BGE 144 I 340 | |||
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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
27. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. A. gegen Eidgenössische Steuerverwaltung (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) |
2C_287/2018 vom 21. September 2018 | |
Regeste |
Art. 56 VwVG; Art. 98 BGG; Art. 86 Abs. 2-5 MWSTG; Art. 6 Ziff. 1, 8 Ziff. 1, 13 und 14 EMRK. Es ist mit der EMRK vereinbar, dass über den einspracheweise festgesetzten provisorisch geschuldeten Mehrwertsteuerbetrag keine verwaltungsunabhängige Instanz entscheiden kann. |
Abgaberechtliche Verpflichtungen sind, vorbehältlich des Steuerstrafrechts, von Art. 6 EMRK ausgenommen. Folglich gilt auch deren Vollstreckung nicht als zivilrechtlicher Anspruch im Sinne von Art. 6 Ziff. 1 EMRK, sodass kein konventionsrechtliches Recht auf Zugang zu einem Gericht besteht. Dies trifft auch auf Art. 86 Abs. 2 MWSTG zu, zumal es sich dabei um eine (die Hauptsache nicht präjudizierende) vorsorgliche Massnahme handelt (E. 3.3). |
Akzessorische Natur des Anspruchs auf wirksame Beschwerde (Art. 13 EMRK; E. 3.4) und des Diskriminierungsverbots (Art. 14 i.V.m. Art. 8 Ziff. 1 EMRK). Mangels hinreichender Rügen keine Prüfung von Art. 86 MWSTG unter diesen Gesichtspunkten (E. 3.5). | |
Sachverhalt | |
A. Rechtsanwalt A. betreibt in U./BE eine Anwaltskanzlei. Aufgrund seiner unternehmerischen Tätigkeit ist er in dem von der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) geführten Register der Mehrwertsteuerpflichtigen eingetragen, wobei er nach der Methode der Saldosteuersätze vorgeht. Seine Abrechnung zum zweiten Semester 2016, die er erstellt und eingereicht hatte, wies eine Steuerforderung von Fr. 11'736.10 aus. Trotz Mahnung unterliess er die Überweisung an die ESTV, weshalb diese den provisorisch geschuldeten Steuerbetrag in Betreibung setzte (Art. 86 Abs. 2 MWSTG). Der Steuerpflichtige erhob gegen den Zahlungsbefehl Rechtsvorschlag. Die ESTV beseitigte den Rechtsvorschlag mit Verfügung vom 9. Januar 2018 (Art. 86 Abs. 3 MWSTG). Am 19. Februar 2018 wies sie die dagegen gerichtete Einsprache ab (Art. 86 Abs. 4 Satz 1 MWSTG).
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B. (...) Mit einzelrichterlichem Entscheid A-1047/2018 vom 22. Februar 2018 trat das Bundesverwaltungsgericht auf die Beschwerde nicht ein. Es erwog im Wesentlichen, Art. 86 Abs. 4 Satz 2 MWSTG halte fest, dass derartige Einspracheentscheide grundsätzlich endgültig seien. Eine Ausnahme sehe das Gesetz nur vor, soweit ein Anwendungsfall von Art. 86 Abs. 5 MWSTG vorliege, was jedoch bedinge, dass die ESTV den in Betreibung gesetzten provisorisch geschuldeten Steuerbetrag nach pflichtgemässem Ermessen festgelegt habe. Vorliegend habe der Steuerpflichtige die Steuerabrechnung eigenständig ausgefüllt, weshalb der Vorbehalt von Art. 86 Abs. 4 Satz 2 MWSTG nicht einschlägig sei. (...)
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Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit darauf einzutreten ist.
