BGE 142 II 293 | |||
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25. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. Steuerverwaltung des Kantons Wallis gegen Amherd (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) |
2C_860/2014 / 2C_861/2014 vom 24. Mai 2016 | |
Regeste |
Art. 25, 26 Abs. 1 lit. c DBG; Abzug von persönlichen Wahlkampfkosten als Gewinnungskosten. | |
Sachverhalt | |
A. Die Steuerpflichtige Viola Amherd ist seit 2005 Mitglied des Nationalrats und schaffte in den Jahren 2007, 2011 und 2015 die Wiederwahl. Im Jahr 2011 entrichtete sie Beiträge in der Höhe von Fr. a an die Christlichdemokratische Volkspartei Oberwallis (CVPO), auf deren Liste sie kandidierte. In der Steuererklärung 2011 machte sie diese Beiträge als Zuwendungen an juristische Personen zum Abzug geltend. Zudem fielen ihr im Jahr 2011 zusätzliche persönliche Wahlkampfkosten in der Höhe von Fr. b an, welche sie als Berufsauslagen bzw. Gewinnungskosten in Abzug brachte.
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B.
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B.a In der Veranlagung vom 21. März 2013 akzeptierte die kantonale Steuerverwaltung von den geltend gemachten Fr. a einen Betrag von Fr. c (direkte Bundessteuer) bzw. Fr. d (Kantons- und Gemeindesteuern) als Zuwendung an politische Parteien; die Nichtgewährung der restlichen Parteibeiträge (Fr. e für die direkte Bundessteuer bzw. Fr. f für die Kantons- und Gemeindesteuern) wurde von der Steuerpflichtigen in der Folge akzeptiert. Den Abzug der persönlichen Wahlkampfkosten von Fr. b lehnte die Steuerverwaltung vollumfänglich ab, da es sich nicht um Gewinnungskosten, sondern um persönliche Lebenshaltungskosten handle.
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B.b Die gegen diese Veranlagung erhobene Einsprache wies die kantonale Steuerverwaltung mit Entscheid vom 21. Juni 2013 ab. Die von Viola Amherd dagegen erhobene Beschwerde hiess die Steuerrekurskommission des Kantons Wallis mit Urteil vom 18. Juni 2014 für die direkte Bundessteuer 2011 wie für die Kantons- und Gemeindesteuern 2011 gut. Sie kam dabei zum Schluss, dass persönliche Wahlkampfkosten, Wahlkampfbeiträge an die Partei und andere mit der Wahl in direktem Zusammenhang stehende Auslagen bei einer Wiederwahl - unabhängig des Erfolgs - als Berufsunkosten bzw. Gewinnungskosten zum Abzug zuzulassen seien.
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C. Mit Eingabe vom 19. September 2014 erhebt die Steuerverwaltung des Kantons Wallis Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht. Sie beantragt, das Urteil der Steuerrekurskommission vom 18. Juni 2013 (recte: 2014) betreffend die Kantons-, Gemeinde- und direkte Bundessteuer 2011 sei aufzuheben. Das steuerbare Nettoeinkommen von Viola Amherd sei auf Fr. g (direkte Bundessteuer) bzw. Fr. h (Kantons- und Gemeindesteuer) festzusetzen.
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Viola Amherd beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden könne. Die Eidgenössische Steuerverwaltung schliesst auf Gutheissung der Beschwerde. Die Vernehmlassung der kantonalen Steuerrekurskommission erfolgte verspätet und ist aus diesem Grund aus dem Recht zu weisen.
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Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut.
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Aus den Erwägungen: | |
Erwägung 1 | |
1.1 Beim angefochtenen Urteil handelt es sich um einen kantonal letztinstanzlichen Endentscheid über die Kantons- und Gemeindesteuern bzw. die direkte Bundessteuer. Dagegen steht gemäss Art. 82 ff. BGG in Verbindung mit Art. 73 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (StHG; SR 642.14) und Art. 146 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer (DBG; SR 642.11) die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht grundsätzlich offen. Die Beschwerde ist unter Einhaltung der gesetzlichen Frist (Art. 100 Abs. 1 BGG) und Form (Art. 42 BGG) von einer gemäss Art. 73 Abs. 2 StHG bzw. Art. 146 DBG in Verbindung mit Art. 89 Abs. 2 lit. d BGG legitimierten Behörde eingereicht worden.
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Unter diesen Umständen ist der Beschwerdeführerin nicht vorzuwerfen, nicht zwei getrennte Beschwerden eingereicht zu haben; aus ihrer Eingabe geht deutlich hervor, dass sie beide Steuerarten betrifft (BGE 135 II 260 E. 1.3.3 S. 264; Urteil 2C_1086/2012 / 2C_1087/2012 vom 16. Mai 2013 E. 1.1). Das Bundesgericht hat hier für die Kantons- und Gemeindesteuern (2C_860/2014) und die direkte Bundessteuer (2C_861/2014) getrennte Dossiers angelegt. Da beide Verfahren auf demselben Sachverhalt beruhen und sich dieselben Rechtsfragen stellen, sind die Verfahren zu vereinigen und die Beschwerde ist in einem einzigen Urteil zu erledigen (vgl. Art. 71 BGG in Verbindung mit Art. 24 BZP [SR 279]; BGE 131 V 59 E. 1 S. 60 f. mit Hinweis).
