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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server, A. Tschentscher | |||
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2. Urteil des Kassationshofes vom 28. Mai 1982 i.S. Sch. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich (Nichtigkeitsbeschwerde) | |
Regeste |
Art. 117 StGB; fahrlässige Tötung in Form eines unechten Unterlassungsdelikts. |
2. Bei fahrlässigen Erfolgsdelikten, die durch eine Unterlassung begangen werden, ist der Erfolg dem Täter dann zuzurechnen, wenn die erwartete Handlung nicht hinzugedacht werden kann, ohne dass der Erfolg höchstwahrscheinlich entfällt (Bestätigung der Rechtsprechung; E. 2). | |
Sachverhalt | |
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Frau B. erhoffte sich durch eine derartige Therapie Heilung von ihrer Coxarthrose und weiteren Leiden und bat deshalb Frau H. in ihrem Schreiben vom 28. Juni 1978 um Gewährung der "KE". Bereits am 15. Juli 1978 konnte sie nach Anleitung von Sch., dem sie zuvor einen Fragebogen für die Adeptin ausgefüllt auszuhändigen hatte, mit der "KE" beginnen. Zunächst hatte sie bis 2. August 1978 abwechselnd einen Tag zu fasten und am darauffolgenden sich normal zu ernähren. Diesem alternierenden Fasten folgte eine Kur von 10 Tagen, während welcher Frau B. weder Nahrung noch Flüssigkeit zu sich nahm und Sch. sich täglich telefonisch über ihr Befinden erkundigte. Ab Mitte der totalen Fastenperiode verschlechterte sich indessen der Zustand von Frau B.; sie wurde bettlägerig. Als die Tochter von Frau B. Sch. persönlich in Zürich aufsuchte, wurde sie von diesem beruhigt, indem er sich auf seine reiche Erfahrung stützte und für ein Durchhalten eintrat, was Frau B. denn auch tat. Am Morgen des 12. August 1978 beendigte sie wie vorgeschrieben die 10tägige Fastenkur und ass und trank nach den Weisungen von Sch. normal. Nachdem sie im Verlaufe des Nachmittags das Bett verlassen hatte, brach sie im Badezimmer zusammen und starb. Als Todesursache wurde eine massive Lungenembolie bei ziemlich frischer Thrombose der linken Schenkelvene als Folge der 10tägigen totalen Fastenkur nach vollständiger Flüssigkeitskarenz festgestellt.
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B.- Das Bezirksgericht Hinwil verurteilte am 23. September 1980 Sch. wegen fahrlässiger Tötung gemäss Art. 117 StGB zu 4 Monaten Gefängnis unter Gewährung des bedingten Strafvollzuges mit einer Probezeit von 2 Jahren. Auf Berufung des Angeklagten und Anschlussberufung der Staatsanwaltschaft hin bestätigte die II. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Zürich mit Urteil vom 15. September 1981 den Schuldspruch wegen fahrlässiger Tötung nach Art. 117 StGB, erhöhte indessen die Strafe ![]() | 3 |
C.- Gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich führt Sch. staatsrechtliche Beschwerde, auf die mit Urteil vom 10. Mai 1982 nicht eingetreten wurde, und eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit den Anträgen, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die zuständige kantonale Instanz zurückzuweisen.
