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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
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7. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 20. Januar 1988 i.S. Politische Gemeinde St. Moritz gegen Grundbuchamt Oberengadin und Regierungsrat des Kantons Graubünden (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) | |
Regeste |
Grundbuchliche Verfügung; Ausweis über den Rechtsgrund (Art. 965 Abs. 1 und 3 ZGB). | |
Sachverhalt | |
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Da die Gemeinde St. Moritz den vom Grundbuchverwalter verlangten Gemeindebeschluss über den Abschluss des Dienstbarkeitsvertrages nicht nachreichte, wies das Grundbuchamt Oberengadin die Anmeldung am 4. November 1986 ab.
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B.- Die Politische Gemeinde St. Moritz erhob gegen die Abweisung der Anmeldung Beschwerde bei der Regierung des Kantons Graubünden. Diese wies die Beschwerde mit Entscheid vom 24. August 1987 ab.
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C.- Gegen diesen Entscheid wendet sich die Politische Gemeinde St. Moritz mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht. Sie beantragt, den angefochtenen Entscheid aufzuheben. Es sei festzustellen, dass die Beschwerdeführerin für den Dienstbarkeitsvertrag vom 27. Oktober 1986 sowie für später abgeschlossene oder noch abzuschliessende Verträge über dingliche Rechte an Grundeigentum keinen Protokollauszug über den Beschluss der dafür zuständigen Behörde beizubringen habe. Ferner sei die Abweisung der Grundbuchanmeldung vom 4. November 1986 aufzuheben und das Grundbuchamt Oberengadin sei anzuweisen, den angemeldeten Diensbarkeitsvertrag vom 27. Oktober 1986 sowie alle seither von der Gemeinde St. Moritz abgeschlossenen und in Zukunft abzuschliessenden Verträge über dingliche Rechte an Grundstücken im Grundbuch St. Moritz einzutragen.
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Auszug aus den Erwägungen: | |
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a) Gemäss Art. 17 GBV hat der Grundbuchverwalter die Zuständigkeit zur Vornahme der Anmeldung zu prüfen, wenn diese durch eine Behörde oder einen Beamten erfolgt.
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Diese Bestimmung steht im vorliegenden Fall nicht zur Diskussion. Die strittige Anmeldung zur Eintragung ist nämlich als besondere Bestimmung in den Dienstbarkeitsvertrag aufgenommen worden. Die Anmeldung ging somit vom verfügungsberechtigten Eigentümer aus, der der Beschwerdeführerin zugunsten der Öffentlichkeit ein unentgeltliches Fusswegrecht eingeräumt hat. Für eine zusätzliche Anwendung von Art. 17 GBV betreffend Prüfungspflicht bei einer Anmeldung durch eine Behörde bleibt daher kein Raum.
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b) Gemäss Art. 965 Abs. 1 ZGB dürfen grundbuchliche Verfügungen, wie Eintragung, Änderung und Löschung, in allen Fällen nur aufgrund eines Ausweises über das Verfügungsrecht und den Rechtsgrund erbracht werden. Der Ausweis über den Rechtsgrund wird nach Art. 965 Abs. 3 ZGB durch den Nachweis erbracht, dass die für dessen Gültigkeit erforderliche Form erfüllt ist.
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Im vorliegenden Fall haben die Vertragsparteien am 27. Oktober 1986 einen Dienstbarkeitsvertrag öffentlich beurkunden lassen. Die Anforderungen an die äussere Form des Vertrages sind daher zweifellos erfüllt (Art. 732 ZGB und Art. 19 Abs. 2 GBV). In diesem Dienstbarkeitsvertrag ist der Beschwerdeführerin ein unentgeltliches und dauerndes Fusswegrecht zugunsten der Öffentlichkeit eingeräumt worden. Es handelt sich demnach um einen Vertrag mit Schenkungscharakter. Ein solcher Vertrag kommt jedoch nur dann rechtsgültig zustande, wenn der Beschenkte die Zuwendung annimmt (Art. 244 OR).
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Anderseits vertritt der Gemeindepräsident die Gemeinde nach aussen und führt zusammen mit dem Gemeindeschreiber oder dessen Vertreter die verbindliche Unterschrift für die Gemeinde (Art. 52 der Gemeindeverfassung). Es stellt sich daher die Frage, ob der Gemeindepräsident zusammen mit dem Gemeindeschreiber die Gemeinde auch dann verbindlich verpflichten könne, wenn die Willensbildung im Innenverhältnis nicht korrekt erfolgt ist. Ist dies zu bejahen, so besteht für den Grundbuchverwalter grundsätzlich kein Anlass zu prüfen, ob der Vertrag vom zuständigen Gemeindeorgan genehmigt worden ist. Denn die materielle Richtigkeit der Grundbucheintragung wäre unter dieser Voraussetzung in jedem Fall gewährleistet.
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a) Die Lehre steht vorwiegend auf dem Standpunkt, der Grundbuchverwalter habe bei einem Vertragsschluss durch das Gemeinwesen auch zu prüfen, ob das Rechtsgrundgeschäft vom zuständigen Organ genehmigt worden sei (vgl. HOMBERGER, Zürcher Kommentar, N 43, 46 und 50 zu Art. 965 ZGB, mit Hinweisen). Damit setzt sie sinngemäss voraus, das Gemeinwesen werde nicht verpflichtet, wenn seine Vertreter ohne den entsprechenden Beschluss des zuständigen Gemeinwesens gehandelt haben. Eine nähere Begründung wird jedoch nicht angeführt. SCHWAGER (Die Vertretung des Gemeinwesens beim Abschluss privatrechtlicher Verträge, Diss. Freiburg 1974, S. 258 f. sowie S. 270 ff.) vertritt demgegenüber die Auffassung, jedes Gemeinwesen benötige mindestens ein Vertretungsorgan, dessen Vertretungsmacht in der Regel nicht von der Willensbildung des zuständigen Organs abhängig sei. Demzufolge verlangt dieser Autor für grundbuchliche Vorgänge nur dann den Nachweis des entsprechenden Beschlusses des zuständigen Organs, wenn dem Vertretungsorgan keine umfassende Vertretungsmacht zugekommen ist (a.a.O., S. 276 f.).
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b) Welcher Auffassung zu folgen ist und ob der Gemeindepräsident zusammen mit dem Gemeindeschreiber grundsätzlich eine umfassende Vertretungsmacht im Sinne der Ausführungen von SCHWAGER besessen hätte, kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben. Bei der öffentlichen Beurkundung des Dienstbarkeitsvertrages ![]() | 14 |
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