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45. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. UBS AG gegen Keytrade Bank SA (Beschwerde in Zivilsachen) |
4A_38/2014 vom 27. Juni 2014 |
Art. 2 lit. a MSchG; Gemeingut, beschreibende Angaben. |
Art. 26 BV; Art. 2 und 52 MSchG; Eigentumsgarantie, Nichtigerklärung der Markeneintragung. |
Art. 2 und 3 Abs. 1 lit. d UWG; wettbewerbsrechtlicher Kennzeichenschutz. | |
Sachverhalt | |
1 | |
A.a Die Geschäftstätigkeit der UBS AG (Klägerin; Beschwerdeführerin) mit Sitz in Basel und Zürich umfasst vor allem Bank-, Finanz-, Beratungs-, Dienstleistungs- und Handelsgeschäfte.
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Die Keytrade Bank SA (Beklagte; Beschwerdegegnerin) hat ihren Sitz in Watermael-Boitsfort, Belgien, und betreibt ebenfalls eine Bank. Sie hat in Genf eine Zweigniederlassung.
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A.b Die Wortmarke "KEYTRADER" ist seit dem 26. Februar 1998 zugunsten der Klägerin (bzw. zugunsten einer ihrer Rechtsvorgängerinnen, von welcher sie auf die Klägerin übertragen wurde) unter der Nummer P-449536 für die nachfolgenden Waren und Dienstleistungen in den Klassen 9, 36, 38 und 42 im schweizerischen Markenregister eingetragen:
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Klasse 36: Dienstleistungen im Versicherungs- und Finanzwesen, insbesondere Dienstleistungen einschliesslich elektronischer Dienstleistungen von Bankinstituten und damit zusammenhängenden Institutionen einschliesslich Wechselstuben, Kreditinstituten, Investment-, Treuhand- und Immobiliengesellschaften, im Zusammenhang mit Versicherungs-, Finanz-, Wertpapier-, Geld- und Edelmetallangelegenheiten und Vermögensverwaltung, einschliesslich Maklerdienste bzw. Auftragsvermittlung im Zusammenhang mit den obgenannten Angelegenheiten;
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Klasse 38: Telekommunikation, einschliesslich Datenfernübertragung und Dienstleistungen betreffend die Übermittlung bzw. den Zugriff zu Informationen im Zusammenhang mit Finanz-, Wertpapier-, Geld- und Edelmetallangelegenheiten und Vermögensverwaltung; Informationsdienstleistungen mit Hilfe von Telekommunikationsmitteln, Abwicklung der Kundenbeziehungen mit Hilfe von Telekommunikationsmitteln, einschliesslich Telefondienste und Bildschirmtextdienste;
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Klasse 42: Vermietung der Zugriffszeit zu Datenbanken, insbesondere im Zusammenhang mit Finanz-, Wertpapier-, Geld- und Edelmetallangelegenheiten und Vermögensverwaltung."
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Verwendet wird die Marke "KEYTRADER" zur Bezeichnung des Angebots der Klägerin, welches Banken, Effektenhändlern und anderen Adressaten den Handel über das Internet erlaubt.
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Gegenstand der Geschäftstätigkeit der Beklagten ist vorwiegend der Betrieb einer elektronischen Handelsplattform. Sie verwendete das Zeichen "Keytrade Bank" in verschiedenen Ausgestaltungen und Varianten im Zusammenhang mit der Geschäftstätigkeit ihrer Genfer Zweigniederlassung.
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B.
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B.a Am 20. April 2010 reichte die Klägerin beim Handelsgericht des Kantons Aargau Klage ein. Die Beklagte erhob Widerklage, mit der sie die Nichtigerklärung der klägerischen Marke "KEYTRADER" (CH P-449536) für sämtliche beanspruchten Waren und Dienstleistungen beantragte.
