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9. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 1. Februar 1954 i. S. Getzmann gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Nidwalden. | |
Regeste |
Art. 397 StGB. | |
Sachverhalt | |
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Auf Appellation des Verurteilten sprach das kantonale Obergericht diesen am 23. November 1951 von der Anschuldigung der Irreführung der Rechtspflege frei. Im übrigen bestätigte es das angefochtene Urteil.
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C.- Das Obergericht wies das Gesuch am 2. Juni 1953 ab, weil die Tatsache, dass Unordnung namentlich bei der fraglichen Service-Kasse herrschte, dem Gerichte schon seinerzeit bekannt gewesen sei.
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D.- Getzmann führt gegen den Entscheid Nichtigkeitsbeschwerde, mit dem Antrag, er sei aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung, eventuell zur Ergänzung der Akten, an das Obergericht zurückzuweisen.
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Er macht geltend, der angefochtene Entscheid verletze Art. 397 StGB, weil von einer Tatsache nur dann gesagt werden könne, sie sei dem Gerichte schon zur Zeit des früheren Verfahrens bekannt gewesen, wenn darüber Beweis geführt worden sei und sich dabei etwas Positives ergeben, d.h. die Tatsache sich entweder als richtig oder aber als sicher unrichtig erwiesen habe. Die erwähnte Bestimmung setze nicht voraus, dass das Gericht zur Zeit des früheren Verfahrens bezüglich der betreffenden Tatsache "ahnungslos" gewesen sei. Das Obergericht stütze sich somit zu Unrecht darauf, dass der Beschwerdeführer schon in der Untersuchung geltend gemacht habe, es habe eine grosse Unordnung im Betriebe geherrscht und es habe jedermann zur Kasse Zutritt gehabt, und dass die entsprechenden Erhebungen des Gerichts ergebnislos verlaufen seien.
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Der Kassationshof zieht in Erwägung: | |
In den von den kantonalen Behörden beurteilten Bundesstrafsachen ist die Wiederaufnahme des Verfahrens zugunsten des Verurteilten von Bundesrechts wegen zu ![]() | 7 |
Eine Tatsache ist nicht schon dann zur Zeit des früheren Verfahrens nicht bekannt gewesen, wenn damals darüber nicht Beweis geführt wurde, sondern nur dann, wenn sie dem Gericht überhaupt nicht zur Beurteilung vorlag, sei es auch bloss in Form einer irgendwie namhaft gemachten Hypothese. Mit der Behauptung von Tatsachen, von denen das Gericht in diesem Sinne Kenntnis hatte, die es aber aus einem anderen Grunde als mangels Beweises dem Urteil nicht zugrunde legte, nämlich weil es sie für rechtlich unerheblich hielt und ihnen auch nicht den Wert von Indizien zum Schluss auf rechtlich erhebliche andere Tatsachen beimass, kann ein Wiederaufnahmegesuch nicht begründet werden; das liefe darauf hinaus, die rechtliche Erheblichkeit einer behaupteten Tatsache oder ihren Wert als Beweisindiz erneut zur Beurteilung zu stellen, obschon darüber bereits geurteilt wurde. Dabei ist unerheblich, ob das Gericht der Tatsache im früheren Verfahren die Erheblichkeit oder den Wert als Beweisindiz ausdrücklich oder bloss stillschweigend aberkannte, stillschweigend namentlich etwa dadurch, dass es aus dem übrigen Beweisergebnis auf eine Tatsache schloss (z.B. Täterschaft des Angeklagten), die sich mit der behaupteten oder sonstwie als Hypothese bekannten anderen Tatsache (z.B. Täterschaft eines Dritten) nicht verträgt. Aber auch mit Tatsachen, die das Gericht im früheren Verfahren bloss mangels Beweises nicht berücksichtigte, kann nicht mit der Begründung, sie seien dem Gerichte damals nicht bekannt gewesen, Wiederaufnahme verlangt werden. Kann der Gesuchsteller zu ihrer Erhärtung nur die früheren Beweismittel anrufen, so liefe das Wiederaufnahmeverfahren bloss darauf hinaus, das frühere Beweismaterial nochmals zu überprüfen. Stehen ihm dagegen neue Beweismittel zur Verfügung, so ist die Wiederaufnahme ihretwegen zulässig, nicht weil die behauptete Tatsache neu wäre.
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