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12. Urteil des Kassationshofes vom 5. Februar 1959 i.S. Thomet gegen Generalprokurator des Kantons Bern. | |
Regeste |
Art. 62 Abs. 4 MFV. |
Auf Strecken mit Gefälle hat stets der abwärts fahrende Wagen anzuhalten. | |
Sachverhalt | |
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B.- Der Gerichtspräsident von Niedersimmental erklärte am 29. April 1958 beide Führer der Nichtbeherrschung des Fahrzeuges schuldig und verurteilte Thomet in Anwendung von Art. 62 Abs. 4 MFV und Art. 25 MFG zu einer Busse von Fr. 30.-, Hostettler auf Grund von Art. 25 MFG zu einer solchen von Fr. 20.-.
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C.- Thomet führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts sei insoweit aufzuheben, als es ihn wegen Übertretung von Art. 62 Abs. 4 MFV bestraft habe. Er macht geltend, diese Bestimmung sei nicht anwendbar, wenn Fahrzeuge auf ebener Strecke kreuzen.
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D.- Der Generalprokurator des Kantons Bern beantragt Abweisung der Beschwerde.
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Der Kassationshof zieht in Erwägung: | |
1. Art. 69 lit. p MFG ermächtigt den Bundesrat, besondere Vorschriften über den Verkehr auf Bergstrassen zu erlassen. Das geschah in Art. 62 der Vollziehungsverordnung. Gemäss Abs. 1 dieser Bestimmung fallen unter den Begriff der Bergstrassen alle Passtrassen sowie steile, kurvenreiche Strassen in bergigen und hügeligen Gegenden, die weniger als sechs Meter breit sind. Nach Abs. 2 darf auf Bergstrassen allgemein nur mit mässiger Geschwindigkeit, bei Begegnung mit anderen Fahrzeugen und mit Viehherden nur langsam gefahren werden, und nach Abs. 3 ist in unübersichtlichen Strassenbiegungen die Geschwindigkeit so stark herabzusetzen, dass auf 6 m angehalten werden kann. Abs. 4 bestimmt sodann, dass wenn wegen schwieriger Kreuzung ein Wagen anhalten ![]() | 6 |
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Der gesetzgeberische Grund für den Erlass des Art. 62 Abs. 4 MFV liegt dagegen nicht, wie die Vorinstanz annimmt, in der Gefährlichkeit der Bergstrasse als solcher. Hätte mit der Anhaltepflicht die Absturzgefahr verhütet werden wollen, so wäre bestimmt worden, dass der auf der Bergseite Fahrende anzuhalten habe, der gegenüber dem auf der Talseite Fahrenden weniger gefährdet ist. Die Verpflichtung des talwärts Fahrenden zum Anhalten geht offensichtlich auf die Überlegung zurück, dass dem abwärts fahrenden Wagen das Wiederanfahren leichter fällt als dem aufwärts fahrenden (vgl. Botschaft des Bundesrates vom 24. Juni 1955 zum Entwurf des neuen Strassenverkehrsgesetzes). Dem Führer des abwärts fahrenden Wagens kann das Anhalten überdies eher zugemutet werden, weil er eine bessere Übersicht über die Fahrbahn hat und sein Fahrzeug rascher und wenn nötig müheloser im Schritttempo an den Strassenrand manövrieren kann. Auf ebener Strecke, wo die Möglichkeiten zum Wiederanfahren aus beiden Richtungen gleich gut sind, besteht auch auf Bergstrassen keine Veranlassung, einem der kreuzenden ![]() | 8 |
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Demnach erkennt der Kassationshof:
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Die Nichtigkeitsbeschwerde wird dahin gutgeheissen, dass das Urteil des Obergerichts des Kantons Bern vom 3. Oktober 1958, soweit es den Beschwerdeführer wegen Widerhandlung gegen Art. 62 Abs. 4 MFV bestraft hat, aufgehoben und die Sache zur Freisprechung in diesem Punkt an die Vorinstanz zurückgewiesen wird.
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