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16. Urteil der II. Zivilabteilung vom 27. Januar 1983 i.S. Waadt-Leben gegen Richner (Berufung) | |
Regeste |
Versicherungsvertrag: Rücktritt wegen Anzeigepflichtverletzung. | |
Sachverhalt | |
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Mit Schreiben vom 15. Februar 1979 teilte die Versicherungsgesellschaft der Witwe Richners mit, sie trete wegen Verletzung der Anzeigepflicht durch den Versicherungsnehmer vom Vertrag zurück. In der schriftlichen Gesundheitserklärung zum Antragsformular habe Richner seinerzeit verschiedene Krankheiten, nach ![]() | 2 |
Am 11. Januar 1980 reichte Jeannette Richner-Kammerer gegen die Versicherungsgesellschaft beim Bezirksgericht Liestal Klage ein, mit der sie die Versicherungsleistung von Fr. 50'000.-- und die Feststellung des Weiterbestandes des Versicherungsvertrages verlangte. Mit Entscheid vom 12. November 1981 hiess das Bezirksgericht die Klage gut. Dieses Urteil wurde am 15. Juni 1982 durch das Obergericht des Kantons Basel-Landschaft bestätigt.
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Mit Berufung beim Bundesgericht verlangt die Beklagte die Aufhebung des obergerichtlichen Urteils und die Abweisung der Klage. Die Klägerin beantragt die Abweisung der Berufungsbegehren und die Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
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Mit Rücksicht auf das kantonale Prozessrecht hielt sie fest, der von der Versicherung erst im kantonalen Appellationsverfahren vorgebrachte Hinweis auf Spontanabgänge von Nierensteinen beim Versicherten könne nicht berücksichtigt werden. Als unrichtig beantwortet verbleiben ![]() | 7 |
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b) Die Vorinstanz glaubt, in der in BGE 96 II 204 umschriebenen Rechtsprechung eine Stütze für diese Betrachtungsweise zu finden. In diesem Entscheid (E. 4, S. 209 ff. mit Hinweisen) führte das Bundesgericht aus, aus dem Wortlaut von Art. 4 und 6 VVG ergebe sich klar, dass weder nach einem rein subjektiven noch nach einem rein objektiven Kriterium zu beurteilen sei, ob ein Antragsteller seine Anzeigepflicht erfüllt oder verletzt habe. Indem das Gesetz sich nicht damit begnüge, dass der Antragsteller dem Versicherer in Beantwortung entsprechender Fragen die ihm tatsächlich bekannten (von seinem positiven subjektiven Wissen erfassten) erheblichen Gefahrentatsachen mitteile, sondern darüber hinaus vorschreibe, der Antragsteller habe auch die erheblichen Gefahrentatsachen anzuzeigen, die ihm bekannt sein müssen, stelle es ein ![]() | 9 |
Mit dieser Rechtsprechung, an der festzuhalten ist, wurde nur das vom Gesetz im Einzelfall vorgeschriebene Mass an Sorgfalt näher umschrieben. Danach ist entscheidend, ob und wieweit ein Antragsteller nach seiner Kenntnis der Verhältnisse und gegebenenfalls nach den ihm von fachkundiger Seite erteilten Aufschlüssen eine Frage des Versicherers in guten Treuen verneinen durfte. Er genügt seiner Anzeigepflicht nur, wenn er ausser den ihm ohne weiteres bekannten Tatsachen auch diejenigen angibt, deren Vorhandensein ihm nicht entgehen kann, wenn er über die Fragen des Versicherers ernsthaft nachdenkt (BGE 96 II 211 mit Hinweisen). Darüber hinaus verzichtet das Bundesgericht in diesem Entscheid ausdrücklich auf eine Erörterung der Bedeutung eines Verschuldens bei der Beurteilung der Frage, ob eine Verletzung der Anzeigepflicht vorliege.
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c) Die Frage nach dem Verschulden muss im Rahmen der geltenden gesetzlichen Regelung ausser Betracht fallen. Wann die Anzeigepflicht verletzt ist, beurteilt sich verschuldensunabhängig nach den in der Rechtsprechung dargelegten und sub E. 3b zusammengefassten Kriterien. Im Gegensatz zum vertraglich vereinbarten Rechtsnachteil bei der Verletzung einer Obliegenheit gemäss Art. 45 Abs. 1 VVG ist im Gesetz nicht vorgesehen, dass der Versicherte die Folge der Verletzung der gesetzlichen Anzeigepflicht, das Rücktrittsrecht des Versicherers, unwirksam machen kann, indem er nachweist, die Verletzung der Anzeigepflicht sei unverschuldet. Diese Folge der Verletzung der gesetzlichen Anzeigepflicht soll nach dem Willen des Gesetzes nur dann nicht ![]() | 11 |
Dieser Regelung der Folgen der Anzeigepflichtverletzung liegt eine Interessenabwägung zugrunde. Der Versicherer ist darauf angewiesen, dass er sein Versicherungsrisiko einigermassen zuverlässig abschätzen kann. Dabei muss er sich auf die Einhaltung der gesetzlich umschriebenen Sorgfaltspflichten bei der Bekanntgabe von Gefahrentatsachen verlassen können. Ob die Verletzung der Sorgfaltspflicht zugleich einen Schuldvorwurf bedeuten könnte, ist aus dieser Sicht belanglos. Der Versicherungsnehmer seinerseits ist an einer möglichst günstigen, dem tatsächlichen Risiko entsprechenden Prämie interessiert und muss deshalb in Kauf nehmen, dass die Versicherung beim Entdecken von verschwiegenen oder unrichtig mitgeteilten Gefahrentatsachen vollständig vom Vertrag zurücktreten kann. Das "Alles-oder-nichts-Prinzip" nach Art. 6 VVG mag dabei hart erscheinen, insbesondere wenn man berücksichtigt, dass zwischen der Anzeigepflichtverletzung und dem Eintritt des befürchteten Ereignisses kein Kausalzusammenhang erforderlich ist. Dies rechtfertigt jedoch nicht, durch eine Exkulpationsmöglichkeit bei bloss leichter Fahrlässigkeit die gesetzliche Regelung auszuhöhlen. Das Abstellen der Vorinstanz auf das Verschulden und insbesondere auf den Grad des Verschuldens findet im Gesetz keinen Rückhalt und ist bundesrechtswidrig (BGE 47 II 480).
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4. Die Vorinstanz geht davon aus, dass der Versicherungsnehmer über eine gute Intelligenz verfügt habe und auch in bezug auf das Gedächtnis nicht negativ aufgefallen sei. Sie hält fest, dass er sich bei angestrengtem Nachdenken im Zusammenhang mit dem Versicherungsvertrag vom 12. Dezember 1973 an die vier bzw. fünf Jahre zurückliegenden Arztkonsultationen wegen klemmenden ![]() | 13 |
Demnach erkennt das Bundesgericht:
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