![]() ![]() | |||
| |||
Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server, A. Tschentscher | |||
![]() | ![]() |
42. Urteil der I. Zivilabteilung vom 5. Juni 1956 i.S. Gruen Watch Mfg Co. SA gegen Groupement des Fournisseurs d'Horlogerie, Marché Suisse. | |
Regeste |
Boykott; Zulässigkeit der Berufung, Art. 44 OG, 28 ZGB, 41 OR. |
Boykott, Begriff und Wesen; Verdrängungsboykott durch Nichtaufnahme in einen Verband (Erw. 2). |
Voraussetzungen der Unzulässigkeit eines Boykotts (Erw. 3). |
Unzulässigkeit wegen der Schwere der Folgen (Erw. 4-7). |
Aufhebung des unzulässigen Boykotts durch Verpflichtung des Verbandes zur Aufnahme des Boykottierten (Erw. 8). | |
Sachverhalt | |
![]() | 1 |
Zwischen dem Groupement und dem Zentralverband Schweizerischer Uhrenmacher (ZVSU), einer Vereinigung von Ladengeschäften des Uhrenhandels, besteht ein Vertrag, die sog. Schweizer Konvention für den Uhrenhandel. Nach deren Art. 3 sind die Mitglieder des Groupement verpflichtet, im Gebiete der Konvention Uhren nur an die Mitglieder des ZVSU zu liefern, während anderseits die Mitglieder des ZVSU Uhren ausschliesslich bei den Mitgliedern des Groupement beziehen dürfen (Art. 4). Das Gebiet der Kantone Genf, Neuenburg und Tessin ist der Konvention nicht unterstellt. Die dort ansässigen Mitglieder des ZVSU sind daher im Einkauf der Uhren frei und können solche auch bei Fabriken oder Grossisten beziehen, die dem Groupement nicht angehören.
| 2 |
3 | |
Die Gruen Watch Mfg Co. SA ist eine 1903 gegründete A.-G. mit Sitz in Biel. Ihr Geschäftszweck ist die Fabrikation von Uhren und der Handel mit solchen. Sie war vorerst lange Jahre ausschliesslich auf den Export nach den USA eingestellt, wo sie eine eigene Verkaufsgesellschaft hat, die Gruen Watch Comp. Inc. in Cincinnati. In den Jahren 1928-1939 verkaufte sie in Zusammenarbeit mit der Firma "Alpina" auch Uhren in der Schweiz, gab dies dann aber wegen des in den Krisenjahren eingetretenen Umsatzrückganges auf. Um nicht ausschliesslich vom Export nach den USA abhängig zu sein, nahm sie nach dem zweiten Weltkrieg Bestrebungen auf, ihre Erzeugnisse auch in andern Staaten abzusetzen und gründete zu diesem Zwecke die Gruen Watch Export Co. SA in Genf.
| 4 |
Am 23. März 1953 stellte die Uhrenfabrik Gruen das Gesuch um Aufnahme in das Groupement. Sie begründete dieses Begehren mit dem Wunsche, ihre Erzeugnisse auch auf dem Schweizer Markt verkaufen zu können.
| 5 |
Mit Generalversammlungsbeschluss vom 6. Juli 1953 lehnte jedoch das Groupement dieses Aufnahmegesuch ab und gab hievon der Bewerberin mit Schreiben vom 11. Juli 1953 Kenntnis, ohne die Gründe für die Aufnahmeverweigerung zu nennen.
