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16. Urteil i.S. D. gegen Ausgleichskasse des Kantons Zürich und Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich |
H 384/00 vom 19. April 2005 | |
Regeste |
Art. 43ter Abs. 1 [in der bis Ende 2002 gültig gewesenen Fassung] und 3 AHVG; Art. 66ter AHVV; Art. 2 Abs. 1 und 2 HVA; Ziff. 9.51 HVA Anhang: Kostenbeitrag an den käuflichen Erwerb eines motorisierten Rollstuhls im Rahmen der Austauschbefugnis. |
Voraussetzungen, Dauer, Umfang und Modalitäten des Anspruchs auf den monatlichen substituierten Mietkostenbeitrag, wenn die versicherte Person auf den ihr gemäss Ziff. 9.51 HVA Anhang gesetzlich zustehenden mietweisen Bezug eines Rollstuhles ohne motorischen Antrieb verzichtet und sich stattdessen einen motorisierten Rollstuhl anschafft (Erw. 3 und 4, insbesondere 4.4). | |
Sachverhalt | |
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B. Die hiegegen erhobenen Beschwerden wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 19. September 2000 ab.
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C. Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt D. sinngemäss die Aufhebung des angefochtenen Entscheids sowie die Übernahme der Anschaffungskosten des motorisierten Rollstuhls und des Spitalbettes durch die Altersversicherung.
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Die Kasse schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) hat sich nicht vernehmen lassen.
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D. Mit Blick auf die in Erwägung gezogene Änderung der Rechtsprechung zur Austauschbefugnis im Bereich der Hilfsmittelliste der Alters- und Hinterlassenenversicherung nimmt das BSV mit Eingabe vom 10. August 2001 Stellung.
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Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: | |
1. Am 1. Januar 2003 ist das Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 ![]() | 6 |
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Die Vorinstanz hat korrekt dargelegt, dass die ursprünglich in der IV-rechtlichen Hilfsmittelversorgung begründete (BGE 107 V 89) und später auf die medizinischen Massnahmen ausgedehnte Rechtsfigur der Austauschbefugnis (vgl. BGE 120 V 285 Erw. 4a, BGE 120 V 292 Erw. 3c mit Hinweisen) im Bereich der Hilfsmittelversorgung durch die Altersversicherung bisher praxisgemäss keine Anwendung fand ![]() | 8 |
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Erwägung 3.2 | |
3.2.1 In BGE 107 V 89 erkannte das Eidgenössische Versicherungsgericht betreffend einen invaliden Versicherten, welcher sich auf eigene Kosten ein Elektromobil angeschafft und bei der Invalidenversicherung um Kostenbeiträge in der Höhe der Kosten eines Elektrofahrstuhls oder eventualiter eines gewöhnlichen Fahrstuhls ersucht hatte: Umfasst das selber angeschaffte Hilfsmittel auch die Funktion eines dem Versicherten an sich zustehenden Hilfsmittels, so steht einer Gewährung von Amortisationsbeiträgen nichts entgegen; diese sind alsdann auf der Basis der Anschaffungskosten des Hilfsmittels zu berechnen, auf das der Versicherte an sich Anspruch hat (BGE 107 V 93 Erw. 2b). Diese aus dem Verhältnismässigkeitsgrundsatz (vgl. Art. 8 Abs. 1 IVG) fliessende, zunächst in den IV-rechtlichen Bereichen der Hilfsmittelversorgung (Art. 21 IVG) und der medizinischen Massnahmen (Art. 12 f. IVG) entwickelte Rechtsfigur der "Austauschbefugnis" ("droit à la substitution de la prestation", "diritto alla sostituzione della prestazione") findet seither in ständiger Rechtsprechung in verschiedenen Sozialversicherungszweigen Anwendung (BGE 127 V 123 Erw. 2a, BGE 120 V 285 Erw. 4a, BGE 120 V 292 Erw. 3c; vgl. auch BGE 126 III 351 ![]() | 11 |
3.2.2 Bei der Beurteilung der Frage nach der Massgeblichkeit der Austauschbefugnis in der HVA ist zu berücksichtigen, dass die sozialversicherungsrechtliche Praxis diese Rechtsfigur auch schon ausserhalb des IV-rechtlichen Hilfsmittel- und Eingliederungsbereichs verwendet hat. So kann die Austauschbefugnis zwar grundsätzlich auch in der obligatorischen Krankenversicherung zur Anwendung gelangen (vgl. GEBHARD EUGSTER, Krankenversicherung, in: Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht [SBVR], Soziale Sicherheit, Rz 218; HARDY LANDOLT, Pflegebedürftigkeit im Spannungsfeld zwischen Grundrechtsschutz und Kosteneffizienz, in: SZS 2002 S. 110 FN 58); sie darf jedoch nicht dazu führen, Pflichtleistungen durch Nichtpflichtleistungen zu ersetzen (BGE 126 V 332 Erw. 1b mit Hinweisen; vgl. auch BGE 126 III 351 Erw. 3c), und zwar auch dann nicht, wenn die Nichtpflichtleistungen billiger wären als die Pflichtleistungen (BGE 111 V 324). Im Verhältnis zwischen Hauspflege (Spitex-Leistungen) und der Pflege im Pflegeheim besteht eine Austauschbefugnis zwischen wirtschaftlichen und nichtwirtschaftlichen Massnahmen lediglich insoweit, als die versicherte Person bei Wahl der nichtwirtschaftlichen Massnahme Anspruch auf Vergütung derjenigen Kosten hat, auf die sie bei Wahl der wirtschaftlichen Massnahme Anspruch hätte (Urteil A. Vom 11. Mai 2004, K 95/03). Eine Anrufung der Austauschbefugnis fällt ausser ![]() | 12 |