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Die Klägerin stellte - gestützt auf das Markenrecht und das UWG - insbesondere die folgenden (im Verfahrensverlauf angepassten) Rechtsbegehren:
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(i) in Alleinstellung (also ohne Zusätze),
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(ii) in kombinierten Versionen mit den Zusätzen "Bank", und/oder "Pro", "ID" bzw. "Mobilesite"
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oder
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(iii) als Teil der kombinierten Wort-/Bildmarken
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bzw.
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oder
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Finanzdienstleistungen anzubieten und zu bewerben, insbesondere Investment-Dienstleistungen über eine internetgestützte elektronische Handelsplattform.
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2. Der Beklagten sei unter Androhung der Bestrafung ihrer Organe mit Busse wegen Ungehorsams gegen eine amtliche Verfügung gemäss Art. 292 StGB im Falle der Zuwiderhandlung zu verbieten, in der Schweiz die in Rechtsbegehren 1 (i) und (ii) erwähnten Zeichen als Teil eines Internet Domainnamens zu verwenden, welcher Zugang auf eine Webseite ermöglicht, auf der Finanzdienstleistungen für ein Zielpublikum in der Schweiz angeboten werden, insbesondere der Online-Handel mit Finanzprodukten.
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3. Der Beklagten sei unter Androhung der Bestrafung ihrer Organe mit Busse wegen Ungehorsams gegen eine amtliche Verfügung gemäss Art. 292 StGB im Falle der Zuwiderhandlung zu verbieten, in der Schweiz die in Rechtsbegehren 1 (i) und (ii) erwähnten Zeichen als Teil eines Firmennamens einzutragen und/oder im Geschäftsverkehr zu verwenden, insbesondere auch als Teil des Namens einer Zweigniederlassung."
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Mit Urteil vom 27. November 2013 schrieb das Handelsgericht des Kantons Aargau das Verfahren als teilweise gegenstandslos ab (Dispositivziff. 1). Die Widerklage der Beklagten hiess es gut und erklärte die Marke "KEYTRADER" der Klägerin für nichtig (Dispositivziff. 2.1); soweit nicht als gegenstandslos abgeschrieben, wies es die Klage ab (Dispositivziff. 2.2).
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C. Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragt die Klägerin dem Bundesgericht in erster Linie, es sei das Urteil des Handelsgerichts des Kantons Aargau vom 27. November 2013 aufzuheben, die Klage sei gutzuheissen und die Widerklage sei abzuweisen, soweit diese ![]() | 28 |
In teilweiser Gutheissung der Beschwerde hebt das Bundesgericht Dispositivziff. 1 und 2.2 des angefochtenen Urteils auf und weist die Sache zu neuer Beurteilung der Unterlassungsbegehren (Ziff. 1-3) nach UWG an das Handelsgericht des Kantons Aargau zurück. Im Übrigen - insbesondere hinsichtlich der erfolgten Nichtigerklärung der Marke "KEYTRADER" - weist es die Beschwerde ab.
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(Zusammenfassung)
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Aus den Erwägungen: | |
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(...)
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3.5 Die vorinstanzliche Beurteilung ist im Lichte der nach Art. 2 lit. a MSchG (SR 232.11) massgebenden Grundsätze zu prüfen. Wegen der unterschiedlichen Rechtslage bezüglich der Eintragungsfähigkeit im Firmen- und im Markenrecht kann aus dem Umstand, dass die Firma "Keytrade AG" firmenrechtlich eintragungsfähig ist und Schutz geniesst, da sie trotz Verwendung der Sachbezeichnung "trade" als Hinweis auf den Unternehmensträger verstanden wird (Urteil 4A_45/2012 vom 12. Juli 2012), nicht geschlossen werden, dass "Keytrade", geschweige denn "KEYTRADER" auch hinsichtlich der konkret beanspruchten Waren und Dienstleistungen unterscheidungskräftig ist und markenrechtlichen Schutz beanspruchen kann. Mit der Firma wird der Unternehmensträger als Rechtssubjekt bezeichnet, nicht aber die vom fraglichen Unternehmen angebotenen Waren oder Dienstleistungen (THOUVENIN/NOTH, in: Markenschutzgesetz [MSchG], Michael Noth und andere [Hrsg.], 2009, ![]() | 34 |
Da somit nicht ohne Weiteres von jenem firmenrechtlichen auf den vorliegenden markenrechtlichen Fall geschlossen werden kann, stellt es entgegen der Rüge der Beschwerdeführerin keine Verletzung der aus dem Gehörsanspruch fliessenden Begründungspflicht dar, wenn sich die Vorinstanz nicht im Einzelnen mit den bundesgerichtlichen Erwägungen im Verfahren 4A_45/2012 auseinandergesetzt hat.
