sich um eine strafprozessuale Zwangsmassnahme auf der Schwelle zwischen Strafverfolgung und Sanktionsvollzug, welche strafprozessuale Haftgründe (Art. 221 StPO) voraussetzt. Auch wenn der vorzeitige Sanktionsvollzug in einer Straf- oder Massnahmenanstalt erfolgt, bleiben hier grundsätzlich die Sacherfordernisse des Untersuchungshaftregimes aktuell. Es verletzt insofern das Rechtsgleichheitsgebot nicht, wenn für strafprozessuale Häftlinge in einer Strafanstalt ein anderes Haftregime gilt als für Strafgefangene (BGE 133 I 270 E. 3.2.1 S. 277 f. mit Hinweis). Da der vorzeitige Sanktionsvollzug allerdings nicht nur strafprozessualen Haftzwecken dient, ist das Haftregime dem ordentlichen Sanktionsvollzug möglichst anzugleichen, soweit dies unter dem Gesichtspunkt der strafprozessualen Unschuldsvermutung zulässig erscheint (BGE 133 I 270 E. 3.2.2 S. 278; BGE 126 I 172 E. 3 S. 174).
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3.6 Nach der Praxis des Bundesgerichtes besteht unter den Voraussetzungen von Art. 235 StPO grundsätzlich ein bundesrechtlicher Anspruch auf angemessene Haftbesuche (Urteile 1B_17/2015 vom 18. März 2015 E. 3; 1B_170/2014 vom 12. Juni 2014 E. 2; 1B_382/ 2013 vom 18. Dezember 2013 E. 2; zum grundrechtlich geschützten Haftbesuchsrecht s.a. BGE 118 Ia 64 E. 3n-o S. 85-87; BGE 106 Ia 136 E. 7a S. 140 f.; Europäische Strafvollzugsgrundsätze, Empfehlung des Europarates Rec[2006]2, 2007 [im Folgenden: Empfehlung des Europarates], Ziff. 24.1-24.2; vgl. HÄRRI, a.a.O., N. 33-37 zu Art. 235 StPO; HUG/SCHEIDEGGER, a.a.O., N. 3-6 zu Art. 235 StPO; MOREILLON/PAREIN-REYMOND, a.a.O., N. 24 zu Art. 235 StPO; ROBERT-NICOUD, a.a.O., N. 10 zu Art. 235 StPO). Bei Vorliegen besonderer Umstände kann es auch geboten erscheinen, Haftbesuche mit einem Recht auf Telefonverkehr zu kombinieren (Urteil 1B_17/2015 E. 3). Mangels entgegenstehender gewichtiger öffentlicher Interessen haben auch strafprozessuale Häftlinge namentlich das Recht auf angemessenen regelmässigen Kontakt zu ihrer Familie, darunter auch unverheirateten Lebenspartnern (BGE 118 Ia 64 E. 3o S. 86; BGE 106 Ia 136 E. 7a S. 140 f.; BGE 102 Ia 299 E. 3 S. 301; Urteil 1B_170/2014 E. 2; Empfehlung des Europarates, a.a.O., Ziff. 24.2). Dies muss nach der dargelegten Rechtsprechung besonders nach länger andauernder strafprozessualer Haft und Wegfall von Kollusionsgefahr gelten. Hingegen kann eine Telefonier- oder Haftbesuchsbewilligung - selbst unter Bewachung und auch gegenüber nahen Angehörigen - grundsätzlich verweigert werden, solange akute Verdunkelungsgefahr besteht (Urteil 1B_382/2013 E. 2; vgl. auch HÄRRI, a.a.O., N. 30, 37 zu Art. 235 StPO; HUG/SCHEIDEGGER, a.a.O., N. 5 f. zu Art. 235 StPO; ROBERT-NICOUD, a.a.O., N. 4 zu Art. 235 StPO; zur Zulässigkeit von körperlichen Durchsuchungen bei Haftbesuchen s. BGE 141 I 141 E. 6.3.5-6.6 S. 147-151; zur Zulässigkeit von Besuchssperrfristen in der ersten Haftwoche s. BGE 118 Ia 64 E. 3n S. 85 f.; BGE 106 Ia 136 E. 7a S. 140 f.).