3.2.3 Im invalidenversicherungsrechtlichen Hilfsmittelbereich, wo die Austauschbefugnis zuerst entwickelt worden und am weitesten verbreitet ist (BGE 127 V 121), hat sie in Art. 2 Abs. 5 der Verordnung über die Abgabe von Hilfsmitteln durch die Invalidenversicherung (HVI, in der seit 1. Januar 1989 geltenden Fassung) ihren positivrechtlichen Ausdruck gefunden. Im Rahmen dieser Bestimmung hat das Eidgenössische Versicherungsgericht den Grundsatz aufgestellt (zuletzt in AHI 2000 S. 73 Erw. 2a): Umfasst das vom Versicherten selber angeschaffte Hilfsmittel auch die Funktion eines ihm an sich zustehenden Hilfsmittels, so steht einer Gewährung von Amortisations- und Kostenbeiträgen nichts entgegen; diese sind alsdann auf der Basis der Anschaffungskosten des Hilfsmittels zu berechnen, auf das der Versicherte an sich Anspruch hat (BGE 127 V 123 Erw. 2b, BGE 120 V 292 Erw. 3c, BGE 111 V 213 Erw. 2b; ZAK 1988 S. 182 Erw. 2b, BGE 111 V 1986 S. 527 Erw. 3a; MEYER-BLASER, Verhältnismässigkeitsgrundsatz, S. 87 ff.). Die Umschreibung der in konstanter Rechtsprechung betreffend Hilfsmittel der Invalidenversicherung angewendeten Rechtsfigur der Austauschbefugnis ist demnach seit BGE 107 V 93 Erw. 2b (Erw. 3.2.1 hievor) praktisch unverändert geblieben. Sie stellt nicht einen im gesamten Sozialversicherungsrecht anwendbaren Grundsatz dar (nicht veröffentlichtes Urteil K. vom 10. Juli 1995, H 283/94; JÜRG MAESCHI, Kommentar zum Bundesgesetz über die Militärversicherung [MVG] vom 19. Juni 1992, Bern 2000, N 46 zu Art. 21), da sie in der Anwendung an bestimmte Voraussetzungen gebunden ist, insbesondere die durch Auslegung zu ermittelnde ratio legis zu berücksichtigen hat, welche ihrer Anwendung entgegenstehen kann. So setzt sie namentlich immer einen ![]() | 13 |
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Erwägung 3.4 | |
3.4.1 Der Grundsatz der Verhältnismässigkeit stellt einen im gesamten Verwaltungsrecht sowohl bei der Rechtsetzung wie bei der Rechtsanwendung zu beachtenden Grundsatz dar, welcher insbesondere auch in der Sozialversicherung Geltung beansprucht (BGE 108 V 252 Erw. 3a mit Hinweisen; vgl. auch BGE 122 V 380 Erw. 2b/cc, ![]() | 15 |
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3.4.3 Das Eidgenössische Versicherungsgericht hat in BGE 117 V 181 f. Erw. 3b erkannt, dass die Grundsätze der richterlichen Überprüfung unselbständiger Rechtsverordnungen auf ihre Gesetzes- und Verfassungsmässigkeit in Bezug auf die HVI gleichermassen gelten wie hinsichtlich der HVA. Da wie dort besteht der Hilfsmittelanspruch gestützt auf Art. 21 Abs. 1 und 2 IVG sowie Art. 43ter Abs. 1 und 2 AHVG nur im Rahmen des vom Verordnungsgeber zu bestimmenden Umfanges. Diese offen formulierten Gesetzesnormen räumen dem Bundesrat und dem an seiner Stelle handelnden Departement einen weiten Gestaltungsspielraum in der Auswahl und Umschreibung der Hilfsmittel ein. Dementsprechend sind nach konstanter Rechtsprechung die Aufzählungen der Hilfsmittelkategorien sowohl im Anhang der HVI (BGE 117 V 181 Erw. 3b und BGE 115 V 193 Erw. 2b mit Hinweisen) als auch im Anhang der HVA (Art. 2 Abs. 1 Satz 2 HVA; ZAK 1990 S. 99; vgl. ![]() | 17 |
Die rechtliche Ausgangslage in Bezug auf die Hilfsmittellisten ist somit in der Invaliden- und der Altersversicherung im Wesentlichen die gleiche. Weder im einen noch im anderen Fall ist innerhalb einer Hilfsmittelkategorie die Wahl der konkret zu beanspruchenden Vorkehr zwingend vorgeschrieben. Es sind keine normativen Anhaltspunkte ersichtlich, die für den Bereich der Altersversicherung darauf schliessen liessen, dass hier die Austauschbefugnis grundsätzlich nicht zur Anwendung gelangen könnte (vgl. MEYER-BLASER, Verhältnismässigkeitsgrundsatz, a.a.O., S. 88). Es besteht daher kein Grund, die zu Art. 21 IVG ergangene Rechtsprechung nicht auch im Bereich der HVA zur Anwendung zu bringen (KIESER, Bundesgesetz über die Alters- und Hinterlassenenversicherung [AHVG], in: MURER/STAUFFER [Hrsg.], Die Rechtsprechung des Bundesgerichts zum Sozialversicherungsrecht, Zürich 1996, S. 183).