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Es steht jedoch nichts entgegen, den zur Firma "Keytrade AG" ergangenen Entscheid (Urteil 4A_45/2012 vom 12. Juli 2012) im Hinblick auf den massgebenden Sinngehalt von "KEYTRADER" aus Kohärenzgründen mitzuberücksichtigen.
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Sie unterstellt damit, dass dem durchschnittlichen Schweizer Publikum die Bedeutung von "key" als "haupt-" oder "wichtig" bekannt sei, was die Beschwerdeführerin als in Widerspruch zum Ergebnis der demoskopischen Umfrage stehend und damit als offensichtlich unrichtige Sachverhaltsfeststellung rügt. Diese Rüge ist unbegründet. Denn aus dem Umstand, dass nur 2 % der Befragten auch die Bedeutung "haupt-" oder "wichtig" nannten, als sie gefragt wurden, welche Bedeutung dem Wort "key" zukomme, muss nicht folgen, dass die Mehrheit nicht doch an diese Bedeutung denken würde, wenn sie nach der Bedeutung von "key" in Kombination mit einem nachfolgenden Substantiv gefragt würde. Nur bei einer solchen Wortkombination liegt es nahe, an jene Konnotation zu denken, während bei der Frage nach der Bedeutung von "key" in Alleinstellung diese Attributs-Bedeutung mangels dazugehörenden Substantivs kaum in Betracht fällt. Der Vorinstanz kann daher keine offensichtlich unrichtige Feststellung vorgeworfen werden.
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3.5.3 Die Beschwerdeführerin betont sodann, dass "KEYTRADER" kein englisches Wort sei und dementsprechend in keinem englischen ![]() | 41 |
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Weiter ist anerkannt, dass im Englischen das Wort "key" in Kombination mit einem Substantiv verschiedentlich vorkommt und (als Eigenschaftswort) dessen Wichtigkeit betont (so das Bundesgericht im Urteil 4A_45/2012 E. 3.3.1). Das Gleiche gilt im Deutschen für das Wort "Schlüssel" (z.B. Schlüsselerlebnis, Schlüsselargument, Schlüsselzeuge, Schlüsselspieler etc.). Es darf daher davon ausgegangen werden, dass eine entsprechende Verbindung von "key" mit einem geeigneten Substantiv - nicht zuletzt in Verbindung mit Personen (z.B. key customer, key account manager, key witness, key player) - vom Publikum zwanglos in diesem Sinngehalt, d.h. einer Verstärkung der Wichtigkeit dieses Substantivs, aufgefasst wird.
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In dieser Bedeutung ist "KEYTRADER" aber für die betroffenen Waren und Dienstleistungen - wie der Begriff "Trader" - beschreibend. Die Vorinstanz verneinte mithin die originäre Unterscheidungskraft des Zeichens zu Recht.
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(...)
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Nach dem schweizerischen Markenrechtssystem verleiht die Registrierung der Marke keine Rechtsbeständigkeit. Die Möglichkeit der ![]() | 49 |
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Diesem Argument kann nicht gefolgt werden. Der Gesetzgeber hat den Interessen des Inhabers einer registrierten Marke, der diese lange Zeit gebraucht und damit einen wirtschaftlichen Wert aufgebaut hat, mit dem Verkehrsdurchsetzungstatbestand (Art. 2 lit. a MSchG) durchaus Rechnung getragen, indem ein originär nicht unterscheidungskräftiges Zeichen bei nachgewiesener Verkehrsdurchsetzung dennoch Schutz behält und nicht nichtig ist. Die Beschwerdeführerin vermochte aber die Verkehrsdurchsetzung ihrer Marke "KEYTRADER" nicht nachzuweisen.
