![]() ![]() | |||
| |||
Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
![]() | ![]() |
1. Auszug aus dem Urteil der I. sozialrechtlichen Abteilung i.S. M. gegen IV-Stelle des Kantons Zürich (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) |
8C_303/2009 vom 14. Dezember 2010 |
Art. 14a Abs. 1 und 2 IVG; Art. 4quater Abs. 1 und 2 IVV; Integrationsmassnahmen zur Vorbereitung auf die berufliche Eingliederung, sozialberufliche Rehabilitation. |
Art. 14a Abs. 1 und 2 IVG; Art. 6 ATSG; Integrationsmassnahmen zur Vorbereitung auf die berufliche Eingliederung, Arbeitsunfähigkeit. | |
Sachverhalt | |
![]() ![]() | 1 |
Am 14. September 2005 meldete sich M. zum Bezug von Leistungen der Invalidenversicherung (Umschulung auf eine neue Tätigkeit, Arbeitsvermittlung, Rente) an. Mit Schreiben vom 11. Dezember 2007 ersuchte er zudem um Einleitung von Integrationsmassnahmen ab Anfang des Jahres 2008. Nach Durchführung des Vorbescheidverfahrens verneinte die IV-Stelle des Kantons Zürich (nachfolgend: IV-Stelle) einen Anspruch auf Integrationsmassnahmen, wies aber darauf hin, dass eine Unterstützung bei der Arbeitsvermittlung möglich sei, sofern M. mit der Einschätzung der Restarbeitsfähigkeit (100 % in einer behinderungsadaptierten Verweistätigkeit) einverstanden sei (Verfügung vom 26. Mai 2008).
| 2 |
B. Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich lehnte die dagegen erhobene Beschwerde ab und auferlegte M. die Gerichtskosten in der Höhe von Fr. 1'000.- (Entscheid vom 27. Februar 2009).
| 3 |
C. M. lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen mit dem Antrag, es seien ihm Integrationsmassnahmen zuzusprechen und die Gerichtskosten im kantonalen Verfahren seien auf einen Betrag von maximal Fr. 577.- zu reduzieren.
| 4 |
Die IV-Stelle und das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) schliessen auf Abweisung der Beschwerde.
| 5 |
D. Die I. und II. sozialrechtliche Abteilung des Bundesgerichts haben am 18. November 2010 eine gemeinsame Sitzung gemäss Art. 23 BGG abgehalten.
| 6 |
7 | |
Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
| 8 |
Aus den Erwägungen: | |
9 | |
10 | |
3.2 Der Gesetzgeber hat gezielte, auf die berufliche Eingliederung gerichtete Massnahmen zur sozialberuflichen Rehabilitation (Gewöhnung an den Arbeitsprozess, Förderung der Arbeitsmotivation, Stabilisierung der Persönlichkeit, Einüben sozialer Grundfähigkeiten) und Beschäftigungsmassnahmen (Aufrechterhaltung einer Tagesstruktur für die Zeit bis zum Beginn von Massnahmen beruflicher Art oder bis zu einem Stellenantritt auf dem freien Arbeitsmarkt) in den gesetzlichen Leistungskatalog aufgenommen (Art. 14a Abs. 2 IVG; Art. 4quinquies IVV [SR 831.201]; Botschaft vom 22. Juni 2005 ![]() | 11 |
Erwägung 4 | |
12 | |
4.2 Das kantonale Gericht ist der Auffassung, aus der Entstehungsgeschichte wie auch aus dem Sinn und Zweck der Einführung von Integrationsmassnahmen (im Rahmen der 5. IV-Revision) ergebe sich eindeutig, dass ein diesbezüglicher Anspruch auf versicherte Personen abziele, deren Arbeitsfähigkeit psychisch bedingt reduziert sei. Auch wenn der Anspruch nicht ausdrücklich auf diese Zielgruppe beschränkt worden sei, sei klar ersichtlich, dass nicht alle Personen, welche die Voraussetzungen des Art. 14a Abs. 1 IVG und des Art. 4quater Abs. 1 IVV erfüllen, in den Genuss von Integrationsmassnahmen kommen sollen. Psychisch in ihrer Arbeitsfähigkeit nicht eingeschränkte Personen, bei welchen die Zumutbarkeit einer Verweistätigkeit medizinisch ausgewiesen sei, müssten grundsätzlich als eingliederungsfähig gelten. Fest stehe jedenfalls, dass ![]() | 13 |
14 | |
15 | |
Erwägung 5 | |
5.1 Das Gesetz muss in erster Linie aus sich selbst heraus, das heisst nach dem Wortlaut, Sinn und Zweck und den ihm zugrunde liegenden Wertungen auf der Basis einer teleologischen Verständnismethode ausgelegt werden. Die Gesetzesauslegung hat sich vom ![]() | 16 |
17 | |
18 | |
![]() | 19 |
Die Annahme der Vorinstanz, dass bei den Vorarbeiten zu den Integrationsmassnahmen psychisch beeinträchtigte Personen im Fokus der gesetzgeberischen Bemühungen standen, mag daher zutreffen. Daraus eine generelle Vermutung abzuleiten, psychisch gesunde, aber aus körperlicher Sicht eingeschränkte Versicherte seien eingliederungsfähig, ist jedoch gleichwohl nicht zulässig. Auch das BSV geht in seiner im vorliegenden Verfahren letztinstanzlich eingereichten Vernehmlassung davon aus, dass Integrationsmassnahmen nicht allein mit der Begründung abgelehnt werden könnten, die versicherte Person sei nicht in ihrer psychischen Gesundheit beeinträchtigt, falls alle anderen Anspruchsvoraussetzungen gegeben seien.