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Eine ebenfalls gegen das obergerichtliche Urteil gerichtete kantonale Nichtigkeitsbeschwerde wies das Kassationsgericht des Kantons Zürich am 7. Januar 1982 ab.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
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b) Tötungsdelikte können nach Lehre und Rechtsprechung auch durch Unterlassen begangen werden, sofern der Unterlassende Garant ist (BGE 105 IV 19; SCHULTZ, AT, 4. Aufl., S. 127; RENE MEYER, Die Garantenstellung beim unechten Unterlassungsdelikt, Diss. Zürich 1972, S. 28; HANS WALDER, Vorsätzliche Tötung, Mord und Totschlag, in ZStrR 96/1979, S. 125; SCHUBARTH, Kommentar zum schweiz. Strafrecht, Bd. 1, 1982, N. 128 zur systematischen Einleitung, N. 9 zu Art. 117 StGB). Eine solche Garantenstellung wird angenommen, wenn der Täter auf Grund einer besonderen Rechtsbeziehung verpflichtet ist, ein Rechtsgut vor allen oder bestimmten Gefahren zu schützen, oder wenn er durch sein Tun eine Gefahr geschaffen oder eine solche vergrössert hat und deshalb gehalten ist, dafür zu sorgen, dass die Gefahr zu keiner Verletzung fremder Rechtsgüter führt (BGE 106 IV 278; BGE 101 IV 30 E. 2b; BGE 83 IV 13 ff.; BGE 53 I 351ff.; SCHULTZ, a.a.O., S. 140; STRATENWERTH, AT, 1982, S. 377 ff., N. 11-18 insb. 17 und 18 zu § 14; SCHUBARTH, a.a.O., N. 130-155 insb. 146, 155/56 zur systematischen Einleitung; HAUSER/REHBERG, Strafrecht I, 2. Aufl., S. 135; MEYER, a.a.O., S. 102-109; SCHÖNKE/SCHRÖDER, Kommentar zum ![]() | 7 |
c) Der Kassationshof ist an die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz gebunden und hat sie seinem Entscheid zugrunde zu legen. Soweit die Bestreitungen des Beschwerdeführers von einem anderen Sachverhalt ausgehen, sind sie nicht zulässig (Art. 277bis Abs. 1 und Art. 273 Abs. 1 lit. b BStP).
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Was die Botentätigkeit des Sch. betrifft, stellte die Vorinstanz in verbindlicher Weise fest, dass der Beschwerdeführer, Präsident der Kosmischen Gesellschaft, Frau B. mit der Lehre der "KE" bekannt machte, ihr das Werbematerial, auf dem seine Anschrift vermerkt war, herausgab und als Mittelsperson zwischen der Geschädigten und Frau H. wirkte. So konnte die Verstorbene ihr Bittgesuch für die Gewährung der "KE" nur über die Person des Beschwerdeführers der Adeptin H. zukommen lassen. Der Beschwerdeführer las sowohl dieses Schreiben, als auch etwas später den von Frau B. ausgefüllten Fragebogen über ihren Gesundheitszustand. Es war auch der Beschwerdeführer, der Frau B. mitteilte, dass ihr die Adeptin die "KE" gewähre. Nur er und nicht Frau H. stand während der darauffolgend durchgeführten Kur mit Frau B. in Verbindung. Er hatte während der ganzen Dauer des 10tägigen, absoluten Fastens Kontakt mit Frau B. So wurde täglich telefoniert. Am 5. Tag unternahm der Beschwerdeführer mit Frau B. und deren Tochter einen gemeinsamen Spaziergang.
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Dem Beschwerdeführer kann zugebilligt werden, dass sich bei der Entschlussfassung der Verstorbenen, die Therapie durchzuführen, und in der ersten Phase der Kur seine Tätigkeit einerseits auf Vermitteln und andererseits auf Beraten beschränkte, was für die ![]() | 10 |
Die Rüge des Beschwerdeführers, er habe sich in keiner Garantenstellung befunden, erweist sich somit als unbegründet.