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(Auszug)
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Aus den Erwägungen: | |
Erwägung 2 | |
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Erwägung 2.2 | |
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2.2.2 Die Inlandsteuer wird jeweils für eine Steuerperiode erhoben, wobei als Steuerperiode das Kalenderjahr gilt (Art. 34 Abs. 1 und 2 MWSTG). Innerhalb der Steuerperiode erfolgt die Abrechnung der Steuer grundsätzlich vierteljährlich( Abrechnungsperiode ; Art. 35 Abs. 1 lit. a MWSTG). Übersteigt die in der Abrechnungsperiode angefallene Umsatzsteuer die anrechenbare Vorsteuer, ergibt sich per saldo eine Steuerforderung der ESTV (dazu Art. 36 Abs. 1 MWSTG zur effektiven Abrechnungsmethode bzw. Art. 37 Abs. 2 MWSTG zur Abrechnungsmethode nach Saldo- oder Pauschalsteuersätzen). Führt der Saldo zu einem Vorsteuerüberhang, ist dieser der steuerpflichtigen Person zu vergüten (Art. 88 MWSTG). Hinsichtlich der Zwangsvollstreckung des Steueranspruchs sind nach dem Mehrwertsteuerrecht von 2009 zwei Verfahren auseinanderzuhalten. Die Unterscheidung erfolgt anhand dessen, ob es sich um eine definitive Steuerforderung (créance définitive; E. 2.2.3) oder um einen bloss provisorisch geschuldeten Steuerbetrag (créance provisoire; E. 2.2.4) handelt (MOLLARD/OBERSON/TISSOT BENEDETTO, Traité TVA, 2009, Annex 3, N. 489 zu Art. 86 MWSTG).
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2.2.4 Mit dem Mehrwertsteuerrecht von 2009 wurde die Betreibung des provisorisch geschuldeten Steuerbetrags eingeführt (Art. 86 Abs. 2 Satz 1 MWSTG). Inhalt dieser zeitnahen Vollstreckung, die aber eine Mahnung voraussetzt, ist nicht die Steuerforderung im technischen Sinn (verstanden als Differenz bzw. Produkt einer mathematischen Operation; Art. 36 Abs. 2 und Art. 37 Abs. 2 MWSTG), sondern der mutmassliche Steuerbetrag (créance provisoire; MOLLARD/OBERSON/TISSOT BENEDETTO, a.a.O., N. 490 zu Art. 86 MWSTG; GEIGER, Komm. MWSTG, a.a.O., N. 1 zu Art. 89 MWSTG). Art. 86 MWSTG lautet folgendermassen:
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1 Innert 60 Tagen nach Ablauf der Abrechnungsperiode hat die steuerpflichtige Person die in diesem Zeitraum entstandene Steuerforderung zu begleichen.
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2 Erbringt die steuerpflichtige Person keine oder eine offensichtlich ungenügende Zahlung, so setzt die ESTV den für die jeweilige Abrechnungsperiode provisorisch geschuldeten Steuerbetrag nach vorgängiger Mahnung in Betreibung. Liegt keine oder eine offensichtlich ungenügende Abrechnung der steuerpflichtigen Person vor, so bestimmt die ESTV den provisorisch geschuldeten Steuerbetrag vorgängig nach pflichtgemässem Ermessen.
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3 Durch Rechtsvorschlag eröffnet die steuerpflichtige Person das Verfahren um Rechtsöffnung. Für die Beseitigung des Rechtsvorschlages ist die ESTV im Verfügungs- und Einspracheverfahren zuständig.
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4 Die Verfügung betreffend den Rechtsvorschlag kann innert 10 Tagen nach der Eröffnung mit Einsprache bei der ESTV angefochten werden. Der Einspracheentscheid ist unter Vorbehalt von Abs. 5 endgültig.
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5 Hat die ESTV den in Betreibung gesetzten provisorisch geschuldeten Steuerbetrag nach pflichtgemässem Ermessen bestimmt, so kann gegen den Einspracheentscheid beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde geführt werden. Die Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung, es sei denn, das Gericht ordne diese auf begründetes Ersuchen hin an. Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet endgültig.
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6 Art. 85a SchKG ist nicht anwendbar.
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7 Der Einzug eines Steuerbetrags nach Abs. 2 berührt die Festsetzung nach den Art. 72, 78 und 82 der endgültigen Steuerforderung nicht. Unterbleibt die Festsetzung der Steuerforderung wegen Untätigkeit der steuerpflichtigen Person, insbesondere weil diese weder Mängel nach Art. 72 korrigiert noch eine Verfügung nach Art. 82 verlangt, so gelten mit Eintritt der Festsetzungsverjährung auch die von der ESTV nach Abs. 2 bestimmten Steuerbeträge als Steuerforderung.