| 20 |
21 | |
Tatsächlich weist das Kreisschreiben verschiedentlich darauf hin, dass Integrationsmassnahmen "hauptsächlich" das Erreichen der Eingliederungsfähigkeit bei Personen zum Ziel haben, welche "insbesondere" aus psychischen Gründen zu weniger als 50 % arbeitsfähig sind (Rz. 1, 2 und 5 KSIM). Diese Formulierung schliesst aber nicht aus, dass daneben auch Personen Anspruch auf Integrationsmassnahmen haben können, welche aus anderen als aus psychischen Gründen in der Arbeitsfähigkeit eingeschränkt sind. Konkretisierungen in Verwaltungsweisungen richten sich grundsätzlich nur an die Durchführungsstellen und sind für das Sozialversicherungsgericht nicht verbindlich. Indes berücksichtigt das Gericht die Kreisschreiben insbesondere dann und weicht nicht ohne triftigen Grund davon ab, wenn sie eine dem Einzelfall angepasste und gerecht werdende ![]() | 22 |
23 | |
24 | |
Erwägung 7 | |
7.1 Es ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer in seiner angestammten Tätigkeit als Bauarbeiter seit Jahren zu 100 % arbeitsunfähig ist. Die IV-Stelle nimmt an, dass in einer dem ![]() | 25 |
26 | |
27 | |
Nach dem Wortlaut des Art. 14a Abs. 1 IVG (E. 3.2 hiervor) betrifft der Verweis auf Art. 6 ATSG die ganze Norm, nicht nur Art. 6 Satz 1 ATSG.
| 28 |
29 | |
"Art. 14a (neu)
| 30 |
Mit diesem Artikel werden die neuen Integrationsmassnahmen zur Vorbereitung auf die berufliche Eingliederung im IVG eingeführt.
| 31 |
Absatz 1 regelt die besonderen Anspruchsvoraussetzungen. Diese Massnahmen sollen Versicherten zugesprochen werden, deren massgebender Gesundheitsschaden eine Art und Schwere erreicht, welche die bisherige Arbeitstätigkeit in einem Umfang von mindestens 50 Prozent einschränkt und dies seit mindestens 6 Monaten. Diese Anspruchsvoraussetzungen lassen sich ziemlich rasch und genau abklären.
| 32 |
Die Integrationsmassnahmen zur Vorbereitung auf die berufliche Eingliederung sind darauf gerichtet, dass die Voraussetzungen geschaffen werden, um Massnahmen beruflicher Art durchzuführen. So muss auch eine Notwendigkeit der entsprechenden Massnahme ausgewiesen sein, was bedeutet, dass eine Integrationsmassnahme zur Vorbereitung auf die berufliche Eingliederung nur dann in Betracht fällt, wenn ohne sie eine berufliche Eingliederung gar nicht möglich wäre."
| 33 |
Der zweite Absatz dieser Begründung lässt darauf schliessen, dass nur die Einschränkung in der bisherigen Arbeitstätigkeit gemeint ist (ebenso: BBl 2005 4523). Aus dem dritten Absatz folgt aber das Gegenteil: Besteht nämlich eine uneingeschränkte Arbeitsfähigkeit in einer zumutbaren anderen Tätigkeit im Sinne von Art. 6 Satz 2 ATSG, so ist eine berufliche Eingliederung (in eine andere Tätigkeit) ohne weiteres möglich; Integrationsmassnahmen zur Vorbereitung auf die berufliche Eingliederung sind gar nicht nötig und fallen demzufolge ausser Betracht. In der Bundesversammlung wurde nur über die erforderliche Dauer (zwei oder sechs Monate) diskutiert (AB 2006 N 352 ff.), nicht aber über die Art der Arbeitsunfähigkeit.
| 34 |
7.2.3 In wörtlicher Auslegung des Gesetzes haben versicherte Personen, welche in einer angepassten Beschäftigung arbeitsfähig sind, direkt Anspruch auf die (mit der 5. IV-Revision ausgeweiteten) beruflichen Eingliederungsmassnahmen und bedürfen vorgängig keiner Integrationsmassnahme. Hätte der Gesetzgeber nur die Arbeitsunfähigkeit im bisherigen Beruf oder Aufgabenbereich gemeint, so hätte er wohl ausdrücklich nur auf Satz 1 des Art. 6 ATSG, welcher klarerweise zwei Sätze mit unterschiedlicher Bedeutung enthält, verwiesen. Dieses Ergebnis, welches sich auf den Wortlaut der Norm stützt, entspricht auch der Systematik und der ratio legis: Art. 14a ![]() | 35 |
36 | |
7.3 Da der Beschwerdeführer in einer Verweistätigkeit zu 100 % arbeitsfähig ist, erfüllt er nach dem Gesagten die Anspruchsvoraussetzungen des Art. 14a Abs. 1 IVG in Verbindung mit Art. 6 ATSG nicht. Der Integrationsmassnahmen zur Vorbereitung auf die berufliche Eingliederung ablehnende Entscheid des kantonalen Gerichts ist folglich im Ergebnis zu bestätigen. Offenbleiben kann dabei, ob ein Anspruch auf Integrationsmassnahmen vorliegend auch im Sinne der Eventualbegründung der Vorinstanz unter Hinweis auf den fraglichen Willen des Beschwerdeführers, mittels Eingliederungsmassnahmen den Rentenfall vermeiden zu wollen, verneint werden müsste.
| 37 |
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR). |