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2. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 15. Februar 1973 i.S. Borer gegen Generalprokurator des Kantons Bern. | |
Regeste |
Art. 141 StGB. Unterschlagung. | |
Sachverhalt | |
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Am 1. September 1972 verurteilte das Obergericht des Kantons Bern Josef Borer wegen Unterschlagung im Sinne von Art. 141 StGB zu 14 Tagen Gefängnis, gewährte den bedingten Strafvollzug und setzte die Probezeit auf zwei Jahre fest.
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C.- Borer führt Nichtigkeitsbeschwerde an das Bundesgericht mit dem Antrag auf Freisprechung von Schuld und Strafe.
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Der Kassationshof zieht in Erwägung: | |
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In der Tat sind Fälle denkbar, wo eine fremde, bewegliche Sache dem Empfänger mit oder ohne Willen des Berechtigten zugekommen ist. Der Unterschied spielt für die Anwendbarkeit des Art. 141 StGB indes keine Rolle. Denn diese Bestimmung stellt bloss auf den Willen des Empfängers ab, sich die ihm zugekommene fremde, bewegliche Sache in Bereicherungsabsicht anzugeignen oder nicht. Ob sie diesem dabei mit oder ohne den Willen des Berechtigten zugekommen sei, ist bedeutungslos. Einerseits zählt Art. 141 Abs. 2 StGB eine Reihe von Fällen auf, wo die Sache dem Empfänger durch Naturgewalt, Irrtum oder Zufall, also offensichtlich ohne den Willen des Berechtigten, zugekommen ist. Anderseits ergänzt das Gesetz diese Aufzählung mit der weiteren Möglichkeit, dass die Sache dem Empfänger "sonst ohne seinen Willen" zugekommen ist. Das kann nichts anderes heissen, als dass die fremde, bewegliche Sache dem Empfänger auch mit dem Willen des Berechtigten, aber jedenfalls ohne den Willen des Empfängers zugekommen ![]() | 7 |
Die Frage, ob die in Bereicherungsabsicht erfolgte Aneignung einer dem Empfänger zugekommenen fremden, beweglichen Sache unter Art. 141 StGB falle oder nicht, entscheidet sich mithin einzig danach, ob dies mit oder ohne den Willen des Empfängers geschehen sei (SCHWANDER, das Schweizerische Strafgesetzbuch, 2. Aufl., S. 338 Nr. 548 a Ziff. 3). Dieses Kriterium unterscheidet die Unterschlagung im Sinne von Art. 141 StGB von der Veruntreuung nach Art. 140 StGB, die stets ein Vertrauensverhältnis zwischen Berechtigtem und Empfänger und deshalb voraussetzt, dass die fremde, bewegliche Sache diesem auch mit seinem Willen (zu einem bestimmten Verwendungszweck) anvertraut worden sei (BGE 94 IV 139 lit. b, SCHWANDER, a.a.O., S. 337 Nr. 546 a, Ziff. 1 und 2). In der Lehre wird dementsprechend die in Bereicherungsabsicht erfolgte Aneignung einer fremden, beweglichen Sache, welche dem Empfänger ohne dessen Willen zugekommen ist (beispielsweise Warensendungen, die unerbeten zur Ansicht zugestellt werden) als Unterschlagung im Sinne von Art. 141 StGB betrachtet (HAFTER, bes. Teil Band I S. 234, THORMANN/VON OVERBECK, N. 3 zu Art. 140 StGB, SCHWANDER, a.a.O., S. 338 Nr. 548 a Ziff. 3, LOGOZ, N. 2 A a zu Art. 140 StGB, S. 127).
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Sind demnach die objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmale des Art. 141 StGB erfüllt, so ist der Schuldspruch der Vorinstanz zu Recht erfolgt.
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Demnach erkennt der Kassationshof:
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