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8 Anstelle einer Zahlung des Steuerbetrags kann die steuerpflichtige Person auch Sicherheiten gemäss Art. 93 Abs. 7 leisten.
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9 Unmittelbar nach Eingang der Zahlung oder der Sicherheitsleistung zieht die ESTV die Betreibung zurück."
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2.2.5 Der Bezug des provisorisch geschuldeten Steuerbetrags findet zumindest direktsteuerlich kein entsprechendes Gegenstück und ist als präliminares Verfahren sui generis ausgestaltet (BAUMGARTNER/CLAVADETSCHER/KOCHER, Vom alten zum neuen Mehrwertsteuerrecht, 2010, § 10 N. 132). Die Konzeption bringt zum Ausdruck, dass es um eine provisorische Zahlung geht (dies., a.a.O., § 10 N. 130). Vorbehalten bleibt immerhin Art. 86 Abs. 7 Satz 2 MWSTG, wonach sich der provisorisch geschuldete Steuerbetrag mit Eintritt der Verjährung zur definitiven Steuerforderung verdichtet. Im Kern handelt es sich gleichwohl um eine mehrwertsteuerliche Sicherungsmassnahme, die lediglich vorübergehende Züge trägt (dies., a.a.O., § 10 N. 129 und 130). Verfahrensrechtlich führt dies zur Qualifikation als vorsorgliche Massnahme im Sinne von Art. 56 VwVG (SR 172.021; dazu nicht publ. E. 1.2). Gesetzessystematisch hätten Art. 86 Abs. 2 ff. MWSTG eher ins siebente Kapitel (Steuersicherung) gehört (GUIDO MÜLLER, in: MWSTG Kommentar, Geiger/Schluckebier [Hrsg.], 2012, N. 6 zu Art. 86 MWSTG).
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Erwägung 3 | |
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3.2 Eine vorfrageweise (konkrete) Rechtsetzungskontrolle des Bundesgesetzes ist zwar nicht ausgeschlossen, doch herrscht ein Anwendungsgebot (Art. 190 BV; BGE 141 II 280 E. 9.2 S. 295, BGE 141 II 338 E. 3.1 S. 340). Der Steuerpflichtige macht weder geltend, Art. 86 MWSTG sei landesrechtswidrig ausgelegt und/oder angewendet worden, was nur unter dem Gesichtspunkt der Verletzung verfassungsmässiger Individualrechte zu prüfen gewesen wäre (Art. 98 BGG; nicht publ. E. 1.3), noch rügt er eine angebliche Verfassungswidrigkeit. Mangels einer derartigen Rüge erübrigt sich die Prüfung (Art. 106 Abs. 2 BGG; qualifizierte Rüge- und Begründungsobliegenheit).
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Erwägung 3.3 | |
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3.3.2 Hingegen bringt er in zwar knapper, aber vertretbarer Weise vor, einen Anspruch aus Art. 6 Ziff. 1 EMRK zu haben. Es liegt eine hinreichende Rüge ("grief défendable", "arguable claim") vor (Urteile des EGMR Ulay gegen Türkei vom 13. Februar 2018 [8626/06] § 61; Athanassoglou und andere gegen die Schweiz vom 6. April 2000 [27644/95] § 54; BGE 130 I 369 E. 7.1 S. 380; Urteil 2A.161/2006 vom 12. Oktober 2006 E. 4.2). Insoweit ist die Beschwerde zulässig. Es fragt sich daher, ob das streitbetroffene Verfahren (Art. 86 Abs. 3 und 4 MWSTG) überhaupt unter Art. 6 Ziff. 1 EMRK (unter dem Aspekt der "zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen") falle. Das Konventionsrecht verleiht in Art. 6 Ziff. 1 EMRK jeder Person ein Recht darauf, in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht gehört zu werden. Gemäss der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) ergibt sich aus dem Recht auf ein Gericht ("droit à un tribunal", "right to a court") namentlich ein Recht auf Zugang zu einem Gericht ("droit d'accès", "right of access"; so schon Urteil des EGMR Golder gegen das Vereinigte Königreich vom 21. Februar 1975 [4451/70] § 36).