| 6 |
B.- Am 16. Februar 1954 erhob die Firma Gruen Klage gegen das Groupement mit dem Begehren, der Beklagte sei zu verurteilen, sie als Mitglied aufzunehmen, unter Androhung der gesetzlichen Folgen im Unterlassungsfalle; eventuell sei die Klägerin auf die Liste der Lieferanten zu setzen, welche zur Belieferung der Mitglieder des ZVSU berechtigt sind. Ferner forderte sie eine gerichtlich zu bestimmende Schadenersatzsumme. Zur Begründung machte sie geltend, die Weigerung des Beklagten, sie als Mitglied aufzunehmen, stelle zusammen mit ![]() | 7 |
C.- Der Beklagte beantragte Abweisung der Klage. Er bestritt das Vorliegen eines Boykottes, da die Klägerin ihre Erzeugnisse in der Schweiz auch absetzen könne, ohne dem Groupement anzugehören. Die Kantone Genf, Neuenburg und Tessin seien überhaupt frei, und auch in der übrigen Schweiz bestünden zahlreiche Uhrengeschäfte, die der Konvention nicht unterstehen. Die Klägerin habe jedoch keine nennenswerten Anstrengungen unternommen, um sich auf dem Schweizer Markt durchzusetzen. So nütze sie die in den drei freien Kantonen bestehenden Möglichkeiten nicht aus und betreibe keine intensive Propaganda. Anderseits gab der Beklagte zu, dass die Klägerin die statutarischen Aufnahmebedingungen erfülle und dass seit 1945 andere Bewerber in den Verband aufgenommen worden seien.
| 8 |
D.- Der Appellationshof des Kantons Bern wies mit Urteil vom 12. Oktober 1955 die Klage ab. Die Begründung dieses Entscheides geht im wesentlichen dahin, es liege überhaupt kein Boykott der Klägerin vor; denn der Kartellvertrag zwischen dem Beklagten und dem ZVSU schaffe kein Monopol der beiden Verbände, sodass die Weigerung des Beklagten, die Klägerin aufzunehmen, diese nicht vom Schweizer Markt ausschliesse, sondern ihr lediglich die Betätigung auf diesem in einem allerdings erheblichen Masse erschwere.
| 9 |
![]() | 10 |
Der Beklagte beantragt Abweisung der Berufung und Bestätigung des angefochtenen Entscheides.
| 11 |
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
1. Die Zulässigkeit der Berufung, die von Amteswegen zu prüfen ist, steht ausser Zweifel. Der Streit um die Mitgliedschaft bei einem Verein ist nach der Rechtsprechung eine nicht vermögensrechtliche Streitigkeit im Sinne von Art. 44 OG und daher ohne Rücksicht auf den Streitwert berufungsfähig (BGE 51 II 527); denn der Entschluss einer Person, ob sie einem Verein angehören wolle oder nicht, erfolgt in Ausübung ihres durch Art. 28 ZGB geschützten Rechtes der Persönlichkeit. Dass im vorliegenden Falle die wirtschaftliche Seite des Rechts der Persönlichkeit in Frage steht, nämlich die Freiheit zur unbehinderten Teilnahme am wirtschaftlichen Wettbewerb, ändert nichts. Bei der Genossenschaft ist zwar nach der neuesten Rechtsprechung (BGE 80 II 75) der Streit um die Mitgliedschaft dann als vermögensrechtlich anzusehen, wenn das Interesse an der Mitgliedschaft rein finanzieller Art ist, wie z.B. bei Versicherungsgenossenschaften, insbesondere Krankenkassen. Die gestützt auf das Recht der wirtschaftlichen Persönlichkeit beanspruchte Zugehörigkeit zu einem Verein erschöpft sich indessen auf jeden Fall dort nicht in den damit verbundenen geldwerten Interessen, wo durch die Nichtaufnahme die wirtschaftliche Existenz in Frage gestellt wird. Aber auch wo dies nicht der Fall ist, sondern wie hier die Fernhaltung vom Verein lediglich eine Behinderung in der Betätigung der wirtschaftlichen Persönlichkeit ![]() | 12 |
Wollte man aber in Anlehnung an die erwähnte Rechtsprechung zum Genossenschaftsrecht auch den vorliegenden Fall als vermögensrechtliche Streitigkeit ansehen, weil überwiegend finanzielle Interessen der Klägerin auf dem Spiele stünden, so wäre die Berufungsfähigkeit gleichwohl gegeben: Das Unternehmen der Klägerin weist zugestandenermassen einen Jahresumsatz von 11-12 Millionen Fr. auf. Es liegt deshalb auf der Hand, dass durch die Fernhaltung vom schweizerischen Markt oder doch mindestens von einem erheblichen Teil desselben, welche nach den Behauptungen der Klägerin die Nichtaufnahme in den beklagten Verein zur Folge hat, finanzielle Interessen in Mitleidenschaft gezogen werden, welche den Berufungsstreitwert von Fr. 4000.-- (bzw. von Fr. 8000.--für das mündliche Verfahren) weit übersteigen.