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1.3 Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist somit weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen oder eine Beschwerde mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen.
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I. Direkte Bundessteuer
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Erwägung 2 | |
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2.3 Die Vorinstanz hat dazu ausgeführt, dass persönliche Wahlkampfkosten, Wahlkampfbeiträge an die Partei und andere mit der Wahl in direktem Zusammenhang stehende Auslagen bei einer Wiederwahl als Berufsunkosten bzw. Gewinnungskosten zum Abzug zuzulassen seien und dies unabhängig davon, ob der oder die Amtierende wiedergewählt werde oder nicht. Zur Begründung hat die Vorinstanz dargelegt, in den letzten Jahren habe sich die Praxis zur Abzugsfähigkeit von persönlichen Wahlkampfkosten als Gewinnungskosten auch in anderen Kantonen konkretisiert, wobei eine erwünschte Differenzierung zwischen einer Erstwahl und einer Wiederwahl vorgenommen worden sei. Bei einer Erstwahl sei ein Abzug nicht möglich, da es um die Schaffung einer neuen Erwerbsquelle gehe. Bei einer Wiederwahl erfolgten hingegen die Aufwendungen für den Wahlkampf aus beruflichen bzw. geschäftlichen Gründen. Dabei gehe es nicht um Aufwendungen zur Schaffung, Erweiterung oder Verbesserung einer Einkommensquelle, sondern einzig um den Erhalt einer bereits bestehenden Einkommensquelle. Zudem rechtfertige sich der Abzug der Wahlkampfkosten bei einer Wiederwahl auch aus Gründen der Rechtsgleichheit, da in den meisten Kantonen die Wahlauslagen der Selbständigerwerbenden als geschäftsmässig begründeter Aufwand zum Abzug zugelassen werde.
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Erwägung 3 | |
3.1 Vorab ist festzuhalten, dass der Begriff der Berufskosten nach Art. 26 DBG nicht nur sogenannte "finale Aufwendungen" umfasst, die unmittelbar für die Erzielung des Einkommens getätigt werden und mit ihr in einem direkten ursächlichen Zusammenhang stehen. Abzugsfähig sind unter Umständen auch sog. "kausale Kosten", die Folge der Einkommenserzielung sind und direkt durch die berufliche Tätigkeit verursacht werden (Urteile 2C_692/2013 vom 24. März 2014 E. 4.3, in: StR 69/2014 S. 531; 2C_465/2011 vom 10. Februar 2012 E. 2.2, in: StR 67/2012 S. 429).
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Das Gesetz spricht bei den hier relevanten "übrigen Berufskosten" nach Art. 26 Abs. 1 lit. c DBG von den "für die Ausübung des Berufes erforderlichen Kosten" und lässt damit nicht jedweden Zusammenhang zur Einkommenserzielung genügen (vgl. Art. 1 Abs. 1 BKV; Urteil 2C_566/2008 vom 16. Dezember 2008 E. 4.3, in: StE 2009 B 22.3 Nr. 99). Eine klare Abgrenzung der Gewinnungskosten zu den nicht abziehbaren Lebenshaltungskosten (Art. 34 lit. a DBG) fällt mitunter schwer, wie sich etwa an den Beispielen der Mandatssteuern oder Standeskosten zeigt (Art. 1 Abs. 2 BKV; BGE 124 II 29 E. 5b S. 37; BGE 100 Ib 480 E. 3a S. 481; 78 I 145 E. 1 S. 149).
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3.3 Die Ausübung eines politischen Amtes ist steuerrechtlich unbestrittenermassen als unselbständige Erwerbstätigkeit zu qualifizieren (BGE 124 II 29 E. 4d S. 35; RICHNER/FREI/KAUFMANN/MEUTER, Handkommentar zum DBG, 2. Aufl. 2008, N. 26 zu Art. 17 DBG und N. 47 zu Art. 26 DBG). Bei Einkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit werden praxisgemäss jene Kosten zugelassen, die objektiv notwendig sind, um die betreffenden Einkünfte zu erzielen. Im Lichte der von der Vorinstanz und der Beschwerdegegnerin angerufenen Rechtsgleichheit sind zwar unselbständig und selbständig Erwerbende nicht grundsätzlich unterschiedlich zu behandeln, zumal der Gesetzgeber bewusst die Abzugsmöglichkeiten der unselbständig Erwerbenden denjenigen der selbständig Erwerbenden angleichen wollte (BGE 124 II 29 E. 3b S. 32 f. mit Hinweisen; vgl. auch PHILIP FUNK, Der Begriff der Gewinnungskosten nach schweizerischem Einkommenssteuerrecht, 1989, S. 145 ff.). Trotzdem ist zu berücksichtigen, dass für unselbständig Erwerbende Gewinnungskosten nur im Rahmen der gesetzlichen Umschreibung von Art. 26 Abs. 1 lit. a-c DBG abgezogen werden können. Danach sind bei unselbständiger Erwerbstätigkeit - abgesehen von den Weiterbildungs- und Umschulungskosten - nur die "notwendigen" bzw. "erforderlichen" Kosten abziehbar (BGE 124 II 29 E. 3b S. 33 mit Hinweisen).
