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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server, A. Tschentscher | |||
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71. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 3. Oktober 1995 i.S. F. gegen Stätzerhorn Ski- und Sessellift AG (Berufung) | |
Regeste |
Verkehrssicherungspflicht; Haftung der Bergbahnunternehmen für die Sicherheit auf den Skipisten. |
Anforderungen an den Beweis des Kausalzusammenhanges zwischen der unterlassenen Sicherung und dem eingetretenen Schaden (E. 5). | |
Sachverhalt | |
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Am 3. April 1979 eröffnete die Staatsanwaltschaft Graubünden eine Strafuntersuchung wegen fahrlässiger Körperverletzung zum Nachteil von F., welche mit Verfügung vom 16. Mai 1979 eingestellt wurde.
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Mit Schreiben vom 2. Mai 1988 teilte F. der Stätzerhorn Ski- und Sessellift AG (nachstehend: Stätzerhorn AG) mit, sie sei als Verantwortliche für die Skipiste ihren Verkehrssicherungspflichten nicht genügend nachgekommen und daher für die Unfallfolgen haftpflichtig.
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B.- Nach erfolglosem Sühneverfahren klagte F. am 6. September 1991 beim Bezirksgericht Plessur gegen die Stätzerhorn AG auf Bezahlung einer Genugtuungssumme von Fr. 100'000.-- zuzüglich Zins von 5% seit 2. Februar 1979. Das Bezirksgericht wies die Klage mit Urteil vom 16. März 1993 ab.
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Eine von F. eingereichte Berufung wurde vom Kantonsgericht von Graubünden am 19. Januar 1994 abgewiesen.
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C.- F. erhebt eidgenössische Berufung und beantragt, das Urteil des Kantonsgerichts sei aufzuheben und die Stätzerhorn AG sei zu verurteilen, ihm unter Vorbehalt der Mehrforderung eine Genugtuungssumme von Fr. 100'000.-- zuzüglich Zins zu 5% seit dem 2. Februar 1979 zu bezahlen. Eventuell sei die Sache zwecks Festlegung der Höhe der Genugtuungssumme und subeventuell zur Ergänzung des Sachverhaltes an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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Die Stätzerhorn AG schliesst auf Abweisung der Berufung, soweit darauf eingetreten werden könne.
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Der Kläger macht demgegenüber geltend, die Sicherung der Unfallstelle sei erforderlich und zumutbar gewesen.
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a) Es ist allgemein anerkannt, dass Bergbahn- und Skiliftunternehmen, welche Skipisten erstellen und diese für den Skilauf öffnen, grundsätzlich verpflichtet sind, die zur Gefahrenabwehr zumutbaren Vorsichts- und Schutzmassnahmen vorzukehren (BGE 115 IV 189 E. 3a S. 191 f. mit Hinweis; HANS-KASPAR STIFFLER, Schweizerisches Skirecht, 2. Auflage, 1991, S. 107 Rz. 407). Diese sogenannte Verkehrssicherungspflicht ergibt sich aus der allgemeinen Schutzpflicht dessen, der einen Gefahrenzustand schafft und ist insoweit deliktischer Natur (STIFFLER, a.a.O., S. 108 Rz. 409 f.; NOLL/TRECHSEL, Schweizerisches Strafrecht, Allgemeiner Teil I, 4. Auflage, S. 225). Bergbahnunternehmen haften aber auch vertraglich für die Sicherheit auf den Skipisten, weil sich die Skifahrer nach dem Vertrauensgrundsatz darauf verlassen dürfen, dass jene nicht nur für den Transport sondern auch für die Pistensicherheit und den Rettungsdienst sorgen (BGE 113 II 246 E. 6c S. 250). Der beträchtliche Aufwand für diese Dienste wird denn auch fast ausschliesslich von den Bahnunternehmungen finanziert und ist damit im Preis der im Winter üblichen Tages- und Wochenkarten inbegriffen (BGE 113 II 246 E. 6b S. 249; STIFFLER, a.a.O., S. 115 Rz. 435). Ob die Haftungsgrundlage vertraglicher oder ausservertraglicher Natur ist, ändert aber nichts am Inhalt der Verkehrssicherungspflicht (BGE 113 II 246 E. 3 S. 247; STIFFLER, a.a.O., S. 115 Rz. 436). Diese verlangt zum einen, dass Skifahrer vor Gefahren zu schützen sind, welche nicht ohne weiteres erkennbar sind und sich daher als eigentliche Fallen erweisen (BGE 115 IV 189 E. 3c S. 194, BGE 111 IV 15 E. 2 S. ![]() ![]() | 10 |
