![]() ![]() | |||
| |||
Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
![]() | ![]() |
38. Auszug aus dem Urteil der Strafrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau (Beschwerde in Strafsachen) |
6B_49/2019 vom 2. August 2019 | |
Regeste |
Art. 22 SpoFöG, Art. 1 StGB; Doping, Legalitätsprinzip. |
Art. 22 SpoFöG ist auch ausserhalb von Wettkämpfen anwendbar (E. 2.4.2). | |
Sachverhalt | |
![]() ![]() | 1 |
Das Bezirksgericht bestrafte X. mit einer teilbedingten Freiheitsstrafe von 2 Jahren, unter Anrechnung der Untersuchungshaft von 122 Tagen, und mit einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu Fr. 90.-. Dies teilweise als Zusatzstrafe zum Urteil des Obergerichts des Kantons Bern vom 22. Oktober 2013. Den mit jenem Urteil gewährten bedingten Strafvollzug für eine Geldstrafe von 70 Tagessätzen zu Fr. 60.- widerrief das Bezirksgericht.
| 2 |
B. Gegen das Urteil des Bezirksgerichts erhoben X. sowie die Staatsanwaltschaft Berufung. Mit Urteil vom 21. November 2018 stellte das Obergericht des Kantons Aargau fest, dass der Schuldspruch wegen mehrfacher Widerhandlung gegen das Waffengesetz in Rechtskraft erwachsen war. Auf den Widerruf der durch das Obergericht des Kantons Bern angeordneten bedingten Geldstrafe verzichtete es. Im Übrigen bestätigte es mit wenigen weiteren, hier nicht relevanten Abweichungen das erstinstanzliche Urteil.
| 3 |
Das Obergericht des Kantons Aargau hält bezogen auf die vorliegend noch relevanten Anklagepunkte zusammengefasst für erwiesen, dass X. ohne Berechtigung seit 10. August 2012 bzw. 1. Oktober 2012 bis ca. 31. März 2015 Arznei- und Dopingmittel an Konsumenten aus dem Fitness- und Bodybuildingbereich zwecks Muskelaufbaus und Leistungssteigerung abgab. Er erzielte dabei einen Gewinn von Fr. 148'468.-. Einen Betrag von Fr. 26'562.- aus der gewerbsmässigen Widerhandlung gegen das Sportförderungsgesetz versteckte er bei sich zu Hause in einem Drucker und in einem Kleiderschrank.
| 4 |
C. X. führt Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt, das Urteil des Obergerichts sei teilweise aufzuheben und das Verfahren sei in Bezug auf den Vorwurf der gewerbsmässigen Widerhandlung gegen das Sportförderungsgesetz einzustellen. Eventualiter sei er von diesem Vorwurf freizusprechen. Von den Vorwürfen der gewerbsmässigen Widerhandlung gegen das Heilmittelgesetz und der Geldwäscherei sei er freizusprechen. Für die Widerhandlung gegen das Waffengesetz sei er mit einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu Fr. 90.- zu bestrafen. Subeventualiter sei er gemäss angefochtenem Urteil zu verurteilen und mit einer bedingten Freiheitsstrafe von einem Jahr und einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu Fr. 90.- zu bestrafen.
| 5 |
6 | |
Aus den Erwägungen: | |
Erwägung 2 | |
7 | |
2.2 Der Grundsatz der Legalität ("nulla poena sine lege") ist in Art. 1 StGB und Art. 7 EMRK ausdrücklich verankert. Er ist verletzt, wenn jemand wegen einer Handlung, die im Gesetz überhaupt nicht als strafbar bezeichnet ist, strafrechtlich verfolgt wird, oder wenn eine Handlung, deretwegen jemand strafrechtlich verfolgt wird, zwar in einem Gesetz mit Strafe bedroht ist, dieses Gesetz selber aber nicht als rechtsbeständig angesehen werden kann, oder schliesslich, wenn das Gericht eine Handlung unter eine Strafnorm subsumiert, die darunter auch bei weitestgehender Auslegung nach allgemeinen strafrechtlichen Grundsätzen nicht subsumiert werden kann (BGE 139 I 72 E. 8.2.1; BGE 138 IV 13 E. 4.1; je mit Hinweisen).
| 8 |
9 | |
Erwägung 2.3 | |
10 | |
2.3.2 Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers wird Doping vom Gesetzgeber definiert. Laut Art. 19 Abs. 1 SpoFöG ist Doping der ![]() | 11 |
Soweit der Beschwerdeführer das Fehlen einer Legaldefinition von "Zweck" oder von "Sport" rügt, kann ihm nicht gefolgt werden. Diese beiden Begriffe sind aufgrund des allgemeinen Sprachgebrauchs hinreichend präzise, sodass der Beschwerdeführer sein Verhalten danach richten und die Folgen seines Verhaltens mit einem den Umständen entsprechenden Grad an Gewissheit erkennen konnte. Bezüglich Sport erwägt ohnehin schon die Vorinstanz, der Beschwerdeführer stelle nicht in Abrede, dass es sich beim Bodybuilding und bei in Fitnesscentern unter dem Oberbegriff Fitness ausgeübten Aktivitäten um sportliche Tätigkeiten handelt. Auch vor Bundesgericht stellt er dies nicht in Abrede.
