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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server, A. Tschentscher | |||
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39. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 21. Mai 1975 i.S. Zahnd gegen Generalprokurator des Kantons Bern und Gabriele | |
Regeste |
Art. 117 StGB. |
Es genügt nicht, dass die unterlassene Handlung den Erfolg bloss möglicher- oder sehr wahrscheinlicherweise verhindert hätte. | |
Sachverhalt | |
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Am 31. Januar 1973 meldete Aebi auf dem Formular G4 die am 24. Juli und 6. September 1972 in der Wohnung der Carmen Gabriele vorgenommenen Installationen dem Gaswerk Bern gemäss Art. 10 und 11 der städtischen Verordnung vom 31. März 1971. Er tat dies, indem er die Meldung dem als Werber beim Gaswerk angestellten Zahnd persönlich übergab. Dieser hatte zwar mit den von den Installateuren zu erstattenden Meldungen und mit der Kontrolle von Installationen grundsätzlich nichts zu tun. Da er auf Grund seines Arbeitsverhältnisses jedoch mit den privaten Installateuren einen guten Kontakt hatte, weigerte er sich auch nicht, Meldungen von Installateuren über ausgeführte Installationen entgegenzunehmen ![]() | 2 |
Am 24. Juli 1973 fand die von der Arbeit heimkehrende Carmen Gabriele den bei ihr zu Besuch weilenden Bruder Salvatore Gabriele im Wohnschlafzimmer tot vor. Anlässlich der durchgeführten Legalinspektion wurde im Blut der Leiche 70% CO-Hb vorgefunden. Todesursache war eine akute Kohlenmonoxydvergiftung. Das giftige Gas stammte von dem in der Küche eingerichteten Durchlauferhitzer. Das Kohlenmonoxyd hatte sich wegen unvollständiger Verbrennung des an sich kohlenmonoxyd-freien Erdgases gebildet.
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B.- Mit Urteil vom 5. September 1974 erklärte der Gerichtspräsident VII von Bern Aebi schuldig der fahrlässigen Tötung i.S. von Art. 117 StGB und der fahrlässigen Gefährdung durch giftige Gase gemäss Art. 225 StGB und verurteilte ihn zu 20 Tagen Gefängnis, unter Zubilligung des bedingten Strafvollzuges auf eine Probezeit von 2 Jahren.
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Mit gleichem Urteil wurde Zahnd der fahrlässigen Tötung schuldig erklärt und mit Fr. 300.-- gebüsst.
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Das Obergericht des Kantons Bern bestätigte am 10. Dezember 1974 den erstinstanzlichen Entscheid.
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C.- Zahnd führt Nichtigkeitsbeschwerde. Er beantragt Freisprechung von Schuld und Strafe.
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D.- Der Generalprokurator des Kantons Bern und die Zivilkläger Giovanni und Irma Gabriele beantragen Abweisung der Beschwerde.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
1. Das Obergericht wirft dem Beschwerdeführer vor, in die von Aebi durch die unsorgfältige Einstellung des installierten Durchlauferhitzers geschaffene tödliche Gefahrsituation in pflichtwidriger Weise nicht eingegriffen zu haben, indem er die ihm von Aebi zugekommene Installationsmeldung vom ![]() ![]() | 9 |
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b) Es ist zunächst abzuklären, ob der Kassationshof diese Streitfrage prüfen darf, da nach der Rechtsprechung der Entscheid, ob in einem konkreten Straffall zwischen dem Verhalten des Täters und dem strafbaren Enderfolg ein natürlicher Kausalzusammenhang bestehe, in den Bereich des Tatsächlichen gehört, welcher der Überprüfung durch den Kassationshof nicht untersteht (Art. 277 bis Abs. 1 BStP; BGE 97 IV 245 E. 4; BGE 98 IV 173 E. 2). Wenn der Kassationshof an die Feststellung des Sachrichters, ob zwischen dem Verhalten des Täters und dem strafbaren Enderfolg ein natürlicher Kausalzusammenhang bestehe oder nicht, an sich auch gebunden ist, so darf er bei seiner Rechtskontrolle doch stets dann eingreifen, wenn in einer an ihn gerichteten Nichtigkeitsbeschwerde geltend gemacht wird, der Sachrichter sei bei seiner Entscheidung von einem bundesrechtswidrigen Begriff des natürlichen Kausalzusammenhanges ausgegangen. Denn die Frage, ob dem so sei oder nicht, ist eine Rechtsfrage.
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c) In Übereinstimmung mit der oben zitierten Lehre ist davon auszugehen, dass der Begriff des natürlichen Kausalzusammenhanges zwischen dem Verhalten des Täters und dem strafbaren Enderfolg wie bei den Begehungsdelikten so auch bei den (echten und unechten) Unterlassungsdelikten seinem Wesen und Begriffe nach stets voraussetzt, dass das Verhalten des Täters nicht bloss möglicher- oder wahrscheinlicherweise, sondern mit einem hohen Grade der Wahrscheinlichkeit oder ![]() | 12 |
Im vorliegenden Fall stellt die Vorinstanz fest, dass das Gaswerk die Installation bei Eingang der Meldung "zwar nicht mit Sicherheit", aber "sehr wahrscheinlich" kontrolliert hätte. Eine amtliche Kontrolle hätte m.a.W. auch aus anderen, betriebsinternen Gründen unterbleiben können. In der Tat ergibt sich aus den weiteren, noch zu erörternden Feststellungen des angefochtenen Urteils, dass im Jahre 1973 ein einziger aus einer grösseren Zahl neu installierter Durchlauferhitzer kontrolliert wurde, und dass sogar der Installationschef des Gaswerks diesen Kontrollen keine grosse Bedeutung zumass. Bei dieser Sachlage kann nicht gesagt werden, die pflichtgemässe Weiterleitung der Installationsmeldung vom 31. Januar 1973 durch den Beschwerdeführer hätte den Tod Salvatore Gabrieles mit Sicherheit oder mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit verhindert.
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