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3.4.4 Beide formell-gesetzlichen Anspruchsgrundlagen (Art. 21 Abs. 2 IVG und Art. 43ter Abs. 1 AHVG) streben grundsätzlich die Erreichung derselben Eingliederungsziele an: Wer aus gesundheitlichen Gründen als Altersrentner oder wegen seiner Invalidität für die Fortbewegung, für die Herstellung des Kontaktes mit der Umwelt oder für die Selbstsorge kostspieliger Geräte bedarf, hat im ![]() | 19 |
3.4.5 Damit ist auch keine unzulässige finanzielle Mehrbelastung der AHV extra legem verbunden. Der Gesetzesvorbehalt wird wie im Bereich der Invalidenversicherung zunächst durch den abschliessenden Charakter der Aufzählung der Hilfsmittelkategorien im HVA Anhang gewährleistet. Sodann ist im Einzelfall die Gleichartigkeit von Funktion und Ziel der Ersatzanschaffung im Vergleich zum auszutauschenden gesetzlichen Hilfsmittelanspruch beachtlich. Weiter ist die Kostenbeteiligung auf diejenigen Amortisationsbeiträge beschränkt, welche auf der Basis der Anschaffungskosten des dem Versicherten rechtens zustehenden Hilfsmittels zu berechnen sind. Alle diese Voraussetzungen für die Anwendung der Austauschbefugnis auf dem Gebiet der Altersversicherung schliessen eine Leistungsausweitung aus. Wählt die versicherte Person anstatt des ihr gesetzlich zustehenden Hilfsmittels in einfacher und zweckmässiger Ausführung einen teureren oder aufwändigeren Behelf, hat sie die dadurch bedingten zusätzlichen Kosten selber zu tragen (vgl. MEYER-BLASER, Verhältnismässigkeitsgrundsatz, a.a.O., S. 87 f. mit Hinweisen auf Art. 21 Abs. 3 IVG und Art. 2 Abs. 4 HVI). Die Einfachheits- und ![]() | 20 |
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Soweit das BSV in seiner Stellungnahme vom 10. August 2001 die Auffassung vertritt, die Austauschbefugnis könne dort, wo sich im gesetzlichen Hilfsmittelanspruch und in der Ersatzanschaffung zwei verschiedene Arten von Kostenvergütungen (z.B. Anschaffungs- und Mietkosten) gegenüber ständen, keine Anwendung finden, weil diese Differenzierung nicht willkürlich, sondern organisatorisch und finanziell begründet sei, kann ihm nicht beigepflichtet werden. Denn die verschiedenen Abgabeformen (z.B. leihweise Abgabe, Abgabe zu Eigentum oder Amortisationsbeiträge an vom Versicherten selbst angeschaffte Hilfsmittel) sind einander grundsätzlich gleichgestellt (BGE 113 V 267; vgl. MEYER-BLASER, IVG, ![]() | 22 |
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4.2 Der halbseitig gelähmte Beschwerdeführer hat angesichts seines Gesundheitsschadens für die Fortbewegung und die Herstellung des Kontaktes mit der Umwelt (vgl. Art. 2 Abs. 1 HVI) Anspruch auf die mietweise Abgabe eines Rollstuhles ohne motorischen Antrieb im Sinne von Ziff. 9.51 HVA Anhang. Der von ihm angeschaffte motorisierte Rollstuhl hat dieselbe Funktion und dient demselben Eingliederungsziel, der Fortbewegung. Sodann erscheint der Grund für die ersatzweise Anschaffung eines motorisierten - statt des gesetzlich zustehenden Anspruchs auf mietweise Abgabe eines nichtmotorisierten - Rollstuhls als schützenswert, weil dadurch die Fortbewegung selbst innerhalb der Wohnung (z.B. Überwindung von Türschwellen) wirksam unterstützt wird, was seine Pflege zu Hause durch Angehörige und Spitex ![]() | 25 |
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5. Soweit der Versicherte mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde im Weiteren Anspruch auf einen Kostenbeitrag an das von ihm angeschaffte Spitalbett erhebt, hat das kantonale Gericht im angefochtenen Entscheid mit ausführlicher Begründung zutreffend dargelegt, dass ihm weder Gesetz noch Rechtsprechung einen solchen ![]() | 28 |
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