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18. Auszug aus dem Urteil der I. sozialrechtlichen Abteilung i.S. S. gegen Fürsorgebehörde Y. (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) |
8C_97/2008 vom 29. Januar 2009 | |
Regeste |
Art. 49 Abs. 1 BV; Art. 7 Abs. 3 lit. c ZUG; Art. 310 in Verbindung mit Art. 315 Abs. 1 ZGB; § 15 Abs. 2 des Sozialhilfegesetzes des Kantons Zürich vom 14. Juni 1981 (SHG); § 19 Abs. 3 und § 20 Abs. 1 der Verordnung vom 21. Oktober 1981 zum SHG (SHV). | |
Sachverhalt | |
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Da gegen den Lebenspartner ihrer Mutter und Vater ihres Halbbruders strafrechtliche Ermittlungen liefen, ersuchte die Vormundschaftsbehörde Y. die Vormundschaftsbehörde X. am 23. Februar 2006 um Übernahme der Kindesschutzmassnahmen sowie um Errichtung einer Vertretungsbeistandschaft für S. Am 25. April 2006 berichtete die Vormundschaftsbehörde X., die Vertretungsbeistandschaft sei errichtet worden und man sei mit der Weiterführung der Kindesschutzmassnahmen einverstanden. Die Übertragung an die Vormundschaftsbehörde X. erfolgte mit Beschluss vom 11. September 2006.
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In der Zwischenzeit war S. auf Anweisung ihrer Beiständin am 3. September 2006 im Heim C./ZH untergebracht worden. Mit Schreiben vom 18. Januar 2007 teilte die Vormundschaftsbehörde X. der Fürsorgebehörde Y. mit, gemäss Beschluss vom 16. November 2006 sei S. per 4. Dezember 2006 im Internat B. untergebracht worden, und ersuchte um Kostengutsprache. Die Fürsorgebehörde Y. lehnte am 16. Februar 2007 jegliche Kostenübernahme ab, da es nicht Aufgabe der Sozialhilfe sei, Privatschulen zu subventionieren, S. in C. bestens untergebracht gewesen sei und kein Grund für eine Umplatzierung vorgelegen habe. Zudem habe die Vormundschaftsbehörde X. die "erforderliche Mitwirkung der Stadt Y. ... nicht eingeholt". Mit Beschluss vom 29. März 2007 bestätigte die Fürsorgebehörde Y. die Ablehnung des Gesuches. Der Bezirksrat wies den hiegegen erhobenen Rekurs mit Entscheid vom 13. Juli 2007 ab.
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B. Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich wies die dagegen erhobene Beschwerde mit Entscheid vom 6. Dezember 2007 ab.
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Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut.
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Aus den Erwägungen: | |
Erwägung 2 | |
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2.2 Nach Art. 308 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 310 Abs. 2 ZGB wird die unmündige Beschwerdeführerin nicht durch ihre Eltern resp. die Mutter vertreten, sondern durch ihre Beiständin (Übertragung der Beistandschaft an X. gemäss Beschluss der Vormundschaftsbehörde Y. vom 11. September 2006). Diese wiederum benötigt für die Führung eines Prozesses die Zustimmung der Vormundschaftsbehörden (Art. 421 Ziff. 8 in Verbindung mit Art. 367 Abs. 3 ZGB). Dabei handelt es sich nach der Lehre lediglich um eine Zustimmung, nicht jedoch um eine Vertretung durch die Vormundschaftsbehörde; d.h. der Vormund (resp. die Beiständin) führen den Prozess nach Einholung der Zustimmung selbst (PHILIPPE MEIER, Le consentement ![]() | 8 |
Sowohl im Verwaltungsverfahren als auch vor Vorinstanz hat die Vormundschaftsbehörde X. den Prozess geführt. Die Frage nach der Ermächtigung zur Prozessführung durch die Beiständin ist nie gestellt worden. Angesichts der Sach- und Aktenlage ist jedoch von ihrer (stillschweigenden) Zustimmung zur Prozessführung der Vormundschaftsbehörde auszugehen. Dasselbe gilt für das vorliegende Verfahren.
