![]() ![]() | |||
| |||
Bearbeitung, zuletzt am 19.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
![]() | ![]() |
56. Auszug aus dem Urteil der Strafrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen (Beschwerde in Strafsachen) |
6B_878/2018 vom 29. Juli 2019 | |
Regeste |
Art. 2 lit. a, Art. 2a, Art. 19 Abs. 1 lit. a und d BetmG; Art. 1 Abs. 2 lit. a BetmVV-EDI und Anhang 5; Art. 1 StGB; Gesamt-THC-Gehalt von Cannabis; Legalitätsprinzip. |
Gesetz und Verordnung legen die Messart des Gesamt-THC-Gehalts nicht fest. Dies verletzt das Legalitätsprinzip und das Bestimmtheitsgebot nicht. Beim Gesamt-THC-Gehalt handelt es sich um die Summe von THC und THC-Carbonsäure (E. 2.3). | |
Sachverhalt | |
![]() | 1 |
B. Das Kantonsgericht St. Gallen erklärte X. am 23. April 2018 im Berufungsverfahren gegen ein Urteil des Kreisgerichts Toggenburg vom 1. April 2016 zweitinstanzlich der mehrfachen Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz schuldig. Vom Vorwurf der Widerhandlung gegen das Waffengesetz sprach es ihn frei. Das Verfahren betreffend fahrlässige Körperverletzung stellte das Kantonsgericht ein. Es bestrafte X. mit einer bedingten Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu Fr. 80.- bei einer Probezeit von zwei Jahren und verzichtete auf den Widerruf des bedingten Vollzugs einer Geldstrafe aus dem Jahre 2010. Ferner verpflichtete es ihn, dem Staat eine Ersatzforderung von Fr. 100'000.- zu bezahlen.
| 2 |
C. X. führt Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt, das Urteil des Kantonsgerichts St. Gallen sei aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Zudem ersucht er um Gewährung der aufschiebenden Wirkung.
| 3 |
4 | |
Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt.
| 5 |
Aus den Erwägungen: | |
Erwägung 2 | |
6 | |
2.2 Die Vorinstanz erwägt, der Gesetzgeber habe entschieden, den Umgang mit Drogenhanf - unabhängig vom Verwendungszweck - grundsätzlich zu verbieten und die Grenze auf 1 % THC festzusetzen. Die Messung könne deshalb nur noch eine Zielsetzung haben, nämlich die Bekämpfung des Drogenhanfs. Mit der Gesetzesänderung sei nur noch die Messmethode massgebend, mit welcher getestet werde, ob Drogenhanf vorliege. Deshalb komme einzig in Betracht, die psychoaktiven Stoffe derart zu messen, wie sie beim Konsum ihre Wirkung entfalten. Eine Detailnorm, welche die Berücksichtigung der decarboxylierten THC-Carbonsäure bei der Messung ausdrücklich festhalte, sei mit Blick auf das Legalitätsprinzip und das Bestimmtheitsgebot nicht notwendig. Die Miterfassung der decarboxylierten THC-Carbonsäure stehe auch im Einklang mit der einschlägigen Publikation der Schweizerischen Gesellschaft für Rechtsmedizin (SGRM), den "Richtlinien für die Probenahme und -aufarbeitung von Hanfpflanzen, Marihuana und Haschisch - Empfehlungen für die Analyse" vom 27. Februar 2001 (nachfolgend: SGRM-Richtlinien). Auch in den Erläuterungen des EDI zur Verordnung vom 30. Mai 2011 über die Verzeichnisse der ![]() | 7 |
Erwägung 2.3 | |
8 | |
2.3.2 Nach dem Betäubungsmittelgesetz gelten als Betäubungsmittel unter anderem abhängigkeitserzeugende Stoffe des Wirkungstyps Cannabis (Art. 2 lit. a BetmG [SR 812.121]). Sie dürfen weder angebaut, eingeführt, hergestellt noch in Verkehr gebracht werden (Art. 8 Abs. 1 lit. d BetmG). Nach Art. 2a BetmG führt das EDI ein Verzeichnis der Betäubungsmittel, der psychotropen Stoffe sowie der Vorläuferstoffe und der Hilfschemikalien. Es stützt sich hierbei in der Regel auf die Empfehlungen der zuständigen internationalen Organisationen. Gemäss Art. 1 Abs. 2 lit. a in Verbindung mit dem Verzeichnis d (Anhang 5) der BetmVV-EDI fallen unter ![]() | 9 |