| 12 |
Die Rüge einer Verletzung des Bestimmtheitsgebots erweist sich als unbegründet.
| 13 |
Erwägung 2.4 | |
14 | |
![]() | 15 |
Seit dem 1. Oktober 2012 statuiert der Gesetzgeber eine generelle Strafbarkeit von Doping im Sport. Art. 22 Abs. 1 SpoFöG zufolge wird bestraft, wer Mittel nach Art. 19 Abs. 3 SpoFöG herstellt, erwirbt, einführt, ausführt, durchführt, vermittelt, vertreibt, verschreibt, in Verkehr bringt, abgibt oder besitzt oder Methoden nach Art. 19 Abs. 3 SpoFöG bei Dritten anwendet. Gestützt auf Art. 19 Abs. 3 SpoFöG legt der Bundesrat unter Berücksichtigung der internationalen Entwicklung in Art. 74 SpoFöV und deren Anhang die Mittel und Methoden fest, deren Verwendung oder Anwendung strafbar sind (vgl. E. 2.3.2 hiervor). Die früher geltende Einschränkung der Strafbarkeit auf den reglementierten Wettkampfsport strich der Gesetzgeber ersatzlos, womit er die Strafbarkeit für Doping auf den Breitensport ausdehnte, soweit die strafbaren Handlungen nicht zwecks des eigenen Konsums erfolgen (vgl. Art. 22 Abs. 4 SpoFöG).
| 16 |
Ferner beinhaltet das Sportförderungsgesetz Bestimmungen, darunter eine weitere Strafnorm (Art. 25a SpoFöG), welche sich ausdrücklich auf Sportwettkämpfe beziehen. Art. 22 SpoFöG bezieht sich demgegenüber gerade nicht auf Wettkämpfe. Auch der allgemeine Zweckartikel, laut welchem im Interesse der körperlichen Leistungsfähigkeit und der Gesundheit der Bevölkerung, der ganzheitlichen Bildung und des gesellschaftlichen Zusammenhalts Verhaltensweisen gefördert werden sollen, mit denen die positiven Werte des Sports in der Gesellschaft verankert und unerwünschte Begleiterscheinungen bekämpft werden (Art. 1 Abs. 1 lit. d SpoFöG), deutet darauf hin, dass die gesamte (sporttreibende) Bevölkerung Adressatin der Bestimmungen dieses Gesetzes ist und auch Sport ausserhalb von Wettkämpfen von der Strafnorm in Art. 22 SpoFöG erfasst werden soll. Der Wortlaut weiterer Bestimmungen zu allgemeinen Massnahmen (Art. 18 SpoFöG) und Massnahmen gegen Doping (Art. 19 SpoFöG) ist ein ![]() | 17 |
In der Botschaft sind gleicherweise keine Hinweise auf eine vom Gesetzgeber beabsichtigte Beschränkung der Strafbarkeit auf den Wettkampfbereich erkennbar. Auch dieser zufolge ist vielmehr nicht lediglich der ehrliche Wettkampf, sondern nebst weiterer Antidopingaspekte die gesundheitsförderliche körperliche Aktivität schützenswert. Es liegt laut Botschaft im öffentlichen Interesse, bei der Ausübung von Sport auf den Einsatz von leistungssteigernden Substanzen und Methoden zu verzichten. Im Einklang mit dieser Sichtweise wollte der Gesetzgeber die Strafbestimmungen verschärfen und eine Steigerung der Wirksamkeit der Dopingbekämpfung erreichen. Er erkannte die früher geltenden Doping-Strafnormen, gerade was den Begriff "reglementierten Wettkampfsport" betrifft, als auslegungsbedürftig sowie lückenhaft und behob diese Unzulänglichkeit gezielt (vgl. Botschaft vom 11. November 2009 zum Sportförderungsgesetz und zum Bundesgesetz über die Informationssysteme des Bundes im Bereich Sport, BBl 2009 8220 ff. Ziff. 1.2.8.1 und Ziff. 1.3.5).
| 18 |
Auch in der Literatur wird überwiegend die Auffassung vertreten, dass sich Art. 22 SpoFöG nicht auf den reglementierten Wettkampfsport beschränkt, sondern ebenso bei sportlicher Betätigung ausserhalb solcher Anlässe Anwendung findet (vgl. BORIS KREIT, Bekämpfung der Heilmittelkriminalität, Leitfaden für die Praxis, 2016, S. 27; CONTAT/PAMBERG/PFISTER/STEINER, Dopingbekämpfung durch Staat und Private in der Schweiz, Causa Sport 2/2016 S. 159 ff., S. 167 Ziff. 4.6.1; a.M., allerdings ohne Begründung, MICHAEL BURRI, Swissmedic, Heilmittelgesetz und Strafverfahren - Gesetzeskonkurrenzen, Zuständigkeitskonflikte und Information der Öffentlichkeit, in: Das Verwaltungsstrafrecht im Wandel, Herausforderung für Strafverfolgung und Strafverteidigung, Andreas Eicker [Hrsg.], 2017, S. 169 f.).
| 19 |
20 | |
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR). |