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36. Urteil der II. Zivilabteilung vom 7. Juni 1962 i.S. X gegen Vormundschaftsbehörde Y. | |
Regeste |
Beiratschaft (Art. 395 ZGB). | |
Sachverhalt | |
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Am 5. August 1960 stellten seine drei Kinder bei der Vormundschaftsbehörde das Begehren, es sei für ihn wegen Misswirtschaft und Verschwendung eine Mitwirkungsbeiratschaft im Sinne von Art. 395 Abs. 1 ZGB anzuordnen. Die Ehefrau unterstützte dieses Begehren. Die Bezirksbehörde, bei der die Vormundschaftsbehörde am 31. Oktober 1960 in diesem Sinne Antrag stellte, errichtete mit Beschluss vom 12. Juni 1961 eine Verwaltungsbeiratschaft ![]() | 2 |
Gegen diesen Entscheid hat X die Berufung an das Bundesgericht erklärt mit dem Antrag, er sei aufzuheben und es sei von vormundschaftlichen Massnahmen ihm gegenüber abzusehen; eventuell sei die Sache zur Aktenergänzung und zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Ausserdem hat er den Entscheid der obern kantonalen Behörde mit staatsrechtlicher Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 BV (Willkür und Verweigerung des rechtlichen Gehörs bei der Ermittlung des Tatbestandes) angefochten.
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In Gutheissung der Berufung hebt das Bundesgericht den angefochtenen Entscheid und die dadurch bestätigte Anordnung einer Verwaltungsbeiratschaft auf.
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Eine Beiratschaft kann jedoch nur angeordnet werden, wenn sie sich heute noch als im Sinne von Art. 395 ZGB notwendig erweist. Diese Notwendigkeit lässt sich nicht schon damit begründen, dass ein wenig haushälterisches und nicht immer zweckmässiges Wirtschaften einen Vermögensrückgang befürchten lässt. Das Institut der Beiratschaft ist nicht dazu bestimmt, den künftigen Erben das anwartschaftliche Vermögen zu erhalten. Eine Beschränkung der Handlungsfähigkeit im Sinne von Art. 395 ZGB erscheint vielmehr nur dann als notwendig, wenn mit grosser Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass die in Frage stehende Person durch die selbständige Durchführung von Geschäften im Sinne von Art. 395 Abs. 1 oder durch die Art ihrer Vermögensverwaltung ihre wirtschaftliche ![]() | 7 |
Der Berufungskläger war nun zur Zeit der Ausfällung des angefochtenen Entscheides mindestens potentiell ein sehr reicher Mann. Bei einem Vermögen von zwei bis drei Millionen Franken können Aufwendungen, wie sie ihm vorgeworfen werden, die wirtschaftliche Existenz nicht gefährden, auch wenn sie das landesübliche Mass übersteigen.
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Der Reichtum des Berufungsklägers liegt freilich in Liegenschaften, deren Verwertung zum heutigen Verkehrswert im Hinblick auf das gesetzliche Vorkaufsrecht der Ehefrau und der Kinder möglicherweise einigen Schwierigkeiten begegnen wird. Angesichts der gewaltigen Spanne zwischen Verkehrswert und Schätzungswert nach LEG, die sich aus dem Interesse an einer Überbauung erklärt, ist jedoch anzunehmen, dass die Verwertung sei es des ganzen Heimwesens, sei es einzelner Parzellen in absehbarer Zeit dennoch gelingen wird. Den Vorkaufsberechtigten ist letztlich so wenig wie dem Berufungskläger daran gelegen, dem Hof den Charakter eines landwirtschaftlichen Gewerbes zu erhalten. Sobald sie einsehen müssen, dass die Sicherung ihrer Erbanwartschaften kein genügender Grund zu vormundschaftlichen Massnahmen sein kann, wird der Weg zu einer vernünftigen Verständigung frei sein. Dann werden auch die Mittel zu einer angemessenen Abfindung oder Sicherstellung der Brüder, für die der Berufungskläger nach Massgabe des väterlichen Testaments und des Prozessvergleichs zu sorgen hat, verfügbar werden.
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Dass der Berufungskläger weiterhin übertriebene Aufwendungen für seinen Betrieb machen oder mangels genügender Sorge dafür Schaden erleiden werde, ist kaum ![]() | 10 |
Nach alledem ist die Anordnung einer Verwaltungsbeiratschaft nicht notwendig und daher nicht gerechtfertigt. - Sollte der Berufungskläger, wie in der Eingabe vom 5. August 1960 behauptet worden ist, seiner Ehefrau das Haushaltungsgeld nur frankenweise geben, während er seine persönlichen Bedürfnisse reichlich befriedigt, so könnte sich die Ehefrau an den Eheschutzrichter wenden (Art. 169 ff. ZGB). Wenn er für ihren Unterhalt nicht pflichtgemäss sorgen würde, könnte sie überdies nach Art. 183 Ziff. 1 ZGB die Gütertrennung verlangen.
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