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58. Urteil der Anklagekammer vom 26. August 1980 i.S. Schweizerische Eidgenossenschaft gegen Einzelrichter im summarischen Verfahren des Bezirksgerichts Zürich und Obergericht des Kantons Zürich (Beschwerde) | |
Regeste |
Rechtshilfe im Verwaltungsstrafverfahren (Art. 30 VStrR). | |
Sachverhalt | |
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- bestätigte, das Original des Strafbescheids erhalten zu haben und auf die einschlägigen Gesetzesbestimmungen hingewiesen worden zu sein,
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- ausdrücklich auf die Ergreifung eines Rechtsmittels verzichtete und
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B. bezahlte die Busse innert der ihm eingräumten Frist von 30 Tagen nicht. Er wurde deshalb von der zuständigen Kreistelefondirektion Bellinzona zunächst erfolglos gemahnt und anschliessend betrieben. Gegen den ihm am 9. Juli 1979 zugestellten Zahlungsbefehl erhob sein Vormund am 12. Juli 1979 vorläufig Rechtsvorschlag "bis zur Überprüfung der entsprechenden Unterlagen". Die Verwaltung erhielt damit Kenntnis von der Bevormundung des B. Sie sandte die Akten dem Vormund zur Kenntnisnahme, erhielt von diesem aber keine Antwort.
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B.- Am 7. Dezember 1979 verlangte die Generaldirektion PTT namens der Eidgenossenschaft beim Einzelrichter im summarischen Verfahren des Bezirksgerichts Zürich definitive Rechtsöffnung für Fr. 199.50 nebst 5% Zins seit 8. Juni 1979 und Fr. 14.-- Betreibungskosten in der gegen B. gerichteten Betreibung. Der Einzelrichter wies das Rechtsöffnungsbegehren am 11. Januar 1980 ab, im wesentlichen mit der Begründung, der im Sinne von Art. 369 ZGB entmündigte B. sei bezüglich des Verzichts auf ein Rechtsmittel nicht urteilsfähig und sein Verzicht auf die Ergreifung eines Rechtsmittels sei deshalb ungültig gewesen; der Strafbescheid der Generaldirektion PTT vom 8. Mai 1979 sei somit nicht rechtskräftig und mithin auch nicht vollstreckbar geworden; es fehle demnach an einem vollstreckbaren Entscheid im Sinne von Art. 80 SchKG.
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Die Generaldirektion PTT erhob dagegen Nichtigkeitsbeschwerde, die vom Obergericht des Kantons Zürich am 14. April 1980 abgewiesen wurde. Zur Begründung führte das Gericht unter anderem aus, der Einzelrichter habe die Urteilsfähigkeit des B. in Wirklichkeit nicht abgeklärt, sondern sei unter Hinweis auf den Entmündigungsgrund und die Komplexität der Frage der Ergreifung eines Rechtsmittels einfach von der fehlenden Urteilsfähigkeit ausgegangen, was ihm jedoch nicht als Überschreitung der Kognitionsbefugnis oder Willkür zur Last gelegt werden könne; klares Recht sei nicht verletzt, denn es existiere kein solches darüber, dass Art. 65 VStrR auch gegenüber Entmündigten, die ohne Zustimmung des Vormundes handeln, Anwendung finde und dass im Rechtsöffnungsverfahren unter dem Gesichtspunkt des Art. 80 SchKG die Entmündigung unbeachtet bleiben müsse, bzw. dass ein ![]() | 7 |
C.- Gegen diesen Entscheid erhebt die Generaldirektion PTT namens der Eidgenossenschaft Beschwerde im Sinne von Art. 30 Abs. 5 VStrR an die Anklagekammer des Bundesgerichts mit dem Antrag, der zuständige zürcherische Rechtsöffnungsrichter sei anzuweisen, den PTT-Betrieben in der gegen B. gerichteten Betreibung für Fr. 199.50 und Fr. 14.-- Betreibungskosten definitive Rechtsöffnung zu erteilen.
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Das Obergericht des Kantons Zürich hat auf Vernehmlassung verzichtet.
