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26. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. Eheleute A. und Mitb. gegen I. AG, Baudirektion und Regierungsrat des Kantons Zug (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) |
1C_212/2009 / 1C_214/2009 vom 2. Juni 2010 | |
Regeste |
Art. 89 Abs. 1 und Art. 111 Abs. 1 BGG; Art. 33 Abs. 3 lit. a RPG; Art. 11 Abs. 2 USG; Beschwerde- und Einspracheberechtigung von Anwohnern einer Deponie. | |
Sachverhalt | |
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Während der öffentlichen Auflage des Nutzungsplanungs- und Bewilligungsprojekts gingen 121 Einsprachen ein.
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Mit Verfügung vom 30. September 2008 erteilte die Baudirektion des Kantons Zug die Errichtungsbewilligung für die Inertstoffdeponie. Die Bewilligung steht unter dem Vorbehalt der Rechtskraft der kantonalen Nutzungszone "Stockeri" und enthält verschiedene Auflagen und Bedingungen. Auf die Einsprachen "aus dem Raum Buonas, Risch und Seefeld (Gemeinde Risch)" trat die Baudirektion "wegen fehlendem Berührtsein und fehlendem schutzwürdigen Interesse" nicht ein.
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Gegen die Errichtungsbewilligung für die Deponie "Stockeri" und gegen die kantonale Nutzungszone für Abfallanlagen "Stockeri" erhoben unter anderem acht Personen bzw. Eheleute aus Risch Beschwerde beim Verwaltungsbericht des Kantons Zug. Mit Urteil vom 31. März 2009 wies das Verwaltungsgericht die Beschwerden ab. Die Vorinstanzen hätten die Einspracheberechtigung der Beschwerdeführenden zu Recht verneint.
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Gegen dieses Urteil des Verwaltungsgerichts führen mehrere Personen aus der Gemeinde Risch beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Sie reichten zwei weitgehend identische Beschwerdeschriften ein und beantragen, es sei festzustellen, dass sie einsprache- und beschwerdelegitimiert seien. Der Entscheid des Verwaltungsgerichts vom 31. März 2009 sei aufzuheben.
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Am 3. Mai 2010 führte eine Delegation des Bundesgerichts einen Augenschein bei der geplanten Deponie durch.
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Das Bundesgericht heisst die Beschwerde teilweise gut.
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(Zusammenfassung)
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Aus den Erwägungen: | |
Erwägung 2 | |
2.1 Gemäss Art. 33 Abs. 3 lit. a RPG (SR 700) gewährleistet das kantonale Recht gegen Nutzungspläne und raumplanerische Verfügungen (z.B. Baubewilligungen gemäss Art. 22 RPG) die Legitimation mindestens im gleichen Umfang wie für die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht. Ferner schreibt Art. 111 BGG die Einheit des Verfahrens vor: Wer zur ![]() | 10 |
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2.3 Die Behauptung allein, jemand sei von den Folgen einer Baubewilligung betroffen, genügt nicht, um die Beschwerdebefugnis zu begründen. Vielmehr muss aufgrund des konkreten Sachverhalts das ![]() | 12 |
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2.3.2 Wird die Einsprache- und Rechtsmittelbefugnis aus den Immissionen des Zubringerverkehrs abgeleitet, so müssen diese für den Beschwerdeführer deutlich wahrnehmbar sein, damit er zur Beschwerde legitimiert ist (BGE 113 Ib 225 E. 1c S. 228 f.; BGE 110 Ib 99 E. 1c S. 102). In Grenzfällen besteht ein Beurteilungsspielraum, bei dessen Ausübung einerseits eine kaum mehr zu begrenzende Öffnung des Beschwerderechts zu vermeiden ist und andererseits die Schranken auch nicht zu eng gezogen werden dürfen, um nicht die vom Gesetzgeber gewollte Überprüfung der richtigen Rechtsanwendung in Fällen, in denen der Beschwerdeführer ein aktuelles und schützenswertes Interesse besitzt, auszuschliessen (BGE 112 Ib 154 E. 3 S. 159 mit Hinweis). Das Bundesgericht prüft die Legitimationsvoraussetzungen in einer Gesamtwürdigung anhand der im ![]() | 14 |
