![]() ![]() | |||
| |||
Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
![]() | ![]() |
52. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. C. Inc. gegen S. AG und T. AG (Beschwerde in Zivilsachen) |
4A_305/2007 vom 3. März 2008 | |
Regeste |
Patentverletzung; Gewinnherausgabe nach Art. 423 OR. | |
Sachverhalt | |
1 | |
A.a Die C. Inc. mit Sitz in den USA (Klägerin und Beschwerdeführerin) befasst sich mit Ladendiebstahl-Sicherungssystemen. Sie ist Inhaberin des Europäischen Patents EP 1 (Resonanzetikette) und besitzt die Rechte am Schweizer Patent CH 2.
| 2 |
Die S. AG (Beklagte und Beschwerdegegnerin 1) ist eine Tochtergesellschaft der US-amerikanischen E. Ltd., die ebenfalls im Bereich der Ladensicherheitssysteme tätig ist. Sie vertreibt unter anderem Sicherheitssysteme und Erkennungsetiketten auf der Basis der Radiofrequenztechnologie.
| 3 |
Die T. AG (Beklagte und Beschwerdegegnerin 2) arbeitet in Teilbereichen mit der Beschwerdegegnerin 1 zusammen. Sie stellt Resonanzetiketten her, die mit den Sicherheitssystemen der Beschwerdeführerin kompatibel sind, und vertreibt diese.
| 4 |
A.b Am 21. April 1998 gelangte die Beschwerdeführerin an das Kantonsgericht Zug unter anderem mit den Begehren, es sei ![]() | 5 |
A.c Mit Teilurteil vom 29. November 2001 stellte das Kantonsgericht des Kantons Zug fest, dass die Beschwerdegegnerinnen durch Herstellung, Anpreisung, Feilbieten, Verkauf und Inverkehrbringen sowie durch die gewerbliche Benutzung der Etiketten gemäss Anlage I das europäische Patent EP 1 und das Schweizer Patent CH 2 der Beschwerdeführerin verletzten. Das Gericht sprach das beantragte Verbot aus und verpflichtete die Beschwerdegegnerinnen, dem Kantonsgericht innert 30 Tagen nach Rechtskraft des Teilurteils Auskunft zu erteilen über Gestehungskosten, Einkaufspreise, Umsatz und erzielte Erlöse im Zusammenhang mit Etiketten gemäss Anlage I durch Herausgabe der Buchhaltung und aller Belege über den Verkauf oder anderweitiges Inverkehrbringen von resonanzfähigen Etiketten.
| 6 |
Das Bundesgericht wies die Berufung der Beschwerdegegnerinnen gegen dieses Teilurteil am 11. April 2002 ab (Verfahren 4C.26/2002).
| 7 |
B. Mit Urteil vom 21. Juni 2007 verpflichtete das Kantonsgericht des Kantons Zug die Beschwerdegegnerin 1, der Beschwerdeführerin Fr. 28'550.- zuzüglich Zins zu 5 % auf Fr. 14'275.- vom 1. Januar bis 31. Dezember 2002 und auf Fr. 28'550.- seit 1. Januar 2003 zu bezahlen; im Übrigen wies es die Klage ab. Die Klageabweisung betrifft insbesondere die Forderung auf Herausgabe des Gewinns der Beschwerdegegnerin 2 von insgesamt Fr. 1'299'378.- mit Zins zu unterschiedlichen Fälligkeiten. Das Gericht holte eine Expertise zum Gewinn ein, den die Beschwerdegegnerinnen mit den in Verletzung des Patents der Beschwerdeführerin hergestellten Etiketten erzielt hatten. Gestützt darauf wurde die Beschwerdegegnerin 1 verpflichtet, den Nettoerlös für die Jahre 1996 bis 2002 in Höhe von insgesamt Fr. 28'550.- herauszugeben. Dagegen folgte das Gericht der Beschwerdeführerin nicht, soweit diese den massgebenden Gewinn der Beschwerdegegnerin 2 für die Zeit vom 1. April 1992 bis 31. März 1996 aus den umstrittenen Etiketten mit Fr. 1'229'378.- bezifferte. Vom Bruttoerlös, der nach der Expertise Fr. 4'619'570.- beträgt, brachte das Gericht dabei nicht nur, wie von der ![]() | 8 |
C. Mit Beschwerde in Zivilsachen vom 22. August 2007 stellt die Beschwerdeführerin die Rechtsbegehren, das Urteil des Kantonsgerichts sei aufzuheben und die Beschwerdegegnerin 2 sei zu verpflichten, ihr insgesamt Fr. 1'229'378.- nebst Zins zu bezahlen. Eventualiter sei die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die Beschwerdeführerin kritisiert die Methode der Gewinnberechnung und rügt in diesem Zusammenhang die Verletzung von Art. 423 OR, Art. 8 ZGB und Art. 42 Abs. 2 OR.
| 9 |
Das Bundesgericht heisst die Beschwerde teilweise gut, hebt den angefochtenen Entscheid auf, soweit die Forderung der Beschwerdeführerin gegen die Beschwerdegegnerin 2 von insgesamt Fr. 1'229'378.- nebst Zins abgewiesen wird, und weist die Sache zu neuer Beurteilung dieses Begehrens an die Vorinstanz zurück.