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Die Anklagekammer zieht in Erwägung: | |
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Während die Kantone in Bundesstrafsachen nach Art. 252 BStP einander im Verfahren und beim Urteilsvollzug Rechtshilfe zu leisten haben, spricht Art. 30 VStrR nur von der Rechtshilfe im Rahmen der Verfolgung und Beurteilung von Verwaltungsstrafsachen. Es stellt sich daher die Frage, ob sich die Rechtshilfepflicht auf diesem Gebiet trotz dieser engen Umschreibung überhaupt auf die Vollstreckung beziehe. Das Bundesgericht hat dazu im Zusammenhang mit dem nach Art. 30 Abs. 3 VStrR auf Fälle der vorliegenden Art analog anwendbaren Art. 352 Abs. 1 StGB, wo allerdings nur ganz allgemein von Rechtshilfe die Rede ist, ausgeführt, die Rechtshilfe ![]() | 11 |
2. An dieser Rechtsprechung kann indessen unter der Herrschaft des neuen Bundesgesetzes über das Verwaltungsstrafrecht nicht festgehalten werden. Mit der Verweigerung der Rechtsöffnung verstossen die Behörden des Kantons Zürich im vorliegenden Fall nicht gegen die Rechtshilfepflicht im Sinne von Art. 30 VStrR, sondern allenfalls gegen die Pflicht, eine rechtskräftige Bussenverfügung einer Bundesbehörde zu vollstrecken. Wohl umfasst der Begriff der Rechtshilfe in einem weiteren Sinn auch die Vollstreckung von Entscheidungen anderer Behörden (vgl. z.B. den Entwurf zu einem Bundesgesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen, BBl 1976 II S. 491 ff., insbesondere Art. 91 ff.). Darum geht es bei Art. 30 VStrR jedoch nicht. Darauf deuten schon die Gründe hin, aus denen nach Art. 30 Abs. 2 VStrR die Rechtshilfe verweigert werden darf, ist doch nicht einzusehen inwiefern der Vollzug einer Busse je die innere oder äussere Sicherheit des Bundes oder der Kantone gefährden, die um Rechtshilfe angegangene Behörde in der Durchführung ihrer Aufgabe wesentlich beeinträchtigen oder die Preisgabe von anvertrauten Geheimnissen bewirken könnte. Das Gleiche ergibt sich aus den Beispielen, mit denen in Art. 30 Abs. 1 VStrR die ![]() | 12 |
Dieses Ergebnis entspricht auch den praktischen Bedürfnissen besser als die bisherige Rechtsprechung. Nach Art. 49 Ziff. 2 StGB werden Bussen auf dem Weg der Schuldbetreibung vollstreckt. Im Betreibungsverfahren hat die Verwaltung nicht die Stellung einer um Rechtshilfe ersuchenden Behörde, sondern diejenige einer Partei. Als solcher stehen ihr auch alle Rechtsmittel der Partei zur Verfügung. Sie kann daher z.B. im Sinne von Art. 17 SchKG Beschwerde an die Aufsichtsbehörden über Schuldbetreibung und Konkurs führen, wenn sich das Betreibungsamt weigert, den Zahlungsbefehl zuzustellen, die Pfändung vorzunehmen oder die Verwertung durchzuführen. Erhebt der Betriebene Rechtsvorschlag, so hat sie, wiederum in ihrer Eigenschaft als Partei des Betreibungsverfahrens, beim Richter um Erteilung der Rechtsöffnung zu ersuchen, wobei die Bussenverfügung nach Art. 380 StGB einen definitiven Rechtsöffnungstitel im Sinne von Art. 80/81 SchKG darstellt. Gegen die Verweigerung der Rechtsöffnung stehen ihr gegebenenfalls kantonale Rechtsmittel zur Verfügung. Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdeführerin denn auch gegen den Entscheid des Rechtsöffnungsrichters beim Obergericht Nichtigkeitsbeschwerde geführt. Die Anrufung der Anklagekammer ist in diesem Zusammenhang nirgends vorgesehen. Es wäre auch nicht einzusehen, weshalb sich der Rechtsöffnungsstreit auf einmal in einen Anstand über die Rechtshilfepflicht verwandeln sollte, der von der Anklagekammer zu schlichten wäre. Die Zuständigkeit der Anklagekammer als letzte Instanz des Rechtsöffnungsverfahrens wäre systemwidrig. Das zeigt sich unter anderem darin, dass die Beschwerde wegen Verweigerung ![]() | 13 |
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Auf die Beschwerde ist daher nicht einzutreten.
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Demnach erkennt die Anklagekammer:
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