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In die gleiche Richtung zielt im Übrigen auch Art. 1 Abs. 1 BKV, wonach als steuerlich abziehbare Berufskosten der unselbständigen Erwerbstätigkeit Aufwendungen gelten, die für die Erzielung des Einkommens erforderlich sind und in einem direkten ursächlichen Zusammenhang dazu stehen.
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3.5 Die notwendige finale oder kausale Verknüpfung zwischen den Aufwendungen bzw. Kosten einerseits und der Einkommenserzielung andererseits setzt nach dem Ausgeführten unter anderem auch einen zeitlichen Konnex der Aufwendungen mit einer aktuell ausgeübten Tätigkeit voraus. Danach können Aufwendungen nur insofern als Gewinnungskosten qualifiziert werden, als sie zeitgleich mit der Einkommenserzielung anfallen; so werden beispielsweise die Kosten einer erwerbstätigen Person für die Suche einer neuen Stelle praxisgemäss nicht als Gewinnungskosten qualifiziert, sondern als Lebenshaltungskosten betrachtet. Anders zu beurteilen wäre mit Blick auf den erforderlichen Konnex dagegen die Situation in Bezug auf Auslagen bei der Stellensuche von steuerpflichtigen Personen, welche Arbeitslosentaggelder beziehen, weil deren Ersatzeinkommen von Bewerbungen abhängig ist (Urteil 2C_681/2008 vom 12. Dezember 2008 E. 3.3, in: StR 64/2009 S. 380).
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Erwägung 4 | |
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4.2 Die Beschwerdegegnerin hat die hier in Frage stehenden Aufwendungen im Jahr 2011 getätigt. Die Nationalratswahlen fanden am 23. Oktober 2011 statt. Die Mitglieder des Nationalrats werden auf eine Amtsdauer von vier Jahren gewählt (Art. 145 BV). Mit anderen Worten: Die der Beschwerdegegnerin im Verlauf des Jahres 2011 angefallenen Wahlkampfkosten betreffen nicht die - im Zeitpunkt des angefochtenen Entscheides - noch laufende Amtsperiode, sondern die darauf folgende Amtsperiode (Dezember 2011 bis Dezember 2015). Unter diesen Umständen muss den geltend gemachten Wahlkampfkosten der für Gewinnungskosten notwendige, unmittelbare Zusammenhang mit der aktuellen Berufstätigkeit schon aufgrund der fehlenden zeitlichen Kongruenz abgesprochen werden. Zwar trifft es zu, dass Wahlkampfaufwendungen heute faktisch unvermeidlich sind, um (wieder) gewählt zu werden, wie die Vorinstanz und die Beschwerdegegnerin geltend machen. Wie aber die kantonale Steuerverwaltung zu Recht ausführt, erfolgten die Ausgaben in Hinblick auf die Erzielung eines künftigen Einkommens, dessen tatsächliche Realisierung indes als unsicher zu bezeichnen ist. Nicht von entscheidender Bedeutung ist dabei - entgegen der Ansicht der Vorinstanz - die Frage, ob es sich um eine Erstwahl oder eine Wiederwahl handelt, da in beiden Fällen die Amtsträger jeweils auf eine feste vierjährige Amtsdauer gewählt werden. Die Wahlkampfkosten beziehen sich somit in beiden Fällen auf die jeweils dem Wahltermin folgende Amtsperiode, für welche die Kandidierenden das Mandat noch gar nicht gewonnen haben.
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Die von der Vorinstanz vorgenommene Unterscheidung zwischen einer Erstwahl und einer Wiederwahl würde zudem heikle Abgrenzungsfragen, insbesondere in Hinblick auf den Grundsatz der Gleichbehandlung aufwerfen. Gleiches gilt im Übrigen in Bezug auf die Wahlkampfkosten von nicht gewählten Kandidierenden bzw. von Kandidierenden, die erst im Verlaufe einer Amtsperiode (z.B. aufgrund eines Rücktritts oder eines Todesfalls) in den Nationalrat nachrutschen.
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4.4 Dies führt insgesamt zum Schluss, dass die persönlichen Wahlkampfkosten der Steuerpflichtigen nicht als abzugsfähige Gewinnungskosten im Sinne von Art. 25 bzw. Art. 26 Abs. 1 lit. c DBG betrachtet werden können und damit der angefochtene Entscheid gegen Bundesrecht verstösst.
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II. Kantons- und Gemeindesteuern
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Erwägung 5 | |
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5.2 Demnach erweist sich die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten betreffend die Kantons- und Gemeindesteuern ebenfalls als begründet und ist gutzuheissen. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben und das steuerbare Einkommen der Steuerpflichtigen gemäss dem Einspracheentscheid der Kantonalen Steuerverwaltung vom 21. Juni 2013 festzusetzen. (...)
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