| 13 |
Auf die Berufung ist somit einzutreten.
| 14 |
15 | |
Eine organisierte Meidung im Sinne dieser Begriffsumschreibung ist im vorliegenden Falle gegeben: Auf Grund der in der Schweizer Konvention getroffenen Abmachungen sind die im ZVSU zusammengeschlossenen Geschäfte verpflichtet, Uhren einzig bei den dem Beklagten angehörenden Fabrikations- und Grosshandelsgeschäften zu beziehen; sie dürfen sich bei Aussenseitern nicht eindecken. Infolge der Weigerung, die Klägerin in den beklagten Verband aufzunehmen, ![]() | 16 |
Auch das weitere Begriffsmerkmal ist erfüllt, dass die Klägerin durch die organisierte Meidung zu einem bestimmten Verhalten veranlasst werden soll, nämlich dazu, auf ihr Vorhaben zu verzichten, ihre Uhren auf dem schweizerischen Markt auch durch Wiederverkaufsgeschäfte zu vertreiben, die dem ZVSU angehören.
| 17 |
Damit sind sämtliche Merkmale eines Boykottes verwirklicht, und zwar handelt es sich um einen Verdrängungsboykott, der auf die Ausschaltung eines Konkurrenzunternehmens der Mitglieder des beklagten Verbandes aus einem bestimmten Wirtschaftsbereich gerichtet ist. Ob der Beklagte durch die mit dem ZVSU getroffenen Abmachungen seinen Mitgliedern eine Monopolstellung zu verschaffen bezwecke und vermöge, ob mit andern Worten die Klägerin vom Schweizer Markt gänzlich oder nur teilweise ausgeschlossen werde, ist entgegen der Meinung der Vorinstanz für die Frage nach dem Vorliegen eines Boykottes nicht massgebend. Die Vereinbarung des ausschliesslichen Verbandsverkehrs bedeutet für jeden, der die betreffende Geschäftstätigkeit ausübt oder ausüben möchte, aber nicht in den Verband aufgenommen wird, einen Boykott. Mass und Umfang der Auswirkungen der Meidung sind für die Entscheidung der grundsätzlichen Frage, ob ein Boykott vorliegt, nicht von Belang; sie haben lediglich Bedeutung für die Frage nach der Zulässigkeit des Boykottes.
| 18 |
Unerheblich ist sodann auch, dass die Kartellorganisation nicht im Hinblick auf die Klägerin geschaffen worden ist, sondern schon lange bestand, bevor ihr Aufnahmegesuch ![]() | 19 |
20 | |
4. Unerlaubtheit der vom Beklagten verwendeten ![]() | 21 |
Es kann sich daher einzig fragen, ob der durch die Aufnahmeverweigerung gegen die Klägerin ausgelöste Boykott wegen übermässiger Schwere seiner Folgen unzulässig sei.