Die Erläuterungen zur BetmVV-EDI halten fest, die im Rahmen der Revision des Betäubungsmittelgesetzes erfolgte Streichung des Zwecknachweises habe zur Folge, dass jeder Hanf und jedes Hanfprodukt als Betäubungsmittel gelte. Da Hanf auch industriell bzw. in Lebensmitteln verwendet werde, solle ein Kriterium eingeführt werden, das klar definiere, welcher Hanf im Sinne des revidierten Betäubungsmittelgesetzes ein Betäubungsmittel sei. Als Unterscheidungsmerkmal habe sich die Definition eines oberen THC-Gehalts etabliert. Dieses Kriterium scheine logisch, da THC der Hauptwirkstoff mit psychoaktiver Wirkung im Hanf sei. Auch eigne sich der THC-Gehalt als Definitionsgrösse, da dieser objektiv messbar sei. Die Gruppe Forensische Chemie der SGRM spreche sich für einen Grenzwert von 1 % THC aus. Dieser Wert beruhe auf einem über Jahre ermittelten Erfahrungswert zwischen Faserhanf und dem sogenannten Drogenhanf. Insgesamt garantiere ein Grenzwert von 1 % Gesamt-THC eine höhere Rechtssicherheit. Gemessen werde unter Hinweis auf die SGRM-Richtlinien der Gesamt-THC-Gehalt der Hanfpflanzen. Dieser setze sich zusammen aus dem Gehalt des frei vorliegenden THC sowie der Summe aller im Hanf vorkommenden Delta-9-THC-Säuren (siehe Erläuterungen zur BetmVV-EDI, Ziff. 3). Das Bundesgericht erwog, das EDI habe mit der Festsetzung des Gesamt-THC-Gehalts auf 1 % die ihm mit Art. 2a BetmG eingeräumte Kompetenz nicht überschritten (Urteil 6B_1113/2013 vom 30. Juni 2014 E. 4.2.2).
| 10 |
11 | |
Unter dem Gesichtspunkt des Bestimmtheitsgebots ("nulla poena sine lege certa") ist zudem unbedenklich, dass Betäubungsmittel im ![]() | 12 |
Keine Verletzung des Legalitätsprinzips und des Bestimmtheitsgebots liegt darin, dass Gesetz und Verordnung die Messart des Gesamt-THC-Gehalts nicht festlegen. Bereits aus dem Wortlaut der BetmVV-EDI (Verzeichnis d) ist zu folgern, dass es den THC-Gehalt zu analysieren gilt (FINGERHUTH/SCHLEGEL/JUCKER, BetmG Kommentar, 3. Aufl. 2016, N. 24 zu Art. 8 BetmG). Das Betäubungsmittelgesetz will unter anderem dem unbefugten Konsum vorbeugen (Art. 1 lit. a BetmG). Die Vier-Säulen-Politik des Bundes (vgl. Art. 1a BetmG) bezweckt den Gesundheitsschutz der Bevölkerung (vgl. Bericht Komm. NR, BBl 2006 8573, 8586 f. Ziff. 2.1.3). Damit kommt nach den zutreffenden vorinstanzlichen Erwägungen einzig in Betracht, die psychoaktiven Stoffe auch so zu messen, wie sie beim Konsum ihre Wirkung entfalten. Die Gruppe Forensische Chemie der SGRM, deren Empfehlung für den Grenzwert von 1 % für den Gesamt-THC-Gehalt in die BetmVV-EDI einfloss, hält fest, der im Rahmen der forensischen Bestimmung angegebene Gesamt-THC-Gehalt setze sich zusammen aus dem Gehalt des frei vorliegenden THC sowie der im Hanf vorkommenden THC-Säuren. Diese Säuren liessen sich durch eine Decarboxylierung in psychotropes THC ![]() | 13 |
Der Beschwerdeführer kritisiert darüber hinaus die forensische Messmethode mit dem Hinweis, es sei nicht geregelt, was von der Pflanze und in welchem Zustand diese zu analysieren sei. Diesbezüglich kann auf die vorinstanzlichen Erwägungen verwiesen werden, mit denen sich der Beschwerdeführer nicht auseinandersetzt (Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG).
| 14 |
15 | |
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR). |