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31. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft gegen Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) |
2C_89/2008 vom 26. Juni 2008 | |
Regeste |
Art. 93 Abs. 5 BV; Art. 7 Ziff. 1 des Europäischen Übereinkommens über das grenzüberschreitende Fernsehen; Art. 6 Abs. 1, 58 Abs. 2, 62 Abs. 2, 64 Abs. 3 und 65 Abs. 1 aRTVG; Art. 4 Abs. 1 und Art. 96 Abs. 3 RTVG; Aufnahmen mit versteckter Kamera bei einem Schönheitschirurgen; individualrechtlicher Persönlichkeitsschutz. | |
Sachverhalt | |
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A. beanstandete die erwähnte Sendung bei der zuständigen Ombudsstelle. Nachdem diese am 4. April 2007 einen Schlussbericht ausgefertigt hatte, erhob A. am 2. Mai 2007 Beschwerde bei der Unabhängigen Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen (UBI). Er kritisierte, dass der Beitrag vom 6. Februar 2007 durch illegale Filmaufnahmen und unzureichende Recherchierarbeit zustande gekommen sei.
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Die UBI hiess die Beschwerde am 31. August 2007 gut und stellte fest, dass der erwähnte Beitrag die Programmbestimmungen verletze. Weiter forderte sie die Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft auf, sie innert 60 Tagen über die getroffenen Vorkehrungen zu unterrichten, um den Mangel zu beheben und in Zukunft gleiche oder ähnliche Rechtsverletzungen zu vermeiden.
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Die Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG) beantragt dem Bundesgericht mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 30. Januar 2008, den Entscheid der UBI vom 31. August 2007 aufzuheben und festzustellen, dass der Beitrag vom 6. Februar 2007 in der Sendung "Kassensturz" über Schönheitschirurgen die Programmrechtsbestimmungen nicht verletze.
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Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut und hebt den angefochtenen Entscheid der UBI auf.
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Aus den Erwägungen: | |
Erwägung 6 | |
6.1 Nach Art. 58 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 21. Juni 1991 über Radio und Fernsehen (aRTVG; AS 1992 S. 601) beurteilt die UBI ![]() | 6 |
6.2 Gemäss ständiger Rechtsprechung bildet Gegenstand dieses Aufsichtsverfahrens ausschliesslich die Einhaltung rundfunkrechtlicher Regeln. Für angebliche Verletzungen anderer Normen (z.B. Strafrecht, Persönlichkeitsrecht, unlauterer Wettbewerb usw.) bleiben die ordentlichen (Zivil- und Straf-)Gerichte zuständig. Die Programmaufsicht dient dem Schutz der unverfälschten Willens- und Meinungsbildung der Öffentlichkeit und nicht in erster Linie der Durchsetzung privater Anliegen (vgl. BGE 132 II 290 E. 3.2.3 S. 296 f.; BGE 122 II 471 E. 2b S. 475 f.; BGE 121 II 359 E. 2a S. 362 f., je mit Hinweisen). Die Veranstalter haben zwar auch die Grundrechte und namentlich die Menschenwürde zu beachten (vgl. Botschaft vom 18. Dezember 2002 zur Totalrevision des Bundesgesetzes über Radio und Fernsehen, BBl 2003 S. 1668 Ziff. 2.1.2.1.2; Art. 4 Abs. 1 des neuen Bundesgesetzes vom 24. März 2006 über Radio und Fernsehen [RTVG; SR 784.40] sowie nachfolgende E. 6.6). Diese gehören aber nur insoweit zu den rundfunkrechtlichen Regeln, deren Einhaltung von der UBI überprüft werden kann, als es sich um programmrelevante, objektive Schutzziele handelt, wie zum Beispiel der Religionsfrieden, die Vermeidung von Rassenhass, der Jugendschutz; dementsprechend sind gemäss Art. 6 Abs. 1 aRTVG etwa Sendungen unzulässig, welche die öffentliche Sittlichkeit gefährden oder in denen Gewalt verharmlost oder verherrlicht wird.
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Dies wollte das Parlament verdeutlichen, als es dem Gesetzesentwurf des Bundesrates auf Vorschlag von Ständerat Rhinow unter anderem ![]() | 9 |
Auch im Zusammenhang mit anderen Bestimmungen hat das Parlament erklärt, dass das Tätigkeitsfeld der UBI einzugrenzen sei und diese demnach im Kompetenzbereich der Straf- und Zivilgerichte keine Entscheide treffen solle (vgl. Voten der Nationalräte David, Zölch, Uchtenhagen, Frey und von Bundesrat Ogi in AB 1989 N 1676 f.).
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6.6 Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem für die Schweiz seit dem 1. Mai 1993 verbindlichen Europäischen Übereinkommen ![]() | 13 |
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7. Wie ausgeführt (vgl. nicht publizierte E. 3), betrachtet die UBI im vorliegenden Fall das Sachgerechtigkeitsgebot als eingehalten; das Publikum werde nicht der Gefahr einer verfälschten Willens- oder Meinungsbildung ausgesetzt. Die diesbezüglichen Erwägungen der UBI sind nicht zu beanstanden. Nach dem Gesagten überschreitet diese aber mit ihrer Feststellung, die Persönlichkeit des Schönheitschirurgen R. sei verletzt worden, die ihr nach dem Bundesgesetz vom 21. Juni 1991 über Radio und Fernsehen eingeräumte Prüfungskompetenz bzw. Zuständigkeit. Die Beschwerde der SRG erweist sich demnach als begründet und ist gutzuheissen; der angefochtene Entscheid der UBI ist aufzuheben. Damit ist nicht gesagt, dass keine Persönlichkeitsverletzung vorliegt. Darüber werden aber die zuständigen Stellen, die der direkt Betroffene angerufen hat, befinden müssen.
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