| 22 |
5. a) Hinsichtlich der Wirkungen, die der Boykott für die Klägerin zur Folge hat, ergibt sich auf Grund der Akten und der Feststellungen der Vorinstanz das folgende Bild: Als Nichtmitglied des Beklagten kann die Klägerin die der Schweizer Konvention angeschlossenen Uhrengeschäfte nicht beliefern. In der ganzen Schweiz (mit Ausnahme der drei freien Kantone Genf, Neuenburg und Tessin) gibt es 931 solche Konventionsgeschäfte. Ihnen stehen - einschliesslich des Gebietes der drei genannten freien Kantone - ungefähr gleich viele freie Geschäfte gegenüber. Jedoch gehören - wiederum abgesehen von den drei freien Kantonen - die sog. Spitzengeschäfte, d.h. die alteingesessenen führenden Uhrenfachgeschäfte, welche die bekanntesten Markenuhren wie Omega, Zenith, Longines, Rolex usw. verkaufen, fast ausnahmslos der Konvention an. Wie die Vorinstanz weiter feststellt, befinden sich allerdings auch unter den nicht zur Konvention gehörenden, also frei belieferbaren Geschäften im Konventionsgebiet mehrere sog. Spitzengeschäfte, und daneben gibt es noch eine Anzahl sog. guter Geschäfte. Ferner kann die Klägerin in den drei freien Kantonen Genf, Neuenburg und Tessin mit sämtlichen Geschäften, also auch mit allen dort befindlichen Spitzengeschäften, frei Handel treiben, wobei ![]() | 23 |
b) Die Klägerin ist somit vom schweizerischen Uhrenmarkt nicht völlig ausgeschlossen. Sie hat vielmehr auf ihm noch eine gewisse Betätigungsmöglichkeit, der jedoch, wie auch die Vorinstanz anerkennt, sehr fühlbare Schranken gesetzt sind. Die rechtliche Tragweite dieser Beschränkung wird nun aber von der Vorinstanz infolge ihrer unzutreffenden grundsätzlichen Auffassung des Boykottbegriffs unrichtig beurteilt. Nach den von der Vorinstanz als beweiskräftig befundenen Aussagen des Zeugen Manser, des Präsidenten des Verbands schweizerischer Uhrenfachgeschäfte (also einer Organisation nicht der Konvention angehörender Uhrenhändler) ist es nämlich für den Verkauf in der Schweiz nötig, die Spitzengeschäfte beliefern zu können, und zwar auch für eine auf dem Weltmarkt bereits eingeführte Marke. Anders ausgedrückt vermag sich also eine Uhrenmarke auf dem Schweizer Markt nicht mit Erfolg durchzusetzen, wenn sie sich nicht um die Kundschaft der sog. Spitzengeschäfte in der ganzen Schweiz bewerben, sondern sich nur an die konventionsfreien, zumeist weniger bedeutenden Wiederverkaufsgeschäfte und an die sämtlichen Geschäfte in den drei freien Kantonen Genf, Neuenburg und Tessin wenden kann. Dadurch, dass die Klägerin infolge der Aufnahmeverweigerung des Beklagten daran gehindert wird, ihre Uhren in nahezu sämtlichen führenden Geschäften des Konventionsgebietes abzusetzen, wird sie von einem wesentlichen Teil des inländischen Uhrenhandels ausgeschlossen, und zwar gerade von dem Teil, der für den Verkauf in der Schweiz von grösster Bedeutung ist.