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3.3.4 Grundvoraussetzung für dieses Recht auf Zugang zu einem Gericht ist damit, dass überhaupt eine zivilrechtliche Streitigkeit ("zivilrechtliche Ansprüche oder Verpflichtungen") besteht. Die Auslegung des Konventionsrechts ist konventionsautonom vorzunehmen (BGE 137 I 284 E. 2.1 S. 288; OLIVIER BIGLER, in: Convention européenne des droits de l'homme [CEDH] [nachfolgend: Comm. CEDH], 2018, N. 17 zu Art. 6 EMRK [volet civil]) und hat den Regeln von Art. 31 f. des Wiener Übereinkommens vom 23. Mai 1969 über das Recht der Verträge (VRK; SR 0.111) Rechnung zu tragen (BGE 139 I 16 E. 5.2.2 S. 30). Praxisgemäss gilt, dass der von Art. 6 Ziff. 1 EMRK verwendete Begriff der "zivilrechtlichen" Ansprüche und Verpflichtungen ("droits et obligations de caractère civil" bzw. "civil rights") weiter greift als der Rechtsbegriff des Zivilrechts im Sinne des schweizerischen Rechts. Er bezieht sich nicht nur auf zivilrechtliche Streitigkeiten im engeren Sinn, sondern betrifft auch Verwaltungsakte einer hoheitlich handelnden Behörde, sofern diese massgeblich in Rechte und Verpflichtungen privatrechtlicher Natur eingreift (Urteil des EGMR Klein gegen Deutschland vom 27. Juli 2000 [33379/96] § 29; BGE 141 I 97 E. 5.1 S. 98; BGE 134 I 140 E. 5.2 S. 147).
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3.3.7 Für einen derartigen Dualismus finden sich in Praxis und Doktrin freilich keinerlei Anhaltspunkte. In Teilen der Lehre wird zwar die Meinung vertreten, die Anwendbarkeit des Art. 6 EMRK erstrecke sich auch auf das Verfahren zur Vollstreckung einer Entscheidung über einen zivilrechtlichen Anspruch (GRABENWARTER/ PABEL, Europäische Menschenrechtskonvention, 6. Aufl. 2016, § 24 N. 16 unter Bezugnahme auf das Urteil des EGMR Estima Jorge gegen Portugal vom 21. April 1998 [24550/94] § 37 f.; gl.M. wohlauch MEYER-LADEWIG/HARRENDORF/KÖNIG, HK EMRK, a.a.O, N. 50 zu Art. 6 EMRK). Vorliegend ist jedoch ein abgaberechtlicher Anspruch zu vollstrecken, der als solcher ohnehin nicht "zivilrechtlicher" Natur im Sinne des Konventionsrechts sein kann (vorne E. 3.3.4). Wenn schon der materielle Anspruch nicht "zivilrechtlich" ist, kann erst recht seine Vollstreckung nicht zivilrechtlich im Sinne von Art. 6 EMRK sein. Dass landesrechtlich in Betreibungssachen vor Bundesgericht die Beschwerde in Zivilsachen zulässig ist (Art. 72 Abs. 2 lit. a BGG), darf für die Auslegung der EMRK nicht entscheidend sein.