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Erwägung 4 | |
4.1 Die kantonalen Instanzen gehen zunächst von einer engen Definition des strafprozessualen Haftbesuchsrechts aus. Die Vorinstanz erwägt, das Besuchsrecht beinhalte nur (aber immerhin) den Anspruch, dass inhaftierte Personen in der Haftanstalt, in welcher sie untergebracht sind, Besuche "empfangen" dürften. Dies ergebe sich aus den Europäischen Strafvollzugsgrundsätzen (1978 und 2006) sowie aus Art. 84 StGB. Daraus könne nicht abgeleitet werden, dass die in Sicherheitshaft oder vorzeitigem Strafvollzug befindlichen Beschuldigten eine andere Person ausserhalb der Gefängnismauern besuchen dürften. Solche Besuche fielen vielmehr unter den Begriff "Urlaub" gemäss dem Strafvollzugsrecht.
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Die im angefochtenen Entscheid getroffene Unterscheidung zwischen zulässigem (passivem) "Empfang" von Besuchen und angeblich nicht zulässigen (bzw. strafvollzugsrechtlich separat zu bewilligenden) aktiven Besuchen (mit strafprozessualem Hafturlaub) erscheint für das strafprozessuale Haftrecht (Art. 235-236 StPO) nicht hinreichend:
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Die elementaren Grundrechte stehen nach der oben dargelegten Praxis des Bundesgerichtes auch (und gerade) den strafprozessual Inhaftierten zu. Dies gilt umso mehr, als alle nicht rechtskräftig verurteilten Personen, darunter auch Beschuldigte im vorzeitigen Sanktionenvollzug (Art. 236 StPO), sich auf die Unschuldsvermutung (Art. 32 Abs. 1 BV) berufen können (BGE 126 I 172 E. 3 S. 174; BGE 117 Ia 72 E. 1d S. 79 f.). Nur unter diesem Vorbehalt unterstehen Beschuldigte im vorzeitigen Strafvollzug grundsätzlich dem Strafvollzugsregime (vgl. Art. 236 Abs. 4 StPO). Dementsprechend bestimmt Art. 235 Abs. 1 StPO ausdrücklich, dass strafprozessual Inhaftierte in ihrer persönlichen Freiheit nicht stärker eingeschränkt werden dürfen, als es der Haftzweck sowie die Ordnung und Sicherheit der Haftanstalt erfordern.
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Daraus folgt zunächst, dass auch für strafprozessual Inhaftierte eine praxistaugliche Besuchsrechtsregelung für enge Familienangehörige gelten muss, die vor den Grundrechten standhält. Selbst wenn der These der Vorinstanz gefolgt würde, das strafprozessuale Besuchsrecht sei auf den (passiven) "Empfang" von Besuchen zu beschränken, wäre der Empfang von Besuchen inhaftierter Angehöriger faktisch nur möglich, wenn dem Besucher oder der Besucherin ein entsprechendes aktives Besuchsrecht (verknüpft mit einem akzessorischen strafprozessualen "Hafturlaub" bzw. mit einer Gefangenentransportbewilligung) eingeräumt würde. Da strafprozessuale Gefangene bei Haftbesuchen nicht (begleitet oder unbegleitet) in Freiheit entlassen, sondern polizeilich von Haftanstalt zu Haftanstalt transportiert werden und sich dort (innerhalb des Anstaltsperimeters) weiter in Gefangenschaft befinden, wäre es sowohl terminologisch als auch inhaltlich verfehlt, hier von "Urlaub" im Sinne des Strafvollzugsrechts zu sprechen.
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Auch das Strafvollzugsrecht ermöglicht im Übrigen grundsätzlich Urlaube von Strafgefangenen zum Besuch von Angehörigen oder Gefängnisbesuche von Angehörigen (Art. 84 Abs. 1-2 und Abs. 6 StGB). Der Kontakt mit nahestehenden Personen ist dabei zu erleichtern (Art. 84 Abs. 1 Satz 2 StGB; vgl. zum Ganzen MARTINO IMPERATORI, in: Basler Kommentar, Strafrecht, Bd. I, 3. Aufl. 2013, N. 11, 19 zu Art. 84 StGB). Gemäss Ziffer 24.1 der Empfehlung des Europarates (a.a.O.) ist den (Straf-)Gefangenen zu gestatten, mit ihren Familien so oft wie möglich brieflich, telefonisch oder in anderen Kommunikationsformen zu verkehren und Besuche von ihnen zu empfangen. Bei strafprozessualen Häftlingen können Besuche und sonstige Kontakte eingeschränkt und überwacht werden, wenn dies für noch laufende strafrechtliche Ermittlungen, zur Aufrechterhaltung der Ordnung und Sicherheit, zur Verhütung von Straftaten und zum Schutz der Opfer von Straftaten erforderlich ist. Solche Einschränkungen, auch spezielle, von einer Justizbehörde angeordnete Einschränkungen, müssen jedoch ein annehmbares Mindestmass an Kontakten zulassen (Empfehlung des Europarates, a.a.O., Ziff. 24.2; zu deren Rechtsquellenstatus als sog. "soft law" vgl. BGE 141 I 141 E. 6.3.3 S. 145 f.; BGE 140 I 125 E. 3.2 S. 133; BGE 118 Ia 64 E. 2a S. 69 f.; je mit Hinweisen).