| 24 |
Daneben hat der Boykott für die Klägerin eine weitere Wirkung. Sie wird durch ihn überdies aus dem freien Wettbewerb mit andern Herstellern von Qualitätsuhren verdrängt. Wie der Zeuge Manser weiter ausgesagt hat, ist es für den Vertrieb einer Uhr wichtig, dass sie in einem ![]() | 25 |
26 | |
a) In der schriftlichen Mitteilung der Abweisung des ![]() | 27 |
b) Der Beklagte beruft sich weiter darauf, dass seinerzeit der Schweizer Markt unter grossen finanziellen Opfern seiner Mitglieder saniert worden sei; indem die Klägerin heute auf diesem vorbereiteten Gebiet tätig sein wolle, ohne vorher entsprechende Opfer auf sich genommen zu haben, wolle sie ernten, wo sie nicht gesät habe. Auch dieser Einwand hält nicht stand. Nach Art. 20 der Statuten des Beklagten hat jedes neueintretende Mitglied ein Eintrittsgeld zu leisten, dessen Höhe von der Generalversammlung bestimmt wird. Dieses Eintrittsgeld stellt das Entgelt für die Vorteile dar, die das neue Mitglied mit seinem Beitritt erlangt. Bei der Festsetzung dieses Betrages kann den von den bisherigen Mitgliedern gebrachten finanziellen Opfern in gewissem Umfang Rechnung getragen werden. Abgesehen hievon hat sich der Beklagte durch Überlegungen ![]() | 28 |
c) Der Beklagte scheint sodann die Nichtaufnahme der Klägerin damit begründen zu wollen, dass sie auf dem Schweizer Markt auch tätig sein könne, ohne dem Groupement anzugehören. Demgegenüber ist auf die oben gemachten Feststellungen hinsichtlich der Bedeutung zu verweisen, welche die Zugehörigkeit zum Beklagten für den Uhrenhandel in der Schweiz hat. Unbehelflich ist insbesondere auch der Einwand des Beklagten, die Klägerin könne auch als Nichtmitglied die dem ZVSU angeschlossenen Geschäfte auf dem Umweg über einen dem Verband angehörenden Grossisten beliefern. Denn wegen des vom Grossisten beanspruchten Zwischengewinnes würde sich entweder der Verkaufspreis der Erzeugnisse der Klägerin entsprechend erhöhen oder ihre Gewinnspanne sich entsprechend verringern. Dadurch würde die Konkurrenzfähigkeit der Klägerin aber derart beeinträchtigt, dass dieser Zugang zum Markt im Konventionsgebiet praktisch als für sie ungangbar erachtet werden muss.
| 29 |
d) Nach der Meinung des Beklagten kann sich die Klägerin über ihre Nichtaufnahme schon deswegen nicht beschweren, weil sie die gebotenen Möglichkeiten zur Durchdringung des Schweizer Marktes nicht ausgenützt habe. Das trifft nach den Feststellungen der Vorinstanz an sich zu, da die Klägerin in Genf nur in drei Geschäften, in Neuenburg nur in einem Geschäft und im Tessin überhaupt nicht vertreten ist. Die Klägerin begründet diese Zurückhaltung jedoch damit, dass die Unkosten einer vermehrten Betätigung in keinem tragbaren Verhältnis zum möglichen Absatz stünden, solange sie nicht den gesamten Schweizer Markt frei bearbeiten könne. Diese Erklärung leuchtet ein, wenn man in Betracht zieht, dass nach den Aussagen des Zeugen Manser die Einführung einer Uhrenmarke auf dem Markt sehr hohe Propagandakosten erfordert und dass gemäss den Darlegungen des Sekretärs des ![]() | 30 |
e) Der Beklagte will schliesslich die Nichtaufnahme der Klägerin mit der Behauptung rechtfertigen, sie sei am Schweizer Markt gar nicht so sehr interessiert, sondern wolle nur in den Auslagen alteingesessener Spitzengeschäfte in Gesellschaft der berühmtesten Markenuhren glänzen und so für den Absatz ihrer Erzeugnisse im Ausland Propaganda machen. Allein abgesehen davon, dass das fehlende Interesse der Klägerin am Schweizer Markt nicht feststeht - behauptet sie selber doch das Gegenteil -, ist nicht einzusehen, warum der Klägerin im Gegensatz zu den Mitgliedern des beklagten Verbandes diese für Qualitätsuhren wichtige Reklamemöglichkeit verwehrt sein soll. Wie der Zeuge Manser hervorgehoben hat, ist es für den Verkauf nach dem Ausland von Bedeutung, dass eine Uhr in den guten alten Geschäften ausgestellt ist, wenn sie bekannt werden will. Dann kann aber das Bestreben der Klägerin, sich diese über die Landesgrenzen hinausreichende Propagandawirkung gleich wie die übrigen, dem Beklagten angehörenden Fabrikanten ebenfalls zu Nutze zu machen, keinen Grund für die Aufnahmeverweigerung abgeben.