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3.3.8 Hinzu kommt eine weitere Überlegung. Der Bezug des provisorisch geschuldeten Steuerbetrags hat landesrechtlich als vorsorgliche Massnahme zu gelten (vorne E. 2.2.5). Seit dem Urteil des EGMR Micallef gegen Malta vom 15. Oktober 2009 (17056/06) § 83 ff. hängt die Anwendbarkeit von Art. 6 Ziff. 1 EMRK in einem Präliminarverfahren, dessen Hauptsache aber ohnehin "de caractère civil" sein müsste, namentlich davon ab, dass gesagt werden kann, das Vorverfahren sei präjudizierend für das Hauptverfahren. Die Dauer des Vorverfahrens als solche ist von keiner Bedeutung (BGE 141 I 241 E. 4.2.1 S. 247 f.). Mithin ist unerlässlich, dass erstens die Hauptsache zivilrechtlich und zweitens der vorläufige Entscheid für den zivilrechtlichen Anspruch determinierend ist (so HANSJÖRG SEILER, Praxiskommentar Verwaltungsverfahrensgesetz [VwVG], in: Waldmann/Weissenberger [Hrsg.], 2. Aufl. 2016, N. 143 zu Art. 55 VwVG betreffend die Anordnung der aufschiebenden Wirkung). Sodann ist eine Interessenabwägung vorzunehmen (ausführlich zum Ganzen: BIGLER, Comm. CEDH, a.a.O., N. 31, 44 ff. und insb. 45 zu Art. 6 EMRK [volet civil]). Keine dieser Voraussetzungen ist vorliegend erfüllt. Die bloss wirtschaftliche Beeinträchtigung - soweit hier eine solche überhaupt vorläge - genügt für sich allein nicht, um Art. 6 Ziff. 1 EMRK zur Anwendung zu bringen (Urteil des EGMR Sàrl du Parc d'Activités de Blotzheim gegen Frankreich vom 11. Oktober 2006 [48897/99] § 9; HARRIS/O'BOYLE/WARBRICK, Law of the European Convention on Human Rights, 3. Aufl. 2014, S. 391). Der abweichenden Auffassung, die der Steuerpflichtige in seiner ergänzenden Eingabe vom 8. April 2018 heranzieht (MAARTEN FETERIS, 50 jaar EVRM en het belanstingrecht, in: Nederlands Juristen Comité voor de Mensenrechten [NJCM], Bulletin 25/2000 S. 26 ff., insb. 466; PETER WATTEL, Mensenrechten en belastingen, in: NJCM Bulletin 15/1990 S. 250 ff., insb. 251), ist nicht zu folgen.
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Erwägung 3.4 | |
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3.4.2 Der Anspruch auf eine wirksame Beschwerde ist akzessorisch ausgestaltet, indem eine Verletzung von Art. 13 EMRK nur in Verbindung mit einer materiellen Garantie der EMRK vorgebracht werden kann (BGE 143 III 193 E. 6.1 S. 201; BGE 137 I 128 E. 4.4.3 S. 134). Was das Verhältnis zu Art. 6 Ziff. 1 EMRK (unter dem Aspekt des Zugangs zu einem Gericht) betrifft, ist diese Norm weiter gefasst als Art. 13 EMRK (BGE 138 V 271 E. 3.1 S. 278; BGE 137 I 128 E. 4.4.1 S. 133; MEYER-LADEWIG/RENGER, HK EMRK, a.a.O., N. 41 zu Art. 13 EMRK). Es besteht jedenfalls keine vollständige Deckungsgleichheit (BGE 131 I 12 E. 1.2 S. 15 mit Hinweisen; GRABENWARTER/PABEL, a.a.O., § 24 N. 190). Liegt ein Anwendungsfall von Art. 6 Ziff. 1 EMRK vor, erübrigt sich die Prüfung von Art. 13 EMRK (Urteile des EGMR Ullens de Schooten und Rezabek gegen Belgien vom 20. September 2011 [3989/07 /38353/07] § 52; Castren-Niniou gegen Griechenland vom 9. Juni 2005 [43837/02] § 33). Sind die Voraussetzungen von Art. 6 Ziff. 1 EMRK hingegen in einem konkreten Fall nicht gegeben, bleibt es der beschwerdeführenden Person unbenommen, sich auf Art. 13 EMRK zu berufen. Praxisgemäss ist hierzu aber uneingeschränkt erforderlich, dass sie auch in diesem Bereich die angebliche Konventionsverletzung im Rahmen einer hinreichenden Rüge ("grief défendable", "arguable claim") vorträgt (Nichteintretensentscheid des EGMR Danelyan gegen die Schweiz vom 29. Mai 2018 [76424/14] § 36; BIGLER, Comm. CEDH, a.a.O., N. 11 zu Art. 13 EMRK; siehe schon vorne E. 3.3.2).
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