So hat das Bundesgericht die Beschwerdeberechtigung verneint in Bezug auf Personen, die in einer Entfernung von rund 250 m bis 1,7 km vom an zentraler Lage in der Innenstadt von Zürich geplanten Casinobetrieb wohnten, weil keine deutlich wahrnehmbare zusätzliche Lärmimmissionen an den bereits vorbelasteten Strassenabschnitten zu erwarten waren (Urteil des Bundesgerichts 1C_405/2008 vom 18. März 2009). In gleicher Weise wurde die Beschwerdelegitimation verneint beim Zufahrtsverkehr zu einer Kiesgrube, weil sich das Grundstück der Beschwerdeführerin in einem hinreichenden Abstand von 60 m zur Kieswerkstrasse jenseits einer Böschung sowie eines kleinen Waldsaums befand, sodass die Immissionen aus dem Kiesgrubenverkehr für sie nicht mehr deutlich wahrnehmbar waren (Urteil des Bundesgerichts 1A.77/2000 vom 7. Februar 2001 E. 2d). In Bezug auf Anwohner der Zufahrt zu einer Tongrube, in welcher eine Inertstoffdeponie eingerichtet werden sollte, bejahte das Bundesgericht die Einsprache- und Beschwerdeberechtigung (Urteil 1C_362/2008 vom 27. April 2009). Ebenfalls bejaht wurde die Legitimation bei Personen, welche ungefähr einen Kilometer vor der Einfahrt in ein Kiesgrubengelände wohnten, wenn während 40 bis 50 Jahren durchschnittlich mit 120 Hin- und Rückfahrten pro Tag zu rechnen war (BGE 113 Ib 225 E. 1c S. 228 f.). Bei Lärmimmissionen des Verkehrs zu einem regionalen Einkaufszentrum bezeichnete das Bundesgericht die Bejahung der Legitimation bei einer Verkehrszunahme von 10 % als recht- und zweckmässig. Dabei wurde davon ausgegangen, dass eine Steigerung des durchschnittlichen täglichen Verkehrs (DTV) um 25 % zu einer Erhöhung des Verkehrslärmpegels um 1dB(A) führte und eine solche wahrgenommen werden könne (Urteil des Bundesgerichts 1A.148/2005 vom 20. Dezember 2005 E. 3.5 f., in: ZBl 107/2006 S. 609; URP 2006 S. 144).
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2.5.1 Der bundesgerichtliche Augenschein hat gezeigt, dass die Kantonsstrasse, von welcher die Deponiezufahrt abzweigt und an welcher ein Teil der Beschwerdeführer wohnt, heute kaum von Lastwagen befahren wird. Der Schwerverkehr zwischen Rotkreuz und Küssnacht a.R. wird im Wesentlichen über die Autobahn N 4 abgewickelt. Der Deponiebetrieb hängt zu einem beträchtlichen Teil von der Lieferung des Deponieguts über die Kantonsstrasse (Küssnachterstrasse) ab. Gemäss dem Umweltverträglichkeitsbericht (Kapitel 4.3 ![]() | 19 |
2.5.2 In Abweichung von diesem nach dem Umweltverträglichkeitsbericht wahrscheinlichen Verkehrsablauf spricht sich der Regierungsrat für eine Aufteilung des Lastwagenverkehrs auf drei Achsen aus: Vor dem Hintergrund, dass der Hauptanteil des Deponieguts aus dem nördlichen Teil des Einzugsgebiets stamme, wo sich rund 81 % der Bevölkerung und der Arbeitsplätze befinden, soll sich der Deponieverkehr nach Ansicht des Regierungsrats gleichmässig auf zwei Achsen von Norden und eine Achse von Süden aufteilen. Zur Verfügung stehen von Norden her ab Autobahnanschluss Rotkreuz die Route Holzhäusern-Buonas-Risch und die Route Rotkreuz-Meierskappel-Risch. Von Süden wird die Deponie ab Autobahnanschluss Küssnacht a.R. über die Kantonsstrasse Richtung Risch erreicht. Das ergäbe für jede dieser Routen einen Anteil am gesamten Lastwagenverkehr von etwa 30 % (je 7'150 Fahrten pro Jahr). Für diese Verkehrsverteilung spreche, dass der überwiegende Teil des Deponieguts aus dem Nordteil des Einzugsgebiets stamme. Für Lastwagen aus diesem Gebiet würde der Umweg von 5 km über die Autobahnausfahrt Küssnacht a.R. Mehrkosten von ca. Fr. 40.- pro Fahrt bedeuten (Schwerverkehrsabgabe und LKW-Mehrbenützung). Dies führe bei einer voraussichtlichen Betriebsdauer von acht Jahren zu Zusatzkosten von insgesamt 5,75 Mio. Franken. Es sei somit aus wirtschaftlichen Gründen angezeigt, die erwähnten kürzeren Zufahrtsrouten von Norden her zu wählen. Ein Verkehrsanteil aus Süden von ![]() | 20 |
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2.5.4 Der auf der Kantonsstrasse ab Autobahnausfahrt Küssnacht a.R. bis zur Abzweigung der Stockeristrasse entstehende Lastwagenverkehr erweist sich nach den zutreffenden Darlegungen des BAFU angesichts der erheblichen Veränderung der Verkehrszusammensetzung als deutlich wahrnehmbar, auch wenn die Lärmzunahme rein rechnerisch unter 1 dB(A) liegt. Dies trifft insbesondere auf die Liegenschaften Stotzenackerweg 1 und 3 zu, welche von der ![]() | 22 |
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