| 31 |
f) Dass das bisherige Verhalten der Klägerin die Bestrebungen des Beklagten zur Aufrechterhaltung gesunder Marktverhältnisse durchkreuzt hätte oder dass angenommen werden könnte, sie würde sich in Zukunft den Zielen und Zwecken des Verbandes nicht unterordnen, behauptet der Beklagte selber nicht. Ebenso fehlt jede Andeutung, dass die Aufnahme der Klägerin in den beklagten Verband mit dem Kartellzweck irgendwie unvereinbar wäre oder dass bestimmte Interessen der schweizerischen Uhrenindustrie oder der Volkswirtschaft im allgemeinen gegen ihre Aufnahme sprächen.
| 32 |
Was der Beklagte zur Begründung der Aufnahmeverweigerung vorbringt, ist somit unstichhaltig. Ob das blosse ![]() | 33 |
34 | |
8. Der einfachste und zweckmässigste Weg hiezu ist die Aufnahme der Klägerin in den beklagten Verband, wie die Klägerin dies mit ihrem Klagebegehren in erster Linie verlangt. Gegenüber einer blossen Lockerung der Sperre in dem Sinn, dass die Klägerin zur Belieferung der Mitglieder des ZVSU zugelassen wird, erscheint die Aufnahme in den Verband als die zweckmässigere Lösung, weil damit die Klägerin auch die aus der Mitgliedschaft fliessenden Pflichten auf sich nimmt, die auf die Aufrechterhaltung gesunder Preis- und Absatzverhältnisse auf dem schweizerischen Uhrenmarkt gerichteten Bestrebungen zu ![]() | 35 |
Der Beklagte widersetzt sich dem Aufnahmebegehren der Klägerin unter Hinweis darauf, dass er als Verein befugt sei, einem Bewerber die Aufnahme auch ohne Grundangabe zu verweigern. Dieser Einwand ist jedoch nicht zu hören. Der Beklagte ist zwar äusserlich in die Rechtsform eines Vereins zu nicht wirtschaftlichen Zwecken im Sinne von Art. 60 ff. ZGB gekleidet. In Wirklichkeit handelt es sich aber bei ihm um einen Zusammenschluss von Gewerbetreibenden zur Verfolgung ausgesprochen wirtschaftlicher Ziele, wie die Zweckumschreibung in Art. 2 seiner Statuten klar erkennen lässt. Die dort genannten Ziele, nämlich die kollektive Verteidigung der allgemeinen Interessen der ihm angehörenden Fabrikanten und Grossisten - also nicht der Uhrenindustrie in ihrer Gesamtheit -, die Förderung und der Schutz des Uhrenhandels, die Vereinheitlichung der Verkaufs- und Zahlungsbedingungen, beziehen sich nicht auf irgendwelche ideale Zwecke, sondern sie sind darauf gerichtet, den Verbandsmitgliedern auf dem Wege der Marktregulierung eine Erhöhung des Umsatzes und des Gewinnes zu verschaffen. Es wäre daher sachlich richtiger und den Umständen angemessener gewesen, statt der Vereinsform diejenige der Genossenschaft zu wählen, bei der nach ausdrücklicher Gesetzesvorschrift (Art. 839 Abs. 2 OR) der Eintritt neuer Mitglieder nicht übermässig erschwert (und noch weniger überhaupt verunmöglicht) werden darf. Es ist daher geboten, bei Vereinen von der Art des Beklagten die genannte Bestimmung des Genossenschaftsrechts analog zur Anwendung zu bringen, wie dies schon im Falle desBGE 76 II 294angedeutet worden ist.
| 36 |
Die Klägerin stellt schliesslich das Begehren, der Beklagte sei unter Androhung der gesetzlichen Folgen im Unterlassungsfalle zu ihrer Aufnahme zu verpflichten. Allein das Prozessrecht des Bundes kennt für Berufungsurteile eine solche Strafandrohung nicht. Dem dahingehenden ![]() | 37 |
Demnach erkennt das Bundesgericht:
| 38 |
39 | |
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR). |