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5. Urteil der II. Zivilabteilung vom 17. Februar 1955 i. S. Treichler gegen Lattmann. | |
Regeste |
Klage auf Ungültigerklärung eines Testaments. |
Wirkungen des die Klage gutheissenden Urteils. | |
Sachverhalt | |
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Am 30. Juni 1953 starb Gustav Treichler, nachdem ihm seine Ehefrau am 7. Februar 1953 im Tode vorausgegangen war. Als gesetzliche Erben hinterliess er drei Geschwister und zwei Nachkommen eines vorverstorbenen Bruders.
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B.- Am 10. März 1954 leiteten die gesetzlichen Erben gegen Jakob Lattmann-Kunz Klage ein, mit der sie die Ungültigerklärung der beiden Verfügungen vom 8. April 1949 verlangten. Sie machten geltend, diese Verfügungen seien nicht richtig datiert und auch deswegen ungültig, weil der Erblasser schon lange vor 1949 urteilsunfähig gewesen sei. Der Beklagte bestritt in erster Linie die Aktivlegitimation der Kläger, indem er behauptete, sie seien an der Ungültigerklärung der angefochtenen Verfügungen als Erben nicht interessiert, weil im Falle, dass diese Verfügungen ungültig erklärt würden, für die Erbteilung das Testament vom 5. Juni 1945 massgebend wäre, das sie ebenfalls auf den Pflichtteil setze. Die Kläger brachten demgegenüber vor, sie seien als gesetzliche Erben an der Ungültigerklärung der streitigen Verfügungen moralisch interessiert, was nach Art. 519 Abs. 2 ZGB genüge; es stehe ihnen aber auch ein materielles Interesse zur Seite, ![]() | 3 |
Am 19. Oktober 1954 hat das Obergericht des Kantons Zürich die Klage mangels Aktivlegitimation der Kläger abgewiesen mit der Begründung, bei Ungültigerklärung der Verfügungen vom 8. April 1949 fiele die verfügbare Quote nach dem unangefochtenen Testament vom 5. Juni 1945 den Eheleuten Lattmann-Schneider zu. Die Vereinbarung vom 8. September 1953 gebe den Klägern keinen erbrechtlichen, sondern nur einen schuldrechtlichen Anspruch auf Ablieferung der Hälfte dieser Quote. Ihr materielles Interesse an der Ungültigerklärung der angefochtenen Verfügungen sei daher nicht erbrechtlicher Natur. Die Erbeneigenschaft als solche genüge nicht, um die Klagelegitimation zu begründen. Ein ideelles Interesse - das auch erbrechtlicher Natur sein müsste - sei nicht glaubhaft gemacht.
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C.- Gegen dieses Urteil haben die Kläger die Berufung an das Bundesgericht erklärt mit dem Begehren, ihre Aktivlegitimation sei zu bejahen und der Prozess zur materiellen Behandlung der Ungültigkeitsklage an die kantonalen Instanzen zurückzuweisen.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
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2. Die Ungültigkeitsklage kann nach Art. 519 Abs. 2 ZGB von jedermann erhoben werden, der als Erbe oder Bedachter ein Interesse daran hat, dass die Verfügung für ungültig erklärt wird. Die Kläger legen diese Bestimmung ![]() | 7 |
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Die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichts geht dahin, dass ein Urteil über eine solche Klage nur zwischen den Prozessparteien wirkt (BGE 40 II 192,BGE 44 II 116,BGE 57 II 152,BGE 78 II 183lit. b). An dieser Rechtsprechung, die ESCHER kritisiert (2. Auflage, N. 6 zu Art. 519), TUOR dagegen heute billigt (2. Auflage, Vorbem. zu Art. 519-521, N. 6 b) ist festzuhalten. Sie kann sich vor allem auf die Erwägung stützen, dass es im Belieben der Beteiligten steht, ob und allenfalls wieweit sie eine letztwillige Verfügung gelten lassen wollen. Im Unterschied etwa zu Klagen, die den Familienstand betreffen, kommt bei der Klage auf Ungültigerklärung eines Testaments kein öffentliches Interesse in Betracht, das verlangen würde, dass das die Klage gutheissende Urteil gegenüber jedermann wirke. Aus Art. 520 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 503 ZGB lässt sich entgegen der Auffassung ESCHERS (S. 408 oben) kein Argument gegen die bundesgerichtliche Rechtsprechung gewinnen. Auch wenn man nämlich davon ausgeht, dass die Ungültigerklärung nur unter den Prozessparteien ![]() | 9 |
Schafft das Urteil im Testamentsanfechtungsprozess nur im Verhältnis zwischen den Prozessparteien Recht, so können sich die Eheleute Lattmann-Schneider, welche die Verfügungen vom 8. April 1949 nicht angefochten haben, im Falle der Gutheissung der vorliegenden Klage weder gegenüber den Klägern noch gegenüber dem Beklagten darauf berufen, dass diese Verfügungen dahingefallen seien und dass demzufolge das durch sie widerrufene, zu ihren Gunsten lautende Testament vom 5. Juni 1945 wieder in Kraft getreten und zu vollziehen sei. Vielmehr bleiben die Verfügungen vom 8. April 1949, die das Testament vom 5. Juni 1945 aufgehoben haben, ihnen gegenüber massgebend. (Dies gilt wenigstens für solange, als sie nicht ihrerseits auf Ungültigerklärung der Verfügungen vom 8. April 1949 klagen, was heute nur noch unter den Voraussetzungen von Art. 521 Abs. 2 ZGB möglich wäre und im Hinblick auf die Vereinbarung vom 8. September 1953 praktisch nicht mehr zu erwarten ist. Die Möglichkeit, die Ungültigkeit dieser Verfügungen jederzeit durch Einrede gemäss Art. 521 Abs. 3 geltend zu machen, steht ihnen nicht zu Gebote, weil sie die Erbschaft nicht besitzen.) Erreichen die Kläger die Ungültigerklärung der Verfügungen vom 8. April 1949, so fällt also der Nachlass nicht den im Testament vom 5. Juni 1945 als Erben eingesetzten Eheleuten Lattmann, sondern den Klägern als den gesetzlichen Erben zu. Unter diesen Umständen steht ausser Zweifel, dass die Kläger an der Ungültigerklärung jener Verfügungen als Erben materiell interessiert und folglich zur Klage legitimiert sind.
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Die Vereinbarung, welche die Kläger am 8. September ![]() | 11 |
Demnach erkennt das Bundesgericht:
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