![]() ![]() | |||
| |||
Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
![]() | ![]() |
90. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 25. September 1990 i.S. H. gegen S. (Berufung) | |
Regeste |
Art. 46 OG; Streitwerterfordernis bei Streitigkeiten über die Höhe von Kinderalimenten. | |
Sachverhalt | |
![]() | 1 |
Aus den Erwägungen: | |
2 | |
a) Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichts kann der im Scheidungsurteil getroffene Entscheid über die Unterhaltspflicht für Kinder nicht nur zusammen mit der Scheidungsfrage, sondern unabhängig vom Vermögenswert der streitigen Leistungen auch selbständig an das Bundesgericht weitergezogen werden. Begründet wird diese Praxis damit, dass die Regelung der Unterhaltspflicht einen notwendigen Bestandteil des Scheidungsurteils und damit keine vermögensrechtliche Zivilrechtsstreitigkeit ![]() | 3 |
b) Im vorliegenden Fall galt es, die elterliche Gewalt über den Sohn X. im Verfahren nach Art. 157 ZGB neu zu regeln. Die Frage der Unterhaltsbeitragspflicht stand somit in einem engen Zusammenhang mit einer nicht vermögensrechtlichen Zivilrechtsstreitigkeit. Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichts wäre die Berufung des Klägers daher unabhängig vom Streitwert zulässig.
| 4 |
In der Lehre ist diese Rechtsprechung allerdings verschiedentlich auf berechtigte Kritik gestossen (HINDERLING, Das schweizerische Ehescheidungsrecht, 3. Aufl., S. 217 Anm. 21; STETTLER, Le droit suisse de la filiation, in: Traité de droit privé suisse, Bd. III/II/1, S. 377; SIEGFRIED SCHULLER, Die Berechnung des Streitwertes, Diss. Zürich 1974, S. 84). Es ist in der Tat kein Grund ersichtlich, weshalb Kinderrenten anders zu behandeln seien als andere vermögensrechtliche Streitigkeiten, die ebenfalls mit einer nichtvermögensrechtlichen Hauptfrage zusammenhängen können, wie dies zum Beispiel für Unterhaltsbeiträge des geschiedenen Ehegatten nach Art. 151 oder Art. 152 ZGB zutreffen kann (nicht veröffentlichter Entscheid vom 19. November 1966 in Sachen Schlatter gegen Bilger, E. 2; ferner BGE 95 II 75 f., BGE 78 II 290 f., BGE 69 II 149, BÜHLER/SPÜHLER, Berner Kommentar, N 56 f. zu Art. 146 ZGB). Wie in diesen Fällen rechtfertigt sich ein Absehen vom Streitwerterfordernis bei Kinderrenten nur dann, wenn der nichtvermögensrechtliche Streitpunkt vor Bundesgericht ebenfalls angefochten wird. Wird hingegen nur die Frage der Beitragspflicht oder deren Höhe mittels Berufung an das Bundesgericht weitergezogen, so muss bei richtiger Betrachtungsweise das Streitwerterfordernis gemäss Art. 46 OG erfüllt sein. Ob der kantonale Richter gemäss Art. 156 oder im Verfahren nach Art. 157 ZGB zusätzlich über die Gestaltung der Elternrechte zu befinden hatte oder nicht, ![]() | 5 |
Bei diesem Ergebnis erweist sich die Berufung des Klägers an sich als unzulässig. Im vorliegenden Fall ist indes eine Ausnahme zu machen, da sich der Kläger gestützt auf die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichts nach Treu und Glauben darauf verlassen durfte, mit der Berufung ein zulässiges Rechtsmittel ergriffen zu haben. Einem Eintreten auf die Berufung steht insoweit somit nichts entgegen.
| 6 |
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR). |