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Im vorliegenden Fall ist nur schwer einzusehen, weshalb angemessene strafprozessuale Haftbesuche des nicht mehr kollusionsgefährdeten Beschuldigten in der Vollzugsanstalt seiner mitbeschuldigten Lebensgefährtin nicht sachgerecht, nämlich mittels Gefangenentransport und Familienbesuchszimmer, organisiert werden könnten. Darin ist bei sachgerechten Besuchsintervallen auch kein übertriebener Aufwand für die zuständigen Behörden erkennbar (zu den Modalitäten des Besuchsrechts in Strafanstalten bzw. Untersuchungsgefängnissen vgl. HÄRRI, a.a.O., N. 38-41 zu Art. 235 StPO; IMPERATORI, a.a.O., N. 19 zu Art. 84 StGB).
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Die Vorinstanz stellt sich auf den Standpunkt, in Fällen wie dem vorliegenden "gable" sich die sachliche Behördenzuständigkeit und der Rechtsmittelweg: Während für die Bewilligung von Besuchen die Verfahrensleitung (hier: das erstinstanzliche Strafgericht) zuständig sei, habe über konnexe strafprozessuale "Urlaube" die kantonale Strafvollzugsbehörde zu entscheiden. Der Beschwerdeführer habe ungeachtet seiner Grundrechte "keinen Anspruch auf Urlaubsgewährung" zur Besuchsausübung. Der Beschwerdeführerin helfe eine Besuchserlaubnis nicht, da der Beschwerdeführer keinen Anspruch auf Hafturlaub habe.
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Diese Argumentation vermag nicht zu überzeugen. Die strafprozessual Inhaftierten haben Gesuche gestellt, sich in einem angemessenen Rahmen sehen und besuchen zu dürfen. Auch in Fällen wie dem vorliegenden hat die zuständige Verfahrensleitung gemäss Art. 235 Abs. 2 Satz 1 StPO über solche Anträge zu entscheiden. Erstens geht es hier um (rein akzessorische) strafprozessuale "Hafturlaube" zur Ausübung des Besuchsrechts unter engen Angehörigen und nicht um strafvollzugsrechtlichen Urlaub von rechtskräftig verurteilten Strafgefangenen (Art. 84 Abs. 6 StGB). Auch eine beschuldigte Person im vorzeitigen Strafvollzug (Art. 236 StPO) bleibt Partei des hängigen Strafprozesses, der von der jeweiligen Verfahrensleitung zu führen ist. Diese kann für die (nach Art. 235 Abs. 1-2 StPO zu prüfende) Bewilligung von strafprozessualen Besuchen per Gefangenentransport zuvor eine Koordinationsrücksprache mit den zuständigen Gefängnisleitungen und der kantonalen Vollzugsbehörde nehmen. Das Bewilligungsgesuch wird in der Regel von der (von einem Besuchsgesuch betroffenen) Gefängnisleitung zu stellen sein. Zweitens würde die von der Vorinstanz befürwortete Gabelung der Zuständigkeiten und Rechtswege im strafprozessualen Haftrecht zu einer bundesrechtswidrigen (nicht praktikablen und das Beschleunigungsgebot in Haftsachen tangierenden) Komplizierung und Verzögerung des Rechtsschutzes führen (Art. 235 Abs. 5 i.V.m. Art. 5 Abs. 2 StPO).
