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60. Urteil des Kassationshofes vom 24. Oktober 1973 i.S. Schneider gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Freiburg | |
Regeste |
1. Art. 125 Abs. 1 und 126 StGB. Die durch einen Streifschuss zugefügte Verletzung kann, wenn sie geringfügig ist, Tätlichkeit sein (Erw. 1). | |
Sachverhalt | |
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B.- Auf Strafanzeige von Ropraz wurde gegen Schneider eine Strafuntersuchung wegen fahrlässiger Körperverletzung, eventuell einfacher Körperverletzung durchgeführt.
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Am 9. Februar 1973 sprach das Zuchtgericht des Seebezirks den Beschuldigten von der Anklage frei.
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Auf Kassationsbeschwerde der Staatsanwaltschaft hob der Strafkassationshof des Kantons Freiburg das freisprechende Urteil auf. Er erklärte Schneider der fahrlässigen Körperverletzung nach Art. 125 Abs. 1 StGB schuldig und verurteilte ihn zu einer bedingt vorzeitig löschbaren Busse von fr. 150.--.
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C.- Schneider führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Kassationshofes sei aufzuheben und die Sache zur Freisprechung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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D.- Die Staatsanwaltschaft des Kantons Freiburg beantragt Abweisung der Beschwerde.
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Der Kassationshof zieht in Erwägung: | |
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Die Vorinstanz hat zu diesem Einwand, den der Beschwerdeführer bereits in der Untersuchung vorgebracht hatte, nicht Stellung genommen. Sie führt bloss aus, Ropraz habe unbestreitbar eine körperliche Schädigung erlitten, die nach den Zeugnissen der Ärzte Flury und Schmid nicht schwer gewesen sei. Der ![]() | 8 |
Im Arztzeugnis von Dr. Flury wird erklärt, es handle sich bei der Schädigung um eine oberflächliche, leichte Verletzung, die keine Arbeitsunfähigkeit zur Folge gehabt habe. Anschliessend wird festgestellt: "La balle a été extraite par le médecin de la région où l'accident était arrivé." Musste tatsächlich ein Steckschuss operativ entfernt werden, so liegt offensichtlich eine Körperverletzung im Sinne von Art. 125 vor, nicht bloss eine Tätlichkeit. Dem widerspricht aber das Zeugnis von Dr. Schmid, der Ropraz unmittelbar nach dem Vorfall untersucht hatte. Dieser Arzt bescheinigt, dass mit der Sonde kein Schusskanal zu finden gewesen sei und dass auch die Durchleuchtung völlig normale Verhältnisse ergeben habe, weshalb ein Steckschuss mit Sicherheit auszuschliessen sei. Nach dem weitern Befund dieses Arztes war die unterhalb der rechten Achselhöhle festgestellte Hautschwellung in der Grösse eines Zweifrankenstückes, deren Zentrum eine 4 x 4 mm messende Erosion aufwies, die Folge eines oberflächlichen Streifschusses, durch den lediglich die oberste Hautschicht angeritzt worden sei. Ist auf diese Darstellung abzustellen, muss die geschilderte Ritzung und Schwellung der Haut, auch wenn sie anfänglich etwelche Schmerzen verursachte, nach ihrer Art und Grösse mit einer geringfügigen Schürfwunde verglichen und damit lediglich als Tätlichkeit bewertet werden.
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Auf Grund der vorinstanzlichen Erwägungen, die sich mit dem zum Teil widersprüchlichen Inhalt der Arztzeugnisse nicht befassen und sich zur Art und Tragweite der Körperverletzung nicht näher aussprechen, kann somit die Rechtsanwendung nicht überprüft werden. Das angefochtene Urteil ist daher gemäss Art. 277 BStP aufzuheben und die Sache zur Feststellung der wirklichen Tatfolgen und zur neuen rechtlichen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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a) Die Vorinstanz ist nach eingehender Prüfung der Vorschriften des bernischen und freiburgischen Dienstreglements für Polizisten, die im wesentlichen übereinstimmen, zum Ergebnis gelangt, dass der Beschwerdeführer zum Gebrauch der Schusswaffe ![]() | 12 |
b) Die Auffassung der Vorinstanz, dass das Vorgehen des Beschwerdeführers durch die polizeilichen Dienstvorschriften nicht gedeckt werde, ist auch unter dem Gesichtspunkt des bundesrechtlichen Grundsatzes der Verhältnismässigkeit des Eingriffes begründet. Wie verbindlich feststeht, war sich der Beschwerdeführer von Anfang an bewusst, dass er es bei Delabays und Ropraz mit Wilderern zu tun hatte, nicht mit Verbrechern, die schwerwiegender Straftaten beschuldigt oder verdächtigt werden. Unter diesen Umständen war gegen den Gebrauch der Schusswaffe zum vorneherein grösste Zurückhaltung geboten (BGE 94 IV 9) und durfte der Einsatz dieses gefährlichsten Zwangsmittels nur in Betracht gezogen werden, wenn aus anderen wichtigen Gründen dazu Veranlassung bestand. Ein solcher Sachverhalt war nicht schon gegeben, als die Wilderer sich zweimal der polizeilichen Anhaltung durch Flucht entzogen und sich dadurch der Hinderung einer Amtshandlung im Sinne von Art. 286 StGB schuldig machten. Entgegen der Darstellung des Beschwerdeführers lagen auch keine hinreichenden Gründe vor, die ihn berechtigten, allgemein aufeine besondere Gefährlichkeit der Wilderer zu schliessen. Aus den Feststellungen der Vorinstanz ergibt sich, dass die Wilderer den Beschwerdeführer zu keinem Zeitpunkt mit einem unmittelbaren Angriff bedrohten, sondern einzig bestrebt waren, den Zugriff der Polizei durch Flucht zu vereiteln. Darüber konnte sich auch der Beschwerdeführer Rechenschaft ablegen, nachdem er die Wilderer während längerer Zeit verfolgt hatte. Er anerkennt denn auch, dass er sich ![]() | 13 |
Demnach erkennt der Kassationshof:
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