BGE 109 II 188 | |||
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43. Urteil der II. Zivilabteilung vom 20. Januar 1983 i.S. X. gegen Y. (Berufung) | |
Regeste |
Art. 153 Abs. 1 ZGB; Rentenanspruch des im Konkubinat lebenden geschiedenen Ehegatten; Beweislast hinsichtlich der Voraussetzungen für den Verlust dieses Anspruches. | |
Sachverhalt | |
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Nachdem B. Y. auf April 1978 eine neue Wohnung gemietet hatte, schloss sie am 19. März 1978 mit C. Z. folgende schriftliche Vereinbarung:
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"1. ...
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2. Frau Y. ist bereit, Herrn Z., gegen eine monatlich im voraus zu bezahlende Entschädigung, d.h. der Hälfte des Mietzinses, die Mitbenützung des Wohnraumes zu gestatten, zudem wird Herrn Z. ein Zimmer, als sein Schlafzimmer zur alleinigen Benützung überlassen.
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3. Der Wohnraum ist von Frau Y. möbeliert und ist ihr alleiniges Eigentum. Das Zimmer von Herrn Z. ist von ihm möbeliert und ist sein alleiniges Eigentum.
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4. Solange Frau Y. und Herr Z. das Essen gemeinsam einnehmen, entschädigt Herr Z. an Frau Y. die Hälfte der entstehenden Essenskosten zum voraus, zur Zeit monatlich Fr. 350.--. Sollte der Haushalt monatlich mehr als Fr. 700.-- kosten, erklärt sich Herr Z. bereit, die Hälfte der Mehrkosten nachzuzahlen.
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5. Herr Z. erklärt sich auch bereit, die anfallenden Heizungs- und Warmwasser-Kosten, zur Hälfte an Frau Y. zu zahlen.
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6. Diese Vereinbarung ist je auf das Ende eines Monats, mit vorausgehender Kündigungsfrist von 30 Tagen auflösbar. Sie besteht im Original bei Frau Y., als Fotokopie beim Anwalt von Frau Y., sowie als Fotokopie bei Herrn Z."
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B. Y. und C. Z. leben seit dem 5. April 1978 zusammen. Das Verhältnis zwischen den beiden ist auch intim geworden.
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Mit Eingabe vom 7. November 1979 erhob A. X. gegen B. Y. Klage mit dem Rechtsbegehren, das Scheidungsurteil sei in dem Sinne abzuändern, dass der der Beklagten zugesprochene Unterhaltsbeitrag mit sofortiger Wirkung aufzuheben sei. Zur Begründung der Klage wurde vorgebracht, die Beklagte lebe mit C. Z. in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft, heirate diesen aber nicht, um den Rentenanspruch nicht zu verlieren. Darin sei ein offenbarer Rechtsmissbrauch im Sinne von Art. 2 Abs. 2 ZGB zu erblicken.
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Bezirks- und Obergericht wiesen die Klage durch Urteile vom 16. Januar 1981 bzw. vom 8. April 1982 ab. Im Verlauf des zweitinstanzlichen Verfahrens hatte die Beklagte erklärt, sie verzichte mit Wirkung ab 1. Januar 1982 auf die strittigen Unterhaltsbeiträge.
