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75. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. AG gegen Y. (Beschwerde in Zivilsachen) |
4A_229/2010 vom 7. Oktober 2010 | |
Regeste |
Art. 418r, 418a und 418c OR. Agenturvertrag. Fristlose Auflösung. Weisungsgebundenheit und Treuepflicht des Agenten. | |
Aus den Erwägungen: | |
3. Die Vorinstanz qualifizierte das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien als Agenturvertrag im Sinne von Art. 418a ff. OR. Diese ![]() | 1 |
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(...)
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4.4 Die bundesgerichtliche Rechtsprechung äusserte sich zur Frage der Weisungsgebundenheit des Agenten bisher nur im Rahmen der Abgrenzung des Agenturvertrages gegenüber dem Arbeitsvertrag, insbesondere in seiner Form als Handelsreisendenvertrag (vgl. BGE 129 III 664 E. 3.2 S. 667). Insoweit hielt das Bundesgericht fest, dass zwischen den Vertragsparteien des Agenturvertrags, im Gegensatz zu denen des Arbeitsverhältnisses, kein Subordinationsverhältnis besteht und dass der Arbeitnehmer im Gegensatz zum Agenten an Instruktionen und Weisungen des Vertragspartners gebunden ist (BGE 129 III 664 E. 3.2 S. 668; BGE 99 II 314). In einem neueren Entscheid führte das Bundesgericht sodann präzisierend aus, es sei zwar für das Bestehen eines Subordinationsverhältnisses entscheidend, dass der Arbeitnehmer in eine fremde, hierarchische Arbeitsorganisation eingegliedert werde und damit von bestimmten Vorgesetzten Weisungen erhalte. Die Schwierigkeit liege allerdings darin, dass auch bei anderen Verträgen auf Arbeitsleistung, zum Beispiel beim Auftrag, ein Weisungsrecht bestehe. Es komme deshalb auf das Mass der Weisungsgebundenheit an. Im konkreten Fall schloss das Bundesgericht angesichts einer schwach ausgeprägten Weisungsgebundenheit, des hohen Masses an Selbständigkeit des Beauftragten in der Ausführung seiner Arbeit im Bereich der Finanz- und Wirtschaftsberatung sowie in Berücksichtigung aller weiteren massgeblichen Umstände (insbesondere keine Eingliederung in eine fremde ![]() | 4 |
In der Literatur besteht soweit ersichtlich Einigkeit darüber, dass der Agent zwar in einem gewissen Mass weisungsgebunden ist und die übernommenen Geschäfte vertragsgemäss und weisungsgemäss zu besorgen hat (GEORG GAUTSCHI, Berner Kommentar, 2. Aufl. 1964, N. 6a zu Art. 418c OR; DOMINIQUE DREYER, in: Commentaire romand, Code des obligations, Bd. I, 2003, N. 9 f. zu Art. 418c OR; vgl. auch ANDRÉ THOUVENIN, Das Agenturvertragsrecht in der Schweiz, in: Internationales Handelsrecht 5/2007 S. 193; ERNST SONTAG, Kommentar zum Bundesgesetz über den Agenturvertrag, 1949, N. 1 zu Art. 418a OR; GUIDO MEISTER, Bundesgesetz über den Agenturvertrag, 1949, S. 23). Dabei sind auch einseitige Ausführungsanweisungen des Auftraggebers möglich, namentlich was die Einhaltung der Vertrags- und Zahlungsbedingungen für die vermittelten Geschäfte angeht. Dem Weisungsrecht im Agenturvertrag sind indessen relativ enge Grenzen gezogen, ist doch der Agent selbständiger Gewerbetreibender und kommt er für die Kosten seines Geschäftsbetriebes selber auf. Oneröse Weisungen, insbesondere solche, die dem Agenten die Erreichung des Auftragserfolgs erschweren, sind unzulässig (GAUTSCHI, a.a.O., N. 6a und c zu Art. 418c OR; SUZANNE WETTENSCHWILER, in: Basler Kommentar, Obligationenrecht, Bd. I, 4. Aufl. 2007, N. 3 zu Art. 418c OR; DREYER, a.a.O., N. 9 f. zu Art. 418c OR). Organisatorisch ist der Agent weisungsungebunden, verfügt über seine Arbeitszeit frei, beschäftigt eigenes Hilfspersonal oder beauftragt in den Schranken von Art. 399 Abs. 2 OR Unteragenten. Diese Freiheit findet ihre Grenzen in der Pflicht zur sorgfältigen Geschäftserledigung sowie in Parteivereinbarungen (WETTENSCHWILER, a.a.O., N. 3 zu Art. 418a OR; THEODOR BÜHLER, Zürcher Kommentar, 4. Aufl. 2000, N. 17 und 32 zu Art. 418a OR; GAUTSCHI, a.a.O., N. 6 zu Art. 418c OR; MEISTER, a.a.O., S. 23).
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Es bleibt somit auch bei Berücksichtigung der Treuepflicht des Agenten dabei, dass den Weisungsbefugnissen des Auftraggebers im Rahmen des Agenturvertrags enge Grenzen gezogen sind. Insbesondere ist es ohne gegenteilige Parteivereinbarung Sache des Agenten, auf welche Weise er für den Auftraggeber Geschäfte vermittelt, und muss er sich die zu verfolgende Strategie nicht vom Auftraggeber vorschreiben lassen. Ebenso wenig kann vom Agenten verlangt werden, gegen seinen Willen mit einer neu geschaffenen Verkaufsorganisation des Auftraggebers zusammenzuarbeiten, wie dies der Beschwerdeführerin nach ihren Vorbringen im vorinstanzlichen Verfahren vorschwebt, wenn dies im Vertrag nicht vorgesehen ist. Darin läge ein nicht unerheblicher Eingriff in seine Freiheit zur organisatorischen und zeitlichen Gestaltung seiner Tätigkeit oder gar eine mehr oder weniger starke Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation. Dies ist dem Agenturvertrag fremd und braucht sich der Agent nicht gefallen zu lassen. Da der Beschwerdegegner nach den vorinstanzlichen Feststellungen keine vertragliche Verpflichtung eingegangen war, sich an einer neuen ![]() | 7 |
Nach dem Ausgeführten ist der Vorinstanz von vornherein keine Rechtsverletzung vorzuwerfen, wenn sie keine weitergehenden Sachverhaltsfeststellungen dazu traf, worin die vom neuen Verkaufsleiter gewünschte kooperative Zusammenarbeit mit dem Beschwerdegegner im Einzelnen bestanden hätte. Ohnehin erhebt die Beschwerdeführerin im Zusammenhang mit den dazu vorgebrachten, über den vorinstanzlich festgestellten Sachverhalt hinausgehenden Tatsachenbehauptungen keine rechtsgenüglich substanziierten Sachverhaltsrügen, die zur Ergänzung des von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalts durch das Bundesgericht oder zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur Sachverhaltsergänzung führen könnten (nicht publ. E. 1.3).
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