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Bei Unterlassungsdelikten kann nicht im gleichen Sinn von Kausalität gesprochen werden wie bei positiven Handlungen. Bei Erfolgsdelikten sind nach der neueren Praxis des Bundesgerichts hinsichtlich der Kausalität die Unterlassungen hypothetisch zum eingetretenen Erfolg in Beziehung zu setzen (BGE 105 IV 19 /20 mit Verweisungen). Der Kausalzusammenhang ist nur dann ![]() | 13 |
Die Vorinstanz erachtete den Kausalzusammenhang auf Grund der allgemeinen Lebenserfahrung und des überzeugenden, ausführlichen gerichtsmedizinischen Gutachtens als erstellt, indem durch Abbruch der Diät und Einleitung einer Thrombosetherapie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die gefährliche Situation hätte behoben und der Tod von Frau B. hätte vermieden werden können. Diesen Erwägungen ist beizutreten. Nach dem Gutachten ist der Tod von Frau B. auf die 10tägige Fastenkur mit totalem Flüssigkeitsentzug zurückzuführen, da das totale Fasten (inkl. Flüssigkeitsentzug) zu einer Bluteindickung mit zunehmender Thrombosegefahr führte, die durch das vorbestehende Kreislaufleiden noch erhöht wurde. Ohne ärztliche und klinische Überwachung derartiger Kuren mit der Möglichkeit eines rechtzeitigen Abbruchs und der Einleitung einer entsprechenden Behandlung besteht die Gefahr lebensbedrohlicher Stoffwechselentgleisungen.
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Der Vorinstanz kann beigepflichtet werden, wenn sie aus dem Gutachten und aus der allgemeinen Lebenserfahrung den Schluss zog, ein Arzt hätte - wäre er gerufen worden - bei aller Sorgfalt die notwendigen, lebenserhaltenden Massnahmen getroffen, so dass der Tod höchstwahrscheinlich nicht eingetreten wäre. Der Kausalzusammenhang im Sinne der Rechtsprechung ist deshalb zu bejahen.
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Gemäss Art. 18 Abs. 3 StGB handelt fahrlässig, wer die Folgen seines Verhaltens aus pflichtwidriger Unvorsichtigkeit nicht bedacht oder darauf nicht Rücksicht genommen hat. Pflichtwidrig ist die Unvorsichtigkeit dann, wenn der Täter die Vorsicht nicht beobachtet hat, zu der er nach den Umständen und nach seinen persönlichen Verhältnissen verpflichtet ist (BGE 103 IV 14 /15, 292; BGE 97 IV 171 f. E. 2).
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Wie die Vorinstanz verbindlich feststellte, hätten die ab 6. Tag der Kur aufgetretenen Beschwerden, insbesondere die Bettlägerigkeit von Frau B. und auch der Besuch der Tochter der Verstorbenen am 7. Tag, dem Beschwerdeführer aufzeigen müssen, dass die Therapie nicht problemlos verlief. Er wusste, dass die 65jährige Frau an Kreislaufstörungen litt. Ebenfalls musste er wissen, dass ![]() | 18 |
Die Frage, ob der Beschwerdeführer den Tod von Frau B. hätte voraussehen können, ist nach den vorstehenden Erwägungen über den Wissensstand und die Fähigkeiten des Beschwerdeführers ebenfalls zu bejahen.
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Die Vorinstanz hat mit ihrer rechtlichen Würdigung des für den Kassationshof verbindlich festgestellten Sachverhalts (Art. 277bis Abs. 1 BStP) den Begriff der Fahrlässigkeit im Sinne von Art. 18 Abs. 3 StGB daher nicht verkannt und kein Bundesrecht verletzt.
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Da die Vorinstanz entsprechend dem psychiatrischen Gutachten dem Beschwerdeführer lediglich eine in leichtem Grade verminderte Zurechnungsfähigkeit attestierte und dies in der vorliegenden Beschwerde ausdrücklich nicht in Frage gestellt wird, erfolgte die Verurteilung von Sch. wegen fahrlässiger Tötung zurecht.
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"Dementsprechend besteht selbstverständlich die Gefahr, dass er sich auch in Zukunft ähnlich verhalten könnte."
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Wenn demnach die Vorinstanz über künftiges Wohlverhalten des Beschwerdeführers keine günstige Prognose zu stellen vermochte, überschritt sie das ihr gemäss Art. 41 Ziff. 1 StGB zustehende Ermessen nicht.
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