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17. Urteil der I. Zivilabteilung vom 10. Mai 1988 i.S. Deutsche Messe- und Ausstellungs AG gegen Cebit AG (Berufung) | |
Regeste |
Unlauterer Wettbewerb durch Nachahmung eines Handelsnamens. |
2. Art. 1 Abs. 1 und Abs. 2 lit. d aUWG. Zwei Unternehmen stehen auch dann miteinander im Wettbewerb, wenn die Tätigkeit des einen in der Organisation und Veranstaltung einer Handelsmesse für bestimmte Waren besteht und das andere solche Waren vertreibt. Täuschung durch Nachahmung des Handelsnamens (E. 3). |
3. Art. 2 Abs. 2 ZGB. Umstände, unter denen eine Verwirkung des Klagerechts durch Zuwarten zu verneinen ist (E. 4). | |
Sachverhalt | |
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B.- Die Deutsche Messe- und Ausstellungs AG erblickte in der Verwendung dieser Bezeichnungen unlauteren Wettbewerb und eine Verletzung des Namensrechts. Im Oktober 1983 klagte sie gegen die Cebit AG mit den Begehren: 1. festzustellen, dass die Beklagte durch die Verwendung der Firma "Cebit" in Alleinstellung oder mit dem erwähnten Zusatz widerrechtlich handle und der Klägerin gegenüber unlauteren Wettbewerb begehe; 2. der Beklagten diese Verwendung bei Strafe zu verbieten; 3. sie zu verurteilen, ihre Firma innert 30 Tagen nach Rechtskraft des Urteils zu ändern; 4. die Klägerin zur Veröffentlichung des Urteils zu ermächtigen. Die Beklagte widersetzte sich diesen Begehren.
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Das Kantonsgericht und auf Appellation hin am 17. März 1987 auch das Obergericht des Kantons Zug wiesen die Klage ab, weil zwischen dem Dienstleistungsangebot der Klägerin und dem Warenangebot der Beklagten kein Wettbewerbsverhältnis anzunehmen und eine Beeinträchtigung des Namensrechts zu verneinen sei.
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C.- Die Klägerin hat gegen das Urteil des Obergerichts Berufung eingelegt, mit der sie an ihren Rechtsbegehren festhält.
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Die Beklagte beantragt, die Berufung abzuweisen und das angefochtene Urteil zu bestätigen.
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Die Berufung wird vom Bundesgericht dahin gutgeheissen, dass das Urteil des Obergerichts aufgehoben und die Sache zur neuen Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen wird.
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Aus den Erwägungen: | |
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Der Name "CeBIT" dient der Klägerin als Kurzbezeichnung einer Fachmesse, die von ihr jeweils im Frühjahr als Teil der Hannover-Messe veranstaltet wird und einen bestimmten Wirtschaftszweig betrifft. Die Eigenart der Sondermesse erhellt aus der vollständigen Bezeichnung "CeBIT-Welt-Centrum der Büro- und Informationstechnik", die nach den Akten vor allem in der Werbung verwendet wird. Das Kürzel "CeBIT", das auch in der Schreibweise "CEBIT" und "Cebit" vorkommt, hat daher sowohl für sich allein wie zusammen mit dem Zusatz den Charakter eines Handelsnamens im Sinne von Art. 8 PVÜ; beide sind folglich auf dem Gebiet der Schweiz nach Namens- und Wettbewerbsrecht wie inländische Geschäftsbezeichnungen geschützt, wenn und soweit die Beklagte durch die Übernahme der Bezeichnung die Voraussetzungen des unlauteren Wettbewerbes erfüllt oder die Klägerin in ihrem Namensrecht verletzt hat (BGE 98 II 59 /60 mit Hinweisen). Mangels Eintragung der Bezeichnung in einem schweizerischen Register kann die Klägerin sich dabei gegenüber der Beklagten auf einen prioritätsbegründenden Gebrauch berufen, der nach ihrer Werbung auch für das Gebiet der Schweiz zu bejahen ist. Dagegen versucht sie daraus, dass sie den Namen "Cebit" in der Bundesrepublik als Dienstleistungsmarke hinterlegen liess, zu Recht nichts zu ihren Gunsten abzuleiten, da dies nicht auf eine Gleichbehandlung, sondern auf eine Besserstellung hinausliefe.