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5.3 Schliesslich postuliert die Beschwerdeführerin, bei der Verhältnismässigkeitsprüfung müsse beachtet werden, dass im Ausland bezüglich des nachträglichen Widerrufs von Marken positivrechtliche ![]() | 52 |
Damit kritisiert die Beschwerdeführerin das schweizerische Markenrechtssystem, wie es im MSchG und damit in einem Bundesgesetz geregelt ist. Ob diese Regelung einen unverhältnismässigen Eingriff in die Eigentumsgarantie darstellt, weil sie bei gegebenen Voraussetzungen die Nichtigerklärung einer registrierten Marke ohne zeitliche Befristung zulässt, hat das Bundesgericht nicht zu überprüfen (Art. 190 BV). Jedenfalls kann allein aus dem Bestand entsprechender ausländischer Vorschriften nicht auf eine verfassungswidrige Unverhältnismässigkeit der schweizerischen Regelung geschlossen werden, zumal das jeweilige Rechtssystem als Ganzes und nicht bloss punktuelle Vorschriften zu betrachten sind.
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Die Berufung der Beschwerdeführerin auf eine Verletzung der Eigentumsgarantie geht demnach fehl.
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(...)
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Erwägung 7 | |
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Erwägung 7.2 | |
7.2.1 Nach Art. 2 UWG ist unlauter und widerrechtlich jedes täuschende oder in anderer Weise gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstossende Verhalten oder Geschäftsgebaren, welches das Verhältnis zwischen Mitbewerbern oder zwischen Anbietern und Abnehmern beeinflusst. Unlauter handelt gemäss Art. 3 Abs. 1 lit. d bzw. aArt. 3 lit. d UWG insbesondere, wer Massnahmen trifft, die ![]() | 57 |
Unter diesen mitunter als wettbewerbsrechtlicher Kennzeichenschutz bezeichneten Tatbestand der Schaffung einer Verwechslungsgefahr mit den Waren, Werken, Leistungen oder dem Geschäftsbetrieb eines anderen fallen sämtliche Verhaltensweisen, bei denen das Publikum durch die Schaffung von Verwechslungsgefahr irregeführt wird, insbesondere um den Ruf der Wettbewerber auszubeuten (BGE 135 III 446 E. 6.1 S. 450; BGE 128 III 353 E. 4 S. 359; je mit Hinweisen). Ob eine lauterkeitsrechtliche Verwechslungsgefahr besteht, ist dabei hinsichtlich eines konkreten Wettbewerbsverhaltens zu bestimmen (BGE 129 III 353 E. 3.3 S. 359).
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Es ist widersprüchlich und geht mit Blick auf die gebotene Beurteilung einer lauterkeitsrechtlichen Verwechslungsgefahr anhand der konkreten Umstände nicht an, von einer hypothetischen Verkehrsgeltung des fraglichen Zeichens auszugehen und ihm gleichzeitig - unter Hinweis auf die markenrechtliche Beurteilung der ursprünglichen Unterscheidungskraft - eine hohe Unterscheidungsschwäche zu unterstellen. Die Vorinstanz verkennt mit ihren Erwägungen, dass die ursprüngliche Unterscheidungsschwäche durch Verkehrsdurchsetzung infolge langdauernden und/oder intensiven Gebrauchs gerade überwunden werden kann (vgl. zur Unterscheidung zwischen originärer und derivativer Unterscheidungskraft im Markenrecht ![]() | 60 |
Die erfolgte bloss abstrakte Prüfung der lauterkeitsrechtlichen Verwechslungsgefahr lediglich im Hinblick auf die Kostenfolgen ist mit Bundesrecht nicht vereinbar. Die Beschwerde ist daher teilweise gutzuheissen und die Sache zu neuer Beurteilung der Unterlassungsbegehren (Ziff. 1-3) nach UWG an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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