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Nach den Feststellungen der Vorinstanz haben sich die Beschwerdeführenden seit ihrer Inhaftierung am 25. Juli 2015 nicht besuchen können, nachdem sie zuvor seit ca. 14 Jahren als unverheiratete Lebenspartner zusammengelebt hatten. Die vollständige Verweigerung des Besuchsrechts durch die kantonalen Instanzen führt hier zu einem schweren Eingriff in die Grundrechte auf persönliche Freiheit und Familienleben (Art. 10 Abs. 2 und Art. 14 BV; s.a. Art. 8 und Art. 12 EMRK). Das Recht auf Ehe- und Familienleben steht nach der übereinstimmenden Praxis des Bundesgerichtes und des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte nicht nur verheirateten Paaren zu, sondern auch inhaftierten Partnern eines (gefestigten) Konkubinats bzw. einer anderen eheähnlichen Lebensgemeinschaft (BGE 118 Ia 64 E. 3o S. 86; Urteil des EGMR P. gegen Bulgarien vom 22. Mai 2008, Nr. 15197/02 § 53).
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Die strafprozessuale Haft der Lebenspartner dauert hier zudem bereits seit einem Jahr und acht Monaten an. Ein erstinstanzliches Gerichtsurteil ist nach den vorliegenden Akten noch nicht erfolgt, und die Beschuldigten können sich auf die Unschuldsvermutung berufen (Art. 32 Abs. 1 BV). Zudem droht ihnen im Falle einer rechtskräftigen Verurteilung (angesichts der hohen Strafanträge von 18 bzw. 15 Jahren Freiheitsstrafe) noch ein sehr langer Rest-Strafvollzug mit weiteren (dannzumal vollzugsrechtlichen) Beschränkungen des Besuchsrechts. Hinzu kommt noch, dass die beiden Inhaftierten (je mit ausländischer Staatsangehörigkeit) darlegen, dass sie in der Schweiz über kein anderes Beziehungsnetz (etwa zu nahen Familienangehörigen) verfügen.
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Eine vollständige Verweigerung des Besuchsrechts im hängigen Strafverfahren würde das Grundrecht der Inhaftierten auf Familienleben bzw. persönlichen Kontakt mit dem langjährigen Lebenspartner ausserordentlich stark beeinträchtigen bzw. sogar dahinfallen lassen (vgl. Art. 36 Abs. 4 BV). Ein solch schwerer Eingriff müsste im Gesetz ausdrücklich vorgesehen sein (Art. 36 Abs. 1 Satz 2 BV). Der angefochtene Entscheid hält umso weniger vor dem Verhältnismässigkeitsgrundsatz (Art. 36 Abs. 2-3 BV) stand, als keine strafprozessualen Gründe für ein mehrjähriges vollständiges Besuchsverbot dargetan sind (Art. 235 Abs. 1 StPO). Insbesondere bestreiten die kantonalen Instanzen nicht, dass keine Kollusionsgefahr (Art. 221 Abs. 1 lit. b StPO) zwischen den Beschuldigten mehr besteht.
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Im angefochtenen Entscheid wird vielmehr argumentiert, die strafprozessual Inhaftierten hätten keinen Anspruch auf "positive Leistungen des Staates" wie Transport und Bewachung zu Besuchszwecken. Diese juristische Ansicht ist weder mit dem Grundrecht auf Familienleben vereinbar, noch findet sie in Art. 235 Abs. 1 und 2 StPO eine Stütze. Das Gesetz sieht vielmehr die "Bewilligung" von entsprechenden angemessenen Besuchskonditionen durch die strafprozessuale Verfahrensleitung bzw. die "Aufsicht" von bewilligten Besuchen (im Rahmen der Haftzwecke bzw. vorbehältlich der Ordnung und Sicherheit in der Haftanstalt) ausdrücklich vor. Die Beschwerdeführenden haben sich denn auch schon im vorinstanzlichen Verfahren bereit erklärt, sachlich gebotene Auflagen bzw. Einschränkungen des Besuchsrechts zu akzeptieren. Vor Bundesgericht beantragen sie ein (zumindest) monatliches Besuchsrecht, was nicht per se unangemessen erscheint. In diesem Rahmen haben die kantonalen Behörden (in Koordination zwischen Verfahrensleitung und Vollzugsbehörden) bundesrechtskonforme Besuchsmöglichkeiten des Beschuldigten in der Vollzugsanstalt seiner mitbeschuldigten Lebensgefährtin zu gewährleisten.
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