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3.1 Nach Art. 310 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit Art. 315 Abs. 1 ZGB hat die Vormundschaftsbehörde am Wohnort des Kindes über dessen Unterbringung zu entscheiden, wenn seiner Gefährdung nicht anders begegnet werden kann und das Verhältnis zwischen Eltern und Kind so schwer gestört ist, dass sein Verbleiben in deren Haushalt unzumutbar geworden ist. Sie hat ihren Entscheid über eine allfällige (Um-)Platzierung alleine am Kindeswohl auszurichten (vgl. dazu PETER BREITSCHMID, in: Basler Kommentar, a.a.O., N. 16 zu Art. 310 ZGB; YVO BIDERBOST, in: Handkommentar zum Schweizer Privatrecht, Amstutz und andere [Hrsg.], 2007, N. 1 ff. zu Art. 310 ZGB, sowie CHRISTOPH HÄFELI, Die Aufhebung der elterlichen Obhut nach Art. 310 ZGB, ZVW 2001 S. 111 ff., 117). Der Begriff des Kindeswohls lässt sich nicht allgemein konkretisieren. Er ist je nach der sich stellenden Frage (z.B. Neuregelung der elterlichen Sorge, Besuchsrecht, Adoption) und den konkreten Umständen des Einzelfalls verschieden. Zum Teil nennt das Gesetz auch nur einen Aspekt des Kindeswohls als Kriterium (z.B. Interesse des Kindes in Art. 288 Abs. 1 ZGB oder Entwicklung des Kindes in Art. 310 Abs. 3 ZGB). Der Inhalt des Kindeswohls bei Fragen des Kindesschutzes nach Art. 307 ff. ZGB ist nach objektiven Gesichtspunkten zu eruieren (vgl. zum Begriff des Kindeswohls KURT AFFOLTER, in: Basler Kommentar, a.a.O., N. 14 f. zu Art. 405 ZGB; CYRIL HEGNAUER, Grundriss des Kindesrechts, 5. Aufl. 1999, Rz. 26.04a ff.; ANDREAS BRAUCHLI, Das Kindeswohl als Maxime des Rechts, 1982, ![]() | 11 |
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Da eine Verfügung, welche das rechtliche Gehör verletzt, in der Regel nicht nichtig, sondern lediglich anfechtbar ist (BGE 129 I 361 E. 2.1 S. 363 mit Hinweisen; vgl. auch HÄFELIN/MÜLLER/UHLMANN, Allgemeines Verwaltungsrecht, 5. Aufl. 2006, Rz. 970), ist im vorliegenden sozialhilferechtlichen Verfahren nicht weiter auf die Frage der Gehörsverletzung einzugehen, sondern es ist die Rechtmässigkeit der in Rechtskraft erwachsenen vormundschaftlichen Massnahme (Unterbringung im Internat B.) festzustellen.
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Im vorliegenden Sozialhilfeverfahren kann die Fürsorgebehörde Y. eine Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht geltend machen. Als verfügende und damit verfahrensleitende Instanz stand ihr dieser Anspruch jederzeit zu.
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Erwägung 4 | |
4.1 Die Vorinstanz hat ausgeführt, Gesuche um Kostengutsprache seien gemäss § 20 Abs. 1 der Zürcher Verordnung vom 21. Oktober 1981 zum Sozialhilfegesetz (SHV; LS 851.11) im Voraus einzureichen und nach § 19 Abs. 3 SHV bestehe bei verspäteter Einreichung des Gesuchs kein Anspruch auf Kostenübernahme. Diese Grundsätze würden aber nicht absolut gelten, sondern nach kantonaler Praxis verwirke bei nachträglich oder verspätet eingereichten ![]() | 15 |
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4.5 An diesem Ergebnis ändert auch der Einwand der Beschwerdegegnerin nichts, das Gesuch sei verspätet im Sinne von § 19 Abs. 3 und § 20 Abs. 1 SHV eingereicht worden. Denn unter den gegebenen Umständen bedurfte es keiner vorgängigen Kostengutsprache seitens der Fürsorgebehörde, da kantonale Verfahrensbestimmungen infolge der derogatorischen Kraft des Bundesrechts (Art. 49 Abs. 1 BV) nicht dazu führen dürfen, dass die Umsetzung oder Durchführung von Bundesrecht verhindert oder übermässig erschwert wird. Für den hier zu beurteilenden Fall bedeutet dies, dass die Fürsorgebehörde Y. nicht mit dem Verweis auf die (allfällige) Verspätung der Gesuchseinreichung die Übernahme der Kosten des Internats B. verweigern kann. Vielmehr hat die Beschwerdeführerin Anspruch ![]() | 19 |
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