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Die Beklagte schliesst auf Abweisung der Berufung.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
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2. Derjenige, der sich auf Art. 2 Abs. 2 ZGB beruft, trägt grundsätzlich die Beweislast hinsichtlich der tatsächlichen Gegebenheiten, aus denen er einen Rechtsmissbrauch ableitet. In einem Fall wie dem vorliegenden hat der Kläger somit nachzuweisen, dass die Beklagte mit einem anderen Mann eine Lebensgemeinschaft eingegangen ist, die ihr ähnliche Vorteile bringt wie eine Ehe, und dass sie ihren Partner nur deshalb nicht heiratet, weil sie den Rentenanspruch nicht untergehen lassen will. Es ist einzuräumen, dass es in der Regel schwer fallen dürfte, diesen Nachweis zu erbringen. Die Abklärung der Frage, ob die neue Lebensgemeinschaft so eng sei, dass der Konkubinatspartner des Rentenberechtigten bereit wäre, diesem Beistand und Unterstützung zu gewähren, wie es für einen Ehegatten gestützt auf Art. 159 Abs. 3 ZGB gesetzliche Pflicht ist, bietet erhebliche Schwierigkeiten. Es geht um eine persönliche Haltung, die nur sehr schwer erfassbar ist und eigentlich nur dann voll zum Ausdruck kommt, wenn sich der Partner in einer Notsituation befindet. Wo ernsthaftere Probleme noch nie eintraten, ist man deshalb auf eine blosse Prognose angewiesen; es sind künftige Erwartungen in die Beurteilung miteinzubeziehen. Als objektives Kriterium ist dabei die Dauer des Konkubinats von einer gewissen Bedeutung. Je länger ein Konkubinat gedauert hat, desto eher ist nämlich in der Regel die Annahme berechtigt, die Partner fühlten sich moralisch verpflichtet, sich gegenseitig wie Ehegatten beizustehen. Bei der Beurteilung des Einzelfalles ergeben sich jedoch naturgemäss Abgrenzungsschwierigkeiten. Um diesen zu begegnen, rechtfertigt sich eine Tatsachenvermutung in dem Sinne, dass bei einem Konkubinat, das im Zeitpunkt der Einleitung der Klage betreffend Abänderung des Scheidungsurteils (Aufhebung des Unterhaltsbeitrages) schon seit mindestens fünf Jahren dauert, grundsätzlich anzunehmen ist, die Beziehung zwischen den beiden Partnern sei so stabil und eng, dass die im Abänderungsverfahren beklagte Partei in einer allfälligen künftigen Notlage von ihrem neuen Partner Unterstützung und Beistand erwarten könne und dass sie von einer Heirat nur deshalb absehe, um den scheidungsrechtlichen Unterhaltsanspruch nicht untergehen zu lassen. Es darf in aller Regel davon ausgegangen werden, dass mit zunehmender Dauer der eheähnlichen Lebensgemeinschaft die Enttäuschung über das Scheitern der früheren Ehe an Bedeutung verliert und immer weniger als ernsthafter Grund für eine Nichtwiederverheiratung erscheint. Das Gesagte hat jedoch nicht zur Folge, dass der rentenberechtigte Ehegatte nicht den Gegenbeweis antreten könnte. Es muss ihm vielmehr die Möglichkeit offenstehen darzutun, dass das Gemeinschaftsverhältnis nur lose ist oder dass andere Gründe für die Nichtwiederverheiratung verantwortlich sind.
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Der Festsetzung einer zeitlichen Limite mag etwas Willkürliches anhaften. Doch ist das Abstellen auf ein objektiv, d.h. in zeitlicher Hinsicht klar umschriebenes Kriterium um der Rechtssicherheit willen geboten. Die Aufstellung einer Tatsachenvermutung im erwähnten Sinn mit Umkehrung der Beweislast nach fünfjähriger Konkubinatsdauer ändert selbstverständlich nichts daran, dass eine Abänderungsklage unter besonderen Umständen schon vor Ablauf der angeführten Frist gutzuheissen ist. Es kann eine eheähnliche Lebensgemeinschaft schon von Anfang an oder jedenfalls nach kürzerer Zeit auf Dauer angelegt und von einem grossen gegenseitigen Verantwortungsbewusstsein getragen sein, auch wenn dies nicht der Regel entspricht.
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Sodann hält das Obergericht fest, es bestünden keine Indizien dafür, dass die Beklagte im Notfall von Z. einen ähnlichen Beistand zu erwarten hätte wie von einem Ehemann. Es gelangt zum Schluss, dass nicht gesagt werden könne, die Beklagte und Z. seien an sich ehewillig und ausserdem imstande, sich gegenseitig Beistand zu leisten, und die Beklagte würde Z. nur deshalb nicht heiraten, weil sie vom Kläger unterstützt werde und Z. nicht belasten wolle. Die Vorinstanz weist in diesem Zusammenhang auf die Erklärung von Z. hin, er habe durch die Scheidung nach 25jähriger Ehe einen grossen Schock erlitten und werde durch die Scheidung finanziell dermassen in Anspruch genommen, dass er keine Möglichkeit sehe, in eine neue Ehe einzutreten. Die Beklagte habe ihrerseits geäussert, sie habe nach den erlebten Enttäuschungen keine ernsthafte Bekanntschaft gesucht; sie stehe mit Z. nur in einem lockeren Verhältnis. Das Obergericht hebt weiter auch das Alter der Beklagten und von Z. hervor, um zu bekräftigen, dass die Gründe, welche die beiden Partner dafür anführten, dass sie nicht heiraten würden, als glaubwürdig erschienen. Die Vorbringen des Klägers sind auch in diesem Punkt nicht geeignet, eine Verletzung von Bundesrecht darzutun.
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