| 10 |
Aus den Erwägungen: | |
Erwägung 4 | |
11 | |
4.1.1 Der Gewinn besteht in der Differenz zwischen dem tatsächlichen Vermögen des Verletzers und dem Wert, den es ohne die Patentverletzung aufweisen würde. Er kann in einer Zunahme der Aktiven oder in einer Abnahme der Passiven bzw. einer Verlustverminderung bestehen (vgl. BGE 133 III 153 E. 3.5 S. 165; BGE 133 V 205 E. 4.7 S. 212 f., analog für die Bereicherung). Massgebend ist der Nettogewinn; vom Erlös, der mit patentverletzenden Produkten erzielt worden ist, sind die Kosten abzuziehen, die dem Verletzer für die Erzielung dieses Ertrages erwachsen (vgl. SCHMID, Zürcher Kommentar, N. 114 zu Art. 423 OR; WEBER, Basler Kommentar, 4. Aufl. 2007, N. 14 f. zu Art. 423 OR; HÉRITIER LACHAT, Commentaire Romand, N. 19 zu Art. 423 OR, je mit Hinweisen; HOFSTETTER, Der Auftrag und die Geschäftsführung ohne Auftrag, Schweizerisches ![]() | 12 |
4.1.2 Stützt sich der Anspruch auf Herausgabe des aus der Patentverletzung erzielten Gewinnes auf Art. 423 OR (BGE 97 II 169 E. 3a S. 177 f.), so ist der Geschäftsherr berechtigt, die sich aus der Führung seiner Geschäfte entspringenden Vorteile anzueignen (Abs. 1). Zur Ersatzleistung an den Geschäftsführer ist dagegen der Geschäftsherr nur so weit verpflichtet, als er bereichert ist (Abs. 2). Daraus ergibt sich, dass der Geschäftsherr die Beweislast für den durch die Führung des fremden Geschäfts erzielten Bruttoerlös (plus Zinsen) trägt, während der Geschäftsführer seine dafür erbrachten Aufwendungen zu beweisen hat (vgl. HÉRITIER LACHAT, a.a.O., N. 19 zu Art. 423 OR; CHAPPUIS, La restitution des profits illégitimes, Diss. Genf 1991, S. 50 f.; SCHMID, a.a.O., N. 127 zu Art. 423 OR; JENNY, a.a.O., S. 148; vgl. auch HUBERT STÖCKLI, Ansprüche aus Wettbewerbsbehinderung, Diss. Freiburg 1999, S. 269, Rz. 1185). Eine Schätzung des Gewinnes ist in analoger Anwendung von Art. 42 Abs. 2 OR zulässig (BGE 133 III 153 E. 3.3 S. 162). Die Voraussetzungen für die Schätzung müssen aber auch hier erfüllt sein. Die beweisbelastete Partei, die sich auf diese Erleichterung beruft, muss alle Umstände, die für die Erzielung eines Gewinnes oder für dessen Verminderung sprechen, soweit möglich und zumutbar behaupten und beweisen (BGE 122 III 219 E. 3a S. 221). Der Schädiger, der die Höhe seiner Gewinne bestreitet, muss dies spezifiziert unter Vorlage von Detailzahlen tun und kann sich nicht mit pauschaler Bestreitung begnügen (DAVID, Der Rechtsschutz im Immaterialgüterrecht, Schweizerisches Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht [SIWR], Bd. I/2, 2. Aufl. 1998, S. 121).
| 13 |
4.1.3 Inwieweit Gestehungskosten vom Verkaufserlös in Abzug gebracht werden können, wenn die verkauften Waren in Verletzung eines Patentes im eigenen Betrieb hergestellt worden sind, ist in der Lehre umstritten. So wird zum Teil die Auffassung vertreten, die Aufwendungen könnten pauschal in dem Umfang in Abzug gebracht werden, in dem sie üblicherweise anfallen (vgl. HÉRITIER LACHAT, a.a.O., N. 26 zu Art. 423 OR), während nach anderer Ansicht allein als richtig erscheint, dem Eigengeschäftsführer die konkreten ![]() | 14 |
4.1.4 Der erzielte Gewinn, den der Geschäftsherr nach Art. 423 OR aus der Eigengeschäftsführung beanspruchen kann, ist konkret festzustellen. Da es ausschliesslich darum geht, die Wertdifferenz im Vermögen des Geschäftsführers abzuschöpfen, die kausal auf die Geschäftsanmassung zurückzuführen ist, kann nicht erheblich sein, welche Unkosten dem Geschäftsherrn selber angefallen wären oder welche Kosten durchschnittlich anfallen. Zur Ermittlung des Nettogewinns sind vielmehr die konkret dem Geschäftsführer erwachsenen Unkosten festzustellen, während allfällige branchenübliche Kosten allenfalls für eine Schätzung nach Art. 42 Abs. 2 OR berücksichtigt werden können, wenn die Voraussetzungen dafür erfüllt sind. Die Abgrenzung der abzugsfähigen Aufwendungen erfolgt grundsätzlich danach, ob sie vom Geschäftsführer besonders für den ![]() | 15 |
16 | |
4.2 Der Beschwerdeführerin kann grundsätzlich nicht gefolgt werden, wenn sie die Ansicht vertritt, mit Ausnahme der Materialkosten seien sämtliche für die Herstellung der patentverletzenden Produkte erbrachten Aufwendungen als fixe Kosten oder Gemeinkosten zu qualifizieren, die vom massgebenden Gewinn nicht in Abzug gebracht werden könnten. Soweit die Kosten der für die Produktion erforderlichen Maschinen, Gebäude, Personen etc. ebenso wie das verwendete Material zur Herstellung der patentverletzenden Erzeugnisse angefallen sind, können sie grundsätzlich vom erzielten Verkaufserlös in Abzug gebracht werden. Allerdings trägt die ![]() | 17 |
18 | |
4.4 Im angefochtenen Entscheid wird verkannt, dass die Beschwerdegegnerin 2 gemäss Art. 423 Abs. 2 OR die Beweislast für ihre zum Abzug vom Gewinn beanspruchten Gestehungskosten trägt. Mit der pauschalen Schätzung des Nettogewinns bzw. eines entsprechenden ![]() | 19 |
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR). |