b) Die Verbindungspiste nach Churwalden bildete an der Unfallstelle einen für die Skifahrer nicht vermeidbaren etwa fünf Meter breiten Engpass, welcher durch Bäume und einen Baumstrunk begrenzt wurde. Die Piste vor diesem Engpass führte ungefähr 130 Meter durch offenes Gelände, war zirka sieben Meter breit und wies auf den letzten 30 Metern vor der Unfallstelle ein Gefälle von ungefähr 25% auf. Bei jedem Skifahrer, der auf diesem schmalen und recht steilen Pistenabschnitt stürzte, bestand daher die Gefahr, dass er gegen den Engpass hin weitergleitete, dort mit dem Baumstrunk oder einem Baum kollidierte und sich dabei - wie im vorliegende Fall - schwer verletzte. Die Skipiste stieg zudem nach dem Engpass wieder an, was erfahrungsgemäss dazu führt, dass die Skifahrer versuchen, genügend schnell zu fahren, um die Gegensteigung problemlos meistern zu können und damit auch eine unerwünschte Blockierung der Piste durch langsam hinaufsteigende Skifahrer zu vermeiden. Die Beklagte musste daher damit rechnen, dass die Skifahrer den Engpass, welcher an sich an das fahrerische Können nur geringe Anforderungen stellte, mit einer relativ hohen Geschwindigkeit durchqueren, was die Wahrscheinlichkeit von Stürzen, welche zu schweren Verletzungen führen, erhöhte. Aufgrund dieser besonderen Umstände stellten der Baumstrunk und die Lärchen an der Unfallstelle eine erhebliche Gefahrenquelle dar, welche hätte gesichert werden müssen. Die nachträglich vorgenommene Polsterung der Bäume zeigt, dass die Sicherung dieser Gefahr mit geringem Aufwand möglich war. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz ist die allgemeine Sicherung derartiger Gefahrenquellen im Verhältnis zur Wahrscheinlichkeit eines Unfalles und der Schwere der zu verhindernden Verletzungen nicht unverhältnismässig. Es war der Beklagten daher auch dann zumutbar, die speziell exponierten Bäume an der Unfallstelle, welche nicht Teil eines Waldsaumes entlang der Verbindungspiste bildeten, zu sichern, wenn berücksichtigt wird, dass diese gemäss der Feststellung der Vorinstanz noch weitere vergleichbare Situationen aufwies. Der Sachverhalt bedarf diesbezüglich keiner Ergänzung.
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Aus dem Gesagten geht hervor, dass die Beklagte ihre Verkehrssicherungspflicht verletzte, indem sie es unterliess, den Baumstrunk und die Bäume an der Unfallstelle zu sichern.
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Die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz enthalten bezüglich der Fahrgeschwindigkeit des Klägers und dem Kollisionsvorgang selbst nur sehr ungenaue Angaben. Der vorinstanzlich festgestellte Sachverhalt bietet deshalb keine genügende Grundlage, um über die hypothetische Kausalität entscheiden zu können. Er erlaubt es auch nicht, das mögliche von der Beklagten ebenfalls geltend gemachte Selbstverschulden des Klägers zu beurteilen. Ein solches könnte allenfalls zu einer Haftungsreduktion oder, wenn es als grob zu qualifizieren wäre, zur Unterbrechung des adäquaten Kausalzusammenhanges führen (BGE 116 II 519 E. 4b S. 524, BGE 81 II 450 E. 3 S. 454; HAGENBUCHER, a.a.O., S. 105). Die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz bedürfen somit der Vervollständigung im Sinne von Art. 64 Abs. 1 OG. Der angefochtene Entscheid ist daher aufzuheben und zur Ergänzung des Sachverhaltes und zur neuen Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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