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Was das Verhältnis zwischen einem Handelsunternehmen und dem Veranstalter einer Fachmesse des gleichen Wirtschaftszweiges insbesondere angeht, ist zu beachten, dass auf solchen Messen vor allem Waren des gehobenen Verbrauchs oder Investitionsgüter und Neuheiten angeboten und verkauft werden; es sind Schauveranstaltungen mit Marktcharakter und besonders grosser Werbewirkung und Attraktivität, weil Interessenten sich mit verhältnismässig geringem Aufwand einen umfassenden Überblick über das gesamte Angebot auf einem Markt verschaffen können. Fachmessen wollen zudem nicht nur bestehende Bedürfnisse decken und Neuheiten zeigen, sondern darüber hinaus neue Bedürfnisse wecken und helfen, neue Absatzgebiete zu gewinnen; sie sind Werbung schlechthin, für die Aussteller wie für den Veranstalter. Das gilt insbesondere für berühmte Messen, die mit internationaler Beteiligung, wie die Hannover-Messe, auf den Export ausgerichtet sind (vgl. dazu Der Grosse Brockhaus und Meyers Enzyklopädisches ![]() | 13 |
b) Angesichts dieser vielfältigen wirtschaftlichen Bedeutung von Fachmessen und deren Werbewirkung, welche die Klägerin nach den bei den Akten liegenden Druckschriften und Presseberichten auch für die "CeBIT" beanspruchen kann, lässt sich vorliegend entgegen der Annahme des Obergerichts nicht sagen, das Verhalten der Beklagten sei mangels einer besondern Beziehung zwischen den Angeboten der Parteien wettbewerbsrechtlich unerheblich. Nach dem angefochtenen Urteil bietet die Klägerin den Herstellern und Händlern von Produkten der Büro- und Informationstechnik vor allem die Möglichkeit, ihre Produkte auszustellen und sie dadurch potentiellen Kunden im direkten Vergleich mit Erzeugnissen und Leistungen anderer Aussteller bekannt zu machen, um sie letztlich auch abzusetzen. Ihr Dienstleistungsangebot erschöpft sich somit nicht darin, dass sie den Ausstellern die dazu notwendige Infrastruktur zur Verfügung stellt; sie verschafft ihnen durch ihren Ruf als Fachmesse, ihre Anziehungskraft und umfangreiche Organisation auch eine aussergewöhnliche Reklame, weshalb sie in deren Werbung um neue Kunden und Märkte als Mitbeteiligte anzusehen ist.
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Die Vorinstanz räumt denn auch ein, die Klägerin habe selber "ein handfestes Interesse" daran, dass aufgrund der Fachmesse viel verkauft wird, potentielle Käufer sich bei ihr über das Marktangebot informieren und gestützt darauf mit Ausstellern ins Geschäft kommen. Wie sehr die "CeBIT" durch die Reklame und Werbung der Klägerin hier bekannt geworden ist, erhellt aus den vom Kantonsgericht übernommenen Zahlen, wonach die grössten ausländischen Aussteller- und Besucheranteile seit Jahren aus der Schweiz stammen. Damit ist die vom Obergericht vermisste Beziehung zwischen den Angeboten der Parteien einerseits und einem zumindest teilweise gemeinsamen Kundenkreis für das Gebiet der Schweiz anderseits erstellt.
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Daran ändert nichts, dass die Klägerin die ausgestellten Erzeugnisse der Büro- und Informationstechnik nicht selber vertreibt und hier keine Sondermessen veranstaltet. Festzuhalten ist vielmehr, dass die Beklagte Ende 1980, als sie ihren Zweck und ihre Firma ändern liess, nicht nur die Kurzbezeichnung der deutschen Fachmesse, sondern in ihrer Werbung und im geschäftlichen Verkehr auch deren Zusatz fast wörtlich übernommen hat. Das braucht sich die Klägerin auch nach schweizerischem Recht nicht gefallen ![]() | 16 |
Art. 1 Abs. 2 lit. d aUWG setzt nicht voraus, dass tatsächlich Täuschungen oder Verwechslungen vorgekommen und nachgewiesen seien; der irreführende Eindruck einer engen Verbindung zwischen den beiden Gesellschaften genügt (BGE 109 II 489 E. 5 mit Hinweisen). Es hilft der Beklagten daher auch nicht, dass die Klägerin sich mit der Werbung für ihre Sondermesse vor allem an ein Fachpublikum wendet, wie die Vorinstanz annimmt. Selbst für Fachleute ist der Schluss auf eine Verbindung der beiden Unternehmen nicht von der Hand zu weisen; er liegt jedenfalls näher als die Annahme einer bloss irreführenden und damit unzulässigen Nachmachung oder Nachahmung des Handelsnamens. Die Klägerin wirft der Beklagten daher mit Recht ein wettbewerbswidriges Verhalten vor; sie hat Anspruch darauf, dass die Beklagte von täuschenden Angaben in der Firma und im Geschäftsverkehr absieht.
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c) Bei diesem Ergebnis kann offenbleiben, ob das Verhalten der Beklagten auch nach Namensrecht zu beanstanden wäre. Zu bemerken ist immerhin, dass die Bezeichnung "CeBIT", insbesondere in Verbindung mit dem ebenfalls streitigen Zusatz, wegen der jährlichen Werbung, wie deren Wirkungen zeigen, auch in der Schweiz zu einem Individualzeichen für die gleichnamige Sondermesse der Klägerin geworden ist (BGE 98 II 67 und BGE 97 II 159 E. 3).
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4. Die Beklagte macht geltend, die Klägerin habe ihr Klagerecht jedenfalls verwirkt, wenn ein Anspruch begründet sein sollte. Eine Verwirkung des Klagerechts wegen verspäteter Rechtsausübung ist nach ständiger Rechtsprechung nicht leichthin anzunehmen; sie setzt insbesondere voraus, dass der Berechtigte die Verletzung seines Rechts während längerer Zeit widerspruchslos hinnimmt (BGE 109 II 340 mit Hinweisen). Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt. Die Klägerin ist bereits 1981, als sie von der streitigen Schweizer Firma Kenntnis erhielt, in Deutschland gegen ![]() | 19 |
Bleibt es aber dabei, dass die Klägerin rechtzeitig geklagt hat, so ist das angefochtene Urteil aus den vorstehenden Erwägungen zum Feststellungsbegehren der Klägerin aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit diese sich zu den weitern Klagebegehren ebenfalls äussert. Das Obergericht hat dabei davon auszugehen, dass der Unterlassungsanspruch der Klägerin aus unlauterem Wettbewerb begründet ist.
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